Chansonette

Chansonette
Dieser Artikel erläutert das Chanson als Schlager- und Kabarettlied; zum Chanson vor dem 18. Jh. siehe Chanson (Alte Musik); zum Chanson de geste siehe Altfranzösische Epik.

Chanson [ʃɑ̃ˈsɔ̃] (frz. Lied) bezeichnet im deutschen Sprachraum ein im französischen Kulturkreis verwurzeltes, liedhaftes musikalisches Genre, das durch einen Sänger bzw. eine Sängerin sowie instrumentale Begleitung gekennzeichnet ist.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Besonderes Merkmal der Chansons ist die starke Konzentration auf die Textaussage. Oft bedienen sich Chansonschreiber einer poetischen Bildsprache und verwenden abschnittsweise Sprechgesang oder komplett gesprochene Texte im Wechsel mit gesanglichen Passagen. Chansons decken textlich eine Vielzahl von Themen und Stimmungen ab: Vom politisch geprägten Chanson über komische Situationen bis zu den häufigen Liebesliedern berichten Chansons von allen Situationen des Lebens, oft auch mit den Mitteln der Ironie und der Satire. Die Konzentration auf Alltagsgeschichten, in denen sich die Situation einer ganzen Gesellschaftsschicht spiegelt, macht sie lebensnah und für das Publikum leicht nachvollziehbar.

Musikalisch passte sich das französische Chanson ab den achtziger Jahren oft an die populäre Musik der Zeit wie Rock ’n’ Roll oder Funk an und öffnete sich auch Einflüssen aus dem Jazzbereich. Damit zeichnen sich Chansons auch nicht durch einen typischen Musikstil aus; formal kann ein Chanson ein Blues, ein Tango, ein Marsch oder eine Rockballade sein, Swing und Flamenco verarbeiten oder sich an der schlichten walzerartigen Musette orientieren. Die musikalische Gestaltung ist immer stark textabhängig, teilweise auch von Zeile zu Zeile variierend, was insbesondere das Tempo betrifft. Entscheidend für den Charakter eines Chansons ist die Individualität der Vortragsweise.

Geschichte

Das Chanson als textbetontes Lied mit einfacher Melodie und akkordischer Begleitung ist ungefähr gleichzeitig mit dem Vaudeville im 16. Jahrhundert entstanden (siehe Pierre Attaignant). Es ist eine Vorform der musikalischen Monodie. Die Praxis des Chanson- und Vaudeville-Singens trug zur Gemeinschaftsbildung im absolutistischen Frankreich bei. Chansons waren im 18. Jahrhundert selbstverständlicher Bestandteil der französischen Opéra comique.

Ab dem 19. Jahrhundert, als sich die Music Halls entwickelten, weil die Pariser Theater das Privileg für öffentliche Darbietungen verloren, entfaltete das französische Chanson internationale Ausstrahlung als Schlager- und Kabarettlied. Im Unterschied zur Opernarie und dem Operettenschlager ist das modernere Chanson grundsätzlich unabhängig von einer Bühnenhandlung, wird nicht unbedingt opernhaft gesungen und hat in der Regel keinen Chor.

Es ist eng mit den jeweils aktuellen Techniken der musikalischen Verbreitung verbunden. Im 19. Jahrhundert waren gedruckte Einzelausgaben von Chansons eine Erwerbsquelle vieler Musikverlage. Im 20. Jahrhundert wurden die Musiknoten mehr und mehr vom Grammophon abgelöst, das es erlaubte, eine bestimmte Interpretation zu fixieren und zu vermarkten. Ebenso sorgte der Hörfunk für die Unabhängigkeit von bestimmten Aufführungsorten. Kino und Fernsehen haben das Chanson in seiner Bedeutung zurückgedrängt.

Deutschsprachige Liedermacher und Chansons

Das Chanson, das originär in Frankreich beheimatet war, hat ebenso in Deutschland eine Chanson-Kultur etabliert, die nicht mit dem Begriff des Liedermachers zu verwechseln ist. Obwohl sich beide Formen stark ähneln, ist ihre historische Entwicklung unterschiedlich. Während Liedermacher in Anlehnung an Bertolt Brechts Bezeichnung "Stückeschreiber" entstanden sind und ursprünglich politisch motiviert und gesellschaftskritisch sangen, sind Chansons von vornherein sämtlichen kabarettistischen Themen offen gewesen und haben sich mehr um eine lyrische, poetische Gestaltung ihrer Texte bemüht. Weiterhin singen deutsche Chansonniers und Chansonnières meist keine selbst verfassten Chansons, während sich Liedermacher traditionell um Text, Musik und Darbietung zugleich bemühen.

Als deutschsprachiger Chansonnier, der zahlreiche französische und deutsche Texte verfasste und sich intensiv mit der französischen Tradition auseinandersetzte, gilt Reinhard Mey.

Udo Jürgens wird gelegentlich als Chansonsänger bezeichnet, was jedoch nur für Teile seines Repertoires zutrifft.

Interpreten

Chanson-Interpreten heißen in Frankreich schlicht chanteur bzw. chanteuse. Mit chansonnier bzw. chansonnière wird in Frankreich eher ein Kabarettist bzw. eine Kabarettistin, mit diseur bzw. diseuse eher ein Liedermacher bzw. eine Liedermacherin bezeichnet.

Im deutschen Sprachraum bezeichnet chansonnier einen französischsprachigen Liedermacher.

Literatur

  • Französische Chansons. Von Béranger bis Barbara, französisch-deutsch, hrg. von Dietmar Rieger, Ditzingen: Reclam, 1987
  • Andrea Oberhuber, Chanson(s) de femme(s) : Entwicklung und Typologie des weiblichen Chansons in Frankreich 1968 – 1993, Berlin: Erich Schmidt, 1995
  • Wolfgang Ruttkowski: Das literarische Chanson in Deutschland, München- Bern: Francke 1966, 282 Sn./pp.
  • Heidemarie Sarter (Hrsg)(1988): Chanson und Zeitgeschichte, Frankfurt/M.: Diesterweg. ISBN 3-425-04445-1.
  • Herbert Schneider (Hrsg.): Chanson und Vaudeville. Gesellschaftliches Singen und unterhaltende Kommunikation im 18. und 19. Jahrhundert, St. Ingbert: Röhrig 1999. ISBN 3-86110-211-0
  • Oberhuber, Andrea: Chanson(s) de femme(s). Entwicklung und Typologie des weiblichen Chansons in Frankreich 1968-1993. Erich Schmidt Verlag, Berlin 1995, ISBN 978-3-503-03729-2

Siehe auch


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