Der König in Gelb

Der König in Gelb

Der König in Gelb (englischer Originaltitel: The King in Yellow) ist eine 1895 erschienene Sammlung von Kurzgeschichten des amerikanischen Autors Robert W. Chambers. Inhaltlich lassen sich die Geschichten als frühe Horrorliteratur einordnen. Die ersten vier Kurzgeschichten beinhalten ein Theaterstück mit demselben Namen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichten

Die ersten vier Kurzgeschichten der Sammlung sind vage durch drei Bausteine miteinander verbunden:

  • Der König in Gelb – ein Theaterstück in zwei Akten
  • Der König in Gelb – eine mysteriöse, übelwollende und übernatürliche Wesenheit
  • Das Gelbe Zeichen – ein furchterregendes Symbol

Die ersten vier Kurzgeschichten sind makaber in Bezug auf Sprache, Charaktere und Aufbau. Die erste Kurzgeschichte The Repairer of Reputations spielt in einem fiktionalen Zukunftsamerika der 1920er Jahre. Die weiteren Geschichten des Buches folgen nicht dem makaberen Charakter der ersten vier. Sie sind, vergleichbar mit Chambers späteren Werken, in einem romantischen Stil geschrieben.

Liste der Kurzgeschichten

Originaltitel Übersetzung
The Repairer of Reputations Der Wiederhersteller der Ehre
The Mask Die Maske
In the Court of the Dragon Im Hof des Drachen
The Yellow Sign Das Gelbe Zeichen
The Demoiselle d'Ys Das Fräulein von Ys
The Prophet's Paradise Das Paradies des Propheten
The Street of the Four Winds Die Straße der vier Winde
The Street of the First Shell Die Straße der ersten Hülle
The Street of Our Lady of the Fields Die Straße unserer Dame der Felder
Rue Barrée Straße Barrée

Das Theaterstück »Der König in Gelb« 

Das fiktionale Theaterstück Der König in Gelb ist Bestandteil der ersten vier Kurzgeschichten der Sammlung. Es besteht aus zwei Akten und drei Charakteren: Cassilda, Camilla und dem König in Gelb. In Chambers Kurzgeschichtensammlung finden sich Ausschnitte aus diesem Stück.

Cassilda's Song

Cassilda's Song

Act I, Scene 2

Cassilda's Lied

Erster Akt, Szene 2

Along the shore the cloud waves break,
The twin suns sink beneath the lake,
The shadows lengthen
In Carcosa.

Entlang der Küste brechen sich die Wolkenwellen,
Die Zwillingssonnen versinken unter dem See,
Die Schatten werden länger
In Carcosa.

Strange is the night where black stars rise,
And strange moons circle through the skies,
But stranger still is
Lost Carcosa.

Absonderlich ist die Nacht, in der schwarze Sterne aufgehen,
Und fremdartige Monde kreisen durch die Himmel,
Doch fremdartiger ist noch immer
Das verlorene Carcosa.

Songs that the Hyades shall sing,
Where flap the tatters of the King,
Must die unheard in
Dim Carcosa.

Lieder, welche die Hyaden dort singen sollen,
Wo die Fetzen des Königs flattern,
Müssen ungehört sterben im
Düsteren Carcosa.

Song of my soul, my voice is dead;
Die thou, unsung, as tears unshed
Shall dry and die in
Lost Carcosa.

Lied meiner Seele, meine Stimme ist tot;
Stirb ungesungen, wie auch ungeweinte Tränen
Trocknen und sterben sollen im
Verlorenen Carcosa.

The Mask

Die Kurzgeschichte The Mask wird mit einem Ausschnitt aus dem Theaterstück Der König in Gelb eingeführt.

Act I, Scene 2d Erster Akt, Szene 2d

Camilla: You, sir, should unmask.
Stranger: Indeed?
Cassilda: Indeed, it's time.
We have all laid aside disguise but you.
Stranger: I wear no mask.
Camilla: (Terrified, aside to Cassilda.) No mask? No mask!

Camilla: Sie, Sir, sollten sich demaskieren.
Fremder: In der Tat?
Cassilda: In der Tat, es ist Zeit.
Wir haben alle unsere Verkleidung abgelegt, außer Ihr.
Fremder: Ich trage keine Maske.
Camilla: (Erschrocken, neben Cassilda.) Keine Maske? Keine Maske!

Erster und zweiter Akt

Alle Auszüge aus dem Theaterstück stammen aus dem ersten Akt. Die Geschichten beschreiben den ersten Akt als gewöhnlich, der zweite Akt jedoch lässt den Leser durch die aufgedeckte Wahrheit wahnsinnig werden. Das alleinige Sehen der ersten Seite des zweiten Aktes reicht aus, um den Leser zu locken: »Hätte ich nicht einen Blick auf die Eröffnungsworte des zweiten Aktes erhascht, hätte ich es nie beendet [...].« [Aus: The Repairer of Reputations.] (Originaltext: »If I had not caught a glimpse of the opening words in the second act I should never have finished it [...].«)

Chambers gibt nur vereinzelte Andeutungen über den Inhalt des gesamten Stückes. Ein Beispiel für eine solche Andeutung findet sich in einem Ausschnitt aus der Kurzgeschichte The Repairer of Reputations.

Originaltext Übersetzung

He mentioned the establishment of the Dynasty in Carcosa, the lakes which connected Hastur, Aldebaran and the mystery of the Hyades. He spoke of Cassilda and Camilla, and sounded the cloudy depths of Demhe, and the Lake of Hali. "The scolloped tatters of the King in Yellow must hide Yhtill forever," he muttered, but I do not believe Vance heard him. Then by degrees he led Vance along the ramifications of the Imperial family, to Uoht and Thale, from Naotalba and Phantom of Truth, to Aldones, and then tossing aside his manuscript and notes, he began the wonderful story of the Last King.

Er erwähnte die Gründung der Dynastie in Carcosa, die Seen, welche Hastur, Aldebaran und die Mysterien der Hyaden verbanden. Er sprach von Cassilda und Camilla und ließ die trüben Tiefen von Demhe und den See von Hali erklingen. »Die löchrigen Lumpen des Königs in Gelb müssen Yhtill für immer verdecken«, murmelte er, aber ich glaube nicht, dass Vance ihn hörte. Dann, allmählich, führte er Vance in die Beziehungen der Herrscherfamilie ein, zu Uoht und Thale, von Naotalba und dem Phantom der Wahrheit zu Aldones, und dann, seine Manuskripte und Notizen beiseite legend, begann er die wundervolle Geschichte vom Letzten König.

Ein ähnlicher Ausschnitt erscheint auch in der Kurzgeschichte The Yellow Sign, in welcher zwei der Protagonisten das Stück Der König in Gelb gelesen haben.

Originaltext Übersetzung

Night fell and the hours dragged on, but still we murmured to each other of the King and the Pallid Mask, and midnight sounded from the misty spires in the fog-wrapped city. We spoke of Hastur and of Cassilda, while outside the fog rolled against the blank window-panes as the cloud waves roll and break on the shores of Hali.

Die Nacht brach herein und die Stunden zogen sich dahin, doch noch immer murmelten wir untereinander vom König und der Blassen Maske, und Mitternacht erklang von den verschleierten Turmspitzen in der nebelumhangenen Stadt. Wir sprachen von Hastur und von Cassilda, während draußen der Nebel gegen die blanken Fensterscheiben wallte, so wie die Gischtwellen an den Küsten von Hali brodeln und brechen.

Einflüsse

Chambers hat sich die Namen Carcosa, Hastur und Hali von Ambrose Bierce geliehen, speziell von Bierces Kurzgeschichten Ein Einwohner von Carcosa (Originaltext: An Inhabitant of Carcosa) und Haita der Schafhirte (Originaltext: Haita the Shepherd). Es gibt jedoch keine weiteren Beweise dafür, dass Chambers über die Verwendung der Namen hinaus von Bierces Werken inspiriert wurde. Ein Beispiel dafür ist Hastur. In Bierces Werk Haita der Schafhirte stellt Hastur den Gott der Schafhirten dar. Chambers erwähnt Hastur jedoch lediglich als einen Ortsnamen in The Repairer of Reputations.

Horrorautor H. P. Lovecraft verwendet das Motiv einer übernatürlichen Wesenheit, wie sie der König in Gelb darstellt, in vielen seiner Werke – und setzt ans Ende seines Essays Geschichte und Chronologie des Necronomicons folgende Hommage à Chambers: »Aus den Gerüchten über dieses Buch [das Necronomicon] soll Robert W. Chambers den Einfall zu seinem frühen Roman The King in Yellow bezogen haben.«[1]

Ausgaben

  • Robert W. Chambers: The king in yellow and other horror stories. Dover Publ., New York 1970.
  • Robert W. Chambers: Der König in Gelb. Phantastische Erzählungen und Gedichte. Edition Festa, Almersbach 2002, ISBN 3-935822-39-1 (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens; Bd. 9).

Weblinks

Der König in Gelb bei Projekt Gutenberg (engl.)

Fußnoten

  1. H. P. Lovecraft, Geschichte und Chronologie des Necronomicons, in: ders. et al., Azathoth · Vermischte Schriften (S. 298–299), Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1989, S. 299.

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