- Cölner Industrie Werke
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Die Helios AG für elektrisches Licht und Telegraphenanlagenbau war ein im Jahre 1882 gegründetes Unternehmen aus den Pioniertagen der Elektrotechnik. Firmensitz und Produktionsstandort war die damalige Industriestadt Ehrenfeld, die 1888 zu Köln eingemeindet wurde. Durch die erstmalige Umsetzung zahlreicher Erfindungen trug die Helios AG europaweit maßgeblich zur Elektrifizierung von Industrie, Verkehrstechnik und öffentlichem Raum bei. Dennoch führten wirtschaftliche Schwierigkeiten zur Übernahme durch die Berliner Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (AEG), die ab dem Jahre 1905 die Liquidation des Unternehmens betrieb.
Das ehemalige Verwaltungsgebäude Helioshaus, die früheren Produktionshallen sowie das ehemalige Firmenwahrzeichen, ein 44 Meter hoher Leuchtturm für Versuche und Demonstrationen, durchliefen danach eine wechselvolle Geschichte und bilden heute eines der besterhaltenen Industriedenkmäler in Köln. Der Heliosturm genannte Leuchtturm wurde nach Erlöschen der Helios AG nicht mehr instand gehalten. 1996 erhielt er im Rahmen einer Rekonstruktion ein neues Lampenhaus. Der Turm, der nie eine Funktion als Seezeichen hatte, leuchtet seitdem als Wahr- und Erinnerungszeichen einer untergegangenen Industrie wieder mit einem schwachen Dauerlicht über Ehrenfeld.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte der Helioswerke
In den 1870er-Jahren wurde in der damals noch selbständigen Industriestadt Ehrenfeld die Gesellschaft für elecktrisches Licht und Telegraphenbau Barthel Berghausen und Cie gegründet. Aus dieser ging 1882 die Helios AG hervor. Der Fabrikstandort an der Venloer Straße wurde auch aufgrund der Nähe zur Pferdebahn-Strecke nach Köln und zum Bahnhof Ehrenfeld an der Bahnstrecke Köln-Aachen gewählt.
Das Helioswerk, benannt nach dem griechischen Sonnengott, gehörte um die Jahrhundertwende zu den innovationsfreudigsten Unternehmen dieser Art. Man stellte komplette Elektrizitätswerke mit dem damals neuen Wechselstromsystem her, die europaweit in Betrieb genommen wurden. Dabei benutzte Helios ein Geschäftsmodell, das schon von der AEG erfolgreich praktiziert wurde: Neu zu gründenden Elektrizitätswerken wurde eine Beteiligung angeboten, wenn diese sich zur Abnahme von Anlagen und Maschinen der Helios AG verpflichteten. Zu den europa- und weltweit exportierten Produkten gehörten auch Generatoren, Transformatoren, Glühlampen und Beleuchtungstechnik für den öffentlichen Raum. Ebenfalls zur Produktpalette gehörte der Bau von Leuchtfeuern und -türmen sowie der Bau und die Ausrüstung von elektrischen Straßenbahnen, die auch in andere europäischen Länder verkauft wurden. Auf dem Gelände des Werkes gab es sogar einen Test-Rundkurs für diese Fahrzeuge, der – je nach Bedarf – mit Gleich- oder Wechselstrom betrieben werden konnte. 1891 war die Firma mit einem Messestand an der historisch bedeutsamen Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung vertreten.
Nach der Jahrhundertwende führten eine abflauende Nachfrage und der verlustbringende Erwerb der Berliner Bank für elektrische Industrie dazu, dass die Helios AG schließlich zum Sanierungsfall wurde: Siemens und AEG stiegen 1904 in das Unternehmen ein, um ab dem Jahr 1905 jedoch die Liquidation des Unternehmens zu betreiben. Endgültig wurden die Pforten des Werkes mit dem Ende der Liquidation 1930 geschlossen.
Das Unternehmen mit seinen bis zu 2000 Arbeitnehmern hat alleine in Deutschland 23 Elektrizitätswerke und sechs Straßenbahnnetze aufgebaut. Es hatte maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Kraftwerkstechnik sowie auf die Elektrifizierung der öffentlichen Beleuchtung und der Verkehrstechnik.
Leuchtturm
Der heutige Leuchtturm ersetzte drei Jahre nach Inbetriebnahme der Fabrik eine erste, weniger repräsentative Test- und Vorführanlage für Leuchtfeuer. Sein 20 Meter hohes Sockelgebäude, erbaut im historistischen Stil, hat einen quadratischen Grundriss und wurde an die nordwestliche Ecke der großen Werkhalle gesetzt. Ursprünglich trug es eine große Aufschrift mit der Firmenbezeichnung „Helios Elektricitäts Akt. Ges.“. Auf ihm steht der eigentliche Turm aus rotem Backstein. Er ist rund gebaut und verjüngt sich nach oben. Der Schaft trägt eine auf Konsolen auskragende Plattform, auf der sich bis zum Zweiten Weltkrieg ein Versuchsleuchtfeuer befand. 1996 wurde das Lampenhaus mit einer ans Original angelehnten Eisen/Glaskonstruktion wiederhergestellt und mit einer blendfreien Dauerbeleuchtung, jedoch ohne jede Optik, ausgerüstet. Eine eiserne Spitze dient als Blitzableiter. In der heutigen Straßenführung steht der Turm an der Heliosstraße, die das ehemalige Helios-Gelände nach Nordwesten begrenzt. Der Turm steht seit dem Jahr 1986 unter Denkmalschutz.
Man kann davon ausgehen, dass der Ehrenfelder Leuchtturm über seine technische Funktion hinaus auch als Blickfang und Wahrzeichen der Helios AG konzipiert wurde. Der Bau und die Ausrüstung von Leuchttürmen und -feuern war ein Betriebszweig der Helios AG. Mit ihrer Technik wurden unter anderem die Leuchtfeuer Roter Sand, Borkum, Kampen und Wangerooge realisiert. Auch die komplette Seesignaltechnik des Nord-Ostsee-Kanals, bestehend aus 20 Leuchtfeuern, stammte aus Köln-Ehrenfeld. Der Idee eines Wahrzeichens wird der Turm heute noch gerecht – die Ehrenfelder erinnert er eindrucksvoll an die Zeit des 19. Jahrhunderts, in welcher der damalige Vorort von großen Industriebetrieben geprägt wurde.
Eine Funktion für die Binnenschifffahrt auf dem sechs Kilometer entfernten Rhein, die dem Turm oft scherzhaft zugeschrieben wird, ist nicht nachweisbar.
Der Heliosturm ist der Öffentlichkeit nicht zugängig. Seit 2001 wird er von Amateurfunkern im Rahmen des Internationalen Leuchtturm- und Feuerschiff-Wochenendes einmal jährlich mit einer Antennenanlage ausgerüstet. Unter der internationalen Leuchtturmbezeichnung FED-107 ist der Turm dann mit über 300 teilnehmenden Leuchtfeuern auf der ganzen Welt verbunden. Im Januar 2008 zeigten die Kölner Künstler Till Nachtmann und Stefan Silies ihre Lichtinstallation "Gespinsterturm" im Lichthaus des Heliosturms.
Verwaltungsgebäude
Weitgehend im Originalzustand erhalten ist heute noch das Verwaltungsgebäude der Helios AG an der Venloer Straße 389. Das repräsentative Gebäude mit bogenverzierter Backsteinfassade lässt erahnen, dass hier einst internationale Geschäftspartner ein- und ausgingen. Auffallend ist besonders das Treppenhaus im klassizistischen Stil mit gusseisernen Treppenaufgängen und Geländern, die mit floralen Elementen verziert wurden. Das Treppenhaus bildet den Mittelpunkt des Gebäudes – alle Ebenen und Flügel zweigen von seinen umlaufenden Galerien ab. Es wird von einem Dach in Glas-Stahlkonstruktion überspannt, durch das Licht einfällt. Als Konzession an die heutige Zeit wurde in einer Ecke nachträglich ein gläserner Aufzug eingebaut. Das Verwaltungsgebäude besitzt neben dem Parterre dreieinhalb Stockwerke. Darin befanden sich die Abteilungen für den Bau von Elektrizitätswerken und Bahnen, Verbindungsbüros für auswärtige Filialen sowie die Kasse und Räume für die Direktion der Firma.
Äußerlich trägt das Gebäude bis heute die Schriftzüge Helioshaus sowie Cölner Industrie Werke. Diese GmbH hatte bereits 1907 das Eigentum am Fabrikgelände übernommen und vermietete es an verschiedene Firmen. In dem Gebäude sind heute zahlreiche Arztpraxen untergebracht, und es wird gelegentlich als Drehort für Film- und Fernsehproduktionen genutzt.
Werkhallen
Die erste Werkstatt der Helios AG umfasste 1882 nur wenige Gebäude, deren Längsseite später die Querfront der in den folgenden Jahren erbauten Fabrikhalle bildete. Sie war Geburtsort zahlreicher Weltneuheiten aus dem Bereich der Elektrotechnik. Diese ermöglichten zunächst die Versorgung des Werkes mit Licht und Antriebsenergie, so dass sie gleichzeitig als Versuchsaufbauten, Produktionsmittel und technologische Grundlage für die eigentlichen Erzeugnisse der Helios AG dienten. Eingesetzt und zum Teil selbst entwickelt wurden unter anderem:
- die weltweit ersten langsam laufenden Dynamo-Maschinen,
- die ersten Wechselstrom-Generatoren
- die ersten in Deutschland hergestellten Transformatoren,
- eine Entwicklungs- und Demonstrationsanlage für die Technik der Parallelschaltung bei Wechselstrombetrieb in Beleuchtungsanlagen.
Die Werkstatt verfügte außerdem über den ersten elektrischen Kran Europas. Er wurde mit einem Gleichstrommotor betrieben.
Die 1885 fertiggestellte große Montagehalle war mehrschiffig konstruiert. Das Hauptschiff unterteilte sich in zwei große Haupthallen. Es gab eigene Bereiche für die Montage von Großmaschinen, eine Blechbearbeitung, eine Ankerwickelei, eine Dreherei mit Bohrbank, eine Schreinerei, mechanische Werkstätten sowie eine eigene Kraftstation mit zwei großen Helios-Drehstrommaschinen von jeweils 250 PS Leistung. Eine werkseigene Gießerei ermöglichte es, kleinere Eisengussstücke sowie den gesamten Messing- und Rohgussbedarf selbst herzustellen. Oberhalb der Seitenschiffe befanden sich größere Räume für die Großserienfertigung von elektrischen Bau- und Apparateteilen, darunter auch eine eigene Werkstatt für die Montage von Schaltwänden.
Während und nach der Liquidation der Helios AG wurden Gebäudeteile an andere Firmen vermietet, so wurden beispielsweise Automobile und deren Motoren gebaut und repariert.
Rheinlandhalle
1911 übernahm der Automobil- und Flugpionier Arthur Delfosse die Helios-Werke mit dem Plan, dort Motoren sowie den Helios-Kleinwagen fertigen zu lassen. Doch 1927 musste seine Firma schließen. Der begeisterte Radsportfan beschloss daraufhin, die große Maschinenhalle in eine Veranstaltungshalle mit Radrennbahn umbauen zu lassen. Delfosse vermietete diese Rheinlandhalle für 120.000 Reichsmark an die Sporthallen-Betriebs GmbH. Mit dem Geld deckte er die Zinsen für eine Hypothek, die er zwecks des Umbaus aufgenommen hatte.
Ab 1928 war die Rheinlandhalle Austragungsstätte von Radrennen, zu denen auch Kölner Sechstagerennen gehörten. Der Kölner Radsportler Albert Richter feierte in der Rheinlandhalle große Erfolge. An den in NS-Haft unter ungeklärten Umständen verstorbenen Sportler erinnert heute eine Gedenktafel am Gebäude. Es gab hochklassige Boxkämpfe, etwa mit den Ringhelden Hein Müller, Hein Domgörgen oder Jupp Besselmann wie auch artistische Reitshows mit Cilly Feindt oder große Musikveranstaltungen. Wegen ihrer in Köln einmaligen Größe diente sie auch als Ort für Propaganda- und Wahlkampfveranstaltungen der NSDAP.
Am 10. Oktober 1928 wurde die Rheinlandhalle mit der Veranstaltung „Bunter Schnitt durch Kölns Sport“ eröffnet. Zum Gürtel hin standen damals imposante Eingangsgebäude, die heute nicht mehr existieren. Wenige Wochen später, am 2. November, folgte der Startschuss für das erste Kölner Sechstagerennen. Es gewannen die Kölner Lokalmatadoren Gottfried Hürtgen und Viktor Rausch, und Willi Ostermann textete: „Das war ein Spurt, das war ein Spürtchen, es lebe Rausch, es lebe Hürtgen!“ Weiterhin fanden dort wöchentliche Radrennen, Boxveranstaltungen, andere Sportveranstaltungen sowie Karnevalssitzungen statt. Die 166,66 Meter lange Radrennbahn selbst wurde von Clemens Schürmann erbaut.
Wegen der hohen Miete wechselten jedoch mehrfach die Pächter; einzig das Sechstage-Rennen warf Gewinn ab. Daher traf es die Pächter der Halle umso härter, dass die 1934 neue Regeln für Sechstagerennen in Kraft traten, wonach das Interesse daran zum Erliegen kam. Kurz nach der Machtergreifung wurde der Name der Rheinlandhalle in „Adolf-Hitler-Halle“ geändert, diese Namensänderung im Herbst 33 allerdings wieder rückgängig gemacht wurde. Denkbar ist, dass die Nationalsozialisten eine Heimstatt für die Profi-Sportarten Boxen und Radsport als nicht würdig genug erachteten.
Im Krieg wurde die Rheinlandhalle schwer beschädigt, die Radrennbahn selbst ganz zerstört. Nach dem Kriege befand sich dort eine „Kraftwagenbetriebshalle“ der Deutschen Bundesbahn.
Im Jahre 1951 nutzte der Unternehmer Herbert Eklöh 2000 Quadratmeter der Rheinlandhalle zur Eröffnung des ersten Supermarktes in Köln. In dem Gebäudekomplex kamen danach Super- und Baumärkte sowie kleine Gewerbebetriebe unter. Inzwischen modernisiert und mit einem neuen Glasdach versehen, beherbergt sie heute zwei Möbelhäuser, einen Fahrradmarkt und ein Fitness-Center.
Rheinlandhalle und Heliosturm sind Bestandteil des Ehrenfelder Geschichtspfades. Als dessen Station 32 wurde an der Halle eine Tafel angebracht.
Literatur
- Andenken an einen Besuch beim Helios. Electricitäts-Aktiengesellschaft Köln-Ehrenfeld. Luhn, Barmen ca. 1901.
- Johannes Maubach: Auf den Spuren der alten Ehrenfelder Industrie. Flock-Druck, Köln 2005.
- Ernst Bouhs: Kölner Sporthalle: ein Bildband. Köln 1967.
Weblinks
- Informationen über das Kölner Leuchtfeuer
- Geschichte des Helioshauses
- Ausführliche Details über die Produktion im Helioswerk
- Artikel im Kölner Express
- Video über das Rätsel des Heliosturms
50.9516.914Koordinaten: 50° 57′ 4″ N, 6° 54′ 50″ O
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