- Israelsonntag
-
Der Israelsonntag ist ein Sonntag im evangelischen Kirchenjahr, der das Verhältnis von Christen und Juden zum Thema hat. Er wird am 10. Sonntag nach Trinitatis, also 11 Wochen nach dem Pfingstfest begangen.
Traditionelles Sonntagsevangelium ist Lukas 19,41–48 LUT, Jesus weint über Jerusalem. Als Alternative gilt seit 1998 Markus 12,28–34 LUT, das Gespräch Jesu mit einem jüdischen Schriftgelehrten über das höchste Gebot. Wurde früher Psalm 84 LUT gesprochen,[1] so soll es heute nach dem Evangelischen Gottesdienstbuch[2] Psalm 106,4–5a.47a.48a LUT und nach der Reformierten Liturgie[3] sowie der Pfälzischen Agende[4] Psalm 74 LUT sein: Es geht also nicht mehr um den Tempel, sondern um Gottes bleibende Treue.
Eine ältere Bezeichnung des Tages lautet „Gedenktag der Zerstörung Jerusalems“. Darin schien noch die Verbindung zum jüdischen Tischa beAv auf. Das Judentum begeht den Gedenktag der Zerstörung des ersten Tempels am 9. Av. Das fällt zumeist in zeitliche Nähe zum 10. Sonntag nach Trinitatis. Im Jahr 2010 liegt der 10. Sonntag nach Trinitatis auf dem 8. August, der 9. Av entspricht im gregorianischen Kalender dem 20. Juli.[5] Die Reformierte Liturgie verweist noch ausdrücklich auf diesen Zusammenhang.[6]
In der Änderung des Namens sowie der für den Sonntag vorgeschlagenen Bibeltexte spiegelt sich eine theologische Entwicklung der Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg, die besonders seit etwa 1970 wirksam wurde: Nach dem Holocaust hat die evangelische Theologie versucht, ein theologisches Verständnis des Judentums zu gewinnen, das frei von Antijudaismus und Antisemitismus ist. Diese theologische Entwicklung kann man in der Evangelischen Kirche im Rheinland (ekir) auch erkennen am Wechsel der liturgischen Farbe für den 10. Sonntag nach Trinitatis. Statt der Farbe Grün ist jetzt Violett vorgesehen, als Zeichen der Buße und Umkehr von Christen, aus der Erkenntnis heraus, dass die Kirchen in Deutschland theologisch eine Mitverantwortung für die Schoa tragen.
Literatur
- Karl-Heinrich Bieritz: Der Gottesdienst im Kirchenjahr. 10. Sonntag nach Trinitatis; in: Evangelisches Gottesdienstbuch – Agende für die Evangelische Kirche der Union und die Vereinigte Evangelisch-lutherische Kirche Deutschlands Berlin. Ergänzungsband; 2000; ISBN 3-7461-0169-7; S. 179
- Irene Mildenberger: Der Israelsonntag - Gedenktag der Zerstörung Jerusalems: Untersuchungen zu seiner homiletischen und liturgischen Gestaltung in der evangelischen Tradition, zugleich Dissertation Universität Heidelberg 1999, Institut für Kirche und Judentum, Berlin 2004, ISBN 3-923095-77-5
Quellen
- ↑ Z.B. Liturgische Gruppe der Theologischen Studiengemeinschaft in Posen (Hg.): Agende für Lesegottesdienste in Kirche und Haus; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1931; S. 35
- ↑ Evangelisches Gottesdienstbuch; 2000; S. 368
- ↑ Reformierte Liturgie. Gebete und Ordnungen für die unter dem Wort versammelte Gemeinde; Wuppertal: foedus; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1999; S. 593
- ↑ Kirchenagende. Kirchenbuch für die Evangelische Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche), Band 2; Speyer: Evangelischer Presseverband Pfalz, 2006, S. 676
- ↑ Jüdische.info: Kalender
- ↑ Reformierte Liturgie, S. 132
Weblinks
Wikimedia Foundation.