Oeffinger Gerichtsbarkeit

Oeffinger Gerichtsbarkeit

Die Oeffinger Gerichtsbarkeit ist eine historische schwäbische Gerichtsbarkeit. 1618 wurde in Oeffingen die Ruggerichtsordnung als Teil der Vogtordnung erneuert. Das Ruggericht ("Rügegericht") entspricht einer schwäbischen Tradition, die durch das Königreich Württemberg aufgenommen und bis Ende des 19. Jahrhunderts aufrechterhalten wurde.[1]

Inhaltsverzeichnis

Gerichtsverfassung

Das Gericht sollte in Oeffingen vier Mal im Jahr an einem Donnerstag tagen. Erscheinen musste jeder männliche Einwohner. Wer nicht erschien, musste eine Geldstrafe von neun Pfennig bezahlen. Der Spruchkörper bestand aus zwölf geschworenen Richtern. Wer eine Klage hatte, konnte das Gericht durch den Büttel aufbieten lassen. Der Büttel erhielt einen Pfennig und das Gericht 14 Schilling, also 168 Pfennig.[2]

Verfahrensvorschriften

Zu Beginn der Sitzung wurden die Vogtordnung und weitere Statuten verlesen. Daraufhin wurde jeder Anwesende einzeln aufgerufen und nach Rügbarem befragt. Die Angelegenheit wurde entweder mit einer Geldbuße belegt oder beigelegt, wobei ein zugefügter Schaden auszugleichen war. Kam das Gericht am Sitzungstag zu keinem Ergebnis, wurden die Aussagen auf Kosten der Parteien aufgeschrieben.[3]

Materielle Strafvorschriften

  • Geldstrafen waren wie folgt zu erlegen :
  • Körperverletzung mit Verwundung oder wer nicht mithilft, einen Friedensbrecher festzunehmen:
  • 6 Pfund Häller Silberpfennige (1440 Pfennige),
  • Werfen mit gefährlichen Gegenständen wie Messern oder Steinen oder Beleidigung als Lügner, oder Einsteigen in einen umzäunten Garten:
  • 3 Pfund Häller Silberpfennige,
  • Bedrohung mit Dolch, Messer, oder Stangen: 2 Pfund Häller Silberpfennige,
  • Verderben von fremden Feldfrüchten: 1 Pfund Häller Silberpfennige,
  • Einfache Körperverletzung: 15 Schilling , also 180 Pfennige,
  • Beleidigung ohne Wahrheitsbeweis: 10 Gulden, also 600 Kreuzer oder 2400 Pfennige.

Bei Beurteilung der Strafen muss berücksichtigt werden, dass der Lebensunterhalt überwiegend aus Naturaleinkünften und nicht aus Geldeinkünften bestritten wurde.[4]

Sonstige Materien

Auf einer Ruggerichtssitzung im Jahre 1775 wurde beschlossen, dass während des Sonntagsgottesdienstes zwei Bürger mit Hellebarden um den Flecken herumgehen. Es hielt also auch das spätere Polizei- und Verwaltungsrecht Einzug in das Ruggerichtswesen. Die Ruggerichtsbarkeit wurde in die Ära der gemeindlichen Selbstverwaltung übernommen. Im württembergischen Gemeindeverwaltungs-Edikt vom 1. März 1822 wurde sie auf gesamte, fast explosionsartig wachsende örtliche öffentliche Verwaltung ausgedehnt. Die Zweckmäßigkeit dieser schwerfälligen Kombination von Bürgerbeteiligung, Verwaltungskontrolle und gerichtsförmlichem Verfahren wurde früh von Praktikern verneint. Dennoch hielt das Königreich bis kurz vor Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts an der Ruggerichtsbarkeit fest. So konnte der als Erbhuldigung bezeichnete Treueid auf den König als althergebrachtes Recht dargestellt werden.[5]

Einzelnachweise

  1. Plappert Wandel, S.60
  2. Plappert Wandel, S.61
  3. Plappert Wandel, S.61
  4. Plappert Wandel, S.61
  5. Weinheimer, Instruktion, Vorwort

Literaturverzeichnis

  • C. Weinheimer, Instruktion zu Abhaltung der Ruggerichte in den Gemeinden vom 15. November 1844, Stuttgart, 1882
  • Anton Plappert, Oeffingen im Wandel, Oeffingen 1952

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