- Charterflugverkehr
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Der Begriff Charterflug bedeutet in Abgrenzung zum Linienflug, dass ein Reiseveranstalter bei einer Fluggesellschaft auf eigenes Risiko Plätze auf Flügen chartert/einkauft, um sie beispielsweise mit Unterkünften in einem Hotel und einem Transfer vom Flughafen zum Hotel zu einer Pauschalreise zu bündeln und mit einem Gesamtpreis zu verkaufen.
Der Charterflug ist im Gegensatz zum Linienflug eine nur gelegentlich bzw. zu bestimmten Anlässen betriebene Beförderung von Personen und Gütern (Gelegenheitsverkehr, Bedarfsflugverkehr, Orderverkehr oder Anforderungsverkehr). Im internationalen Luftrecht wird der Charterflug "Non-Scheduled Traffic" genannt. Der Begriff Charterverkehr ist vor allem im Flugverkehr üblich (Urlaubsreiseverkehr); im Güterseeverkehr wird er meist als Trampschifffahrt bezeichnet.
Die Idee
Um preisgünstiger als im Linienflugverkehr Touristen befördern zu können, wurden in zwischenstaatlichen Abkommen Charterflüge von bestimmten Steuern und Abgaben befreit. Aber zum Schutz nationaler Fluggesellschaften, die früher meist im staatlichen Besitz waren, waren diese staatlichen Genehmigungen an Bedingungen geknüpft wie:
- Ein Charterflug durfte nur in Zusammenhang mit einer touristischen Leistung angeboten werden; dies diente zur Sicherstellung, dass Devisen ins Land flossen;
- Die Anzahl von Charterflügen in ein Land war begrenzt; später kam dann die Forderung dazu, dass nur so viele Charterflüge in ein touristisch tätiges Land fliegen durften, wie jenes Land in das Herkunftsland des Charters fliegen durfte; daraus entstanden dann Fluglinien mit gegenseitiger Beteiligung (Beispiel Sunexpress, Türkei)
- Touristen, die mit einem Charterflug eingereist sind, durften auch nur mit einem Charterflug wieder ausreisen; Reisen mit verschiedenen Transportmitteln, beispielsweise mit einem Kreuzfahrtschiff von Venedig, Italien nach Athen, Griechenland und zurück nach Österreich mit einem Charterflug unterlagen einer Sondergenehmigung von seiten der Regierung;
Der Preisvorteil des Charterfluges resultierte aus
- einer manchmal engeren Bestuhlung (manchmal deshalb, weil bereits in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts oft schon Linienmaschinen für Charterflüge zwischen ihren regulären Linienflügen eingesetzt wurden, die natürlich nicht extra umbestuhlt wurden)
- höheren Auslastung: man rechnet mit Auslastungen von um die 80 bis 90 Prozent
- Ersparnisse bei Verwaltung und Abfertigung wie zum Beispiel beim Ticketing, also Ausstellung von Flugscheinen: das machten in der Regel die Reiseveranstalter selbst,
- Garantieabnahme der Fluggesamt- oder einer Teilkapazität durch den Reiseveranstalter
- Verwendung kleinerer Flughäfen, die niedrige Lande- und Abfertigungsgebühren verlangte (wie es heute auch die Low-Cost-Carrier machen)
Da sich die Produktionskosten und die Geschäftspolitik beider Flugarten unterschieden, gründeten Linienfluggesellschaften, die am Chartergeschäft teilhaben wollten, Tochterunternehmen wie zum Beispiel die Deutsche Lufthansa ihre Chartertochter Condor Flugdienst. Daneben entstanden neue reine Ferienflieger, wie zum Beispiel die Lauda Air, LTU, die Hapag-Lloyd Flug, die Air Berlin oder die Aero Lloyd.
Entwicklung des Charterfluges
Bereits in den 1980er Jahren setzte eine Aufweichung der strikten Trennung zwischen Charterflug und Linienflug ein. Zunehmender Konkurrenzdruck veranlasste die Reiseveranstalter, Restkapazitäten ihrer per Garantie abgenommenen Kontingente als so genannte Camping-Flüge oder Angebote mit ähnlichen Umschreibungen, ohne hochwertige Zusatzleistungen einer Pauschalreise zu verkaufen. Um den Bestimmungen der Internationalen Luftverkehrsorganisation und denen der nationalen Aufsichtsbehörden im Start- und Zielland zu genügen, wurde die Leistung einer Pauschalreise formal aufrechterhalten. Voucher, also Gutscheine für im voraus bezahlte Leistungen, wurden diesen Kunden nur für Einfachunterkünfte ausgestellt.
Wollte wider Erwarten ein Kunde diese Unterkunft tatsächlich in Anspruch nehmen, wurde er in irgendeiner billigen freien Unterkunft einquartiert. Insgesamt waren die tatsächlichen Nutzer eine zu vernachlässigende Größe. Den Kunden war durchaus klar, dass sie hier keinerlei Komfort erwarten konnten. In der Regel waren diese Passagiere ausschließlich am günstigen Flug interessiert. In manchen Kreisen wurden diese relativ wertlosen Gutscheine auch Schummelvoucher genannt, obwohl der Leistungsanspruch auf Verlangen erfüllt werden musste.
Die nach den Bestimmungen zusätzlich geforderte Transportleistung zum Urlaubsquartier konnte durchaus auch aus einem Fahrschein für öffentliche Nahverkehrsmittel bestehen. Der Veranstalter hatte jedoch im Zweifel nachzuweisen, dass die angebotene und geforderte Leistung auch erbracht werden kann.
Mit dem neuen Jahrtausend ist auch die langjährige Praxis dieses so genannten Schummelvouchers Geschichte. Die tiefgreifende Strukturwandlung des gesamten kommerziellen Tourismus seit dem Jahr 2001 führt zunehmend dazu, dass viel mehr erlaubt ist.
Charterfluggesellschaften verkaufen immer höhere Anteile im Einzelplatzverkauf direkt an den Kunden; bei dem täglichen Mallorca-Shuttle wird der Kunde beispielsweise bei der Air Berlin mit Linienflug bedient. Auch die LTU führte in den 1990er Jahren viele Flüge zu Destinationen wie den Kanarischen Inseln als Linienflüge durch. Häufig führen diese Fluggesellschaften touristische Flüge mit Linienrechten durch, sind selbst Mitglied des Linienfluggesellschaftsverbandes IATA und vertreiben ihre Transportdienstleistungen auch mit Linienflugscheinen.
Mit dem Marktauftritt einer neuen Komponente im Fluggeschäft, der Billigfluggesellschaften, auch Low-Cost-Carrier genannt, wie Ryanair oder EasyJet, dem Ende der so genannten Vier Luftfreiheiten und der Abschaffung zahlreicher zwischenstaatlicher Abkommen im Luftverkehr verschwimmen aber die Grenzen zwischen Charter- und Linienflug immer mehr.
Mit bereits 90–95 % Online-Buchungen im Jahre 2004 verlassen die Low-Cost-Carrier konsequent einen der letzten traditionellen Wege der Tourismuswirtschaft, den Vertrieb über das Reisebüro. Mit den eingesparten Provisionen und mit ihrem No-frills-Konzept (niedrigste Preise, keine Extras) können sie deutlich günstiger am Markt agieren.
Der Begriff Charterflug wird zwar noch benutzt, ist aber seiner eigentlichen Bedeutung weitgehend beraubt. Allerdings bleiben, rechtlich betrachtet, immer noch Unterschiede zwischen einer Personenbeförderung im Charter- und Linienflugverkehr. Auch ist an manchen Flugplätzen Linien- oder Charterflug genehmigungsrechtlich eingeschränkt oder verboten. Die Durchführung eines Fluges mit Linienrechten kann Vorteile in Rand- und Nachtzeiten mit sich bringen, etwa im Falle einer Verspätung. Dennoch können Kontingente des Fluges an einen Reiseveranstalter verchartert sein.
Siehe auch
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