Ichbewusstsein

Ichbewusstsein

Ichbewusstsein ist das Bewusstsein der Ich-Identität oder das Wissen des Individuums um seine Identität.[1] Das Ichbewusstsein wird von Jaspers als Ergebnis der inneren Wahrnehmung (Intuition) dem Gegenstandsbewusstsein als Ergebnis der äußeren Wahrnehmung gegenübergestellt. Er unterscheidet vier formale Merkmale des Ichbewusstseins:[2]

  • das Tätigkeitsgefühl als Aktivitätsbewusstsein
  • das Bewusstsein der Einfachheit des Ichs im gleichen Augenblick
  • das Bewusstsein der Identität von jeher, d. h. in der Zeitfolge, dem Ablauf der Zeit
  • das Ichbewusstsein im Gegensatz zum Außen und zum Andern

Inhaltsverzeichnis

Aktivitätsbewusstein

Triebkomponenten werden durch Gefühle vorangedrängt. Gleichgültig, ob es sich um Wahrnehmungen, Vorstellungen, Gedanken oder Gefühle handelt, alles Psychische erhält den „besonderen Ton“ des Persönlichen (des „mein“, des „ich“). Diesen Vorgang nennt Jaspers Personalisation.[2] Andere Autoren bezeichnen diese eigentümliche Qualität des Persönlichen als Ichqualität.[3]

Einheit des Ich

Das Ichbewusstsein ist stets mit Wertvorstellungen verbunden. Sofern das Subjekt mit Wertvorstellungen konfrontiert ist, die seinem Wertesystem nicht entsprechen, kommt es zu Phänomenen der Verdoppelung der Persönlichkeit, des Schattens, der Besessenheit[4], der Ich-Anachorese, der Fremdheit eigener Verhaltensweisen, z.B. bei Zwangshandlungen.[5] [2]

Identität des Ichs

Von der gleichzeitigen Einheit oder Verdoppelung der Persönlichkeit ist die im Verlauf der Zeit sich gleichbleibende oder sich ändernde Einheit der Persönlichkeit zu unterscheiden.[2] Es ist nicht immer davon auszugehen, dass sich Menschen mit ihren früheren Verhaltensweisen identifizieren, da sich das persönliche Wertesystem im Verlauf der Zeit auch ändert. Ein Musterbeispiel stellt hier die frühkindliche Amnesie dar.

Innen- und Außenwelt

Die Unterscheidung von Innen- und Außenwelt erscheint selbstverständlich, kann jedoch in einzelnen Fällen mehr oder weniger aufgehoben sein. So liegen Schilderungen von Baudelaire über das Schwinden der Persönlichkeit möglicherweise Wirkungen einer Haschischvergiftung zugrunde. Dabei fühlte Baudelaire seine Pfeife als personifiziert ähnlich gewissen pantheistischen Denkweisen, siehe das All-Eine oder die → Participation mystique.[6] [2]

Literatur

  • Hermann Düringer, Hubert Meisinger & Wolf-Rüdiger Schmidt (Hg.): Das rätselhafte ICH. Neurowissenschaft und Evolutionsbiologie vor der Frage, wie aus dem Körperorgan "Gehirn" ein ICH-Bewusstsein entstehen konnte. Haag + Herchen, Hanau 2010, ISBN 978-3-89846-603-5. (Arnoldshainer Texte, 144)

Einzelnachweise

  1. Uwe Henrik Peters: Lexikon Psychiatrie, Psychotherapie, Medizinische Psychologie. Urban & Fischer, München 62007; ISBN 978-3-437-15061-6; Seite 256 (online)
  2. a b c d e Jaspers, Karl: Allgemeine Psychopathologie. Springer, Berlin 91973, ISBN 3-540-03340-8, zu Stw. Ichbewusstsein: 1. Teil: Die Einzeltatbestände des Seelenlebens, 1. Kap.: Die subjektiven Erscheinungen des kranken Seelenlebens (Phänomenologie), § 7 Ichbewußtsein, Seite 101 ff.
  3. Gruhle, Hans Walter: Verstehende Psychologie. (Erlebnislehre). Georg Thieme, Stuttgart 21956; Kap. VI Psychologie und Einzelwissenschaften. Abs. Religionswissenschaft – Frage des spezifisch religiösen Erlebnisses, Seite 169
  4. Janet, Pierre: Les obsessions et la psychasthénie. Paris 11900, 21908; 2. Auflage 1908, Seite 319-322
  5. Ideler, Karl Wilhelm: Versuch einer Theorie des religiösen Wahnsinns. Ein Beitrag zur Kritik der religiösen Wirren der Gegenwart. Bd. I. Seite 392 ff. (Pater Surin)
  6. Baudelaire, Charles: Les fleurs du mal / Die Blumen des Bösen. Fischer Bücherei, Exempla Classica 63, 1963, Seite 116; La pipe: „Je suis la pipe d'un auteur ...“ (Ich bin die Pfeife eines Autors)

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