Funu

Funu
Timoresen präsentieren die Köpfe ihrer Feinde, Ende des 19. Jahrhunderts

Mit Funu (Tetum für „Krieg“) wird die Kultur des rituellen Krieges auf der Insel Timor bezeichnet.[1]

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Timoresische Krieger im 17. Jahrhundert (J. Nieuhof)

Die Insel war traditionell in zahlreiche kleine Reiche zersplittert, die nur lose durch Bündnissysteme miteinander verbunden waren. Herrscher der Reiche waren die Liurais. Im Streit um fruchtbares Land, Grenzen, Hochzeitsvereinbarungen oder einfach nur empfundene Missachtungen kam es immer wieder zu Fehden, Kriegen, Eroberungen und Kopfjagden. Selbst zwischen einzelnen Dorfgemeinschaften kam es zu Kämpfen um Ackerland. Auch der hohe Bevölkerungsdruck zwang die einzelnen Dörfer ihre Territorien auf Kosten anderer ständig zu vergrößern. Auch mit dem Eintreffen der beiden Kolonialmächte Portugal und die Niederlande änderte sich diese Tradition nicht. Teils, weil die Kolonialherren nicht die nötige Macht zur Kontrolle hatten, teils weil die Europäer die Fehden zwischen den Reichen zu ihren Vorteil nutzten. Erst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts konnte die koloniale Kontrolle soweit ausgedehnt werden, dass die inneren Konflikte unterdrückt wurden. Doch sowohl während des Guerillakrieges gegen die japanischen Besatzer im Zweiten Weltkrieg, als auch während des Unabhängigkeitskampfes gegen Indonesien und bei den Unruhen in Osttimor 2006 brachen oft jahrhundertealte Fehden zwischen einzelnen Dörfern hervor, die sich hinter den neuen politischen Konflikten verbargen. Auch beim Problem des heutigen Bandenwesen in Osttimor finden sich Einflüsse des Funu, die von den einzelnen Gruppen in ihre Philosophie mit eingebaut werden.

Wissenschaftler sehen, aufgrund von Forschungen auf Neuguinea, wo ähnliche Traditionen existierten, in den stark ritualisierten Kriegen eine Maßnahme gegen eine drohende Überbevölkerung der Insel. Dabei zählten weniger die direkten Opfer der Kämpfe eine Rolle, als die Toten, die aufgrund des Hungers nach der Verwüstung der Felder zu beklagen waren. Eroberte Flächen konnten zudem aufgrund von Tabus nicht sofort von den Siegern genutzt werden, da man die Rache der Geister fürchtete. Immerhin konnten diese nun brachliegenden Flächen sich wieder regenerieren, was einer Auslaugung der Böden entgegen wirkte. Die Kriegsform führte besonders zu einer erhöhten Kindersterblichkeitsrate bei Mädchen, wodurch auch durch die geringe Anzahl der Opfer unter den Kriegern, das Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern regional gehalten wurde. Eine große Anzahl von Männern bewirkte einen größeren Schutz für die eigene Bevölkerung und das Territorium, weswegen männliche Nachkommen eine hohe Bedeutung hatten.

Kriegsvorbereitung

Nur mit der Einwilligung durch die Geister der Ahnen konnte man in den Krieg ziehen. Der Priester (Dato-lulik) opferte dafür einen Büffel und befragte die Geister. Akzeptierten die Geister den vorgegebenen Kriegsgrund nicht, musste man die Begründung solange ändern, bis die Geister zustimmten. Jeder Mann musste nun ein Huhn töten. Streckte das Huhn dabei das rechte Bein nach oben, musste der Mann in den Kampf ziehen, streckte das Huhn das linke Bein hoch, war er dazu bestimmt, daheim Frauen und Kinder zu beschützen. Die abgelehnten Krieger konnten, wenn sie wollten, das Orakel noch ein zweites Mal befragen. Erhielt man dann die Erlaubnis zum Kampf, war aber die Wahrscheinlichkeit groß, verwundet oder getötet zu werden, während die Erwählten aus der ersten Runde nach dem Glauben gegen alle Waffen unverwundbar waren.

Die Schlacht

Ein Meo aus Westtimor in den 1820ern

Prachtvoll geschmückte Meos stellten sich vor der Schlacht vor die Krieger und begannen mit Kriegstänzen, die Stimmung anzuheizen, den Mut ihres Stammes zu preisen und die Gegner zu beschimpfen. Nach Abzug der Meos beschossen sich die gegnerischen Parteien aus großer Entfernung heraus gegenseitig – ursprünglich mit Pfeil und Bogen, später mit Feuerwaffen. Mit dem Tod eines Kriegers endete der Kampf. Bei dieser Kriegsführung war weniger die Feldschlacht das Ziel, eher setzte man auf Überfälle aus dem Hinterhalt, um möglichst viele Köpfe gegnerischer Krieger, Frauen und Kinder als Sklaven sowie Vieh zu erbeuten und manchmal auch das Land des Gegners zu verwüsten. Frauen wurden nur enthauptet, wenn sie versuchten, aus bereits eroberten Dörfern zu fliehen, da dies gegen die Sitten verstieß.

Nach dem Kampf

Die Begrüßung der aus dem Kampf zurückkehrenden Krieger erfolgte mit dem traditionellen Likurai-Tanz der Frauen. Hierbei wurden die erbeuteten Köpfe zur Schau gestellt. Jene, die einen Kopf in einer Schlacht erbeutet hatten empfingen höhere Ehren, als solche, die aus dem Hinterhalt heraus einen Gegner getötet hatten. Die erfolgreichen Kopfjäger erhielten den Titel Assuai (der Tapfere). Die präparierten Köpfe wurden zunächst in den Hütten des Assuais aufbewahrt. Zu jeder Mahlzeit musste dem Kopf ebenfalls etwas zu essen angeboten werden. Später wurde der Kopf dem Liurai oder Dorfchef (Dato) übergeben, der im Rahmen einer Siegesfeier gegen ihn trat. Dem Assuai wurde als Trophäe ein Armreif oder eine metallene, runde Brustplatte übergeben, die er um den Hals gehängt trug.

Nach einem Friedensschluss übergab man die Köpfe unter großen Weinen und Klagen an die Familie des Toten. War zwischenzeitlich ein Kopf verlorengegangen, musste eine hohe Entschädigung gezahlt werden. Damit endeten auch die Feindschaften zwischen den Gruppen. Gefestigt wurde der Frieden meist mit einer Hochzeit oder mit Blutsbrüderschaft. Dies verpflichtete dann im Kriegsfall zur bewaffneten Unterstützung.

Quelle

  • Monika Schlicher: Portugal in Osttimor. Eine kritische Untersuchung zur portugiesischen Kolonialgeschichte in Osttimor 1850 bis 1912. Aberag, Hamburg 1996. ISBN 3-934376-08-8

Einzelnachweise

  1. History of Timor, Seite 5, Technische Universität Lissabon (PDF-Datei; 805 kB)

Siehe auch

Literatur

  • José Ramos-Horta: Funu – Osttimors Freiheitskampf ist nicht vorbei! Ahriman, Freiburg 1997. ISBN 3-89484-556-2

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