Vereinigung Heimatvertriebener Deutscher Studenten

Vereinigung Heimatvertriebener Deutscher Studenten

Die Vereinigung Heimatvertriebener Deutscher Studenten (VHDS) war eine Interessengemeinschaft heimatvertriebener Studenten nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie bestand von 1950 bis 1964.

Inhaltsverzeichnis

Tätigkeitsbereiche

Sozialarbeit am Hochschulort

Mit der Währungsreform 1948 verschlechterte sich die soziale Lage der vertriebenen Studenten. Im Hinblick auf eine zu erwartende "Soforthilfe"-Regelung schlossen sich im Wintersemester 1948/49 mit Unterstützung der Allgemeinen Studentenausschüsse (AstA) die vertriebenen Studenten an den Universitäten und Hochschulen der westlichen Besatzungszonen zu Interessengemeinschaften zusammen. An den AstA wurden Flüchtlingsreferate eingerichtet und mit den gewählten Obmännern der Flüchtlingsstudenten besetzt. Diese Zusammenschlüsse wurden neben den landsmannschaftlichen Studentengemeinschaften zu einer der beiden Keimzellen der VHDS. Im Zusammenwirken mit dem Verband deutscher Studentenschaften wurden dem Hauptamt für Soforthilfe und späteren Bundesausgleichsamt und den mit der Materie befassten Abgeordneten des Deutschen Bundestages die sich aus der sozialen Situation ergebenden Forderungen der vertriebenen Studenten auf zweckentsprechende Regelung ihrer Studienförderung mit Erfolg vorgetragen.

Für die aus der DDR geflüchteten Studenten wurde im Verband deutscher Studentenschaften von der VHDS eine "Flüchtlingsberatungsstelle" eingerichtet. Später stellte sie beim Deutschen Bundesstudentenring den Leiter des Sozialamtes und bei der Otto Benecke-Stiftung den Geschäftsführer. Insbesondere diesen Bemühungen ist zu danken, dass es von einer unzureichenden "Flüchtlingsunterstützung" zu einer allgemeinen Studienförderung nach dem sogenannten Honnefer Modell kam.[1]

Kultur-, Heimat- und Ostpolitik

Neben der skizzierten Sozialarbeit kam es wegen einer selbstverständlichen Beschäftigung mit kulturellen sowie heimat- und ostpolitischen Fragen zu meist landsmannschaftlichen Gruppenbildungen an den Universitäten und Hochschulen. Bei Gesprächen von Studenten dieser Gruppen mit heimatvertriebenen Jungakademikern und Wissenschaftlern im Januar 1950 in Markgröningen/Wttbg. erkannte man die Notwendigkeit, vor Ort aktive Minderheiten zu bilden, die aus innerer Verpflichtung für die Gesamtheit der Heimatvertriebenen eintreten. Zwecks Schaffung eines organisatorischen Rahmens fand auf Einladung des Deutsch-Baltischen Jugend- und Studentenringes vom 9. bis 12. Oktober 1950 in der Hessischen Landvolkshochschule Neustadt bei Marburg/Lahn ein ostdeutsches Studententreffen statt. Die 50 Teilnehmer beschlossen die Gründung der VHDS.

Werdegang der VHDS

Die VHDS wurde als "Vereinigung Heimatvertriebener Deutscher Studenten" mit der Rechtsform eines e.V. und Sitz in Marburg an der Lahn gegründet.

Betont wurde ausdrücklich, dass die neue Vereinigung die bestehende Eintracht und das kollegiale Zusammenleben von Einheimischen und Heimatvertriebenen an den Universitäten und Hochschulen nicht stören soll.

Die Vereinsgründung erfolgte

  • zur Wahrung des ostdeutschen Kulturerbes,
  • zwecks Heranbildung von Führungskräften zur Interessenvertretung,
  • in dem Bestreben, auf Hochschulebene im In- und Ausland das Vertriebenenproblem bekannt zu machen und durchzusetzen, dass die Anliegen der Millionen deutschen Heimatvertriebenen als gesamtdeutsche und -europäische Anliegen erkannt werden.

Letzterem Zweck dienten in der Aufbauphase 1951/52 die nachfolgend von dem Geschäftsführer Walter Fr. Schleser dargelegten Aktivitäten der Geschäftsführung:

  • die Organisation von Reisen deutscher Professoren zu Vorträgen an deutschen Universitäten und Hochschulen,
  • die breite Streuung eines vierseitigen Flugblattes "Deutsche Heimat im Osten",
  • eine Diskussion im Hessischen Rundfunk,
  • im September 1951 die Durchführung einer Tagung an der tschechischen Grenze in Furth im Wald mit 60 Studentenvertretern und Redakteuren von Studentenzeitschriften aus 13 Ländern. Hauptredner: Staatssekretär O. Schreiber vom Bundesministerium für Vertriebene.
  • die Teilnahme an der Weltkonferenz für Moralische Wiederaufrüstung in Caux sur Montreux Ende September 1951, nachfolgend
  • ein Gespräch mit dem Stellv. Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCRef) im Genfer Völkerbundpalais über Probleme der Vertriebenen und Flüchtlinge in Österreich, die (im Gegensatz zu den Vertriebenen in der Bundesrepublik Deutschland) auch seiner Obhut unterstanden,
  • die Teilnahme an einer Konferenz von Exilpolitikern in London im Januar 1952. Bei dieser Gelegenheit konnte mit Politikern gesprochen werden , die für Vertreibungsmaßnahmen verantwortlich waren: so mit dem polnischen Ministerpräsidenten Mikolajczyk und den ehemaligen tscheischen Ministern Ripka und Stransky. Letzterem -Justizminister 1945- wurde das "Sudetendeutsche Weißbuch" über die ethnischen Säuberungen in der CSR i. J. 1945 und die "Charta der deutschen Heimatvertriebenen" vom 5. August 1950 überreicht. Außerdem wurde ein Offener Brief an die Leitung der Konferenz mitunterzeichnet, in dem sich die Verfasser u.a. dagegen aussprachen, dass Menschen an einer Konferenz teilnehmen, die wegen Menschenrechtsverletzungen vor ein Tribunal gehörten.[2]
  • im Juni 1952 in Vertretung aller deutschen Vertriebenenverbände Teilnahme an der Ehrenpromotion des in den USA wirkenden Pfarrers Emmanuel Reichenberger in Graz.

Die Vereinigung entwickelte sich auch wegen der skizzierten sozialpolitischen Aktivitäten rasch zu einem großen deutschen Studentenbund mit rund 6.000 Mitgliedern (bei 15.084 vertriebenen Studenten an west-deutschen wissenschaftlichen Hochschulen im Wintersemester 1952/53). Ihr gehörten 12 landsmannschaftliche Bünde sowie Hochschulgruppen an 34 Universitäten und Hochschulen an. In Österreich waren der Verband Katholischer Donauschwäbischer Hochschüler" sowie Studentengruppen an den Universitäten Wien, Graz und Innsbruck Mitglieder. Ab 1954 konnten dem umbenannten "Verband Heimatvertriebener und Geflüchtetere Deutscher Studenten e. V. (VHDS)" auch Gruppen geflüchteter Studenten aus der DDR angehören. Mitglied wurde 1954 außerdem die "Arbeitsgemeinschaft der Exilstudentenverbände" in Deutschland.

Am 6. Dezember 1952 war die VHDS so etabliert, dass sie neben Abgeordneten, hohen Beamten und Vertretern befreundeter Organisationen auch die Bundesminister für Vertriebene und für gesamtdeutsche Aufgaben, Hans Lukaschek und Jakob Kaiser, zu einem Empfang im Adam-Stegerwald-Haus in Königswinter am Rhein einladen konnte.

In politischer Hinsicht beschlossen die Delegierten der 5.VHDS-Hauptversammlung am 30. Juni 1957 unter Leitung des Ehrenvorsitzenden Walter Fr. Schleser in Königstein/Taunus eine "Königsteiner Resolution" mit Vorschlägen auch zur Wiedervereinigung Deutschlands.[3].

Der Studentenverein VHDS wurde 1964 vom Ostpolitischen Deutschen Studentenverband (ODS) abgelöst, dieser ging 1984 im Gesamtdeutschen Studentenverband (GDS) auf.

Literatur

  • Festschrift "Jenseits von Elbe und Oder – 10 Jahre VHDS", Druckerei L. Müller, Erlangen 1960, 111 Seiten. Hrsg.: VHDS.Siehe http://d-nb.info/1007247614
  • Günther Reichert, "Das Organisationswesen der deutschen Heimatvertriebenen", in: "50 Jahre Bund der Vertriebenen", BdV-Kreisversand Zweibrücken 2000, publiziert http://home.arcor.de/freitag.1/seit1071.htm.
  • Walter Fr. Schleser, "Deutsche Heimat im Osten" (vierseitiges Flugblatt mit einer Karte der ehem. deutschen Ostgebiete und ehem. deutschen Siedlungsgebiete in Ost- und Südosteuropa sowie einem dreiseitigen Artikel "Aufgabe und Sinn der VHDS"); Druck: Marburger Presse, Marburg/Lahn Jan. 1951,http://d-nb.info/1007247223

Einzelnachweise

  1. Nach Theo Tupetz: "Die Flüchtlingsstudenten an den Universitäten und Hochschulen der Bundesrepublik und Westberlins und ihre Eingliederung in das Hochschulleben", in: "Jenseits von Elbe und Oder – 10 Jahre VHDS", S. 25-32
  2. Näheres im "Wegweiser für Heimatvertriebene", Frankfurt/Main 1. Februar 1952, S. 1 und 2.
  3. Nach Walter Fr. Schleser, "Der Verband Heimatvertriebener und Geflüchteter Deutscher Studenten e.V.", in: "Jenseits von Elbe und Oder - 10 Jahre VHDS", S. 76-83 und 107

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