- Abzugsgruppe
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Der Abzug ist die Einrichtung an einer Schusswaffe, mit der die Fingerbewegung über eine Mechanik auf den schussauslösenden Mechanismus der Waffe wirkt.
Inhaltsverzeichnis
Sprachgebrauch
Was im allgemeinen Sprachgebrauch schlicht „Abzug“ (engl. Trigger) heißt, wird bei modernen Waffen als Abzugssystem oder im technischen Sprachgebrauch als Abzugsgruppe bezeichnet.
Geschichte
Bei frühen Schusswaffen, z. B. der Armbrust, genügte als Abzug ein einfacher Hebelmechanismus, der die Sperrklinke für Bogensehne und Bolzen frei gab und somit den Schuss auslöste. In der geschichtlichen Entwicklung von Schusswaffen wurde schon früh der Einfluss des Abzugs auf die Präzision der Treffgenauigkeit einer Waffe erkannt, was zur Entwicklung aufwendiger mechanischer Schlösser zum Spannen und Auslösen von Perkussionswaffen führte. Diese Schlösser hatten zum Teil schon eine sehr hohe Fertigungsgenauigkeit und erlaubten entsprechend präzise Schussabgaben. Mit der Entwicklung moderner Patronenmunition und der Entwicklung halb- und vollautomatischer Waffen wurde die Funktion der Schlösser auf den Verschluss und dessen Spannvorrichtung und den Abzug verteilt. Damit wurde konstruktionsbedingt für magazingeladene Waffen die Entwicklung von Abzugsgruppen notwendig. Der Charakter der früher verwendeten Schlösser wurde am längsten in Revolvern erhalten, da diese nicht über Verschluss und Magazin verfügen. Bei militärischen Handfeuerwaffen mit Abzugswahlhebel lässt sich der Abzug von einem vollautomatischen Feuermodus auf einen halbautomatischen wechseln, wobei der vollautomatische sequenziell auf drei bis fünf Schuss begrenzt sein kann. Neueste Waffenkonstruktionen verfügen über elektronische Abzüge verschiedener Auslegung, von der einfachen elektronischen Schussabgabe bis hin zur elektronischen Benutzerkennung mit Auslösesperre.
Konstruktiv
Durch die lange Geschichte der Schusswaffen und die Vielzahl der Konstruktionen kann die Funktion eines Abzugs nur an einem ausgewählten Beispiel erklärt werden. Dies macht klar, dass es „den Abzug“ nicht gibt.
Die Beherrschung der nicht unerheblichen Einflüsse des Abzugs auf das Schussverhalten und somit auf die Präzision der gesamten Waffe wird als Abzugskontrolle bezeichnet. Eine durch den Schützen ausgeübte Abzugskontrolle bedingt aber einen präzise und sicher ausgeführten Abzug resp. eine Abzugsgruppe, in der alle Komponenten aufeinander abgestimmt sind. Es ist umstritten, welche Komponenten genau zur Abzugsgruppe zählen; vom Abzugszüngel bis zum Schlagbolzen, oder vom Abzugszüngel bis zum Schlagstück, mit oder ohne Schlagfeder. Jeder Konstrukteur oder Hersteller von Waffen hat in dieser Frage seine eigene Sichtweise. Deshalb werden hier die Komponenten und deren Funktion einer Abzugsgruppe bis zum Schlagstück am Beispiel der weit verbreiteten Colt 1911 (Pistol cal .45 M1911A1), auch bekannt als Colt Government Model gezeigt:
- Grundkomponenten
- Abb. 23 – Abzugszüngel (Trigger) mit dem sog. Steigbügel, der hier als Abzugsschubstange fungiert.
- Abb. 19 – Unterbrecher (Disconnector), der eine vollautomatische Schussabgabe verhindert.
- Abb. 18 – Hahnrast (Sear), die mittels Unterbrecher das Schlagstück (Hammer) in seiner hinteren (gespannten) Position arretiert.
- Abb. 14 – Schlagstück/Hahn (Hammer), der die Energie der gespannten Schlagfeder und seiner eigenen Masse über weitere Komponenten im Verschluss auf den Schlagbolzen überträgt.
- Erweiterte Komponenten
- Abb. 15 – Schlagstück/Hahn Stift (Pin, Hammer Strut), der das Schlagstück mit dem Schlagstücksporn verbindet.
- Abb. 16 – Schlagstück/Hahn Sporn (Hammer Strut), zur Übertragung der Schlagfederenergie auf das Schlagstück.
- Abb. 12 – Hahnrast-Feder (Spring, Sear), zur Repositionierung der Hahnrast.
- Abb. 09 – Federkappe (Cap, Main Spring), zur Abstützung des Schlagstück-Sporns.
- Abb. 10 – Schlagfeder (Main Spring), Energiespeicher für die Schussauslösung.
- Abb. 11 – Federlagereinsatz, unteres Federlager.
- Sicherungskomponenten
- Abb. 01 – Sicherungsflügel (Safety, Thumb). Die mit dem Daumen betätigte Sicherung verhindert das Durchdrücken des Abzugszüngels durch Sperren des Steigbügels (Abzugsschubstange) und blockiert zugleich den Verschluss.
- Abb. 03 – Die Griffsicherung (Safety, Grip), verhindert das versehentliche Auslösen eines Schusses bei nicht in der Hand gehaltenen Waffe durch Sperren der Hahnrast.
- Zusätzlich besteht die Möglichkeit die geladene Waffe mit Hilfe der sog. Halbstellungsraste des Hahns (Half Cock), einer weiteren Arretierungsmöglichkeit des Schlagstücks bei halb abgespannter Waffe, gegen eine versehentliche Betätigung des Abzuges zu sichern. Sie verhindert auch die Schussauslösung, sollte beim Spannen des Hahns dieser ausrutschen.
- Eine weitere, nicht abgebildete Sicherung bildet das Trennstück (Disconnector), indem eine Schussabgabe auch bei nur leicht geöffnetem Verschluss nicht möglich ist.
Andere Schusswaffen verfügen über ähnliche oder völlig abweichende Abzugssysteme und Abzugskomponenten. Im Sportwaffenbereich lassen sich beispielsweise einige dieser Komponenten individuell beeinflussen und auf die individuellen Bedürfnisse der Schützen einstellen.
Abzugsbauweisen
Ein Abzug kann wie bei kleinen Schusswaffen und Handfeuerwaffen als Züngelabzug ausgeführt sein; bei schwereren militärischen Waffen kommen auch Schmetterlingsabzüge zum Einsatz, die z. B. bei schweren Maschinengewehren, Kanonen oder Maschinenkanonen zwischen zwei Haltegriffen zu finden sind und mit den Daumen bedient werden. Es gibt auch einfache Hebelabzüge, z. B. bei Kanonen, die zurückgezogen und einfach losgelassen werden, um den Schuss abzugeben. Bei modernen schultergestützten kleinen Raketenwerfern wird nur noch ein elektrischer Schalter betätigt. Die möglichen Bauweisen sind also sicher so vielfältig wie die Abzugskonstruktionen selbst.
Bei Handfeuerwaffen ist das Abzugszüngel in der Regel durch einen Abzugsbügel gegen Berührung – und damit gegen unbeabsichtigte Schussauslösung – geschützt. Dieser Abzugsbügel kann Bestandteil des Griffstücks sein (siehe obige Zeichnung) oder aber angesetzt werden. Bei Waffen, die für den Einsatz in arktischen Regionen vorgesehen sind, ist der Abzugsbügel auch oft abklappbar, damit der Schütze seine Handschuhe anbehalten kann.
Abzugsvarianten
Direktabzug
Auch Flintenabzug. Hier wird die Fingerkraft gegen die Spannung der Schlagbolzenfeder direkt übertragen. Alle mechanischen Übertragungswege sollten poliert sein, um die aufzuwendende Kraft so gering wie möglich zu halten. Eine schlechte Abzugsmechanik „kriecht“, d. h. der Abzug bewegt sich erst ein Stück nach hinten, bevor der Schuss gelöst wird, und/oder „hakt“. Hier ist eine veränderte Druckausübung auf den Abzug nötig, um den Schuss auszulösen.
Stecherabzug
Diese Abzüge übertragen ihre Kraft indirekt, dadurch wird das nötige Abzugsgewicht gesenkt. Beim Stecherabzug wird durch „Einstechen“ eine Feder im Abzug vorgespannt, die dann durch einen nur leichten Druck auf den Abzug entspannt wird. Die Energie der vorgespannten Stecherfeder wiederum löst den Schlagbolzen aus. Siehe auch Stecher.
Anti-Stress-Abzug
Als Anti-Stress-Abzug bezeichnet man einen Abzug bei Faustfeuerwaffen, der die versehentliche Schussauslösung in Stress-Situationen verhindern soll, da Menschen – hier der Waffenträger – in Stresssituationen zum Verkrampfen der Hände neigen und so bei gezogener Waffe bereits ungewollt einen hohen Druck auf den Abzug ausüben. Zudem kann es auch zum Zittern der Fingermuskulatur kommen.
Um zu verhindern, dass sich in Bereitschaftssituationen ein Schuss ungewollt löst und möglicherweise zu schweren oder gar tödlichen Verletzungen führt, gibt es verschiedene Ansätze:
- Anti-Stress-Abzug
Die Firma Walther benutzt einen Abzug, bei dem für den ersten Schuss ebenfalls ein hohes Abzugsgewicht zu überbrücken ist. Für die weiteren Schüsse ist nur noch ein niedriges Abzugsgewicht zu überwinden (single action). Allerdings ist der Weg, den der Abzug zurücklegen muss sehr lang. Zittrige Finger bewegen sich nicht so weit.
- New York-Trigger
Die Polizei in New York führte Pistolen des Modells GLOCK 19 ein, die statt eines Abzugswiderstandes von 2,5 kg einen Widerstand von etwa 4 kg haben.
Damit soll auch bei einem Verkrampfen der Hände bzw. zittrigen Fingern verhindert werden, dass der Abzug durchgezogen wird. Dieses wirkt sich jedoch nachteilig auf die Präzision aus, da durch die aufzuwendende Kraft der Schütze die Waffe leichter „aus dem Ziel drückt“.
Abzugsysteme
Single Action
Der Single-Action-Abzug, auch Direkt-Abzug genannt, ist das einfachste Abzugssystem. Hier wird nur der bereits gespannte Schlagbolzen ausgelöst, ohne sonstige mechanische Teile wie z. B. die Trommel des Revolvers zu bewegen. Vor dem nächsten Schuss muss der Hahn stets von Hand neu gespannt werden.
Dies ist das älteste Abzugssystem, bereits Luntenschloss-, Steinschloss- und Perkussionswaffen sowie die ersten Colt-Revolver und Gewehre für Patronenmunition waren reine Single-Action-Waffen. Daher kommt auch die aus Western-Filmen bekannte Revolver-Haltung auf Gürtelhöhe, bei der die Handkante der zweiten Hand von oben auf den Hahn schlägt – dadurch wurde der Hahn gespannt, während der Zeigefinger der anderen Hand den Abzug gedrückt hielt, was schnelle Schussfolgen erlaubte.
Bei Selbstladepistolen war zunächst der Single-Action-Abzug gebräuchlich. Entweder löste er den Schlagbolzen oder bei den meisten Pistolen einen Hahn aus. Diese Konstruktionen war ursprünglich gedacht, mit gespanntem Hahn und aktivierter Sicherung getragen zu werden, was bei vielen Anwendern Bedenken auslöste.
Double Action
Der Double-Action-Abzug („Double“ für zwei ausgelöste Vorgänge) ist eine Weiterentwicklung des Single-Action-Abzuges. Durch das Drücken des Abzugs wird der Schlagbolzen gespannt und der Schuss ausgelöst. Ein vorheriges Spannen des Hahnes ist nicht notwendig, kann aber manuell erfolgen. Bei Revolvern wird zusätzlich noch die Trommel weitergedreht.
Bei der Walther PP von 1929 gab es dann den ersten Double-Action-Abzug, der es erlaubte, die Waffe schussbereit mit entspanntem Hahn zu tragen. Dieses Prinzip ist heute bei den meisten Pistolen verbreitet.
Double-Action-Only
Beim Double-Action-Only-System (DAO) ist die Schussabgabe nur über das Double-Action-System möglich, das manuelle Vorspannen der Waffe ist nicht möglich. Frühe Beispiele hierfür sind der Bündelrevolver Mariette (1836) sowie der Revolver Adams Modell 1851, beides Perkussionswaffen.
Abzugssysteme mit vorgespanntem Schlagbolzen
Diese Varianten der Abzugssysteme erlauben ein teilweises Vorspannen des Schlagbolzens, meist innerhalb der Schlagfeder. Die so vorgespannte Waffe ist mit einem Single-Action-Abzug schussbereit. Da es zur Überwindung der restlichen Federspannung (und damit zur Schussabgabe) weniger Kraft am schussauslösenden Finger bedarf und auch nicht ein so langer Abzugsweg wie bei Double-Action-Systemen zurückzulegen ist, bezeichnet z. B. die Firma Walther ihre Systeme als „Quick-Action-Trigger“. Zum Einsatz kommt dieses Abzugssystem in der Walther P99QA. Andere Hersteller, wie z. B. die Firma Glock, stellen den Sicherheitsaspekt dieser Abzugssysteme in den Vordergrund. Ein so vorgespannter Abzug kann nicht versehentlich, durch leichte Betätigung oder Fallenlassen der Waffe, ausgelöst werden. Deshalb hat Glock diese Abzugssysteme unter dem Namen „Safe Action“ patentieren lassen. Bei diesen Systemen werden neben anderen Sicherungen auch Schlagbolzensicherungen verwendet.
Dieses Abzugssystem wird bei modernen Gewehren (Repetiergewehre, Selbstladegewehre und Einzellader) verwendet. Bei Repetiergewehren wird das Schlagstück beim Repetieren automatisch gespannt; bei Selbstladern wie z. B. dem Heckler & Koch SL8 spannt der Schütze durch Laden der ersten Patrone das Schlagstück.
Abzugssysteme mit vorgespanntem Schlagbolzen kommen den sog. „Anti-Stress“-Abzügen sehr nahe. Derart ausgerüstete Waffen kommen deshalb häufig bei Polizei und Sicherheitsdiensten zum Einsatz.
Weblinks
Literatur
Kersting, Friedhelm; Kinsky, Helmut; Strube, Claus-Henning: Der Jäger und seine Waffen. Paul Parey Verlag; ISBN 3-89715-507-9
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