- Pavel Kroupa
-
Pavel Kroupa (* 24. September 1963 in Okres Jindřichův Hradec, Tschechoslowakei) ist ein australischer Astrophysiker und Professor an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Werdegang
Kroupas Familie floh nach dem Scheitern des Prager Frühlings 1968 aus Tschechien; in der Folge wuchs Kroupa in Deutschland und Südafrika auf. Er erwarb 1983 in Göttingen das Abitur und studierte anschließend Physik an der University of Western Australia in Perth. 1988 gewann er das Isaac Newton Stipendium der University of Cambridge und 1992 ein Senior Rouse Ball Forschungsstipendium der Trinity College (Cambridge) und promovierte in England bis 1992 über die Verteilung massearmer Sterne in der Milchstraße. Danach arbeitete Kroupa bis 2000 in astronomischen Forschungsgruppen der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und am Max-Planck-Institut für Astronomie, bevor er an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel habilitiert wurde und ein Heisenberg-Stipendium erhielt. Im April 2004 wurde er an die Sternwarte der Universität Bonn berufen, die heute eine Abteilung des Argelander-Instituts für Astronomie ist. Er wurde 2007 durch eine Swinburne University Visiting Professorship in Melbourne und durch eine Leverhulme Trust Visiting Professorship an der Univiersität Sheffield ausgezeichnet.
Pavel Kroupa ist verheiratet und hat ein Kind.
Kroupa leitet die Forschungsgruppe Stellare-Populationen und -Dynamik an der Universität Bonn. Seine Forschungsarbeit fing Kroupa 1987 in Australien mit einer Untersuchung des nähestens Sterns, Proxima Centauri, an.
Kroupa ist für seine Arbeiten zur Verteilung stellarer Massen bekannt, und hat in Cambridge 1990-1992 durch die Einbeziehung von Doppelsternen und detaillierter Berechnungen vom Sternenaufbau die heute allgemein benutzte kanonische IMF (Ursprüngliche Massenfunktion) hergeleitet, welche die Verteilung der Sternmassen bei deren Geburt beschreibt. Zusammen mit Carsten Weidner schlug er 2004 in Kiel die Existenz einer physikalischen maximalen Sternmasse von ungefähr 150 Sonnenmassen vor. In Heidelberg hat er 1993-1995 die ersten stellar-dynamischen Berechnungen von Sternhaufen, in denen alle Sterne als Doppelsterne geboren werden, vorgestellt, und damit das Problem gelöst, dass Feldpopulationen eine deutlich niedrigere Doppelsternrate haben, als Sternentstehungsgebiete. Dabei hat er die Theorie der vor-hauptreihen Eigenevolution von Doppelsternen mathematisch formuliert und angewandt, und die Methode der dynamischen Populationssynthese gegründet und die Existenz verbotener Doppelsterne vorhergesagt. Dass Braune Zwerge und extrasolare Planetensysteme in zirkumstellaren Scheiben entstehen, wenn diese durch vorbeifliegende Sterne in jungen Sternhaufen gestört werden, schlug er in Zusammenarbeit mit Ingo Thies und Christian Theis in 2003-2004 in Kiel vor.
In Kiel hat er außerdem das Konzept, dass die Sterne in Galaxien in Populationen von Sternhaufen entstehen, theoretisch formuliert. Mit diesem konnte er 2002 die beobachtete Aufheizung der Scheibe der Milchstraße erklären und mit Carsten Weidner die "IGIMF Theorie" formulieren. Zusammen mit Jan Pflamm-Altenburg konnte er in Bonn 2008 zeigen, dass aus der IGIMF Theorie folgt, dass Scheibengalaxien ein radiales Sternentstehungsgesetz haben, welchemzurfolge die Sternentstehungsdichte proportional zur radialen Gasdichte ist. Die IGIMF Theorie impliziert auch, dass die Sternentstehungsraten von zwergirregulären Galaxien proportional zu deren Gasmassen sind und zu deutlich höheren Werten korrigiert werden müssen. Daraus folgt zwingend die massen-metallizitäts Beziehung von Galaxien.
Kroupa hat zudem in Heidelberg 1997 die erste genaue Messung der räumlichen Bewegung zweier extragalaktischer Systeme mit Ulrich Bastian vernommen. In 1997 hat er auch stellardynamische Lösungen zu den Satellitengalaxien der Milchstraße gefunden, welche keine dunkle-materie Komponente benötigen. Seine Arbeiten implizieren einen möglichen Zusammenhang der Satellitengalaxien mit dem Bulge der Milchstraße. Dieser Zusammenhang kann durch eine Kollision der frühen Milchstraße mit einer anderen jungen Galaxie erklärt werden. Seit 2010 beschäftigt sich Kroupa zunehmend mit Kosmologie. Während das kosmologische Standardmodell keine einzigartige Lösung zur Hintergrundstrahlung und der großräumigen Strukturbildung bietet, sieht er es durch die Datenlage auf 10 Mpc-Skalen und darunter als bereits falsifiziert an.
Veröffentlichungen
- The distribution of low-mass stars in the disc of the galaxy. University of Cambridge, 1992
- Binary systems, star clusters and the galactic-field population: applied stellar dynamics. Kiel, 2002
- The initial mass function of stars: evidence for uniformity in variable systems. Volume 295, Issue 5552 of Science Weekly, American Association for the Advancement of Science, 2002
Aufsätze
- P. Kroupa, R.R. Burman, D.G. Blair, "Photometric observations of flares on Proxima Centauri",PASA 8, 119 (1989).
- P. Kroupa, C. A. Tout, G. Gilmore, "The distribution of low-mass stars in the Galactic disc",MNRAS 262, 545 (1993).
- P. Kroupa, "The Initial Mass Function of Stars: Evidence for Uniformity in Variable Systems",Science 295, 82 (2002).
- C. Weidner, P. Kroupa, "Evidence for a fundamental stellar upper mass limit from clustered star formation",MNRAS 348, 187 (2004).
- P. Kroupa, "Inverse dynamical population synthesis and star formation", MNRAS 277, 1491 (1995).
- P. Kroupa, "The dynamical properties of stellar systems in the Galactic disc", MNRAS 277, 1507 (1995).
- I. Thies, P. Kroupa, C. Theis, "Induced planet formation in stellar clusters: a parameter study of star-disc encounters", MNRAS 364, 961 (2005).
- I. Thies, P. Kroupa, S.P. Goodwin et al., "Tidally Induced Brown Dwarf and Planet Formation in Circumstellar Disks", ApJ 717, 577 (2010).
- P. Kroupa, "Thickening of galactic discs through clustered star formation", MNRAS 330, 707 (2002).
- C. Weidner, P. Kroupa, "The Variation of Integrated Star Initial Mass Functions among Galaxies",ApJ 625, 754 (2005).
- J. Pflamm-Altenburg, P.Kroupa, "Clustered star formation as a natural explanation for the Hα cut-off in disk galaxies", Nature 455, 641 (2008).
- J. Pflamm-Altenburg, P.Kroupa, "The Fundamental Gas Depletion and Stellar-Mass Buildup Times of Star-Forming Galaxies", ApJ 706, 516 (2009).
- J. Köppen, C. Weidner, P. Kroupa, "A possible origin of the mass-metallicity relation of galaxies", MNRAS 375, 673 (2007).
- S. Recchi, F. Calura, P. Kroupa, "The chemical evolution of galaxies within the IGIMF theory: the [ α/Fe] ratios and downsizing", A&A 499, 711 (2009).
- P. Kroupa, U. Bastian, "The HIPPARCOS proper motion of the Magellanic Clouds", NewA 2, 77 (1997).
- P. Kroupa, "Dwarf spheroidal satellite galaxies without dark matter", NewA 2,139 (1997).
- P. Kroupa, B. Famaey, K.S. de Boer, J. Dabringhausen, M. Pawlowski, C.M. Boily, H. Jerjen, D. Forbes, G. Hensler, M. Metz, "Local-Group tests of dark-matter concordance cosmology . Towards a new paradigm for structure formation", A&A 523, 32 (2010).
Weblink
- Pavel Kroupa auf der Webseite des Argelander-Instituts für Astronomie
Kategorien:- Astrophysiker
- Hochschullehrer (Bonn)
- Australier
- Geboren 1963
- Mann
Wikimedia Foundation.