Lesch-Typologie

Lesch-Typologie
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Die Lesch-Typologie ist ein Verfahren zur Typologisierung von Alkoholabhängigkeit. Es werden vier Typen von Alkoholkranken in der Typologie nach Lesch beschrieben, wobei der Alkohol im Typ 1 als Medikament gegen Entzugsbeschwerden eingesetzt wird, in Typ 2 zur Angst-Stressreduktion und zur Hebung des Selbstwertgefühles, im Typ 3 wird Alkohol als Antidepressivum und zum Spüren eigener Gefühle eingesetzt und in Typ 4 führt eine schwierige Jugend mit Vorschädigungen des Gehirns zu Defiziten die Alkohol dann als Zwangsverhalten verwenden. Impulskontrollstörungen stehen im Vordergrund, der Betroffene kann dem Trinkdruck der Umgebung und der Verführung des trinkenden Milieus nicht standhalten.

Inhaltsverzeichnis

Diagnostik der Typologie nach Lesch

Die Heterogenität der Alkoholabhängigkeit wird heute nicht mehr angezweifelt. Seit der Einteilung nach Jellinek nach dem Trinkverhalten wurden mehr als 100 Typologien entwickelt. International haben sich heute die Typologien mit vier Untergruppen durchgesetzt (siehe HESSELBROCK im Quellenverzeichniss). Die Typologie nach Lesch wurde in einer prospektiven Langzeituntersuchung definiert und nach ihrer Stabilität achtzehn Jahre später nachuntersucht. Das Untersuchungsinstrument liegt heute in 12 Sprachen vor und wurde in genetischen, basisvorschungs-, psychophysiolgischen-, psychopathologischen- und Therapiestudien validiert. Das Instrument wird heute in einem Entscheidungsbaum angeboten, wobei nach der Diagnose Alkoholabhängigkeit in einem Ausschlussverfahren zuerst nach Sympthomen des Typ4 gefragt wird, sind keine solche Sympthome zu erfragen wird nach Sympthomen des Typ3 gefahndet. Sind weder Typ4- noch Typ3-Sympthome vorhanden differenziert das schwere Entzugssyndrom, oft mit Entzugsanfällen, zwischen Typ1 und Typ2.[1]

Die medikamentöse Alkoholentzugsbehandlung nach der Typologie nach Lesch

Typ 1 nach Lesch

Symptome im Enzug

Grand Mal Anfälle nur im Entzug, schwere Instabilität des Herz-Kreislaufsystems, Hyperhidrosis, grobschlägiger, dreidimensionaler Tremor, der manchmal so stark ausgeprägt sein kann, dass die Patienten in diesem Zustand kein Glas frei halten können. Zeitweilige Desorientiertheit ist oft zu beobachten und vor allem bei ungenügender Medikation kann auch ein Delirium tremens auftreten. Die Symptome treten meist nach einigen Stunden nach einer schweren Trinkepisode auf,wenn der Patient z.B 5 Stunden schläft erwacht er mit Entzugserscheinungen und muss in der Früh trinken,um diese Symptome auszuhalten. Die benötigte Trinkmenge gibt Auskunft über den Schwergrad und die Höhe der medikamentösen Behandlung.Ist der Patient in suffizienter Behandlung oder kann auch ohne Behandlung über Tage ohne Alkohol leben, bilden sich diese scheren Symptome sehr rasch,meist innerhalb von 5 Tagen völlig zurück und der Patient wirkt gesund, ist aber in seinen itelektuellen Leistungen noch beeinträchtigt. Beim Trinken von kleinen Mengen von Alkohol auch nach längerer (z.B.: 3 Monate) alkoholfreier Zeit kommt es zu starkem Alkoholverlangen und die Mengen werden sehr rasch gesteigert, oft in höhere Dosen als vor der Abstinenz ( Deprivationseffekt).

Behandlung

Benzodiazepine oder Clomethiazol sind die Mittel der Wahl und müssen am Anfang oft hoch dosiert werden, aber diese können bereits nach wenigen Tagen reduziert und nach spätestens 10 Tagen abgesetzt werden. Eine Anfallsprophylaxe mit Anticonvulsiva ist meist nicht notwendig. Bereits im Entzug sollte Acamprosat als Anticravingmedikation ( Verhinderung des Deprivationseffektes) mit den Benzodiazepinen kombiniert werden. Vitamin B1 wird gegen einen Thiaminmangel gegeben. Generell gilt viel Flüssigkeit, Bettruhe und geschützte Atmosphäre.

Typ 2 nach Lesch

Symptome

Eher leichte vegetative Entzugssymptome. Feinschlägiger Tremor oft nur im Vorhalteversuch, häufig ein stabil erhöhter Blutdruck und keine Blutdruckschwankungen, Sympathikotonus. Psychisch imponieren vor allem ängstliche, bisweilen dysphorische Zustände.

Behandlung

Diese Patienten benötigen oft keine Medikamente. Bei diesen leichten Entzugserscheinungen kann mit Tiaprid, Anticonvulsiva oder sedierenden Antidepressiva behandelt werden. Anfallsprophylaxe ist nicht notwendig.

Typ 3 nach Lesch

Symptome

Depressiv- dysphorische Durchgangssyndrome sind mit depressiven Basisstörungen vermischt. Feinschlägiger Tremor, Sympathikotonus, stabil erhöhter Blutdruck, keine Blutdruckschwankungen.

Behandlung

Benzodiazepine in niederer Dosierung sind meist ausreichend. Hohe Dosierungen sind nur notwendig, wenn zusätzlich zur Alkoholabhängigkeit ein meist iatrogener Benzodiazepinmissbrauch besteht. In Österreich und in Italien wird in dieser Gruppe vor allem Gammahydroxybuttersäure 50 mg/ kg Tagesdosis ( Alcover) verwendet. Eine Dosissteigerung bringt keine besseren Behandlungsergebnisse. Es besteht oft neben dem Alkohol in dieser Gruppe ein Missbrauch mit Beruhigungsmitteln und Alkover ist dann zu schwach. In einigen Zentren werden auch Carbamazepine eingesetzt.

Typ 4 nach Lesch

Symptome

Vegetativ stabile Symptomatik (Herz-Kreislaufsituation, Blutdruck), ein leichter essentieller Tremor ist zu beobachten, praktisch keine Hyperhidrosis („Entzug mit trockenen Händen“). Psychopathologisch sind kognitive Störungen mit Durchgangssyndromen im Vordergrund. Epileptische Anfälle verschiedenster Art sind oft auch außerhalb des Entzuges zu beobachten.

Behandlung

Antiepileptika, wie Carbamazepine oder Valproat, und auch Tiaprid oder Quetiapin kommen in dieser Gruppe zum Einsatz. In Österreich und Italien verwenden wir in dieser Gruppe auch Gammahydroxybuttersäure (Alcover).

Entwöhnungsbehandlung und Rückfallprophylaxe nach der Typologie nach Lesch

Allgemeine Richtlinien

Die Rückfallprophylaxe richtet sich vor allem nach der Basisstörung und nach der Funktion, die Alkohol für diese Personen hat. Zu Beginn stehen „Stützen und Schützen“ im Vordergrund. Das therapeutische Vorgehen richtet sich nach Persönlichkeitszügen, nach eventuell vorhandenen Persönlichkeitsstörungen und nach den Copingstrategien (z.B: Umgang mit Stresssituationen) dieser Patienten. Unterschiedliche Copingstrategien (z.B. Geschlechterunterschiede) müssen in das psychotherapeutische Setting einfließen. Die Typologie nach Lesch gibt nur Hinweise für das richtige psychotherapeutische Vorgehen, ist aber in Bezug auf spezifische psychotherapeutische Phänomene sicher noch viel zu wenig spezifisch. In der medikamentösen Therapie wird in allen Ländern zwischen mindestens zwei Arten von Alkoholverlangen unterschieden. Manche Alkholkranke versuchen ihre angenehme Stimmung durch Alkohol noch zu verbessern (sog. „positives“ Craving), während andere versuchen ihre negativen Gefühle wie Angst oder Depressionen durch Alkohol zu lindern (sog. „negatives“ Craving). Hinter diesen unterschiedlichen Mechanismen stecken natürlich auch unterschiedliche biologische Vulnerabilitäten und die Medikamente, die gegen dieses Craving eingesetzt werden, müssen deshalb auch unterschiedlich gewählt werden. Nach der Typologie nach Lesch werden vier verschiedene Cravingmechanismen beschrieben. Studien zeigten, dass Anticravingsubstanzen in den Untergruppen nach Lesch signifikant unterschiedliche Wirkungen haben

Prinzipien der Entwöhnung

Entwöhnungstherapie hat die Erhaltung der Abstinenz und eines alkoholfreien Lebens zum Ziel. Im Zentrum des Interesses steht dabei die Behandlung der Grundstörung, die zur Alkoholeinnahme geführt hat. Die Therapiepläne dieser Behandlungsphase müssen zeitlich überschaubar sein. Die Patientinnen sollen sich geborgen fühlen und müssen das Gefühl vermittelt bekommen, dass sie durch die Abstinenz Lebensqualität gewinnen und nicht nur das Suchtmittel Alkohol verloren haben. Die Entwöhnungstherapie, wie auch die Rückfallprophylaxe sollte sich auf eine gut vernetzte Therapiekette (stationär, halbstationär, ambulant) stützen können. So kann bei Rückfällen rasch und effizient eingegriffen werden. Solche Behandlungseinheiten brauchen medizinisch-biologische, psychotherapeutische und soziotherapeutische Fachkompetenzen. Die Teams müssen personell gut ausgestattet und über die Zeit personell stabil und für die Patienten gut erreichbar sein.

Grundpfeiler der Entwöhnungstherapie

  • Erreichbarkeit und Stabilität des therapeutischen Teams
  • Individuelle medikamentöse und psychotherapeutische Angebote
  • Konzept der Krisenintervention (keine Wartezeiten, auch akute stationäre Aufnahme möglich)
  • Modifikation der Entwöhnungsbehandlung nach der hinter der Abhängigkeit liegenden Grundstörung (z. B. unterschiedliche Behandlung nach der Typologie n. Lesch)
  • Einbeziehung der Familienangehörigen, allfällige Co-Abhängigkeit mitbehandeln und stützende Angehörige einbeziehen
  • Realistische und erreichbare Therapieziele müssen vereinbart werden, wobei das übergeordnete Therapieziel der Abstinenz nicht aus den Augen verloren werden darf, auch wenn primär nur eine Reduktion der Suchtmitteleinnahme erreicht werden kann. Manche Patienten benötigen trotz aller Therapieangebote eine Suchtmittel-Ersatztherapie. Dosisveränderungen bei Substitutionstherapien sollten vorsichtig und langsam erfolgen. Bei manchen Patienten kann auch in der Entwöhnung keine Suchtmittelfreiheit erreicht werden. In manchen Fällen reduziert sich die Behandlung auf die Verbesserung von Sekundärschäden und Folgekrankheiten. Die Alkoholkrankheit ist eine Erkrankung mit rezidivierendem Verlauf, und man weiß, dass bereits 3 Monate nach stationären Entwöhnungsbehandlungen mindestens 50% der Patienten Rückfälle zeigen. Diese Rückfallraten können jedoch bei einer individuellen Therapie deutlich verbessert werden.

Typ 1 nach Lesch

Dieser Typ ist durch schwere Entzugssyndrome gekennzeichnet und diese Alkoholkranken verwenden den Alkohol um diese Entzugserscheinungen zu verhindern. Es liegen keine Komorbiditäten vor und keine Auffälligkeiten in der psychischen oder somatischen Entwicklung vor dem 14. Lebensjahr. Außerhalb des Alkoholentzugs besteht kein Anfallsleiden und es findet sich keine schwere Polyneuropathie. NMDA Antagonisten, wie Acamprosat sind in dieser Gruppe wirksam. Patienten mit weniger als 60 kg sollten 2x2 Acamprosat-Tabletten (333 mg) und Patienten mit mehr als 60 kg sollten 3x2 Tabletten gegeben werden. Diese Medikation sollte über etwa 15 Monate beibehalten werden und sollte bei Rückfällen nicht unterbrochen werden. Acamprosat hat keine wesentlichen Nebenwirkungen und potenziert auch nicht die Alkoholwirkung.

Da bei dieser Gruppe vor allem das Verlangen durch Alkohol selbst ausgelöst wird, ist es ganz wichtig, dass man auf den ersten Schluck verzichtet. Wenn man dem Patienten nun ein Medikament gibt, das eine Alkoholunverträglichkeit auslöst, können diese Patienten leichter auf den ersten Schluck verzichten. Disulfiram wird deshalb im Typ I oft mit Acamprosat kombiniert. Acamprosat blockiert den Abbau von Acetaldehyd zu Acetat, wodurch bei gleichzeitigem Alkoholkonsum Acetaldehyd im Blut angereichert wird und Symptome wie Kopfschmerz, „Flush“, Hyperventilation, Hyperhidrosis, Bluthochdruck und Erbrechen auftreten. Da bei Typ I Patienten weder Persönlichkeitsstörungen noch andere psychiatrische Krankheiten vorliegen, wird keine Psychotherapie empfohlen. Regelmäßige Kontrolltermine und auch abstinenzorientierte Selbsthilfegruppen sind für Typ I Patienten unbedingt notwendig. Die Machtverschiebungen in Partnerschaften, aber auch mit Kindern, die aufgrund der langen Trinkperioden entstehen, benötigen manchmal systemische Therapieansätze. Das Wesentlichste jedoch ist die Einhaltung der absoluten Abstinenz und regelmäßige, bis zu 15 Monaten dauernde Einnahme der Anticravingmedikation. Neuroleptika mit einem D1 und D2 Antagonismus verdoppeln die Rückfallraten und sind deshalb kontraindiziert.

Typ 2 nach Lesch

Diese Gruppe ist durch ein sehr niederes Selbstwertgefühl ausgezeichnet. Typ II Patienten haben häufig einen übermächtigen Partner. Sie vermeiden alle Konflikte (harm- avoidance nach Cloninger). Sie haben Probleme „nein“ zu sagen, lassen sich zu viel aufladen und verwenden Alkohol , um sich etwas zu trauen. Unter Alkohol kommt es häufig zu Aggressionsdurchbrüchen meist innerhalb ihres sozialen Systems ( Familie ).

Eine regelmäßige Psychotherapie und Stärkung des Selbst ist bei Typ II Patienten die wichtigste therapeutische Maßnahme. Selbsthilfe, die auf den 12 Schritten, wie sie viele Gruppen der der Anonymen Alkoholiker verwenden beruhen, sind für Typ II Patienten teilweise kontraproduktiv. Dies gilt vor allem für die nach Wikipedia zitierten Schritte 1 (Anerkennen, dass man seinem eigenen Problem gegenüber machtlos ist), 2 (Zum Glauben kommen, dass nur eine Macht, die höher als man selbst ist, die eigene psychische Gesundheit wiederherstellen kann.), 3 (Den Entschluss fassen, seinen Willen und sein Leben der Sorge Gottes, wie ihn jeder für sich versteht, anzuvertrauen), 6 (Die Bereitschaft, „Charakterfehler“ von Gott entfernen zu lassen) und 7 (demütig darum bitten, dass Gott sämtliche persönliche „Fehler“ beseitigt). Bei Typ II Patienten geht es darum, das Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen, aus der passiv-ängstlichen Rolle heraus zu kommen und mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln. Auch während der Therapie kommt es zu Rückfällen ohne Kontrollverlust (sog. "Slips"), die sich aber nicht auf den guten Gesamtverlauf auswirken. Patienten dieser Gruppe suchen keine euphorisierenden Effekte, sondern zeigen vor allem negatives Craving (Wunsch nach Angstlösung, Beruhigung, Konfliktlösung). Acamprosat mit seinem NMDA Antagonismus erhöht die Abstinenzraten. Disulfiram ist nicht indiziert. Angst lösende Antidepressiva (z.B. Buspiron) haben sich klinisch gut bewährt. Für Sertraline konnte nur bei Patienten vom Typ A nach Babor (später Beginn, milder Verlauf) eine Wirkung auf die Abstinenzraten festgestellt werden, sodass Sertalin (200mg täglich) auch für diese Untergruppe hilfreich sein dürfte.

Typ 3 nach Lesch

Diese Untergruppe zeichnet sich durch eine sehr rigide Persönlichkeitsstruktur aus. Typ III Patienten sind ergebnisorientiert, sehr leistungsorientiert, mit sich selbst nur selten zufrieden und übernehmen oft viel zu rasch in ihren Bezugsgruppen Alpha-Positionen. Gefühle lassen sie selten zu und sie verlernen auch Gefühle zuzulassen. Die affektiven Symptome mit manchmal auch suizidalen Einengungen sind als Folge dieser Persönlichkeit zu sehen. Die Depression stellt den Patienten als Person wieder in den Mittelpunkt und macht ihm bewusst, wie weit er vorher „nur für andere Systeme funktioniert hat“.

Ähnlich dem Typ 2 nach Cloninger suchen diese Patienten die stimmungsaufhellende Wirkung des Alkohols. Alkohol selbst verstärkt aber die affektiven Symptome und verschlechtert die chronobiologischen Störungen. Typ III Patienten sind oft lange Zeit abstinent, neigen aber nicht zu Slips, sondern zu Rückfällen mit massiven Kontrollverlust, die auch Wochen dauernden können.

Typ III Patienten benötigen intensive psychotherapeutische Strategien. Ziel dieser Therapie ist es Überstrukturiertheit zu lockern, Selbstwertgefühl nicht mehr nur über Leistung zu definieren und narzisstische Kränkungen im Alltagsleben –ohne Rückfall- zu ertragen. Bezüglich Selbsthilfeansatz ist der Schritt 12 der Anonymen Alkoholiker kontraproduktiv („der nun erfahrenen spirituellen Erweckung versuchen, die Botschaft an andere Betroffene weiterzugeben…“), denn genau das sollen diese Patienten lernen nicht zu tun (nicht für alle anderen da sein, nicht die Führungsrolle übernehmen). Hilfreich, vor allem gegen eine allfällig vorhandene narzisstische Komponente hingegen ist der Schritt 4 („Eine gründliche und furchtlose Inventur von sich selbst machen“).

Naltrexon reduziert die Häufigkeit und den Schweregrad der Rückfälle bei Typ III Patienten. Naltrexon kann entweder als Dauertherapie oder nur intermittierend bei Rückfallgefahr oder in Rückfällen verabreicht werden. Die Komorbidität von Alkoholkrankheit und depressiven Störungen bergen immer die Gefahr eine höheren Suizidalität. Beide Störungen verstärken einander und könnten die neuronalen Signalsysteme in einer Weise beeinflussen, dass etablierte Therapien nicht oder sogar kontraproduktiv wirken können. Trizyklische Antidepressiva, Milnacipran, aber auch Sertalin sind in dieser Untergruppe als antidepressive Medikation zu empfehlen.

Eine Kombination von Ondansetron und Naltrexon zeigte im Placebovergleich positive Effekte auf die Trinkmengenreduzierung und scheint besser zu wirken als beide Medikamente alleine. Diese Wirkung scheint vor allem bei einem Beginn der Alkoholabhängigkeit vor dem 25. Lebensjahr zu bestehen. Topiramat könnte in dieser Gruppe positive Wirkungen haben. Da die affektiven Erkrankungen in dieser Untergruppe oft bipolar verlaufen, könnten Phasenprophylaktika positive Wirkungen auf den episodischen Verlauf der Alkoholabhängigkeit haben. Neuroleptika mit einem D1 und D2 Antagonismus erhöhen signifikant die Rückfallraten und sind deshalb kontraindiziert.

Typ 4 nach Lesch

Diese Untergruppe hat bereits vor dem 14. Lebensjahr schwere psychische Traumen durchgemacht und ihr Gehirn ist oft aufgrund von Erkrankungen oder Traumen vorgeschädigt. Sie zeigen in ihrer psychosozialen Entwicklung schon in der Kindheit deutliche Auffälligkeiten (z.B. häufig Schulabbrüche, keine Berufsausbildung), kindliche Verhaltensstörungen werden in diesem Milieu oft akzeptiert und es kommt meist zu keinen Hilfsangeboten in der Kindheit. Diese Gruppe kann dem Trinkdruck unserer Gesellschaft nicht Stand halten, sie sind leicht zu Alkohol zu verführen und im späteren Verlauf zeigen deutliche Impulskontrollstörungen und das Alkoholverlangen schildern sie in späteren Stadien dieser Untergruppe häufig als Zwangsphänomen. Viele der Typ IV Patienten sind auf Grund ihrer kognitiven Vorschäden (die reduzierte Kritikfähigkeit führt zu einer hohen Diskrepanz zwischen Wünschen und sozialen Möglichkeiten) und ihrer mangelnden Sozialisation nicht psychotherapiefähig. Therapie ist oft nur mit längeren stationären Aufenthalten mit speziell für diese Gruppe adaptiertem Angeboten möglich. Sie benötigen ein verhaltenstherapeutisches Setting mit viel Struktur und am besten mit Aufgaben, die sie gerne durchführen. Wenn diese Strukturen auch nach dem stationären Aufenthalt mit einer Stabilität des betreuenden Teams aufrechterhalten werden können, haben auch diese Patienten eine recht gute Prognose. Soziotherapie ist in dieser Untergruppe wichtiger als Psychotherapie. Selbsthilfegruppen, die nach dem Muster von Synanon (leben in Gemeinschaft, eigene Betriebe, Motto: jeder hat die Fähigkeit in sich abstinent zu leben) funktionieren, sind hilfreich. Allerdings –und das ist oft die große Schwierigkeit- muss eine Typ IV spezifische Selbsthilfegruppe auch Rückfälle mit Kontrollverlusten, als Teil des Krankheitsverlaufs, akzeptieren können.

Naltrexon oral oder als Depot reduziert die Trinkmenge und die Trinkdauer. In der Gruppe der Antikonvulsiva wurden Valproinsäure, Carbamazepin und Topiramat untersucht. Antikonvulsiva verhindern in diesem Trinkverlauf protrahierte Entzugserscheinungen, sie erhöhen die Impulskontrolle und reduzieren die zwanghafte Einnahme. Weiters zu empfehlen sind Ondansetron, Topiramat, Prägabalin, Nootropika und falls nötig atypische Neuroleptika, wie z.B. Quetiapin.

Quellen

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  • JOHNSON Bankole A. Ed.; Addiction Medicine: Science and Practice,; Springer-Verlag New York Inc.; ISBN 978-1441903372; 2011
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Einzelnachweise

  1. LESCH et al. 1990) Lesch Typen spezifische Therapie verbessert den Verlauf signifikant ( Typ 1 85% Abstinenz nach 2 Jahren und Typ 4 noch immer 50 % Abstinenzzeit über 2 Jahre--Lesch Otto 2011

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