Canal du midi

Canal du midi

Der 240 km lange Canal du Midi (deutsch: Kanal des Südens; ursprüngliche Bezeichnung: Canal royal en Languedoc) verbindet in Südfrankreich das Mittelmeer mit der Stadt Toulouse. Seine Fortsetzung in Richtung Atlantik / Bordeaux war ursprünglich der Fluss Garonne, später wurde der Canal latéral à la Garonne (deutsch: Garonne-Seitenkanal) erbaut. Der Canal du Midi führt in der Senke zwischen den Pyrenäen und dem französischen Zentralmassiv von Toulouse über Carcassonne, Béziers nach Agde und mündet schließlich in den Étang de Thau. Nach Überquerung dieser Lagune erreichen die Schiffe die Stadt Sète, am Mittelmeer. Die Hauptbauphase lag zwischen 1667 und 1681.

Canal du Midi

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Verlauf durch Südfrankreich

Ein Wasserweg zwischen der Atlantikküste und der französischen Mittelmeerküste wurde von jeher als wünschenswert angesehen. Vor der Eröffnung des Kanals musste mit dem Schiff der lange und beschwerliche Weg rund um Spanien genommen werden. Die Reise erforderte hochseetaugliche Schiffe, die auch dem atlantischen Wetter standhalten konnten. Vor der spanischen Küste war man oftmals mit dem Problem der Piraterie konfrontiert. Und schließlich musste die von Spanien kontrollierte Straße von Gibraltar passiert werden, was unter Umständen – je nach politischer Lage – schwierig oder kostspielig war. In Zahlen: die Distanz von der französischen Atlantikküste, vor Bordeaux, zur Mittelmeerküste, bei Sète, beträgt 450 km Luftlinie; der Seeweg rund um Spanien beträgt 2.970 km.

Eine Verbindung zwischen der französischen Atlantik- und Mittelmeerküste war auf natürlichem Weg schon zur Hälfte gegeben: Die Strecke von Toulouse bis zum Atlantik war auf dem Fluss Garonne und seinem Mündungsarm, der Gironde, mit Schiffen befahrbar. Es galt also, eine Verbindung zwischen Toulouse und dem Mittelmeer herzustellen.

Geschichte

Vorgeschichte

Schon in der Antike, zur Zeit des Kaisers Augustus, hatten die Römer über den Bau eines Kanals in Südfrankreich nachgedacht. Auch im Mittelalter wurden immer wieder Überlegungen angestellt. Keines dieser Projekte wurde aber in Angriff genommen, vor allem, da ein wesentliches Problem nicht gelöst werden konnte: die Versorgung des Kanals mit Wasser. Ein Kanal im Languedoc würde an seiner höchsten Stelle (Scheitelhaltung) durch ein Gebiet führen, in dem keine ausreichende Zahl natürlicher Gewässer vorzufinden ist, um die Wasserverluste durch Verdunstung, Versickerung, undichte Schleusentore und Schleusenvorgänge auszugleichen. Dieses Problem konnte vor dem 17. Jahrhundert nicht gelöst werden, so dass ein Kanal im Languedoc als undurchführbar galt.

Pierre-Paul Riquet

Der Bau des Kanals

Der 1609 (nicht 1604) in Béziers geborene Pierre-Paul Riquet interessierte sich seit seiner Jugend für den Bau eines Kanals durch das Languedoc. Die für ein derartiges Vorhaben notwendigen technischen und wissenschaftlichen Kenntnisse eignete er sich im Selbststudium an. In langjähriger Arbeit konstruierte er den Kanal sowie alle notwendigen technischen Bauwerke. Im Jahr 1662 präsentierte er seine Pläne dem französischen Finanzminister Jean-Baptiste Colbert. Dieser berief eine Expertenkommission ein, die im Jahr 1665 den Kanalbau unter der Einschränkung befürwortete, dass zuvor das Problem der Wasserversorgung gelöst werden müsse. Entsprechend dieser Empfehlung genehmigte König Ludwig XIV. am 7. Oktober 1666 den Baubeginn für den damals Canal Royal genannten Kanal.

Der Originalbauplan des Kanals

1667 begannen die Arbeiten an der Wasserzuführung. Der Plan Riquets sah vor, das Wasser aus den etwa 30 km entfernten Hügeln der Montagne Noire heranzuholen. Zu diesem Zweck wurden die dort fließenden Bäche eingefasst und in einem künstlich angelegten Stausee zusammengeführt. Dieses Reservoir von Saint-Ferréol (Réservoir de Saint-Ferréol) (43° 26′ 15″ N, 2° 1′ 18″ O43.43752.02166666666677) war mit einem Volumen von 6,3 Millionen Kubikmetern Wasser das damals größte von Menschen erschaffene Gewässer. Vom Reservoir wurde ein Wasserkanal (Rigole de la Plaine) bis zur Ortschaft Naurouze gebaut, wo die Scheitelhaltung des zukünftigen Kanals geplant war. Dafür wurde an der Scheitelhaltung ein achteckiges Bassin, damals das größte künstliche Wasserbauwerk, gebaut und mit dem Wasser aus der Montagne Noire befüllt, so dass das Problem der Wasserversorgung gelöst war.

Stausee von Saint-Ferréol

Im Herbst 1667 begannen die Arbeiten am eigentlichen Kanal bei Toulouse. Bereits vier Jahre später war der 52 km lange westliche Teil des Kanals zwischen Toulouse und dem Scheitel bei Naurouze fertiggestellt und ging in Betrieb, 1674 führte der Kanal bereits bis Castelnaudry. Am 24. Mai 1681 wurde der Canal du Midi feierlich eröffnet. Ausbauarbeiten wurden noch bis Dezember 1682 fortgeführt.

Der Canal du Midi gilt als eine der größten Ingenieurleistungen der Zeit, und er war zweifellos die größte Baustelle im Europa des 17. Jahrhunderts. Am Bau waren bis zu 12.000 Arbeiter beteiligt, darunter auch Frauen, um so schnell wie möglich voranzukommen. Pierre-Paul Riquet behandelte die Arbeiter sehr gut, er zahlte überdurchschnittliche Löhne und er bezahlte die Arbeiter auch im Krankheitsfall, oder wenn der Kanalbau wetterbedingt unterbrochen werden musste. Der Aushub für den Kanal betrug insgesamt sieben Millionen Kubikmeter. Obwohl beim Bau kaum mehr technische Hilfsmittel zur Verfügung standen als Schaufeln, Hacken und Ochsenkarren, wurde der 240 km lange Kanal in nur 14 Jahren erbaut, eine Leistung, die selbst im 21. Jahrhundert nur schwer zu unterbieten wäre.

Die vom französischen König zur Verfügung gestellten Geldmittel hätten für eine derartig rasche Baudurchführung nicht ausgereicht. 40 Prozent übernahm die königliche Schatulle, weitere 40 Prozent die Provinz. Pierre-Paul Riquet finanzierte den Rest der Kosten selbst, wobei er zunächst sein – durch die Rechte zur Eintreibung der Salzsteuer gewonnenes – Vermögen einsetzte und später erhebliche Schulden aufnahm. Im Gegenzug hatte ihm der König das Privileg auf die Einnahmen aus dem Kanal übertragen. Riquet erlebte die Fertigstellung des Kanals nicht mehr, er starb sieben Monate vor der Eröffnung am 1. Oktober 1680. Sein ältester Sohn, Jean-Mathias Riquet, führte die Arbeiten fort. Es wird geschätzt, dass der Bau des Kanals 17 Millionen Livre gekostet hat, von denen vier Millionen von Riquet bezahlt wurden. (Diese Zahlen sind jedoch unsicher.) Sicher ist jedoch, dass die späteren Einnahmen die Investition voll abdeckten. Dieser Kanal gehört damit zu den wenigen öffentlichen Verkehrswegen, die kostendeckend betrieben wurden.

Der Kanal bis heute

Vauban-Denkmal in Saint-Léger-Vauban

Nach der Fertigstellung kümmerte sich der Festungsbaumeister Sébastien de Vauban um den Kanal. Von 1686 bis 1694 führte er zahlreiche Verbesserungen vor allem an den technischen Bauten durch. Das achteckige Bassin an der Scheitelhaltung bei Naurouze war nur wenige Jahre in Betrieb, da es sehr schnell durch Schlammabsetzung verlandete. Die Bäume auf der Fläche des Bassins sind deshalb längst genauso groß wie die, die entlang des Kanals gepflanzt wurden.

1787 wurde durch die Fertigstellung des Canal de Jonction eine schiffbare Verbindung mit dem bereits bestehenden Canal de la Robine geschaffen, so dass man auch über Narbonne und Port-la-Nouvelle ins Mittelmeer gelangen konnte.

In den Jahren 1830 bis 1856 wurde der Canal latéral à la Garonne gebaut, der parallel zum Fluss Garonne von Toulouse bis nach Castets-en-Dorthe führte. Die weitere Strecke über Bordeaux an den Atlantik verlief weiterhin auf der Garonne und der Gironde. Zwar war die Garonne auch im Oberlauf schiffbar, sie galt aber immer als schwierig und unberechenbar. Seit Eröffnung des Garonne-Seitenkanals ist eine (fast) durchgehende Kanalverbindung vom Atlantik bis zum Mittelmeer verfügbar. Die Verbindung aus den beiden Kanälen wird auch Canal des Deux Mers genannt.

Der Canal du Midi führte zu einem beträchtlichen wirtschaftlichen Aufschwung in seiner Region, er war der wichtigste Verkehrsweg Südfrankreichs. Ab dem Jahr 1858 war eine Eisenbahngesellschaft für 40 Jahre Betreiber des Canal du Midi und wirtschaftete ihn herab. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erwuchs weitere Konkurrenz durch die parallel verlaufende Autobahn Autoroute des Deux Mers, wodurch der Kanal für den Frachtverkehr bedeutungslos wurde. In den 1970er-Jahren wurde der Canal du Midi jedoch für den Fremdenverkehr entdeckt. Er wird seither von unzähligen Touristen mit Hausbooten befahren und erfreut sich wieder großer und steigender Beliebtheit.

Der Canal du Midi wurde im Jahr 1996 zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt.

Zahlen

Mündung des Canal du Midi bei Les Onglous

Der Canal du Midi führt über eine Strecke von 240  km von Toulouse (130 m Seehöhe) über den Scheitel bei Naurouze (194 m Seehöhe) bis zum Mittelmeer. Er mündet östlich von Agde, bei Les Onglous, in den Lagunensee Étang de Thau, von wo aus über den Ausgang der Bucht bei Sète das Meer erreicht werden kann. Weiterführend kann über den Canal du Rhône à Sète zum Fluss Rhône gefahren werden. Der Kanal ist an der Oberfläche 20 – 24 Meter breit, am Grund 5 – 10 Meter. Seine Tiefe beträgt 2,25 – 2,50 Meter.
Der Étang de Thau gehört formal nicht mehr zum Canal du Midi, da er ein natürliches Gewässer darstellt und damit nicht erbaut werden musste. Der Kanal endet beim Leuchtturm von Les Onglous, an der Einmündung in den See, bei Kilometerpunkt 240,1. Trotzdem wird der etwa 18 Kilometer lange See heute gemeinsam mit dem Canal du Midi verwaltet, da der Hafen von Sète dessen logischen Endpunkt darstellt.

Eigentümer

Eigentümer des Canal du Midi ist der französische Staat. Betreiber des Kanals war ursprünglich sein Erbauer Pierre-Paul Riquet. Nach dessen Tod gingen die Rechte an den Einnahmen aus dem Kanal an seine Nachkommen über, die – nach Abzahlung der erheblichen Schulden – durch den Kanal hohe Einnahmen verzeichnen konnten. Allerdings wurde ihnen dieses Recht während der Revolution 1792 entzogen. Napoléon I. verstaatlichte den Kanal, damit dessen Einnahmen direkt dem Staate zugute kommen. Von 1858 bis 1898 wurde der Kanal von der Eisenbahngesellschaft Compagnie des Chemins de Fer betrieben, seither wieder vom französischen Staat. Die Kanalbehörde Voies navigables de France hat seit 1992 die Aufsicht über den Kanal.

Platanen am Canal du Midi

Bepflanzung

Der Kanal war bis ins 19. Jahrhundert eine wirtschaftlich wichtige Wasserstraße. Um die Lastkähne fortzubewegen, wurden, wie zu dieser Zeit üblich, Zugtiere eingesetzt, für die links und rechts des Kanals durchgehende Treidelpfade angelegt wurden. Außerhalb dieser Pfade hatte Riquet 60.000 Bäume anpflanzen lassen, hauptsächlich Platanen, aber auch Pappeln, Zypressen und Pinien. Die Bäume sollen durch ihren Schatten die Verdunstung verringern und durch ihre Wurzeln die Uferböschung festigen. Zudem fallen im Herbst ihre (nicht verrottenden) Blätter in den Kanal und bilden eine Schicht, die das Versickern des Wassers verringert. Schließlich boten die Bäume seinerzeit den Arbeitern am Treidelweg Schutz vor der Sonne. Durch den dichten und sehr schönen Bewuchs ist der Canal du Midi eines der wenigen technischen Bauwerke, die sich gut in die Landschaft einfügen.

Kanalbauwerke

Schleusen

Schleuse bei Naurouze

Da der Scheitel des Kanals 194 Meter über dem Meer liegt, ist eine Vielzahl von Schleusen erforderlich. Die Schleusen an diesem Kanal haben einen ovalen Grundriss, so dass sie trotz schmaler Tore innen so breit sind, dass zwei bis vier Schiffe nebeneinander passen. Darüber hinaus bieten die runden Wände eine höhere Stabilität gegen die von außen auf die Mauern drückenden Erdmassen. Teilweise wurden größere Becken zwischen die Schleusen gelegt.

Die Zahl der in Betrieb befindlichen Schleusen hat sich im Verlauf der Zeit geändert, da immer wieder Modifikationen am Kanal vorgenommen worden sind. Derzeit (2006) sind 63 Schleusenanlagen mit insgesamt 98 Schleusenbecken in Betrieb. Beim Befahren des Kanals ist im Durchschnitt alle 3,8 km eine Schleuse zu passieren. Die kürzeste Distanz zwischen zwei Schleusen beträgt 105 m (bei Fresquel), die längste 53,9 km (zwischen Argens und Fonserannes).

Schleusentreppe Fonserannes
Kanalbrücke über den Orb

Eine besondere Sehenswürdigkeit ist die aus sechs (ursprünglich sieben) Schleusenkammern bestehende Schleusentreppe Fonserannes bei Béziers, in der die Schiffe in sechs Etappen um 13,6 Meter gehoben bzw. gesenkt werden. Die Durchfahrt dauert bergwärts 35 Minuten, talwärts 20 Minuten. Die Benutzung der Schleusentreppe ist reglementiert, indem abwechslungsweise eine Zeit lang nur hinauf und nur hinunter geschleust wird. Bis zum Bau der 240 m langen Kanalbrücke über den Fluss Orb durch Vauban hatte die Schleuse von Fonserannes 7 Kammern, da der Kanal auf das Niveau des Flusses gebracht werden musste. (Der Name der Schleusentreppe schrieb sich im Laufe der Jahrhunderte immer wieder anders: Fonceranes, Fonseranes, Foncerannes. Heute üblich ist die Schreibweise Fonserannes.)

Technisch hoch interessant ist auch das Schiffshebewerk von Fonserannes, das als so genanntes Wasserkeilhebewerk parallel zur Schleusentreppe von Fonserannes errichtet wurde. Obwohl erst 1984 eingeweiht, ist es aber bereits seit vielen Jahren wieder außer Betrieb. Eine gleichartige Anlage ist die 1974 gebaute Pente d'Eau de Montech am Canal latéral à la Garonne; sie ist auch heute noch in Betrieb.

Rundschleuse von Agde

Eine ungewöhnliche Schleuse war ursprünglich die Rundschleuse von Agde, in der die Schiffe um 90 Grad gedreht werden konnten, um über einen Nebenkanal in die Stadt Agde zu gelangen. Diese Rundschleuse war bei ihrer Erbauung eine bestaunte Novität und weltweit einzigartig. Im Zuge des geplanten Ausbaus des Kanals Ende der 60. Anfang der 70. Jahre des letzten Jahrhunderts wurde die Rundschleuse vergrößert. Der ursprüngliche runde Charakter der Schleuse und ihre 3 Schleusentore sind jedoch weitgehend erhalten geblieben.

Schleusenschild der Ecluse de L'Océan

Von den 63 Schleusen werden 30 automatisch betrieben und 33 von Schleusenwärtern. Die Schleusenwärter wohnen im Allgemeinen an ihrer Schleuse; viele haben mit offizieller Unterstützung der zuständigen Behörden ihre Häuser und Grundstücke zu kleinen Schmuckstücken hergerichtet. Sie bieten gelegentlich örtliche Produkte oder selbst angefertigtes Kunsthandwerk zum Kauf an. Wie seinerzeit die Bauarbeiter am Kanal nennen sich die Schleusenwärter Gens de l'eau.

Weitere technische Bauwerke

An der Scheitelhaltung (Partage des Eaux) bei Naurouze muss ständig Wasser nachgefüllt werden. Das ehemalige Bassin ist einem viel kleineren, rechteckigen gewichen. Die Vorratshaltung von größeren Wassermengen ist heute nicht mehr erforderlich, da bei Bedarf Wasser mittels Pumpen herangeführt werden kann. Der größte Teil des Bassins wurde in einen sehr ansprechenden Park umgewandelt.

Brücke über den Kanal bei Le Somail

Da der Kanal unzählige Straßen und Flüsse quert, war die Errichtung von rund 350 Bauwerken erforderlich, davon 126 Brücken. Die Steinbrücken wurden aus lokalem Material erbaut und spiegeln die Geologie der jeweiligen Region wider. Die ursprünglichen Brücken führen höckerartig gewölbt als Bogenbrücken über den Kanal. Durch ihre Bauart bedingte geringe Bogenweite verhindern sie die Nutzung des Canal du Midi als Großschifffahrtsstraße und trugen somit zum Erhalt dieses Weltkulturerbes bei. Die schmalste Brücke überspannt den Kanal bei Le Somail.

Pont de Repudre

Der Canal du Midi überquert in seinem Lauf etliche Flüsse. Zu diesem Zweck wurden eine Reihe von Kanalbrücken gebaut, was im 17. Jahrhundert als außerordentlich galt. Die Kanalbrücke über den Fluss Répudre (Pont de Répudre) war die erste Kanalbrücke Frankreichs (die zweite in Europa) und ist die einzige noch aus der Zeit Riquets erhaltene. Weitere 49 Kanalbrücken existieren, die meisten wurden von Vauban erbaut. Die Größte davon ist die Orb-Brücke bei Bézier. Sie ist 240 m lang und verbindet die Schleusentreppe mit dem Neuen Hafen. Bei den meisten unterquert das Fließgewässer den Kanal in einem unauffälligen Tunnelschacht.

Tunnel von Malpas

Für den Canal du Midi wurde der weltweit erste Kanaltunnel gebaut. Der Kanaltunnel von Malpas führt auf einer Länge von 165 Metern unter dem Hügel von Ensérune hindurch. Bei Baubeginn hatte sich ein schwerer Unfall mit Toten und Verletzten ereignet, worauf Colbert einen Baustopp anordnete und eine Kommission nach Malpas schickte, deren Eintreffen eine Woche vorab bekannt wurde. Riquet unterlief den Baustopp, in dem er doppelt bezahlte Freiwillige im Schichtbetrieb Tag und Nacht arbeiten ließ. Nicht nur der Tunnel sondern der gesamte Durchstich (ca. 400 m) wurde so in den sechs Tagen fertig und damit die kurz darauf eintreffende Kommission vor vollendete Tatsachen gestellt.

Häfen sind in der Regel rechteckige Aufweitungen des Kanals. An zumindest einer Längsseite befinden sich mehrere Lagerhäuser. Der Hafen diente der Be- und Entladung von Lasten, sprich den regionalen Produkten wie Getreide und Wein.

Betrieb

Die Antriebskraft Pferd

Für Binnenschiffe kamen früher nur drei Antriebsarten in Frage: flussabwärts flößen, flussaufwärts treideln, mit Menschen- oder Pferdekraft. Auf dem Canal du Midi war es bis ins vorige Jahrhundert fast nur das Pferd, das die Schiffe mit bis zum 120fachen seines Körpergewichtes ziehen konnte. Die beidseitigen Treidelwege und die Bauwerke waren darauf ausgerichtet.

Schnellboote und Frachtverkehr

Von Anfang an wurde der Kanal nicht nur für den Warentransport, sondern auch für die Beförderung von Post und von Reisenden genutzt. Für letztere verkehrten nach einem festen Fahrplan sowie ganzjährig Schnellboote zwischen Toulouse und Sète; sie benötigten für diese Strecke 4 Tage. Sie waren schneller und komfortabler als die Kutschen auf den schlechten Straßen. Die Reisenden nahmen an festgelegten Orten das Mittagessen ein, und sie übernachteten an Orten wie z.B. Le Somail, wo die entsprechende Infrastruktur bereitstand. 1855 wurde die Dauer auf 32 Stunden verkürzt, indem alle 10 Kilometer das Pferd gewechselt wurde. Die Durchschnittsgeschwindigkeit betrug etwa 11 km/h. Das setzte eine ausgefeilte Organisation mit Ablösungen, Stallungen etc. voraus. An größeren Schleusentreppen wurde nicht das Boot durchgeschleust, sondern die Reisenden stiegen in ein anderes Boot um; dies sparte viel Zeit (und auch Wasser).

Etwa seit 1930 ersetzte Motorkraft fast vollständig die Treidelei. Es stellte sich heraus, dass die höheren Geschwindigkeiten den Uferböschungen des Kanals schaden. Daher gilt heute eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 5 Knoten (8 km/h).

Der Höhepunkt des Frachtverkehrs war 1856 mit über 110 Millionen Tonnen Waren und fast 100.000 Passagieren jährlich erreicht. Die Konkurrenz gegen den Güterverkehr auf der Eisenbahn war auf Dauer nicht zu gewinnen. Durch die immer besser werdende Infrastruktur im Straßenverkehr war in den 1980er Jahren das Ende einer wirtschaftlichen Nutzung des Kanals auch im Massengütertransport gekommen.

Heutige Nutzung

Hausboot am Canal du Midi

Heute wird der Kanal von jährlich rund 50.000 Urlaubern mit gemieteten Hausbooten befahren. In verschiedenen Häfen entlang des Kanals stehen viele verschiedene Typen von Hausbooten für die Vermietung zur Verfügung. Ein Patent ist nicht erforderlich, eine kurze Einschulung durch den Bootsvermieter gilt als ausreichend. Im Gegensatz dazu müssen Kapitäne, die den Kanal mit einem eigenen Boot befahren, Inhaber eines Binnenschifffahrts-Patents sein.

Die ehemaligen Treidelpfade sind noch auf einer Strecke von 182 Kilometern erhalten. Die ebenen, schattigen und romantischen Wege eignen sich für Fahrradtouren sowie zum (Langstrecken-)Wandern, Joggen und Reiten. Aktuelle Handbücher (auf Französisch, im Buchhandel erhältlich) informieren diejenigen, welche dem Kanal mit dem Fahrrad oder als Wanderer über die ganze Strecke oder auf Teilen davon folgen wollen, detailliert über die Wege sowie über die Infrastruktur (übernachten, Restaurants, Einkaufen, Sehenswürdigkeiten) entlang des Kanals sowie in einem einige Kilometer breiten Streifen links und rechts davon. Inhaber von Fischereikarten dürfen im Kanal angeln. Das Schwimmen ist dagegen verboten, da das Wasser durch Mikroben stark belastet ist.

Die Benutzung der französischen Kanäle ist reglementiert und grundsätzlich kostenpflichtig.

Verlauf des Kanals

Koordinaten

Wichtige Städte am Kanal

Schleusenfolge

Im Folgenden wird der Verlauf des Canal du Midi anhand seiner Schleusen dargestellt, beginnend an seinem westlichen Ende. Dabei wird der Name der Schleuse angegeben, gefolgt von der Anzahl der Staustufen bei dieser Schleuse und der (mittleren) Höhe bezogen auf Meeresniveau. Es folgt die Entfernung zur nächsten Schleuse in östlicher Richtung.

Höhenprofil des Kanals in Metern. Die Höhe von Toulouse ist gleich Null gesetzt.
Schleuse Anzahl
Staustufen
mittlere
Seehöhe
Entfernung
zur nächsten
Garonne-Seitenkanal - 132 m 1.044 m
Béarnais 1 135 m 951 m
Minimes 1 139 m 1.260 m
Bayard 1 145 m 12.177 m
Castanet 1 148 m 1.705 m
Vic 1 151 m 7.495 m
Montgiscard 1 159 m 3.195 m
Ayguesvives 2 159 m 1.502 m
Sanglier 2 163 m 3.703 m
Négra 1 166 m 4.210 m
Laval 2 170 m 1.428 m
Gardouch 1 173 m 4.097 m
Renneville 1 176 m 2.843 m
Encassan 2 185 m 1.560 m
Emborrel 1 189 m 4.157 m
Océan 1 193 m 5.190 m
Méditerranée 1 193 m 789 m
Roc 2 189 m 1.271 m
Laurens 3 180 m 1.138 m
Domergue 1 175 m 1.233 m
La Planque 1 173 m 4.678 m
Saint-Roch 4 170 m 1.533 m
Gay 2 159 m 1.653 m
Vivier 3 154 m 418 m
Guillermin 1 147 m 583 m
Saint-Sernin 1 145 m 937 m
Guerre 1 141 m 1.094 m
Peyruque 1 139 m 498 m
La Criminelle 1 137 m 1.388 m
Tréboul 1 134 m 3.800 m
Villepinte 1 130 m 1.685 m
Sauzens 1 127 m 1.219 m
Bram 1 126 m 5.592 m
Béteille 1 123 m 7.471 m
Villesèquelande 1 122 m 4.740 m
Lalande 2 116 m 270 m
Herminis 1 114 m 1.376 m
La Douce 1 109 m 5.122 m
Carcassonne 1 106 m 2.874 m
Saint-Jean 1 102 m 763 m
Fresquel Double 2 97 m 105 m
Fresquel Simple 1 92 m 3.763 m
Évêque 1 91 m 750 m
Villedubert 1 86 m 4.641 m
Trèbes 3 84 m 9.210 m
Marseillette 1 79 m 3.308 m
Fonfile ou Rachin 3 76 m 1.242 m
Saint-Martin 2 67 m 1.763 m
L'Aiguille 2 59 m 3.039 m
Puichéric 2 57 m 6.313 m
Jouarres 1 49 m 3.688 m
Homps 1 46 m 688 m
Ognon 2 41 m 2.726 m
Pechlaurier 2 38 m 2.485 m
Argens 1 32 m 53.869 m
Fonserannes 6 32 m 1.500 m
Orb 1 18 m 200 m
Béziers 1 12 m 4.100 m
Ariège 1 9 m 1.344 m
Villeneuve 1 6 m 4.466 m
Portiragnes 1 5 m 13.158 m
Agde 1 4 m 4.447 m
Bagnas 1 2 m 5.282 m
Mündung Étang de Thau - 0 m -

Literatur

  • Jean Morlot, Guide Vagnon de Tourisme Fluvial - n° 7, März 2002, Verlag Les éditions du plaisancier - Miribel, ISBN 2-85725-302-8
  • Bernd-Wilfried Kießler, Canal du Midi, 5. Auflage 2008, Verlag Edition Maritim GmbH - Hamburg, ISBN 3-89225-172-X
  • Voies Navigables, Canaux du Midi, Juli 2002, Verlag Éditions Grafocarte ISBN 2-7416-0164-X
  • Angelika Maschke, Harald Böckl, Mit dem Hausboot durch Süd-Frankreich, 3. Auflage 2001, Edition Hausboot Böckl - Eigenverlag ISBN 3-901309-12-8
  • Jean-Yves Grégoire: Canal du Midi - à pied, à vélo de Bordeaux à Sète au fil de l’eau. Editions Rando, 2007. ISBN 978-2-84182-314-7
  • Lauriane Clouteau: Le canal du Midi; guide du randonneur destiné aux randonneurs à pied, à bicyclette, en canoë-kayak, aux navigateurs de pénichette. Les éditions du vieux crayon, 2005. ISBN 2-9516797-4-2
  • René Gast: Canal du midi. Editions Ouest-France, 2000. ISBN 978-2-7373-2475-8
  • Philippe Calas: Le Canal du Midi à vélo. Aix-en-Provence: Edisud, 2007. ISBN 978-2-7449-0665-7
  • Jacques Morand: Der Canal du Midi und Pierre-Paul Riquet. Die Geschichte des „Canal royal en Languedoc“. Aix-en-Provence: Edisud, 1993. ISBN 2-85744-850-3
  • Michel Adgé: Les oeuvres d’art du Canal du Midi. Conception et évolution des principaux types (1667-1857). Agde, 1983. ISBN 2-9500003-0-4
  • L.T.C. Rolt: From sea to sea. The Canal du midi. London: Allen Lane, 1973. ISBN 0-7139-0471-2
  • Lefrançais de Lalande, Joseph-Jérôme: Des canaux de navigation et spécialement du Canal de Languedoc. Nachdruck der Ausgabe 1778. Toulouse: APAMP, 1996. ISBN 2-908564-40-7 (formal falsche ISBN)
  • Jean-Denis Bergasse: Le Canal du Midi. 4 volumes. Vol I: Pierre-Paul Riquet et le Canal du Midi dans les arts et la littérature. Vol. II: Le Canal du Midi – trois siècles de batellerie et de voyages. Vol. III: Le Canal du Midi – des siècles d’aventure humaine. Vol. IV: Le Canal du Midi – grands moments et grands sites; les canaux de Briare et du Lez-Roissy. Cessenon: Bergasse, 1982-1985.
  • Christina Langner, UNESCO: Die Natur- und Kulturwunder der Welt. wissenmedia Verlag 2006. ISBN 3-577-14640-0

Bilder

Film

  • Film von Gisela Mahlmann, Kamera Hans Jürgen Grundmann: Wo Schiffe klettern müssen. F, D, 2008, 15 Min. (Dazu auf der Website der Reihe zum UNESCO-Welterbe "schaetze-der-welt.de" u. a. eine kleiner Chronologie der Bauetappen)

Weblinks


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