- Russischsprachige Presse im deutschsprachigen Raum
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Die russischsprachige Presse im deutschsprachigen Raum ist für viele russisch sprechende Auswanderer eine wichtige Informationsquelle über das Geschehen in ihrer alten wie der neuen Heimat. Über 50 russischsprachige Zeitungen und Zeitschriften erscheinen heute in Deutschland, der Schweiz und Österreich. [1]
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Nach der unterdrückten Militärverschwörung der Dekabristen 1825 und der Herrschaftsübernahme durch Zar Nikolaus I. mit der Errichtung eines autoritären Regimes flüchteten ein Jahrhundert lang viele Russen in die deutschsprachigen Länder. Einen Höhepunkt erreichte diese Emigration nach der Oktoberrevolution mit ihrer gewaltsamen Machtübernahme durch die russischen kommunistischen Bolschewiki im Jahre 1917.[2]
Unter den russischen Emigranten waren viele Journalisten und Schriftsteller, die vor Zensur und Verfolgung flüchteten. Diese gründeten am 8. August 1920 in Berlin sogar die "Union der russischen Journalisten und Schriftsteller in Deutschland" als eigene Gewerkschaft.[3]
Bis in die späten 1930er Jahre schrieben sie in Deutschland für eine bis zu 450.000 Russen zählende Diaspora, die nach 1922 laufend kleiner wurde. 1922 waren es noch 250.000 russische Emigranten, 1930 rund 90.000 und 1937 nur noch 45.000 russische Emigranten.[3] Berlin war neben Paris die zweitgrösste "russische" Stadt Europas. Das "russische Berlin" galt diesen Emigranten als die "literarische Hauptstadt Europas". Alleine im Jahr 1922 wurden hier 48 Verlage gezählt, die insgesamt 147 russische Tages- und Wochenzeitungen publizierten. [3]
Russischsprachige Medien in Deutschland 1920er-Jahre (Auswahl)
Medientitel Thema Redakteur Ort Erscheinungszeitraum Auflage Rul (russisch Руль, Das Ruder) Literatur und Kunst Josef Wladimirowitsch Hessen Berlin 1920-1931 Unbekannt Spolochi (russisch Сполохи) Literatur und Kunst A. Drosdow Berlin 1921-1923 Unbekannt Schar-ptiza (russisch Жар-птица, Der Feuervogel) Literatur und Kunst A. E. Kogan Berlin und Paris 1921-1926 Unbekannt
Wohl die meisten dieser russischsprachigen Zeitungen und Zeitschriften in Deutschland wurden in der nationalsozialistischen Diktatur des Deutschen Reiches eingestellt.Die russischen Kolonien in Österreich und der Schweiz waren zahlenmässig kleiner, pflegten aber in dieser Zeit ebenso ihre eigenen Publikationen.
Die älteste noch existierende russischsprachige Publikation in der europäischen Diaspora ist der 1880 in Moskau gegründete und seit 1947 in Paris erscheinende Russkaja Mysl („Russischer Gedanke“). [4] [5]
Deutschland
Erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion entstanden mit der wachsenden Zahl ethnisch deutscher und deutschstämmiger Spätaussiedler aus den ehemaligen Sowjetrepubliken und mit der wachsenden russischsprachigen Bevölkerungsgruppe in Deutschland neue russischsprachige Medien.
Heute ist der deutsche Markt für russischsprachige Printmedien so groß wie noch nie: In Deutschland leben geschätzt zwischen drei und sechs Millionen russischsprachige Menschen. [6] [7]
Überregionale Zeitungen und Zeitschriften
Der Moskauer Journalist Juri Sarubin gründete im Mai 1993 die erste neue russischsprachige Zeitung in Deutschland, Evropazentr, die schon bald weit in Deutschland verbreitet war.
2001 waren über Deutschland verteilt schon zwölf russischsprachige Zeitungen zu finden, meist öffentlich finanzierte Informationsblätter für so genannte Spätaussiedler und jüdische Kontingentflüchtlinge. Einen kommerziellen Konkurrenzkampf lieferten sich nur die in Berlin erscheidene Zeitschrift “Evropazentr“ und die später dazu gekommene “Russkij Berlin” (seit 1997 als Regionalausgabe von Russkaja Germanija (russisch Русская Германия).
Die Werner Media Group von Nicolas Werner legte mit “Evropazentr” und “Ost-Ekspress” die zwei größten Zeitungen zum Evropa-Ekspress (russisch Европа-Экспресс) zusammen und pushte dessen Auflage auf heute 100′000 Exemplare.[8] Ebenfalls aufgekauft – aber kurzerhand eingestellt – wurde die kleine Wedomosti (russisch Ведомости) aus Düsseldorf.
Die Werner Media Group gründete dafür sechs weitere russischsprachige Blätter wie die jüdische Monatszeitung Evreyskaya Gazeta (russisch Еврейская газета) mit einer Auflage von 39′000 Exemplaren und das Hochglanzmagazin Vsja Evropa (russisch Вся Европа) mit einer Auflage von 90.000 Exemplaren.
1996 gründeten die aus Riga stammenden Brüder Dmitrij und Boris Feldman die Wochenzeitung Russkaja Germania (russisch Русская Германия). Sie hat mit ihren Regionalausgaben in Berlin (Russki Berlin), Nordrhein-Westfalen (Rheinskaja Gazeta), Bayern (Russkaja Germanija – Bawarija) und Hamburg (Russkaja Germanija – Gamburg) eine verkaufte Gesamtauflage von 61.000 Exemplaren.
Gratiszeitungen
Ein anderes Geschäftsmodell, nämlich jenes der Gratiszeitung, pflegt in München der Moskauer Physiker Ashot Terterian mit seinem Verlag Terterian. Er fing 1998 mit der Monatszeitung München-Plus an, die anfangs eine überwiegend soziale Ausrichtung hatte und den russischsprachigen Einwanderern die Integration erleichtern sollte.
Seitdem hat Terterian expandiert und veröffentlicht heute das Flaggschiff Germania Plus (russisch Германия Плюс) mit den Regionalausgaben München Plus, Nürnberg Plus, Augsburg Plus und Berlin Plus, deren monatliche Gesamtauflage 100.000 Exemplare erreicht. Die Monatszeitungen werden gratis aufgelegt und vertrieben.
Boulevardzeitungen
In Frankfurt wiederum gründete das russische Boulevardblatt Moskowski Komsomolez 2001 eine auf die Bedürfnisse der Diaspora zugeschnittene MK-Germania (russisch МК Германия). Die Wochenzeitung hat derzeit eine Auflage von 35.000 Exemplaren.
Lokale Zeitschriften
Auf lokaler Ebene erscheinen in Deutschland mittlere und kleine Printmedien wie die vom MedienHaus GmbH & Co. KG in Dortmund herausgegebene Monatszeitschrift Partner (russisch Партнёр) mit einer Auflage von 18.000 Exemplaren und Partner-Nord mit 14.000 Exemplaren für die nördlichen Bundesländer.
Zu den Produkten dieses Verlages gehören auch die liebevoll gestaltete Kinderzeitschrift Ostrow Tam-i-Tut (russisch Остров Там-и-Тут) (Die Insel Hier-und-Dort) und eine Quartalszeitschrift für zeitgenössische russischsprachige Literatur Zarubezhnye zapiski (russisch Зарубежные записки).
Im nordrhein-westfälischen Kalletal erscheint eine Monatszeitschrift für Aussiedler Semljaki (russisch Земляки) (Landsleute) mit 30′000 Abonnenten.
In Rhein-Main-Gebiet, sowie in Baden-Württemberg, Saarland und Franken ist das illustrierte Informationsmagazin "Neue Zeiten" mit der Auflage 22.333 Exemplaren(IVW 01/2010) vom LTC Media Verlag sehr bekannt. Zu den Medien des Verlags gehören auch die kostenlose Zeitung "Karriere", Fachmagazin für Reisebüros "Russki Voyage"(russisch Русский вояж) und Branchenbuch "Zolotie stranizi" (russisch Золотые страницы).
Zweisprachige Zeitschriften
Seit 2005 erscheint in Lörrach das zweisprachige Informationsblatt Ostrowok (Inselchen) der Aussiedlerinnen Galina Zerr und Lydia Pfeiffer für die russischsprachigen Einwanderer im deutsch-schweizerisch-französischen Dreieck.
Zweisprachig ist auch die Deutsch-Russische Zeitung, welche in Augsburg nach mehrjähriger Unterbrechung seit Januar 2008 wieder erscheint (1998 war die Zeitung nach 24 Ausgaben eingestellt worden).
Russischsprachige Medien in Deutschland 2011 (Auswahl)
Medientitel Publikation Verlag Ort Erscheint seit Auflage Partner (russisch Партнер) Wochenzeitung MedienHaus GmbH & Co. KG Dortmund 1997 18.000 Partner-Nord (russisch Партнер-Север) Wochenzeitung MedienHaus GmbH & Co. KG Dortmund 1997 14.000 Germania Plus (russisch Германия Плюс) Wochenzeitung Verlag Terterian Berlin 1996 80.000 "Neue Zeiten" (russisch Новые Времена) Monatszeitschrift LTC Media Verlag Frankfurt 1999 22.000 Semljaki (russisch Земляки) Monatszeitung Semljaki Zeitungsverlag GmbH Kalletal 1996 60.000 "Karriere" (russisch Карьера) Monatszeitung LTC Media Verlag Frankfurt 2006 100.000 Jewropa-Express (russisch Европа-Экспресс) Wochenzeitung Werner Media Group Berlin Mai 1993, ursprünglich “Evropazentr” und “Ost-Ekspress” 100.000 Jewreiskaja Gaseta (russisch Еврейская газета) Monatszeitung Werner Media Group Berlin 2002 21.250 Russkaja Germanija (russisch Русская Германия) Wochenzeitung ReLine GmbH Berlin 1996 61.000 Schweiz
Russkaja Schweizarija (russisch Русская Швейцария) (Russische Schweiz) ist eine in der Schweiz erscheinende russischsprachige Zeitschrift. Die Auflage liegt nach eigenen Angaben bei 6'000 Exemplaren. In der Schweiz leben derzeit rund 13'000 Russischsprachige Menschen, davon sind 9.675 russische Staatsbürger.
Österreich
In Wien erscheint die Monatszeitschrift Sootetschestwennik (russisch соотечественник) (Landsmann), Chefredakteur und Herausgeber ist Serguei Tikhomirov. In Österreich leben derzeit rund 80′000 russischsprachige Menschen.
Weblinks
- «PARTNER» Verlag, Verlags-Website
- PresseRu.de, kostenloser Online-"Kiosk" mit vollständigen Zeitungen/Zeitschriften, 22. Januar 2011
- Werner Media Group, Verlags-Website
- ReLine GmbH, Verlags-Website
- Russkaja Schweizarija, Verlags-Website
- Neue Zeiten, Verlags-Website
- Karriere, Verlags-Website
- LTC Media Verlag, Verlags-Website
Einzelnachweise
- ↑ Russische Links, Deutschland "aktuelle periodisch erscheinende Druckerzeugnisse", 2010
- ↑ Hanns-Martin Wietek (15. September 2008): "Das Erbe der Dekabristen". ZVAB. Abgerufen am 30. Januar 2011.
- ↑ a b c G.W. Schirkow (2009): Schurnalistika emigrazii: Istoki i Probljemy. EVARTIST. Abgerufen am 24. Januar 2011.
- ↑ Русская мысль Website
- ↑ Osteuropa, 48, 1998, p. 622-28, Claudia Weiss: "Zwischen gestern und morgen. Die Pariser Wochenzeitung Russkaja mysl auf der Suche nach neuen Wegen"
- ↑ Russischsprachige Bevölkerungsgruppen in Deutschland
- ↑ Russische Sprache in der Welt, Bericht des Russischen Außenministeriums, Moskau 2003 (russisch)
„По оценочным данным, русским языком в той или иной степени владеют около 6 млн. человек, в т.ч. 3 млн. – выходцы из республик бывшего СССР“ - ↑ Verlag (2011): Medien. Werner Media Group. Abgerufen am 23. Januar 2011.
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