Mission Voulet-Chanoine

Mission Voulet-Chanoine

Die "Mission Afrique Centrale-Tchad", nach den Protagonisten "Mission Voulet-Chanoine", genannt, war eine Militäroperation zur Eroberung des Tschad. Sie begann im Januar 1899 unter Führung der Hauptleute Paul Voulet und seines Stellvertreters Julien Chanoine in Say. Sie sollte zusammen mit den Expeditionen von Foureau-Lamy und Gentil die endgültige französische Kontrolle über das Tschad-See-Gebiet herstellen. Die Mission Voulet–Chanoine war durch ihr brutales Vorgehen und durch zahlreiche Übergriffe auf die Zivilbevölkerung gekennzeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Zusammensetzung und Aufgabenstellung

Die Mission Voulet–Chanoine hatte eine doppelte Aufgabenstellung. Sie sollte die durch die Berliner Konferenz 1884/1885 Frankreich im Tschad-See-Gebiet zugesprochenen Gebiete kartographisch erfassen, militärisch sichern, unter französisches Protektorat stellen und schließlich helfen, den Rabih zu besiegen.

Sie bestand aus sechs französischen Offizieren und drei Unteroffizieren, 50 Senegalschützen, 20 Spahis, 30 Dolmetschern, 400 Rekruten und 800 Trägern. Die Expedition führte einen umfangreichen Waffen- und Munitionsvorrat mit sich, dafür aber kaum Lebensmittel.

Die Anführer der Expedition, der Hauptmann Paul Voulet und sein Stellvertreter, Hauptmann Julien Chanoine wurden schon von Zeitgenossen als charakterlich ungeeignet für die Durchführung einer solchen zivil-militärischen Operation gehalten. Sie betrieben sie aus ausschließlich karrieristischen Gründen, sich dabei der besonders der Protektion des Vaters von Chanoine, des Generals Charles Chanoine, sicher seiend. Bei den Kämpfen gegen die Mossi im Vorfeld der Mission hatten die beiden Hauptleute neben unbestreitbaren militärischen Erfolgen eine besondere Grausamkeit an den Tag gelegt.

Verlauf

In Koulikoro wurden die zusammengestellten Truppen geteilt, Chanoine setzte mit dem Großteil der Mannschaften den Marsch auf dem Landweg fort, während Voulet sich mit einigen Männern nach Timbuktu einschiffte. Vom dortigen Kommandanten, dem Oberstleutnant Klobb übernahm er weitere 70 Senegalschützen und 20 Spahis. Der Vormarsch Chanoines wurde durch Versorgungsschwierigkeiten behindert, die lokale Bevölkerung war außerstande, die Kolonne zu versorgen und Chanoine ordnete Plünderungen an. Zusätzlich befahl er die Erschießung von Deserteuren, da Träger geflohen waren. Außerdem verlor die Expedition täglich Träger aufgrund von Durchfallerkrankungen. Anfang Januar 1899 trafen sich die beiden Teilexpeditionen in Say, dem östlichsten Vorposten Frankreichs in diesem Gebiet. Die mittlerweile auf 2000 Mann angewachsene Kolonne verfügte nicht über ausreichend Lebensmittel, um sich selbst zu versorgen, das Vorgehen Voulets und Chanoines wurde zusehends grausamer, zu den Plünderungen kamen bei Brandschatzung, Morde und Vergewaltigungen. Am 8. Januar 1899 wurde das Dorf Sansané-Haoussa als Vergeltung für die Verwundung einiger Soldaten der Kolonne geplündert und 101 Einwohner getötet, darunter 30 Frauen und Kinder.

Wahrnehmung in Frankreich

Ende Januar quittierte Leutnant Peteau, einer der Offiziere, den Dienst und teilte Voulet mit, dass er die Kolonne verlassen würde. Voulet seinerseits entließ ihn in Unehren wegen “Mangel an Disziplin und Enthusiasmus”. Zurück in Dakar schrieb Peteau einen Brief an seine Verlobte, indem er die Grausamkeiten von Voulet und Chanoine andeutete, woraufhin die Verlobte ihren Abgeordneten und dieser den Kolonialminister kontaktierte. Eine Entscheidung des Kolonialministers vom 20. April 1899 enthob Chanoine und Voulet ihrer Funktion, ordnete ihre Festnahme an und befahl dem Gouverneur von Timbuktu, Klobb, Voulet und Chanoine daran zu hindern, in das Sokoto-Territorium vorzudringen. Dieses hatte Frankreich im Übereinkommen vom Juni 1898 Großbritannien überlassen.

Voulets Befehlsverweigerung

Oberstleutnant Klobb verließ bei Erhalt des Befehles zusammen mit 50 Senegalschützen und Leutnant Meynier als Stellvertreter unverzüglich Timbuktu und begab sich auf die Spur der Kolonne von Voulet und Chanoine. Diesen schlug zu diesem Zeitpunkt organisierter Widerstand entgegen, die Königin Sarraounia zwang die Kolonne bei Lougou zum Kampf und am 16. April 1899 verloren die Franzosen vier Mann, sechs wurden verwundet.

Am 20. Juli 1899 erreichte Klobb die Kolonne von Voulet und Chanoine. Über einen Boten forderte er sie schriftlich zur Aufgabe auf, die beiden verweigerten den Befehl und Klobb wurde beim Versuch sie festzunehmen, getötet.

Tod Voulets und Chanoines

Im Angesicht der Befehlsverweigerung Voulets und Chanoines meuterten deren Truppen und töteten die beiden.

Abschluss der Expedition und Teilnahme am Krieg gegen den Rabih

Unter dem Befehl der Leutnante Joalland und Meynier wurden die Reste der Expedition mit denen aus dem Norden und aus Süden in den Tschad vorstoßenden Kolonnen vereinigt und gegen den Rabih geführt.

Einordnung der Expedition

Aufgrund ihrer Rolle bei der endgültigen Befriedigung des französischen Soudan wurden die Grausamkeiten der Mission Voulet-Chanoine in der Rezeption der französischen Kolonisierung in den folgenden Jahren heruntergespielt. Erst in jüngster Zeit erfolgt eine kritische Aufarbeitung.

Literatur

Primärquellen

  • Paul Joalland, Le Drame de Dankori (Mission Voulet-Chanoine - Mission Joalland-Meynier), Paris, Nouvelles Éditions Arago, 1930.
  • Octave Meynier, Mission Joalland-Meynier, Paris, Éditions de l'empire français, collection « Les grandes missions coloniales », 1947.
  • Arsène Klobb, A la recherche de Voulet : sur les traces sanglantes de la Mission Afrique centrale, 1898-1899, Paris, Cosmopole, 2001.

Wissenschaftliche Sekundärliteratur

  • Gilbert Comte, L'Empire triomphant, Denoël, 1988.
  • Muriel Mathieu, La mission Afrique centrale, L'Harmattan, collection "Racines du présent", 1996.

Belletristische Rezeptionen

  • Jacques-Francis Rolland, Le grand capitaine. Un aventurier inconnu de l'épopée coloniale,, Grasset, 1976.
  • Jean-Claude Simoën, Les fils de roi. Le crépuscule sanglant de l'aventure africaine, Jean-Claude Lattès, 1996.
  • Abdoulaye Mamani, Sarraounia. Le drame de la reine magicienne, L'Harmattan, collection « Encres noires », 2000.
  • Patrick Girard, La Soudanite, Calmann-Lévy, 2002.
  • Isabelle Calin, Sarraounia. La reine magicienne du Niger, Cauris Éditions, 2005.
  • Serge Moati et Yves Laurent, Capitaines des ténèbres, Paris, Fayard, 2006.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Mission voulet-chanoine — La mission Voulet Chanoine est une expédition française particulièrement meurtrière de conquête coloniale du Tchad, menée à partir de janvier 1899, par le capitaine Paul Voulet et le capitaine Julien Chanoine. Mandatés en juillet 1898 par le… …   Wikipédia en Français

  • Mission Voulet-Chanoine — La Mission Afrique Centrale Tchad, dite mission Voulet Chanoine, est une expédition française de conquête coloniale du Tchad, menée à partir de janvier 1899, par le capitaine Paul Voulet et le capitaine Julien Chanoine. Cette affaire se déroule… …   Wikipédia en Français

  • Expédition Voulet-Chanoine — Mission Voulet Chanoine La mission Voulet Chanoine est une expédition française particulièrement meurtrière de conquête coloniale du Tchad, menée à partir de janvier 1899, par le capitaine Paul Voulet et le capitaine Julien Chanoine. Mandatés en… …   Wikipédia en Français

  • Voulet–Chanoine Mission — Voulet s and Chanoine s graves near the village of Maijirgui, Niger. Photo taken 1906 …   Wikipedia

  • Voulet-Chanoine Mission — The Voulet Chanoine Mission or Central African Mission (] which were anyway very vague he was only asked to explore the territory between the Niger and lake Chad, and put the area under French protection . The Minister of Colonies merely said, I… …   Wikipedia

  • Chanoine (homonymie) — Cette page d’homonymie répertorie les différents sujets et articles partageant un même nom. Religion Un chanoine est un membre du clergé attaché au service d une église. Un chapitre de chanoines est un collège de clercs attachés à une cathédrale… …   Wikipédia en Français

  • Julien Chanoine — Pour les articles homonymes, voir Chanoine (homonymie). Julien Chanoine. Charles Paul Louis dit Julien Chanoine est un officier et explorateur français. Né à Paris en 1870, mort à Mayjirgui (Soudan Central, aujourd hui au Niger) le 16 juillet …   Wikipédia en Français

  • Paul Voulet — Paul Gustave Lucien Voulet (1866 1899) était un officier français mort près de Mayjirgui (Soudan Central, aujourd hui au Niger) en 1899. Fils de médecin, il a d abord fait campagne en Indochine comme simple soldat avant d être promu sergent puis… …   Wikipédia en Français

  • Charles Chanoine — Charles Sulpice Jules Chanoine (December 18, 1835, Dijon, Côte d Or – January 9, 1915) was a French military officer who played an important role in the Far East, and later became Minister of War. The French military mission before its departure… …   Wikipedia

  • Henri Félix de Lamothe — Naissance 8 août 1843 Me …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”