- Chinesisches Schriftzeichen
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Chinesische Schrift Schrifttyp Logographisch Sprachen Chinesisch
JapanischOffiziell in China
Taiwan
Japan
Korea
SingapurAbgeleitete Kanji
HanjaBesonderheiten Langzeichen und Kurzzeichen Unicode-Block U+4E00..U+9FAF
U+3400..U+4DBF
U+20000..U+2A6DFISO 15924 Hani
Hant (Langzeichen)
Hans (Kurzzeichen)Die chinesischen Schriftzeichen (chin. 漢字 / 汉字, hànzì, anhören?/i) sind die Zeichen der chinesischen Schrift. Ein chinesisches Schriftzeichen ist die graphemische Repräsentation einer Silbe der chinesischen Sprache.
Chinesische Zeichen werden außerdem in der japanischen Schrift als Kanji, der koreanischen Schrift als Hanja und ehemals in der vietnamesischen Schrift als chữ Hán verwendet.
Inhaltsverzeichnis
Anzahl der Schriftzeichen
Das bisher umfangreichste historische Zeichenwörterbuch Zhōnghuá Zìhǎi 中華字海 / 中华字海 aus dem Jahr 1994 enthält rund 87.000 verschiedene Schriftzeichen. Etwa 85 Prozent davon werden heute nicht mehr benutzt. Die Mehrzahl dieser Zeichen kommt also nur in der alten Literatur vor. Darüber hinaus gibt es Zeichen, die nur in geographischen Bezeichnungen oder in Dialekten verwendet werden, oder die als Varianten gelten. Das Zeichen 浬 li (Seemeile), wird beispielsweise heute meist durch die Zusammensetzung 海里 hǎili (See-Meile) ersetzt. Manche Schriftzeichen kommen nur in einem einzigen Kontext vor. Das Schriftzeichen 崁 kǎn wird zum Beispiel nur für die Festung Chikanlou 赤崁樓 in Tainan auf Taiwan verwendet, das Zeichen 壢 lì nur im Namen der taiwanischen Stadt 中壢 Chungli.
Die eigentlich bedeutungstragenden Elemente sind jedoch nicht die Schriftzeichen, sondern die meist aus zwei, manchmal auch drei oder vier Zeichen bestehenden Wörter. Bedeutungswörterbücher enthalten im engeren Sinn also keine Schriftzeichen, sondern Wörter. Diese sind aber aus praktischen Erwägungen meist nach ihrem ersten Schriftzeichen geordnet. Auf diese Weise kann man leicht feststellen, wie viele verschiedene Schriftzeichen in einem Wörterbuch Verwendung finden. Je nach Umfang des erfassten Wortschatzes schwankt die Anzahl bei größeren chinesischen Wörterbüchern etwa zwischen 8.000 und 15.000.
Frequenz und Bedeutung
Die Frage, wie viele Schriftzeichen man kennen muss, um einen chinesischen Text verstehen zu können, ist so nicht sinnvoll zu beantworten. Die Bedeutung des Textes erschließt sich nur über das Verständnis von Wörtern, die im Chinesischen zumeist aus zwei Schriftzeichen bestehen. Ein Muttersprachler des Chinesischen, der die Aussprache eines Zeichens kennt, kann einen Text deshalb nicht nur lesen, sondern aufgrund seines lexikalischen Wissens auch verstehen, selbst wenn ihm nicht jedes Zeichen bekannt ist. Nach einer Untersuchung von Jun Da [1] genügen bei informierenden Texten im modernen Chinesisch die 1.948 häufigsten Schriftzeichen um 98% eines Textes zu lesen, 2.445 Zeichen genügen für 99% und 2.987 für 99,5% eines Textes. Bei modernen belletristischen Texten sind für eine Abdeckung von 99,5% demgegenüber 3.632 Schriftzeichen erforderlich; bei Texten, die vor 1911 verfasst wurden, sind es sogar 5.095 Zeichen.
Daraus lässt sich schließen, dass Muttersprachler des Chinesischen bei einer Kenntnis von 2.000-3.000 Zeichen als alphabetisiert gelten dürfen. Kennt man die 5.000 häufigsten Schriftzeichen, so bleiben in älteren Texten allerdings immer noch 0,55% aller Zeichen unbekannt. Bei modernen belletristischen Texten liegt diese Zahl bei 0,09% und bei informierenden Texten bei 0,05%. Das ist im Durchschnitt etwa jedes zweitausendste Zeichen. Die Gesamtzahl der erfassten unterschiedlichen Schriftzeichen lag im Korpus des modernen Chinesisch bei 9.933; bei den älteren Texten waren es 11.115 und im Gesamtkorpus von mehr als 258 Millionen Zeichen waren es 12.041 verschiedene. Wie viele davon ein Muttersprachler tatsächlich kennt, hängt daher entscheidend vom Umfang und der Art seiner Lektüre ab.
An den Schulen in China, Taiwan oder Hongkong werden nach unterschiedlichen Angaben etwa 2.500-3.000 Schriftzeichen formell unterrichtet. Bedenkt man aber, dass ein moderner Roman leicht mehr als 3.000 verschiedene Zeichen enthalten kann, so wird klar, dass diese 3.000 Zeichen nur eine erste Alphabetisierung darstellen. Weitere Zeichen können von einem Muttersprachler im Kontext leicht erkannt werden und mit der Zeit wird er sie dann auch aktiv gebrauchen können. Ähnliches gilt auch für Japan und Korea. Die Liste des japanischen Erziehungsministeriums umfasst 1.945 gebräuchliche Kanji (常用漢字 jōyō kanji), die in der Grund- und Mittelschule unterrichtet werden. Daneben gibt es eine staatliche Liste der Zeichen für geographische Namen und Personennamen (jinmeiyō kanji 人名用漢字), die 2.928 Zeichen umfasst. Die Schüler an den Mittel- und Oberschulen in Korea lernen etwa 1.800-2.000 chinesische Zeichen.
Bei fremdsprachlichen Chinesisch-Lernern gibt es keine direkte Beziehung zwischen der Kenntnis einer bestimmten Anzahl von Schriftzeichen und dem Textverständnis. Allerdings ist die Kenntnis der Zeichen Voraussetzung zum Erlernen des Grundwortschatzes und somit ein indirektes Maß für die Lesefähigkeit. Hier verzeichnet das Anspruchsniveau "Chinesischer Wortschatz und Chinesische Schriftzeichen" (漢語水平詞彙與漢字等級大綱 / 汉语水平词汇与汉字等级大纲) für Chinesisch als Fremdsprache in Stufe A 800 Zeichen, für die Stufe B weitere 804 Zeichen, für die Stufe C weitere 601 und für die Stufe D weitere 700 Zeichen, also in der Summe 2.905 Zeichen. Die korpusbasierte Studie von Jun Da[2] empfiehlt für das Anfängerniveau die Vermittlung von 1.500 Zeichen, für das mittlere Niveau 2.500 und für Fortgeschrittene von 3.500 bis 5.000 Zeichen bei einem Wortschatz von etwa 10.000 Wörtern.
Einteilung der Schriftzeichen
Hauptartikel: Sechs Kategorien chinesischer Schriftzeichen
Schriftzeichen werden in China in sechs Kategorien (chin. 六書 / 六书, liùshū) eingeteilt:
- 象形 (Xiàngxíng, „Bildzeichen“) – Piktogramme, die das Bezeichnete entsprechend der Erscheinungsform wiedergeben (z. B. 山 für Berg).
- 指事 (Zhǐshì, „auf Tatbestände deuten“) – Symbole, Ideogramme.
- 會意 / 会意 (Huìyì, „Vereinigung der Bedeutungen“) – Zeichen, die aus zwei oder mehr Zeichen mit verschiedenen Bedeutungen zusammengesetzt sind und deren Inhalt mit dem neuen Gesamtinhalt zusammenhängt.
- 形聲 / 形声 (Xíngshēng, „Form und Ton“) – Zeichen, die aus einem laut- und einem bedeutungsandeutenden Zeichen zusammengesetzt sind (Phonogramme). Ein Beispiel dafür ist das Zeichen 媽 / 妈 (mā, „Mutter“). Die rechte Komponente 馬 / 马 (mǎ, „Pferd“) gibt die Aussprache an, während die linke Komponente 女 (nǚ, „Frau“) den Hinweis auf die Bedeutung gibt. Die bedeutungstragende Komponente ist oft auch das Radikal, nach dem die Zeichen in Wörterbüchern angeordnet werden.
- 假借 (Jiǎjiè, „überleiten“) – Zeichen, die wegen gleichen Lauts für eine andere Bedeutung verwendet werden.
- 轉注 / 转注 (Zhuǎnzhù, „wenden und gießen“) – Synonyme.
Etwa 90% Prozent aller chinesischen Schriftzeichen fallen als Phonogramme in die Gruppe 4.
Systematik
Das älteste Lexikon für chinesische Schriftzeichen ist das Shuowen Jiezi (說文解字 / 说文解字, dt. Erklärung der einfachen Zeichen und Erläuterung der zusammengesetzten Zeichen) aus dem Jahr 121 n. Chr.. Die Schriftzeichen sind dort nach einem System von Elementarzeichen, den sogenannten Radikalen, eingeteilt.
Diese Klassifizierung der Schriftzeichen nach Radikalen hat sich bis heute erhalten. Die Anzahl der Radikale, die im Shuowen jiezi noch 512 betrug, wurde jedoch immer weiter reduziert, so dass die heute am weitesten verbreitete Liste traditioneller Radikale 214 Klassenzeichen verwendet. Diese Einteilung wurde vor allem durch das Kangxi Zidian (康熙字典, Kangxi-Wörterbuch) aus dem Jahre 1716 unterstützt, das bereits ca. 49.000 Schriftzeichen enthält. Wörterbücher für vereinfachte Schriftzeichen verwenden eine andere Anzahl an Radikalen, oftmals sind es 227 Radikale.
Für eine systematische Anordnung der chinesischen Wörter in Telefonbüchern und allgemeinen Lexika (im Gegensatz zu speziellen Schriftzeichen-Lexika) wird heute meist die Anordnung entsprechend der Pinyin-Umschrift verwendet. (Im Koreanischen und Japanischen werden die Wörter dagegen entsprechend ihrer Umschrift in die Silbenalphabete angeordnet.)
Computerinterne Darstellung chinesischer Schriftzeichen
Chinesische Schriftzeichen können durch eine 1-Bit-Rastergrafik dargestellt werden. Zur korrekten Darstellung chinesischer Schriftzeichen, die aus vielen Strichen bestehen, müssen hierbei mindestens 16×16 Pixel verwendet werden. Buchstaben des Lateinischen Alphabets lassen sich dagegen mit weniger Bildpunkten lesbar darstellen; so wurden Bildschirme in der Anfangszeit der Computer auch mit 8x8 Pixeln und 8x16 Pixeln im Textmodus betrieben.
Chinesische Schriftzeichen außerhalb Chinas
Im Rahmen des Kulturtransfers, der Eroberung und der Missionierung durch den Buddhismus, gelangten die chinesischen Schriftzeichen im Laufe der Jahrhunderte z. B. auch nach Korea (im 2. Jahrhundert), Japan (im 3. Jahrhundert) und Vietnam (im 1. Jahrhundert).
In Japan, wo auch heute noch chinesische Schriftzeichen, Kanji genannt, verwendet werden, z.T. in japanischen vereinfachten Varianten der Langzeichen, wurden die chinesischen Zeichen durch Eigenentwicklungen Kokuji und die aus chinesischen Zeichen entstandenen Silbenschriften Hiragana und Katakana ergänzt.
In Korea wurde zunächst nur mit chinesischen Zeichen geschrieben. Im Jahr 1446 führte man parallel dazu die neu entwickelte, Phonem-basierte Schrift Hangeul ein. In Südkorea wird bis heute in manchen Druckwerken ein gemischtes System aus chinesischen Zeichen (dort Hanja genannt) und Hangeul verwendet, in Nordkorea wurden im Rahmen einer Schriftreform die chinesischen Zeichen wieder abgeschafft. Eigene Schriftzeichen nach chinesischem Vorbild heißen Gugja.
Auch Vietnam nutzte chinesische Schriftzeichen, genannt Chữ Hán, und eigene Entwicklungen nach chinesischem Vorbild (Chữ nôm). Später verzichtete man ab dem Ende der französischen Kolonialherrschaft auf die chinesische Schrift; hier wurde sie durch eine um diverse diakritische Zeichen ergänzte Lateinschrift ersetzt. Siehe dazu: Vietnamesische Sprache.
Quellen
- ↑ Jun Da: Frequency statistics.
- ↑ Jun Da: A corpus-based study of character and bigram frequencies in Chinese e-texts and its implications for Chinese language instruction
Literatur
- Edoardo Fazzioli: Gemalte Wörter. 214 chinesische Schriftzeichen - Vom Bild zum Begriff. Marix, Wiesbaden 2004, ISBN 3-937715-34-7
- Bernhard Karlgren: Schrift und Sprache der Chinesen. Springer, Berlin 2001 (2. Aufl.), ISBN 3-540-42138-6
- Li Leyi: Entwicklung der chinesischen Schrift am Beispiel von 500 Schriftzeichen. Hochschule für Sprache und Kultur Beijing, Peking 1993, ISBN 7-5619-0206-9
- Cecilia Lindqvist: Eine Welt aus Zeichen - über die Chinesen und ihre Schrift. Droemer Knaur, 1990. ISBN 3-426-26482-X
- Muhammad Wolfgang G. A. Schmidt: Einführung in die chinesische Schrift- und Zeichenkunde. Limitierte Sonderausg. Buske, Hamburg 2005 (2. erw. Aufl.), ISBN 3-87548-389-8
- Wang Hongyuan: Vom Ursprung der chinesischen Schrift. Sinolingua, Beijing 1997, ISBN 7-80052-328-4
Siehe auch
Weblinks
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