Gedanit

Gedanit
Gedanit aus Bitterfeld; Sammlung: Naturkundliches Museum Mauritianum Altenburg.

Gedanit ist eine Bernsteinvarietät. Der Name geht auf das lateinische Wort Gedanum für die Stadt Danzig zurück, in deren Umgebung Gedanit entdeckt wurde und noch heute hauptsächlich gefunden wird.

Es handelt es sich um ein sprödes fossiles Harz von reingelber Farbe, das mit Baltischem Bernstein (Succinit) vergesellschaftet gefunden wird (akzessorisches Harz). Einzelfunde aus der Lagerstätte des Bitterfelder Bernsteins sind ebenfalls bekannt.[1] Darüber hinaus zeigt das Infrarotspektrum von Bernstein, der auf der sibirischen Taimyrhalbinsel in der Dolgan-Formation (Cenomanium, Oberkreide) gefunden wurde, eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Gedanit.[2] Im Unterschied zu Succinit, dem eigentlichen Baltischen Bernstein, enthält Gedanit keine Bernsteinsäure. Die Mohs'sche Härte liegt mit 1,5 bis 2,0 etwas unterhalb der des Succinits. Außerdem ist Gedanit im Gegensatz zu Succinit in Leinöl vollständig löslich[3]. Auch mit anderen Lösungsmitteln (u.a. Alkohol, Ether, Benzol) sind wesentliche größere Anteile (50 % und mehr) als beim Succinit (stets < 25 %) löslich[4].

Es wird in älterer Literatur allgemein die Auffassung vertreten, dass Gedanit und Succinit Baumharze aus dem eozänen Bernsteinwald sind, jedoch von unterschiedlichen Baumarten stammen. Poinar (1992) weist darauf hin, dass anscheinend zwei unterschiedliche Materialien als Gedanit bezeichnet werden, nachdem die Analyse einzelner Proben durch Beck (1986) und Lambert (1988) in einem Fall ein Infrarotspektrum erbrachte, das mit dem des Baltischen Bernsteins identisch ist, und im anderen Fall zu einem hiervon deutlich abweichenden Ergebnis führte.[5] Gaschromatographische und infrarotspektroskopische Nachuntersuchungen von als Gedanit bezeichneten Stücken verschiedener wissenschaftlicher Sammlungen in den 1990er Jahren haben die Vermutung bestätigt, dass offenbar tatsächlich zwei verschiedene fossile Harze vorliegen, die sich anhand ihres Gehalts an Bernsteinsäure und in ihrem Infrarotspektrum voneinander und von Succinit unterscheiden lassen, gleichwohl aber wegen der großen Übereinstimmung chemischer Verbindungen auf die gleiche botanische Quelle zurückgeführt werden, der auch Succinit entstammt. Zur Unterscheidung dieser beiden (Gedanit-)Varianten wurde die Bezeichnung "Gedano-Succinit" für die Variante mit geringem Gehalt an Bernsteinsäure eingeführt, während als Gedanit nur noch die Variante ohne Bernsteinsäure bezeichnet wird.[6]. Andere Autoren haben mittels dieser Untersuchungstechnik sogar Übergangsformen zwischen Succinit und Gedanit gefunden, was Zweifel nährte, ob aus der chemischen Struktur fossiler Harze überhaupt Rückschlüsse auf deren botanische Quelle möglich sind.[4] In dieses Bild passt, dass einerseits für Gedanit aus der Bitterfelder Lagerstätte mit der ausgestorbenen Koniferenart Cupressospermum saxonicum eine Harzquelle genannt wird[7], die sich von den als botanische Quellen des Succinits diskutierten Baumarten unterscheidet, andererseits aber auch die Vermutung geäußert wurde, Gedanit, Gedano-Succinit und Succinit seien lediglich Stufen einer diagenetischen Alteration ein und desselben Harzes[6].

Gedanit wird aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften (spröde, brüchig) nur vereinzelt zu Schmuck verarbeitet.

Gedanit wurde erstmals von Otto Helm 1878 beschrieben, der Stücke dieser Varietät aus dem Samland kannte. Helm hatte bereits auf die Möglichkeit unterschiedlicher Varianten des Gedanits hingewiesen. Gemäß einigen Jahresberichten des Westpreussischen Provinzialmuseums in Danzig, wo Helms nicht erhaltene Sammlung bis zum Zweiten Weltkrieg aufbewahrt wurde, befanden sich unter den Gedaniten auch einige Exemplare mit organischen Einschlüssen.[8] In den meisten auf Bernstein spezialisierten Museen, so zum Beispiel im Deutschen Bernsteinmuseum in Ribnitz-Damgarten, sind Gedanit-Stücke ausgestellt.

Einzelnachweise

  1. Norbert Vávra: Chemie des Baltischen und Bitterfelder Bernsteins: Methoden, Möglichkeiten, Resultate. In Exkursionsführer und Veröffentlichungen der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften (EDGG), Heft 236, S. 69-76, 5 Abb., 2008. ISBN 978-3-936617-86-3
  2. V.V. Zherikhin et al.:An overview of Asian fossil resins with inclusions. In: Amber - views - opinions. Warschau 2006.
  3. K. Andrée: Der Bernstein und seine Bedeutung in Natur- und Geisteswissenschaften, Kunst und Kunstgewerbe, Technik, Industrie und Handel. Königsberg 1937.
  4. a b J. Koller und B. & U. Baumer: Die Untersuchung von Bernstein, Bernsteinölen und Bernsteinlacken. In: Metalla Sonderheft, Bochum 1997
  5. Beck 1986 und Lambert 1988, zitiert bei George O. Poinar, Jr.: Life in Amber. 350 S., 147 Fig., 10 Tafeln, Stanford University Press, Stanford (Cal.) 1992. ISBN 0-8047-2001-0
  6. a b Stout, Beck, Kosmowska-Ceranowicz: Gedanite and Gedano-Succinte. In: Amber, Resinite, and Fossil Resins. ACS Symposium Series 617, Washington, DC, 1995.
  7. Günter und Brigitte Krumbiegel: Saxon deposits of Bitterfeld amber (Germany). In Amber - Views - Opinions., Gdansk, Warsaw 2006 (Beitrag datiert auf 1994).
  8. B. Kosmowska-Ceranowicz: The history and present possibilities of establishing an amber collection in Gdańsk. In: Amber - views - opinions. S. 184 - 188, Danzig/Warschau 2006.(Erstveröffentlichung des Beitrages 1998).

Literatur

  • Otto Helm: Gedanit, ein neues fossiles Harz. - In: Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig, Band IV, Heft 3, S. 214-216, Danzig 1878.
  • Günter Krumbiegel, Brigitte Krumbiegel: Bernstein – Fossile Harze aus aller Welt. 3. Auflage. edition Goldschneck, Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2005.
  • C. W. Beck et al.: Beckerite. In Phys. Chem. Minerals 13: 411-3; 1986.
  • J. B. Lambert et al.: Analysis of European amber bei Carbon-13 Nuclear Megnetic Resonanc Spectroscopy. In Archaeological Chemistry 4: 381-8; 1988.

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