Freifahrtschein

Freifahrtschein
Muster eines Freifahrscheins 1854

Ein Freifahrtschein ist eine kostenlos überlassene Fahrkarte. Der Begriff wird auch als Metapher verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Freifahrtschein im eigentlichen Sinne

Seit dem Beginn des Eisenbahnbaus im 19. Jahrhundert wurden Freifahrtscheine für bestimmte Personengruppen ausgegeben. So erließ z. B. am 16. Januar 1854 der preußische Handelsminister ein "Reglement, die freien Fahrten auf der Eisenbahn betreffend". Freifahrtschein erhielten demnach die (leitenden) Mitarbeiter der Bahngesellschaft sowie bestimmte Insassen von Waisenhäuser und Arbeiter und Handwerker im Dienst.[1]

Heute bestehen Ansprüche auf Unentgeltliche Beförderung für Schwerbehinderte. In vielen Ländern erhalten Schüler Freifahrscheine im Rahmen der Schülerbeförderung. Auch Angehörige der Polizei, des Zolls oder der Landeskriminalämter erhalten einen solchen Schein im Dienst und zur wöchentlichen Heimfahrt.

Freifahrscheine für Abgeordnete

Als Freifahrtschein, Freifahrt oder Freie Fahrt bezeichnet man das Recht eines Parlamentariers, die Eisenbahn entgeltfrei zu verwenden.

Im Deutschen Reich wurde die Freie Fahrt für Reichstagsabgegordnete 1874 eingeführt. Sie war als ein Ausgleich dafür gedacht, dass die Abgeordneten (bis 1906) keine Diäten erhielten. Ursprünglich sollte es nur um die Fahrt vom Wohnort zur Hauptstadt gehen, die für die einzelnen Abgeordneten unterschiedlich weit war. Doch viele Abgeordneten nutzten den Freifahrtschein, um durch das Land zu reisen und politische Agitation zu betreiben. Ein solcher Abgeordneter war Ludwig Windthorst von der katholischen Zentrumspartei, von dem es hieß, er habe drei Reden an drei Orten an einem einzigen Tag halten können. 1881 reiste er zwei Wochen lang in Wahlkreise vom Ruhrgebiet bis an den Bodensee.[2]

Weniger begabte Redner, wie Reichskanzler Otto von Bismarck, mokierten sich über solche Reisetätigkeit. Zwischen den Haupt- und Stichwahlen 1884 gelang es ihm, dass der Bundesrat die Freie Fahrt wieder abschaffte. Aber in diesen zehn Jahren hatte sie erheblich dazu beigetragen, populäre, national bekannte Politiker mit den Ortsgruppen zusammen zu bringen. Margaret Lavinia Anderson spricht von einer Nationalisierung der politischen Arena. Erst 1906 wurde die Freie Fahrt wieder eingeführt.[3]

Die Abgeordneten des Bundestags erhalten eine Netzkarte der Deutschen Bahn, diese darf aber nur für die Ausübung des Mandats benutzt werden. Ansonsten werden dienstliche Reisekosten eines Abgeordneten nach Einzelfall erstattet.[4]

Siehe auch: Bonusmeilen-Affäre

Freifahrtschein als Metapher

Freifahrtschein wird auch als Metapher genutzt und beschreibt eine weitreichende Vorabgenehmigung ohne Kontrolle.

Belege

  1. "Reglement, die freien Fahrten auf der Eisenbahn betreffend"
  2. Margaret Lavinia Anderson: Lehrjahre der Demokratie. Wahlen und politische Kultur im Deutschen Kaiserreich. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2009 (Beiträge zur Kommunikationsgeschichte 22) S. 427.
  3. Margaret Lavinia Anderson: Lehrjahre der Demokratie. Wahlen und politische Kultur im Deutschen Kaiserreich. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2009 (Beiträge zur Kommunikationsgeschichte 22) S. 429.
  4. Bundestag.de, Abruf am 7. August 2010.

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