Kenneth I. Howard

Kenneth I. Howard

Kenneth Irwin Howard (* 1932; † 2000) war Psychotherapieforscher und Psychotherapeut. Hauptsächlich wurde er bekannt durch die Erforschung von Dosis-Wirkungsbeziehungen in der Psychotherapie.

Inhaltsverzeichnis

Wissenschaftliche Karriere

Seine wissenschaftliche Laufbahn begann er 1956 mit der Aufnahme des Studiums der Psychologie an der University of Chicago.

Sein Interesse für Psychotherapie wurde geweckt durch den Besuch einer Veranstaltung an der University of California, Berkeley, den im Jahr 1950 Carl Rogers gehalten hatte. Obwohl Carl Rogers zur Studienzeit von Howard in Chicago am dortigen University Counselling Center arbeitete, interessierte er sich mehr für die psychologische Forschungsmethodologie, mit quantitavien Methoden, Untersuchnugsdesigns, Messung und Statistik. Er begann seine Forscherkarriere in einem Forschungsprojekt über Straßenarbeit mit delinquenten Jugendlichen.

Howard wechselte als Professor an die Northwestern University in Evanston, Illinois USA. Dort lehrte und forschte er über 32 Jahre lang. Seine Publikationsleistung ist erheblich, mit über 175 Buchkapiteln, Artikeln und Forschungsinstrumenten.

Wissenschaftliche Beiträge

Generic Model of Psychotherapy

Zusammen mit David E. Orlinsky (1987, deutsch 1988) entwickelte er aus einer Reihe von Übersichtsarbeiten der wissenschaftlichen Literatur zur empirischen Psychotherapieforschung das sogenannte Generic Model of Psychotherapy. Darin wurde der damalige Forschungsstand zu den Zusammenhängen von therapeutischem Prozess und Therapieergebnis formalisiert.

Dosis-Wirkungs-Modelle

Mitte der 80er Jahre initiierte Howard das Norwestern Chicago Psychotherapy Research Program. Durch die Einwerbung von staatlichen Forschungsmitteln des National Institute of Mental Health (NIMH) konnte eine Forschungsinfrastruktur aufgebaut werden, die es ermöglichte Daten von über 16.000 Patienten zu erheben. Dies ist eine der ersten Psychotherapiestudien mit einer so großen Stichprobe.

Die Dosis-Wirkungs-Modelle wurden zunächst an Daten aus publizierten Studien entwickelt. Anhand vom 15 bereits veröffentlichten Studien mit zusammen 2431 Patienten untersuchten Howard et al. (1986) den Zusammenhang der Anzahl der Therapiesitzungen (Dosis) und dem Ergebnis (Beschwerden verbessert oder nicht verbessert). Sie konnten mit statistischen Modellen eine Logarithmuskurven ähnliche Beziehung zwischen Dosis und Wirkung aufzeigen: Mit steigendender Sitzungszahl kommen immer weniger Patienten in den Genuss der Symptombesserung. Diese Modelle wurden an den Daten der Chicagoer Studie überprüft und weiter verfeinert. Howard und Kollegen (1993) konnten zeigen, dass die Besserungskurven sich grundsätzlich wieder fanden. Darüber hinaus identifizierten sie Unterschiede der Besserung verschiedener Ergebnisebenen: Die allgemeine Stimmung regierte am schnellsten, gefolgt von Besserungen der psychopathologischen Symptome (z.B. Angst, Depression) und am langsamsten reagierten Persönlichkeitsdefizite oder soziale Probleme.

Patient Focussed Research

Die Dosis-Wirkungs-Beziehung wurde von Howard et al. (1996) genutzt, um statistisch zu erwartende Besserungskurven und Normgrenzen um diese Kurven zu berechnen. Dies kann man analog zur Normierung eines psychologischen Tests verstehen: Ein Messwert (hier eine Messwertreihe) wird anhand von Vergleichsstichproben auf „Normalität“ oder bedeutsamer Abweichung beurteilt. Wenn die Symptome eines Patienten sich nicht so schnell (nach ähnlich vielen Sitzungen) bessern, wie in den meisten Behandlungen, dann kann ein Warnsignal erzeugt werden.

Bedeutung der Forschungsarbeiten

Die Arbeiten vor allem zu den Dosis-Wirkungsbeziehungen haben erhebliche Bedeutung für die Gestaltung von Psychotherapie in verschiedenen Gesundheitssystemen erlangt. In den USA wenden sehr viele MHOs (Mental Health Organization) Weiterentwicklungen des Patient Profiling an, was bedeutet, dass die Entwicklung der Symptome kontinuierlich über ein Monitoring erfasst werden. Die Frage nach der angemessenen Dosis von Psychotherapie hat Auswirkungen auf die Anzahl von Sitzungen, die Krankenkassen bezahlen. In Deutschland wurde ein Forschungsprojekt von der Techniker Krankenkasse durchgeführt, das ein Modell der Rückmeldung von Therapieergebnissen als Alternative zum gängigen Gutachterpraxis (ein Gutachter entscheidet nach Aktenlage über die von der Kasse zu bezahlende Anzahl der Sitzungen einer Psychotherapie) zu etablieren versuchte[1]. Die Weiterführung der Modelle von Howard haben als Psychotherapieforscher in den USA vor allem Michael J. Lambert und in Deutschland die Arbeitsgruppen um Hans Kordy[2][3] und Wolfgang Lutz betrieben.

Gründung der Society for Psychotherapy Research

Ken Howard und David E. Orlinsky sind die Initiatoren der Gründung der internationalen wissenschaftlichen Forschergesellschaft Society for Psychotherapy Research (siehe Orlinsky, 1995). Er war von 1970 bis 1971 ihr erster Präsident[4]. Damit hat Ken Howard nicht nur inhaltlich, sondern auch sozial zur Etablierung der wissenschaftlichen Psychotherapieforschung wesentlich beigetragen.

Literatur

  • Orlinsky, D. E., & Howard, K. I. (1987). A generic model of psychotherapy. Journal of Integrative and Eclectic Psychotherapy, 6(1), 6-27.
  • Orlinsky, D. E., & Howard, K. I. (1988). Ein allgemeines Psychotherapiemodell. Integrative Therapie, 14(4), 281-308.
  • Howard, K. I., Lueger, R. J., Maling, M. S., & Martinovich, Z. (1993). A phase model of psychotherapy outcome: causal mediation of change. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 61(4), 678-685.
  • Howard, K. I., Moras, K., Brill, P. L., Martinovich, Z., & Lutz, W. (1996). Evaluation of psychotherapy. Efficacy, effectiveness, and patient progress. American Psychologist, 51(10), 1059-1064.
  • David Orlinsky. The Graying and Greening of SPR: A Personal Memoir on Forming the Society for Psychotherapy Research. Psychotherapy Research 1995, S. 343-350 doi:10.1080/10503309512331331456

Einzelnachweise

  1. Qualitätsmonitoringstudie der Techniker Krankenkasse. Abgerufen am 26.September 2011
  2. Hans Kordy, Wolfgang Hannöver, Matthias Richard: Computer-Assisted Feedback-Driven Quality Management for Psychotherapy: The Stuttgart-Heidelberg Model. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 2001, 69, 173-183. [1]
  3. Robert Percevic, Michael J. Lambert, Hans Kordy: Computer-supported monitoring of patient treatment response. Journal of Clinical Psychology, 2004, Vol. 60, Nr. 3, S. 285–299. [2]
  4. Past Presidents of the SPR. Abgerufen am 21. September 2011

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