Vogelkopf-Haggada

Vogelkopf-Haggada
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Die Vogelkopf-Haggada ist eine mittelalterliche, illustrierte jüdische Handschrift, deren Besonderheit, der sie auch ihren Namen verdankt, die Darstellung der Juden als Wesen mit menschlichem Körper und Vogelköpfen ist. Die Handschrift stammt aus dem ausgehenden 13. oder dem frühen 14. Jahrhundert[1] und ist wahrscheinlich eine Arbeit aus dem Raum Würzburg[2]. Der Name des Schreibers ist mit "Menachem" angegeben.[3]

Sie befindet sich heute in der Sammlung des Israel-Museum in Jerusalem, in das die Bestände des Bezalel National Art Museums bei dessen Gründung aufgingen. Die Signatur ist nun MS 180/57 (vorher: ms. 912-4-46). Von ihren ursprünglich 50 Blättern sind heute noch 47 vorhanden. Sie ist einer der ältesten noch erhaltenen Haggada-Texte aus Deutschland.

Das Material der Handschrift ist grobes Kalbspergament, die Buchstaben aschkenasischen Ursprungs und die Illustrationen in gotischem Stil gehalten. Über seine Besitzer vor dem 19. Jahrhunderts ist nichts bekannt. Auf der ersten Seite findet man den Hinweis: "1864/13/6, von Wb [Wittib?] / Hern Maiern das / abgekauft / Bendet Benedikt"[4]. Eine Nachfahrin, Johanna Benedikt, brachte das Buch mit in die Ehe, als sie Ludwig Marum heiratete. Nach seiner Ermordung durch die Nationalsozialisten kam das Buch an Hermann Kahn aus Adelsheim, der es 1946 dem Bezalel Museum verkaufte. [5]

Die Handschrift enthält den traditionellen Text für den Sederabend, sowie am Rand des Textes Illustrationen des Geschilderten. Der formale Aufbau der Handschrift, mit Darstellungen zum Text am Rand und dem Fehlen ganzseitiger Illustrationen folgt der askenasischen Tradition[6]. Lediglich auf der ersten und der letzten Seite sind ganzseitige Bilder. Allerdings ist das Titelblatt, das die Familie am Sedertisch zeigt, durch das Fehlen eines dreieckigen Teils des Pergaments stark in Mitleidenschaft gezogen. Bei einer früheren Buchreparatur wurden darüber hinaus die einzelnen Lagen beschnitten, wobei ein Teil der Illustrationen beschnitten wurde.

Unter Berücksichtigung des Bilderverbotes hat der Illustrator der Handschrift es vermieden, das menschliche Antlitz abzubilden. Das Gesicht des Engels bei der Opferung Isaaks ist dabei unkenntlich, die Gesichter des Pharaos und seiner Leute leere Ovale, während die Juden (kenntlich am Judenhut) allesamt Vogelköpfe haben. Dabei ist nicht sicher, um welche Art von Vogel es sich handelt; wahrscheinlich ist jedoch der Adler gemeint, der in der jüdischen Literatur hin und wieder - ausgehend von Moses Lied im Deuteronomium (Dtn 32,11 EU) - mit dem jüdischen Volk assoziiert wird[7]

Im 20. Jahrhundert wurde die Handschrift als Faksimile in einer zweibändigen, kommentierten Auflage der Öffentlichkeit vorgestellt.

Literatur

  • Hans Maaß: Vogelkopf und Menschenantlitz. Religiöse Bilder im Judentum. In: Peter Müller (ed. ): Welt - Bilder - Welten. Beträge zum Dialog zwischen Kunst und Theologie. Books on Demand, Norderstedt 2003, S. 85 - 104. ISBN 3833403446
  • Ursula Schubert: Die Vogelkopf-Haggada. Ein künstlerisches Zeugnis jüdischen Selbstbewusstseins am Ende des 13. Jahrhunderts. In: Anzeiger des germanischen Nationalmuseums. Nürnberg 1988, S. 35 - 57.
  • Moshe Spitzer (ed.): The Bird's Head Haggada of the Bezalel National Art Museum in Jerusalem. Tarshish Books, Jerusalem 1965f. 1. Band: Faksimile der Handschrift (1965), 2. Band: Introduction (1967).

Einzelnachweise

  1. Maaß (2003), p. 94
  2. Schubert (1988), p. 36
  3. ebd. p.36
  4. Spitzer (1967), Bd. 2, p. 22
  5. ebd. p.22
  6. ebd. p. 49
  7. ebd. p. 17f.

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