Cross-Luminance-Effekt

Cross-Luminance-Effekt

Der aus dem Englischen stammende Begriff Cross Luminance [ˈkɹɒs ˈluːmɪnəns], umgangssprachlich im Englischen auch Dot crawl, beschreibt feine, sich bewegende, in der Originalszene nicht vorhandene Strukturen in einem Farbfernsehbild, wobei Farbinformationen irrtümlich als Helligkeit interpretiert werden. Diese treten in stark farbigen Flächen auf und insbesondere an senkrechten Farbkanten, wo zwei stark farbige Flächen, aber mit entgegengesetzten Farbtönen aneinandergrenzen – wenn etwa ein rot gekleideter Boxer in einem blauen Boxring gezeigt wird, treten die Effekte recht deutlich an den Rändern seiner Kleidung auf. Den Komplementärfall (Helligkeit irrtümlich als Farbe) nennt man Cross Color.

Inhaltsverzeichnis

Technische Ursache

Ursache für Cross Luminance ist, dass im Empfänger Teile des Farbträgersignals (Color) als Helligkeitssignal (Luminance) fehlinterpretiert werden, gerade aufgrund schlechter Isolierung bei konstruktionsbedingt einfachen Compositeverbindungen und daraus resultierendem Übersprechen des Signals von einem Kanal in den anderen.

PAL vs. NTSC

Der Effekt ist zugunsten der besseren Farbtonstabilität bei PAL deutlich stärker als bei NTSC ausgeprägt, da bei NTSC eine Verschiebung um eine ganze Halbzeile für den Farbhilfsträger gebildet wird, bei PAL aber lediglich eine Viertelzeile. Zur Ablenkung der bei NTSC häufigeren Farbtonfehler in den weniger auffälligen Sättigungsbereich findet nämlich eine ständige Umschaltung der Phasenlage von V (= Rotsignal des Bildes) bei PAL statt, die wie eine erneute Modulation mit der halben Zeilenfrequenz wirkt (daher bei PAL Viertelzeilen statt Halbzeilen). Anders als bei NTSC entsteht also im selben Raum einer Halbzeile nicht ein Träger mit I- (Cyan-Orange-Verhältnis) und Q(Magenta-Grün-Verhältnis)-Komponente, sondern zwei unterschiedliche für U´ (Blau) und V´ (Rot) von je einer Viertelzeile.

Wenn man jetzt wie bei NTSC einen ganzen Halbzeilenversatz für den Farbhilfsträger wählen würde, läge immer eine der beiden Komponenten genau auf dem Luminanzspektrum. Deshalb wird bei PAL die ganze Farbträgermodulation nur um eine Viertelzeile verschoben. In der Lücke im Luminanzspektrum, in der vorher ein weiterer Träger (zur Übertragung des Farbsignals IQ) lag, liegen nun zwei (V-Rot und U-Blau). Die Folge ist, dass die Träger räumlich näher beieinander liegen und deshalb auch öfter übersprechen.

Verstärkung durch den Verbindungstyp

Bereits bestehende Cross-Luminance-Artefakte in einem PAL-Signal werden durch die jeweils eingesetzte analoge Steckverbindung vom Videorekorder, DVD-Player, Satellitenreceiver, der Videokamera bzw. der (terrestrischen) Antenne oder (bei Kabelfernsehen) Antennendose hin zum Fernseher oder dem Aufzeichnungsgerät in unterschiedlichem Maße verstärkt.

  • Durch ein Komponenten-Videokabel wird Cross Luminance natürlich überhaupt nicht verstärkt, jedoch können nur wenige Fernseher das hier übertragene unkomprimierte RGB verstehen.
  • Relativ niedrig ist die Verstärkung von Cross Luminance durch ein S-Video-Kabel, wo immerhin noch Farbe und Helligkeit auf getrennten Kanälen übertragen werden. Auch SCART-Kabel übertragen ein S-Videosignal an Fernseher, die ein solches verstehen können (was durchaus nicht bei allen Geräten mit SCART-Buchse der Fall ist).
  • Eine große Verstärkung von Cross Luminance tritt bei einer Compositeverbindung auf, wo Farbe und Helligkeit lediglich auf einem einzelnen Kanal übertragen werden. Der häufigste Typ dieser Verbindung ist der sog. Belling-Lee-Stecker, besser bekannt als Antennenkabel, und auch SCART überträgt ein solches Signal an Fernseher, die nur dieses verstehen.
  • Aufgrund technischer Mängel am schlechtesten, obwohl das Signal an sich Composite ist, ist die Verbindung mit lediglich für den Audiobereich angemessen geeigneten Cinchsteckern; die Verstärkung von Cross-Luminance-Artefakten ist hier am größten.

Bei digitalen Verbindungen (z. B. bei Kameras Firewire und USB) entsteht natürlich keinerlei Verstärkung von Cross Luminance.

Entfernung

Cross Luminance lässt sich heutzutage mit in vielen Videorekordern eingebauten Kammfiltern (Comb) deutlich mindern, insbesondere die neueren digitalen Kammfilter sind in dieser Hinsicht recht erfolgreich. Einfache Implementierungen können aber zu Artefakten, z. B. Perlenschnüren führen.

2D-Kammfilter

  • Berücksichtigt nur das jeweils aktuelle Bild (horizontale und vertikale Dimension, daher 2D)
  • Keine Störungen, wenn darüber und darunterliegende Zeilen ähnlich sind
  • verbleibende Störungen an horizontalen Kanten

3D-Kammfilter

  • Berücksichtigt das aktuelle und ein oder zwei vorige Bilder (horizontale, vertikale und temporäre Dimension, daher 3D)
  • zusätzlich werden Störungen an horizontalen Kanten in statischen Bilderausschnitten vermindert

In digitalen Dateien

Die Verminderung von Cross-Luminance-Artefakten und seinem Komplementärfehler Cross Color bereits nach der Digitalisierung allein auf Softwareebene ist fast unmöglich, sofern man nicht durch einfaches Entrauschen (engl. denoising) das Bild unscharf machen will. Allein das eigentlich für NTSC-Material gedachte Freewareplugin Dotcrawl für VirtualDub ist zur Minderung dieser Artefakte geeignet, für die Scriptsprache AviSynth gibt es darüber hinaus die etwas besser arbeitenden Filter Guavacomb und DeDot.

Weblinks

Literatur

  • Schmidt, Ulrich, "Professionelle Videotechnik", 4.aktualisierte Auflage, Springerverlag, Heidelberg, 2005
  • Mahler, Gerhard, "Die Grundlagen der Fernsehtechnik", Springerverlag, Heidelberg, 2005

Siehe auch

Den umgekehrten Fall (Helligkeit irrtümlich als Farbe) nennt man Cross Color.


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