Hypomnema

Hypomnema

Hypomnema (altgriechisch Neutrum: ὐπόμνημα, Plural: ὐπομνήματα, hypomnēmata) ist ein antikes literarisches Genre. Der Begriff setzt sich aus der altgriechischen Präposition Hypo- (ὑπό, unter, nieder) und Mneme (Μνήμη, Erinnerung) zusammen und bedeutet wörtlich etwa Niederlegung der Erinnerung.

Hypomnemata waren in der Antike Schreibhefte und Notizbücher. Sie dienten als Gedächtnisstützen, waren aber auch persönliche Leitfäden zur Lebensführung. In sie trug man Zitate, Teile von Arbeiten, Aphorismen und Beispiele ein. Aber auch Handlungen, deren Zeuge man gewesen war oder über die man Berichte gelesen hatte, Gedanken und Überlegungen, die man gehört hatte oder die einem selbst in den Sinn gekommen waren. Das Hypomnema bildete ein materielles Gedächtnis gelesener, gehörter und gedachter Dinge und bot diese dem Benutzer als einen angehäuften Schatz zum Wiederlesen und für spätere Meditationen an.

Hypomnemata sind nicht zu verwechseln mit Tagebüchern, da sie keine Berichte waren, die der Schreiber von sich selbst gab, sondern eine Zusammenfassung von Sätzen zur Reflexion und Selbstkonstituierung bzw. Selbstbetrachtung.

Zu ihrer eigentlichen Bedeutung gelangten die Hypomnemata in der Spätantike. Sie waren für die Stoiker, aber auch für die ersten christlichen Kirchenväter ein unverzichtbares Instrument der Sammlung, Ordnung, Reflexion und Selbstbetrachtung. Die Schrift ersetzte den Blick des Freundes in der Selbstprüfung.

Der französische Philosoph Michel Foucault verwendet das Wort im Sinne von „Notiz“ und im Zusammenhang mit Senecas Übungen der Selbsterkenntnis. Foucault schreibt: „In diesem Zeitraum gab es so etwas wie eine ‚Kultur des persönliches Schreibens‘: Erkenntnisse und Reflexionen aus Gesprächen, die man in selbst gehört oder geführt hat, die auf Grund ihres persönlichen Werts für den Schreiber gelegentlich neu gelesen werden müssen.“[1]

Literatur

  • Wilhelm Schmid. Auf der Suche nach einer neuen Lebenskunst, Die Frage nach dem Grund und die Neubegründung der Ethik bei Michel Foucault S. 308f
  • On Genoalogie of Ethics (Gespräch Dreyfuss/Rabinow, 1983), 245f, 285f
  • Michel Foucault. The Hermeneutics of the Subject: Lectures at the College de France 1981–1982 Picador, S. 500f
  • Interview mit Michel Foucault. In: Paul Rabinow (Hrsg.): The Foucault Reader. New York 1984, S. 363–365.
  • Bruce Kraut: Hypomnema to Theogenes the Dioiketes. In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik. Band 80 (1990), S. 273–276
  • Luc Van der Stockt: A Plutarchan Hypomnema on Self-Love. In: The American Journal of Philology. Band 120 (1999), S.. 575–599

Einzelnachweise

  1. Michel Foucault. The Hermeneutics of the Subject: Lectures at the College de France 1981–1982 Picador, S. 500

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