Cläre Tisch

Cläre Tisch

Cläre Tisch, (* 14. Januar 1907 in Elberfeld (heute: Wuppertal); † (verschollen) November 1941 in Minsk, Weißrussland) war eine deutsche Wirtschaftswissenschaftlerin.

Sie war die Tochter des Elberfelder Kaufmanns Leo Tisch und seiner Frau Adele. Ab 1926 studierte sie in Bonn, Genf und Berlin Volkswirtschaftslehre. In Bonn war sie eine der Lieblingsschülerinnen des berühmten Volkswirtschaftlers Joseph Schumpeter, bei dem sie mit einer viel beachteten Arbeit über Probleme der Wirtschaftsrechnung im Sozialismus 1931 promovierte und der sie später von Harvard aus finanziell unterstützte. Die Dissertation der 24jährigen gilt als eine „bemerkenswerte Leistung“ (Hagemann) und macht sie zur Vorläuferin der sogenannten „neoklassischen Sozialisten“ wie Henry D. Dickinson, Oskar Lange und Abba Lerner. Friedrich August Hayek wird ihre Arbeit später ebenso zitieren wie Schumpeter in seinem Werk „Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie“.

Bis 1933 war sie wissenschaftlich tätig; parallel dazu arbeitete sie als Sekretärin des Volkswirtschaftlers Arthur Spiethoff.

Wegen ihrer jüdischen Abstammung konnte sie nicht an der Universität bleiben und arbeitete vorübergehend als Repetitorin, Stenotypistin und Kontoristin.

1936 wurde sie Leiterin der Adoptionszentrale des Jüdischen Frauenbundes in Wuppertal-Elberfeld. Sie ließ mehrere Möglichkeiten zur Emigration offensichtlich wegen der ihr anvertrauten Waisenkinder ungenutzt. Schumpeter hatte für sie eine Bürgschaftserklärung abgegeben, um ihr die Ausreise in die USA zu ermöglichen. Im November 1941 wurde Cläre Tisch zusammen mit ihren Geschwistern in einer Gruppe von über 260 Menschen in das Ghetto von Minsk deportiert und dort wahrscheinlich ermordet.

Vor dem Haus Neumarktstraße 46 in Wuppertal, wo sie einst wohnte, erinnert heute an sie ein „Stolperstein“. Auch in der Dauerausstellung der Begegnungsstätte Alte Synagoge wird ihrer gedacht.

Werke

  • Wirtschaftsrechnung und Verteilung im zentralistisch organisierten sozialistischen Gemeinwesen, (Bonner Dissertation), Wuppertal-Elberfeld 1932
  • Der wirtschaftliche Sinn der bisherigen Rechtsprechung des deutschen Kartellgerichts. Klostermann, Frankfurt a.M. 1934
  • Organisationsformen der Deutschen Mittelindustrie (Industriewirtschaftliche Untersuchungen - hrsg. v. Herbert von Beckerath; Heft 3), Klostermann, Frankfurt/Main 1934

Literatur

  • Harald Hagemann, Artikel „Cläre Tisch“, in: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen wirtschaftswissenschaftlichen Emigration nach 1933, hg. von Harald Hagemann und Claus-Dieter Krohn, K. G. Saur München 1999, ISBN 3-598-11284-X, Band 2, S. 714ff.
  • H. Hagemann, Artikel „Cläre Tisch“, in: Robert W. Dimand, Mary Ann Dimand, Evelyn L. Forget (Hg.), A Biographical Dictionary Of Women Economists, Cheltenham 2000, S. 426-429.

Weblinks


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