Roter Herings-Täubling

Roter Herings-Täubling
Roter Herings-Täubling
Der Herings-Täubling (Russula xerampelina)

Der Herings-Täubling (Russula xerampelina)

Systematik
Klasse: Ständerpilze (Basidiomycetes)
Unterklasse: Hutpilze (Agaricomycetidae)
Ordnung: Sprödblättler (Russulales)
Familie: Täublingsartige (Russulaceae)
Gattung: Täublinge (Russula)
Art: Roter Herings-Täubling
Wissenschaftlicher Name
Russula xerampelina
(Schaeff.) Fr.

Der Rote Herings-Täubling oder Nadelwald Herings-Täubling (Russula xerampelina) ist ein Pilz aus der Familie der Täublingsartigen (Russulaceae). Das Epitheton xerampelina bedeutet soviel wie dunkelrot gekleidet und ist eine Anspielung auf die schöne dunkelrote Hutfarbe des Täublings. Der im Kiefernwald recht häufige Pilz riecht deutlich nach Hering oder Krabben, womit der deutsche Name erklärt ist. Der Stiel ist häufig rosa oder rötlich überlaufen, weshalb der Pilz auch Rotfuß-Täubling genannt wird. Es ist ein mittelgroßer bis großer, mildschmeckender Täubling mit braunfleckendem Fleisch, der ein ockerfarbenes Sporenpulver hat.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Fruchtkörper

Der Hut ist 6–12 Zentimeter breit. Jung ist der Hut halbkugelig, später ausgebreitet und in der Mitte leicht niedergedrückt. Bei feuchter Witterung ist die Huthaut klebrig bis schmierig. Die Farbe des Hutes ist sehr variabel, am häufigsten ist sie blutrot bis dunkel purpurrot, die Mitte ist meist schwarz purpurn. Im Alter ist der Rand auf etwa 1 Zentimeter Länge mehr oder weniger gerieft.

Die Lamellen haben einen milden bis ausgeprägten bitteren Geschmack, stehen ziemlich dicht (im Alter auch entfernt) und sind bei reifen Exemplaren cremefarben bis buttergelb. An Druckstellen neigen sie zum Bräunen. Das Sporenpulver ist ebenfalls cremefarben bis gelblich ocker.

Der Stiel ist 4–8 Zentimeter lang und 1,5–3 Zentimeter breit, er ist zylindrisch, weiß und manchmal rötlich überlaufen. Im Alter oder bei Berührung bräunt er. Die Oberfläche ist bei älteren Fruchtkörpern deutlich gerunzelt, er trägt daher auch den Namen Runzelstiel-Täubling. Das Fleisch ist fest, bei älteren Pilzen im Stiel auch schwammig. Es verfärbt sich bei Verletzung an der Luft honigfarben bis ocker-bräunlich. Der Geruch ist bei jungen Pilzen wenig ausgeprägt, ältere Pilze riechen deutlich nach Hering oder Krabben. Mit Eisen(II)-sulfat (FeSO4) verfärbt es sich dunkel grün. Der Geschmack ist mild.[1][2]

Mikroskopische Eigenschaften

Die Sporen sind breit-elliptisch 8–11 Mikrometer lang und 6,5–9 Mikrometer breit. Die stachelartigen Warzen sind bis zu 1,2 Mikrometer hoch und stehen meist isoliert. Selten sind sie durch wenige feine Linien miteinander verbunden. Huthaut-Zystiden (Pileozystiden) sind selten, meist sind sie schmal und reagieren nicht mit Sulfovanillin.[3]

Verwechslungsmöglichkeiten

Obwohl der Rote Herings-Täubling aufgrund seiner variablen Hutfarbe mit einer ganzen Reihe von Täublingen verwechselt werden könnte, ist er durch folgende Merkmale sicher zu bestimmen:

  1. Herings- oder Krabbengeruch.
  2. Bräunendes und mild schmeckendes Fleisch.
  3. Grünliche FeSO4-Reaktion.
  4. Hut purpurrot in verschiedenen Tönen gefärbt.
  5. Vorkommen im Nadelwald unter Kiefer oder Fichte.

Ökologie

Der Herings-Täubling ist wie alle Täublinge ein Mykorrhizapilz, der mit verschiedenen Nadelbäumen eine symbiontische Beziehung eingehen kann. Seine bevorzugten Symbiosepartner sind Fichten und Waldkiefern.

Man findet den Pilz unter eingestreuten Nadelbäumen in verschiedenen Waldgesellschaften: In Rotbuchenwäldern, (Hainsimsen und Waldmeisterbuchenwäldern), in Weißtannnenwäldern (Labkraut-Tannenwälder), aber auch in Hainbuchen Eichenwäldern und Eichen- und Waldkiefern-Mischbeständen. Sehr häufig ist der Täubling in Fichten- und Kiefernforsten.

Der Täubling kommt auf trockenen bis frischen, meist sandig humosen bis anlehmigen und oft sauren Böden vor. Er ist aber sehr pH-tolerant und stellt auch ansonsten keine großen Ansprüche an den Boden. Lediglich extrem saure, sehr feuchte bis nasse oder stark lehmige und verdichtete Böden werden gemieden. Die Fruchtkörper erscheinen einzeln oder in Gruppen von Juli bis November.[4]

Verbreitung

Der Herings-Täubling ist in der nördlich gemäßigten Klimazone weit verbreitet und ziemlich häufig und reicht oft bis in die subpolare Zone hinein. Der Täubling wurde in Asien (Südkorea, Philippinen), Nordafrika (Marokko), Nord- und Mittelamerika und Europa nachgewiesen. Auf dem amerikanischen Kontinent erstreckt sich sein Vorkommen von den USA über Mexiko bis nach Costa Rica.[5] Auch in Europa ist er weit verbreitet.

Tabelle mit europäischen Ländern, in denen der Rote Herings-Täubling nachgewiesen wurde.[6][7]
Süd-/Südosteuropa Westeuropa Mitteleuropa Osteuropa Nordeuropa
Portugal,
Spanien,
Italien,
Slowenien,
Kroatien,[8]
Bulgarien,[9]
Griechenland[10]
Frankreich,
Niederlande,
Belgien,
Großbritannien,
Irland
Schweiz,
Deutschland,
Österreich,
Tschechien,
Polen,
Ungarn
Slowakei,
Estland
Spitzbergen,
Jan Mayen,
Island,
Dänemark,
Norwegen,
Schweden,
Finnland

In Deutschland ist er in den Alpen, dem Alpenvorland und den Mittelgebirgen verbreitet, sonst ist er eher selten anzutreffen.

Systematik

Der Rotfüßige Herings-Täubling (Russula erythropoda), der als selbstständige Art beschrieben wurde, wird heute nur noch als Synonym angesehen. Dafür werde eine ganze Reihe ehemaliger Varietäten und Unterarben heute eigenständige Arten angesehen.

  • Russula xerampelina var. abietum J. Blum (1954) ist heut Russula abietum (J. Blum) Bon 1983
  • Russula xerampelina subsp. amoenipes ist heute Russula amoenipes (Romagn. ex Bon) Bidaud, Moënne-Locc. & Reumaux.[11]
  • Eine weitere ehemalige Varietät mit grünlichem bis olivgrünlichem Hut, der Hellgrüne Herings-Täubling (Russula xerampelina var. elaeodes Romagn. ex Bon (1987)), wird nun als Russula pseudo-olivascens Kärcher (2002) bezeichnet. Für andere Autoren ist er synonym zu Russula clavipes Velen. (1920).[12] Er kommt unter Laubbäumen wie Buchen, Eichen, Linden und Birken vor.[13]
  • Russula xerampelina var. purpurata Crawshay 1930, wurde von Romagnesi auch als eigenständige Art beschrieben Russula purpurata (Crawshay) Romagn. 1983 er wird heute aber allgemein nur noch als Forma purpurata von Russula graveolens (Crawshay) P.-J. Keizer & Arnolds 1995 angesehen.
  • Der Olivbrauner Herings-Täubling Russula cicatricata wurde früher als Russula xerampelina var. fusca klassifiziert. Seine Hutfarbe ist recht variabel, meist olivbraun bis gelb. Er kommt im Laubwald, bevorzugt unter Eichen, vor.
  • Der Fleischviolette Herings-Täubling Russula graveolens Romell, ehemals Russula xerampelina var. graveolens (Romell) Kühner & Romagn., hat einen purpurbraun bis weinrötlichen Hut und kommt unter Laubbäumen auf sauren Boden vor.

Infragenerische Systematik

Als erste beschriebene Art der Sektion, ist der Rote Herings-Täubling die Typart der Sektion Xerampelinae (Viridantes Bon). Bei allen Arten der Sektion färbt sich das Fleisch bräunlich und mit FeSO4 grün. Zudem riechen alle Arten mehr oder weniger nach Hering oder Krabben (Trimethylamin).[11]

Unterarten und Varietäten

Folgende Varietäten wurden beschrieben: [14][15][16]

Varietät Autor Beschreibung
Russula xerampelina var. barlae (Quél.) Melzer & Zvára Die Varietät wurde von Quélet 1883 als Russula barlae beschreiben. Der Hut 6–9 Zentimeter breit und gelb, aprikosenfarben oder rotorange gefärbt. Die Huthaut ist zuerst schmierig, dann trocken, der Rand ist glatt. Der Stiel ist weiß und die Lamellen zuerst cremefarben und später safrangelb. Das Fleisch ist ganz weiß und riecht wie bei Russula melilotus. Die Sporen sind blass zitronengelb. Der Täubling kommt in den subalpinen Regionen der französischen Alpen vor.
Russula xerampelina var. marthae Singer (1935)
Russula xerampelina var. murina Romagn. (1953) Der Hut ist bis zu 9 Zentimeter breit und haselnusbraun bis grau. Manchmal ist der Rand auch rötlich. Die Lamellen sind ockergelb und der Stiel weiß. Das Fleisch riecht und schmeckt wie der Typ und verfärbt sich mit Eisensulfat grün. Das Sporenpulver ist ockergelb.
Russula xerampelina var. pseudomelliolens Singer (1936) Ziemlich kleine Form mit etwa 5–7 Zentimeter breitem, fleischigen, rosa, manchmal auch kupferfarbenem Hut, der in der Mitte auch cremefarben ist. Die Huthaut ist ziemlich matt und der Rand leicht gelappt oder gerieft. Die ziemlich dicht stehenden Lamellen sind beinah bauchig und mehr oder weniger queradrig verbunden. Sie sind cremeweiß bis schmutzig gelblich gefärbt. Der weiße Stiel (3–5 × 1,5–2,5 Zentimeter) ist oft geadert und rosa überlaufen und verfarbt sich später gelblich bis schmutzig grau. Das Fleisch wie beim Typ. Das Sporenpulver ist dunkel-cremefarben bis hell-ocker (IId–IIIb nach Romagnesi). Die Sporen (8–10 × 7,5–9 Mikrometer), mit kräftigen, fast isoliert stehenden Dornen oder schwach und fein gratig verbunden. Die Zystidien sind unauffällig. Die Hyphen-Endzellen der Huthaut sind 2–4(5) Mikrometer breit, zylindrisch oder keulig und ziemlich gewunden. Die zylindrischen, nicht oder einfach septierten Pileozystidien sind 5–7 Mikrometer breit und reagieren nur schwach mit Sulfovanillin. – Gelegentlich kann man den Pilz in feuchteren Laubwäldern unter Rotbuchen, Hainbuchen oder Birken finden.
Russula xerampelina var. putorina Melzer (1945)
Russula xerampelina var. rubra (Britzelm.) Singer (1926) Der Hut ist leuchtend purpurrot gefärbt, die Mitte meist dunklerer. Der Stiel ist rosa überlaufen, besonders an der Spitze. Der Geruch und Geschmack sind wie beim Typus. Die Dermatozystiden sind wesentlich seltener als beim Typus, gleichen diesem aber ansonsten.
Russula xerampelina var. semirubra Singer (1958)
Russula xerampelina var. tenuicarnosa Adamcík (2002) Die Varietät hat dünneres Fleisch in Hut und Stiel.

Bedeutung

Der Herings-Täubling schmeckt mild. Er gilt als einer der besten Speisepilze innerhalb seiner Gattung, auch wenn der Krabben- oder Heringsgeruch beim Kochen zumindest teilweise erhalten bleibt. Der Geruch ist bei älteren Exemplaren ausgeprägter und weniger angenehm.[17] Der Pilz ist nur selten madig.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Hans E. Laux (Hrsg.): Der Kosmos PilzAtlas. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 3-440-10622-5, S. 188.
  2. Thomas Laessoe: Mushrooms. Dorling Kindersley, 1998, ISBN 0-7513-1070-0.
  3. Roger Phillips: Russula xerampelina. In: rogersmushrooms.com. Website RogersMushrooms, abgerufen am 14. Mai 2011 (englisch).
  4. G. J. Krieglsteiner, A. Gminder, W. Winterhoff: Die Großpilze Baden-Württembergs. 2, Eugen Ulmer, Stuttgart 2000, ISBN 3-8001-3531-0, S. 527-529.
  5. Michael Kuo: Russula xerampelina. In: Mushroomexpert. Januar 2005. (Zugriff 26. August 2008)
  6. Weltweite Verbreitung von Russula xerampelina. In: data.gbif.org. Abgerufen am 21 August 2011.
  7. Russula xerampelina in der PilzOek-Datenbank. In: pilzoek.de. Abgerufen am 21 August 2011.
  8. Z. Tkalcec & A. Mešic: Preliminary checklist of Agaricales from Croatia V:. Families Crepidotaceae, Russulaceae and Strophariaceae. In: Mycotaxon. 88, 2003, ISSN 0093-4666, S. 297 (http://www.cybertruffle.org.uk/cyberliber/59575/0088/0297.htm, abgerufen am 31. August 2011).
  9. Cvetomir M. Denchev & Boris Assyov: Checklist of the larger basidiomycetes in Bulgaria. In: Mycotaxon. 111, 2010, ISSN 0093-4666, S. 279–282 (http://www.mycotaxon.com/resources/checklists/denchev-v111-checklist.pdf, abgerufen am 31. August 2011).
  10. Elias Polemis et al.: Mycodiversity studies in selected ecosystems of Greece: 5. Basidiomycetes associated with woods dominated by Castanea sativa (Nafpactia Mts., central Greece). In: Mycotaxon 115 / mycotaxon.com. 2008, S. 16 ff, abgerufen am 22 August 2011 (PDF).
  11. a b Slavomir Adamcik: Taxonomy of the Russula xerampelina group. Part 2. Taxonomic and nomenclatural study of Russula xerampelina and R. erythropoda. In: Mycotaxon. 82 (2002), Seiten 241–267.
  12. Slavomir Adamcik: Studies on Russula clavipes and related taxa of Russula section Xerampelinae with a predominantly olivaceous pileus. In: Persoonia. 18 (3) 2004, Seiten 393–409.
  13. Ewald Gerhart (Hrsg.): Pilze Band 1: Lamellenpilze, Täublinge, Milchlinge und andere Gruppen mit Lamellen. München/Wien/Zürich 1984, ISBN 3-405-12927-3, S. 275.
  14. R. Singer: Russula atropurpurea. Monographie der Gattung Russula. In: Beihefte zum Botanischen Centralblatt(1932). A. Pascher, S. 333, abgerufen am 14. Mai 2011 (PDF).
  15. Monographic Key to European Russulas (1988). In: Englische Übersetzung von M. Bons Russula-Schlüssel:. Abgerufen am 14. Mai 2011 (PDF; 1,4 MB).
  16. Russula xerampelina. Russulas. Micologia.biz Web de micología Europea, S. 137, abgerufen am 14. Mai 2011 (DOC, spanisch).
  17. David Pegler: The Mitchell Beazley Pocket Guide to Mushrooms and Toadstools. Mitchell Beasley, London 1981, ISBN 0-85533-347-2.

Weblinks

 Commons: Russula xerampelina – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
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