Sogenannter Palast Theoderichs

Sogenannter Palast Theoderichs

Der sogenannte Palast Theoderichs (ital. Cosiddetto Palazzo di Teodorico, abgekürzt C. D. Palazzo di Teodorico) ist ein als Museum genutztes historisches Gebäudefragment in der oberitalienischen Stadt Ravenna, das eine Zeit lang als Teil des Palasts Theoderich d. Gr. angesehen worden war.

Sogenannter Palast Theoderichs, im Hintergrund der Campanile der Kathedrale S. Apollinare Nuovo, der Hofkirche Theoderichs d. Gr.
Rückseite des sogenannten Palasts Theoderichs, von der aus eine Wendeltreppe zu dem Ausstellungsraum im Dachgeschoss führt.
Im sogenannten Palast des Theoderich ausgestellte Skizze, die die bei den Ausgrabungen von 1907 bis 1911 freigelegten Fundamente des Palasts Theoderichs zeigt.

Das aus dem 8. Jahrhundert stammende Gebäudefragment hat eine 20 Meter lange Fassade und steht am Rande des kaiserlichen Areals von Ravenna, auf dem bereits der Palast der Regentin Galla Placidia und später auch der Palast Theoderichs gestanden hatte. Aufgrund seiner Lage in unmittelbarer Nachbarschaft der Hofkirche Theoderichs, San Apollinare Nuovo, und wegen einer gewissen Ähnlichkeit seiner Fassade mit einer Mosaikdarstellung des Palasts des Theoderich, die in der Kathedrale S. Apollinare Nuovo erhalten geblieben ist, war das Gebäude in der Vergangenheit irrtümlich als Teil des Palasts Theoderichs angesehen worden. Der ursprüngliche Zweck des Gebäudes ist nicht eindeutig geklärt. Mehrere schlichte viereckige Kapitelle der in der Fassade verbauten Säulen sind mit dem Kreuzsymbol versehen worden, was den Schluss zulässt, dass das Gebäude einem kirchlichen Zweck gedient hatte. Italienische Historiker und die Stadtverwaltung von Ravenna gehen gegenwärtig davon aus, dass es sich um einen Teil der verschwundenen Kirche San Salvatore handelt.

Wie von Corrado Ricci im Zeitraum 1907–1911 durchgeführte Ausgrabungen von Fundamenten und Mauerresten in den Gärten der Familie Monghini und im sonstigen Gebiet zwischen Viale Farini und Via Alberoni gezeigt haben, befand sich der Palast Theoderichs hinter dem Gebäude, das als sogenannter Palast Theoderichs bezeichnet wird.[1] Sowohl die Lage des Palasts als auch seine Grundrisse konnten festgestellt werden.

Bei den Grabungen wurden u. a. auch Reste von Mosaikfußböden gefunden. Die Mosaikfußböden wurden 1923 in das Dachgeschoss des sogenannten Palasts Theoderichs gebracht, das als Ausstellungsraum eingerichtet wurde. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die in das Obergeschoss führende Wendeltreppe restauriert.

In dem Ausstellungsraum im Obergeschoss wird auch eine Tafel mit einem Plan der ausgegrabenen Fundamente gezeigt, dem sich die Grundrisse der Palastanlage entnehmen lassen.

Fragment eines Fußbodenmosaiks, das bei Ausgrabungen auf dem ehemaligen Gelände des Palasts Theoderichs freigelegt wurde.

Im sogenannten Palast des Theoderich war unten rechts eine Porphyrwanne eingemauert gewesen. Die Wanne war eine Zeit lang im Nationalmuseum von Ravenna ausgestellt worden und steht gegenwärtig in der Mitte des Obergeschosses des Grabmals Theoderichs, dem Kapellenraum. Die beschädigte Wanne, die an allen Seiten Einschläge von Kanonenkugeln aufweist und deren eines Kopfende unvollständig erhalten ist, war ursprünglich ca. 3 Meter lang, 1,50 Meter breit, 1 Meter hoch und 65 Zentimeter tief. Der 210 Zentimeter lange und 70 Zentimeter breite Boden der Wanne ist flach und hat an den beiden Kopfenden unregelmäßige halbkreisförmige Begrenzungen. Die Seitenwände sind schräg und an den Längsseiten etwas steiler (Steigung etwa 70°) als an den Kopfenden (Steigung ca. 60°), an die sich ein in der Wanne Sitzender bequem anlehnen kann. Die etwa 16 Zentimeter dicken Wände haben sowohl innen als auch außen eine glatte, polierte Oberfläche. An einer Längsseite befindet sich unten in der Mitte das Flachrelief eines Löwenkopfs. Beide Längsseiten weisen links und rechts ein Flachrelief mit dem Motiv eines großen, dicken eingehängten Ankerrings auf. Die Wanne hat einen kantenlosen, sanft abgerundeten oberen Rand, der um 1,5 Zentimeter nach außen übersteht und so einer in der Wanne befindlichen Person einen festen Halt bietet. Auf dem seitlichen Wannenrand kann sich eine in der Wanne befindliche Person bequem niederlassen oder abstützen. Eine in der Wanne stehende Person steht 35 cm über dem Fußboden, auf dem die Wanne abgestellt ist - eine geeignete Position, um sich von vor der Wanne stehenden Bediensteten abtrocknen oder frottieren zu lassen. Es ist unverständlich, dass die Wanne - allem Anschein nach eine pompöse spätrömische Badewanne -, die keinerlei königliche Insignien oder sonstige Inschriften aufweist, heute im Obergeschoss des Grabmals Theoderichs ausgestellt wird. [2]

Für die Besichtigung des sogenannten Palasts des Theoderich und seines Ausstellungsraums wird gegenwärtig (2009) kein Eintritt erhoben.[3]

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Jänecke, Die drei Streitfragen am Grab Theoderichs, Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische Klasse, Jahrgang 1927/1928, Winter, Heidelberg 1928 (24 Seiten).
  2. Bei der Verbringung oder - vielleicht zutreffender - der Entsorgung der demolierten Wanne in den dunklen Kapellenraum des Mausoleums Theoderichs mag eine Rolle gespielt haben, dass beispielsweise die Sarkophage der spanischen Linie der Habsburger in El Escorial Porphyr-Särge sind. Diese Sarkophage gehören jedoch einer viel späteren Epoche an.
  3. Am Wärterhäuschen am Eingang liegt eine Liste aus, in die sich Besucher freiwillig eintragen können. Es ist empfehlenswert, sich in die Liste einzutragen, weil sie dazu dient, das öffentliche Interesse an der Ausstellung zu dokumentieren.
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