Faktischer Geschäftsführer

Faktischer Geschäftsführer

Der faktische Geschäftsführer kommt neben dem förmlich bestellten und im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) in Betracht, wenn es um zivilrechtliche Haftung und Strafbarkeit wegen Wirtschaftsdelikten geht.

Häufig kommt dies in Betracht, wenn ein Geschäftsführer aus Unachtsamkeit nicht ordnungsgemäß bestellt wurde oder ein so genannter Strohmann als bestellter Geschäftsführer einer GmbH vorgeschoben wird. Denn die Ausübung der Geschäftsführung einer GmbH kann bei Verurteilung wegen bestimmten Delikten verboten werden. Dies hält die Betroffenen jedoch regelmäßig nicht davon ab, weiter unternehmerisch tätig zu werden und hinter den Kulissen die Fäden einer GmbH zu ziehen.

Voraussetzung für die Annahme, dass eine Person als faktischer Geschäftsführer fungiert ist, dass sie

  • nicht förmlich zum Geschäftsführer bestellt (d. h. nicht im Handelsregister eingetragen) ist und
  • trotzdem mit Einverständnis der Gesellschafter die Geschäftsführung wahrnimmt.

Der Konstruktion des faktischen Geschäftsführers steht es nicht entgegen, dass neben ihm auch ein bestellter Geschäftsführer die Geschäftsführung ausübt. Andernfalls könnte sie in den meisten Fällen, für die sie geschaffen wurde, nicht angewandt werden. Jedoch muss der faktische Geschäftsführer neben dem bestellten eine überragende Stellung einnehmen.[1] Dies wird angenommen, wenn der faktische Geschäftsführer mindestens sechs der folgenden acht Merkmale erfüllt:[2]

  • Bestimmung der Unternehmenspolitik
  • Unternehmensorganisation
  • Einstellen von Mitarbeitern
  • Bestimmung der Höhe der Gehälter
  • Gestaltung der Geschäftsbeziehungen zu Vertragspartnern
  • Verhandlungen mit Kreditgebern
  • Treffen von Entscheidungen in Steuerangelegenheiten
  • Steuerung der Buchhaltung

Die zivilrechtliche Haftung des faktischen Geschäftsführers gegenüber der GmbH ist im Einzelnen umstritten.

Eine persönliche Haftung des faktischen Geschäftsführers wegen Pflichtverletzung gegenüber der GmbH gem. § 43 Abs. 2 GmbHG wird angenommen, wenn dieser „die Geschicke der Gesellschaft – und zwar nicht nur durch interne Einwirkung auf die satzungsmäßigen Geschäftsführer, sondern durch eigenes, auch nach außen hervortretendes, üblicherweise der Geschäftsführung zuzurechnendes Handeln – so maßgeblich in die Hand genommen hat, dass ihm auch die Verantwortung für die rechtzeitige Stellung des Konkursantrages zufällt“.[3]

Es wird jedoch nicht angenommen, dass sich daraus auch eine Durchgriffshaftung ergibt, d. h. eine unmittelbare persönliche Haftung des faktischen Geschäftsführers gegenüber Dritten, denen gegenüber der faktische Geschäftsführer für die GmbH gehandelt hat.[4]

Der GmbH wird das Handeln und Wissen des faktischen Geschäftsführers wie das des ordentlichen zugerechnet.[5]

Einzelnachweise

  1. BGH, Urteil vom 10. Mai 2000 - 3 StR 101/00
  2. BayObLG, Urteil vom 20. Februar 1997 - 5 St RR 159/96, NJW 1997, 1936
  3. BGH, NJW 1988, 1789 (1790)
  4. KG NZG 2000, 1032
  5. OLG Jena NJOZ 2002, 1558
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