- DBAG-Baureihe 405
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ICE 3 (Halbzug) Nummerierung: 403 x01–x37 (1. Bauserie),
403 x51–x63 (2. Bauserie),
406 x01–x13 (DB, mit Lücken);
406 x51–x54 (NS),
406 x80-x85 (DB, Umbau Frankreich-Verkehr)Anzahl: ICE 3: 50
ICE 3M: 11
ICE 3MF: 6Hersteller: Siemens/Bombardier Baujahr(e): seit 2000 Achsformel: Bo'Bo'+2'2'+Bo'Bo'+2'2' +2'2'+Bo'Bo'+2'2'+Bo'Bo' Spurweite: 1435 mm Länge über Kupplung: 200,84 m
Endwagen: 25.835 mm
24.775 mm[1]Höhe: 3890 mm[2] Breite: bis 2950 mm[2] Drehzapfenabstand: 17.375 mm[2] Radsatzfahrmasse: 16 t Höchstgeschwindigkeit: 330 km/h (Wechselstrom),
220 km/h (Gleichstrom)Dauerleistung: 8000 kW (Wechselstrom)
4300 kW (Gleichstrom, ICE 3M/3MF)[2]Anfahrzugkraft: 300 kN[2] Leistungskennziffer: 19,6 kW/t (ICE 3)
18,4 kW/t (ICE 3M)Stromsystem: 15 kV 16,7 Hz~ (ICE 3)
15 kV 16,7 Hz~ / 25 kV 50 Hz~ / 1,5 kV = / 3 kV = (ICE 3M)[3]Stromübertragung: Oberleitung,
2 Stromabnehmer (ICE 3)
6 Stromabnehmer (ICE 3M)Anzahl der Fahrmotoren: 16 Antrieb: achsreitendes Getriebe mit Bogenzahnkupplung zwischen Gestellmotor und Ritzelwelle Bremse: Motorbremsen, Wirbelstrombremsen, Scheibenbremsen Zugsicherung: Sifa, PZB90, LZB80 (ICE 3)
Sifa, PZB90, LZB80, ZUB121, Integra, Crocodile, TVM430, ATBL, Eurobalise (ICE 3M)Kupplungstyp: Scharfenberg Sitzplätze: 98/356 (ICE 3, 1. Bauserie: 1./2. Klasse)
98/362 (ICE 3, 2. Bauserie)Als ICE 3 werden verschiedene Baureihen von ICE-Hochgeschwindigkeitszügen der Deutschen Bahn bezeichnet. Mit einer zugelassenen Höchstgeschwindigkeit von 330 km/h sind sie die schnellsten Reisezüge in Deutschland. Im regulären Betrieb erreichen die Elektrotriebzüge in Deutschland bis zu 300 km/h[4] und in Frankreich 320 km/h.
Fünfzig von insgesamt 67 Einheiten verkehren als Einsystem-Variante als Baureihe 403 in Deutschland sowie zum Bahnhof Basel SBB. 17 Einheiten (darunter vier der Nederlandse Spoorwegen) sind mehrsystemfähig und verkehren als Baureihe 406 (auch: ICE 3M) nach Amsterdam und Brüssel. Sechs dieser Züge wurden 2007 als Baureihe 406F (auch: ICE 3MF) für grenzüberschreitenden Verkehr nach Frankreich umgerüstet.
Die 200 m langen Halbzüge werden aus acht Wagen gebildet und seit Juli 2000 im Reisezugbetrieb eingesetzt. Sie stellen einen Technologiesprung im ICE-Bereich dar und sind Träger zahlreicher technischer Innovationen. So sind sie unter anderem die ersten europäischen Hochgeschwindigkeits-Serienzüge mit Unterflurantrieb (ohne Triebköpfe), Wirbelstrombremsen und einer „Lounge“, aus der Reisende dem Lokführer „über die Schulter“ schauen können. Die Ende 2008 beauftragten und 2011/2012 zur Auslieferung vorgesehenen Velaro-D-Triebzüge sollen ebenfalls den ICE 3, als Baureihe 407, zugeordnet werden.
In der frühen Planungsphase, bis etwa Mitte des Jahres 1996, wurden die Züge als ICE 2.2 bezeichnet.[5][6][7] Innerbetrieblich tragen sie die Bezeichnung ICE W (W für Wirbelstrombremse). Eine in der frühen Planung vorgesehene Dreisystemvariante, die die Bezeichnung Baureihe 405 erhalten hätte, wurde nicht realisiert.[8]
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Bestellung
Die Bahn bestellte im Juli 1994, auf Grundlage eines 1993 abgeschlossenen Vertrags, insgesamt 50 der neuen, damals noch als ICE 2.2 bezeichneten, Hochgeschwindigkeitszüge. 13 Züge sollten im grenzüberschreitenden Verkehr einsetzbar sein. Die ersten vier Züge sollten dabei mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 1997 zwischen Frankfurt, Köln und Amsterdam zum Einsatz kommen.[9][10][11] Die Anschaffungskosten für die 37 ICE 3 und 13 ICE 3M beliefen sich auf 1,9 Milliarden DM (etwa eine Milliarde Euro).[12] Darüber hinaus bestand eine Option auf 50 weitere Triebzüge.[13]
Im September 1995 unterzeichneten die Niederländischen Staatsbahnen und Siemens eine Absichtserklärung über den Kauf von sechs ICE-Hochgeschwindigkeitszügen. Die Produktion der insgesamt 210 Millionen Euro teuren Züge sollte im Januar 1996 beginnen, die Züge Ende 1998 übergeben werden. Die Absichtserklärung enthielt darüber hinaus eine Option auf weitere Züge.[14] Bestellt und ausgeliefert wurden später vier Triebzüge.[7]
Die Einheiten wurden von einem Herstellerkonsortium unter der Federführung von Bombardier Transportation und Siemens Verkehrstechnik gebaut. Die Wagenkästen wurden dabei von Siemens-Duewag (heute: Siemens), Adtranz, Bombardier und Alstom gefertigt. Die elektrische Ausstattung übernahmen Siemens und Adtranz.[1] Der eigene Anteil von Siemens liegt bei etwa 20 bis 25 Prozent.[1][15] Darüber hinaus bestand eine Option auf 50 weitere achtteilige Fahrzeuge.[7]
Design
Das Design der Triebzüge ging aus den Ergebnissen eines Design-Wettbewerbs zum ICE T hervor, wobei die ICE-T-Entwürfe einfach an den ICE 3 anzupassen sein sollten.[16] Die Designbüros Pininfarina (bei Turin), Designworks (Los Angeles) und Neumeister (München) wurden von der Deutschen Bahn im Herbst 1994 eingeladen, binnen fünf Wochen einen Designentwurf vorzulegen. Die Deutsche Waggonbau AG[1] (Görlitz) sowie ein weiteres Designbüro beteiligten sich aus eigener Initiative an dem Verfahren. Neben einer präzisen Designstudie sollte dabei ein Innenraummodell im Maßstab 1:10 entwickelt werden.[17][18]
Dabei sollte für beide Fahrzeugserien ein einheitliches Design gefunden werden.[19] Die DB betonte in einem Briefing gegenüber den eingeladenen Designern im September 1994, die neuen Fahrzeuge sollten „den technischen Fortschritt und die Existenz einer neuen Fahrzeuggeneration sichtbar machen“.[16] Es sei „zwingend notwendig, den Fahrzeugen eine zukunftsweisende Gestalt zu geben. Sie müssen die heutigen nationalen und internationalen Standards übertreffen, denn der Einsatzschwerpunkt dieser Züge liegt im 3. Jahrtausend.“[18]
Die Designer erhielten, im Vergleich zu früheren ICE-Generationen, einen reduzierten Katalog von Rahmenvorgaben (damit weitgehend freie Hand für die Gestaltung), nachdem die DB erkannt hatte, dass sie sich im Wettbewerb der Verkehrsträger stärker an den Bedürfnissen der Kunden orientieren und ihre Alleinstellungsmerkmale ebenso im Design klarer herausarbeiten müsste. Ihre Entwürfe wurden, nach einer internen Beurteilung durch die DB und die Industrie, Anfang Dezember 1994 dem Vorstand der Deutschen Bahn zur Entscheidung vorgelegt.[16][20]
Den Zuschlag zur Gestaltung beider Triebzug-Baureihen erhielt 1994 ein Team um Alexander Neumeister. Lediglich der Führerstand, das Fahrgast-Informationssystem (Siemens Design & Messe, in Abstimmung mit Neumeister) und die Sitze (Designworks) wurden von anderen Unternehmen gestaltet.[21][22] Das Bordrestaurant wurde ursprünglich durch Siemens Design entworfen. Nachdem deren Vorschlag beim Vorstand der DB AG nicht akzeptiert wurde, entwickelte das Neumeister-Team in kurzer Zeit einen neuen Entwurf.[23]
Die Designkonzeption der Züge erfolgte parallel zu der des ICE T.[23] Das Innen- und Außendesign hebt sich deutlich von der Gestaltung der Anfang und Mitte der 1990er Jahre in Dienst gestellten ICE 1 und ICE 2 ab. Mit dem durchgehenden, verspiegelten Fensterband sowie der charakteristischen Lackierung (roter Streifen auf weißem Grund) blieben die maßgeblichen Designelemente der ICE-Familie jedoch erhalten.[24]
Im ersten Halbjahr 1995 wurde der Wettbewerbsentwurf weiter ausgearbeitet und verfeinert. Nach Fertigstellung der Grundrisse und Designelemente wurden zwei Zwei-Meter-Modelle der Außenform und eines Innenraum-Segments im Maßstab 1:20 erstellt und präsentiert. Im Anschluss folgte, über einen Zeitraum von drei Monaten, der Bau von mehreren Millionen DM teuren Modellen[7] in Originalgröße (Mock-ups). Die (nicht rollfähigen) 1:1-Modelle von einem End- und einem Restaurantwagen[1] wurden in einer Werkhalle von Siemens Nixdorf in Poing[7] gebaut und, zusammen mit dem Modell eines ICE T, im Dezember 1995 an einem Bahnsteig ausgestellt und dem Bahnvorstand präsentiert. Nach Klärung von mehr als einhundert Details, Wartungs- und Fertigungsfragen sowie Versuchen wurde die Detail- und Fertigungsplanung erstellt. Die Mock-ups standen fast ein Jahr in der Werkshalle bei München und wurden dabei unter anderem zu Kundenbefragungen genutzt.[1][16][17][18][22] Für technische Optimierungen entstanden Anfang 1996 darüber hinaus mehrere Modelle von dreieinhalb Wagen im Maßstab 1:20 und 1:10.[25]
Zu den realisierten, für ICE 3 und ICE T charakteristischen, Designelementen im Innenraum zählen u. a. gewölbte sandbestrahlte, halbtransparente, gläserne Gepäckablagen, zahlreiche Verkleidungen aus Buchenholz und die Verwendung von Chrom, Stein und Leder.[21][22]
Neumeisters Wettbewerbsentwurf sah darüber hinaus zahlreiche weitere Neuerungen im Innenraum vor, die nicht umgesetzt wurden. Dazu zählen beispielsweise weitgehend drehbare Sitze, ein alternatives Lounge-Konzept und eine Innenraumbeleuchtung auf Lichtleiter-Basis mit Farbstimmungswechseln zwischen Tag und Nacht. Darüber hinaus sollte das Bistro mit Hockern ausgestattet und vergrößert werden, das Restaurant mit 3x4+3x2 Sitzplätzen hingegen kleiner als in der später realisierten Serie ausgefallen. Ursprünglich war geplant, den Zug ausschließlich mit Großraumbereichen auszustatten; im Laufe der Designentwicklung wurden durch die DB der Einbau von Abteilen in der 1. Klasse gefordert.[21][26] Die Sitze des ICE 3 entsprechen, mit geringfügigen Änderungen, weitgehend denen des ICE 2.[23]
Das Design des ICE 3 wurde mit dem Bundespreis Produktdesign ausgezeichnet.[21] Ein Teil des Endwagen-Mockups ist heute im DB Museum Nürnberg ausgestellt.
Das Design des Zuges wurde mehrfach in Werbekampagnen der Deutschen Bahn verwendet. So erschien um 2000 eine Print-Anzeige, in der ein ICE-3-Zug in einem hellen, futuristisch wirkenden Bahnhof abgestellt ist, unterschrieben mit den Worten Die Zukunft des Automobils[27]. 2006 war der ICE 3 Motive einer Briefmarke.
Inbetriebnahme
Im Oktober 1998 erfolgten Rollversuche auf dem Rollprüfstand in München.[28] Ein Zug wurde auf der Eurailspeed Ende Oktober 1998 in Berlin ausgestellt.[29]
1999 lief die Inbetriebsetzung der Züge im Prüfcenter Wegberg-Wildenrath von Siemens an.[30] Die Präsentation des ersten ICE 3 fand am 9. Juli 1999 ebenfalls in Wildenrath statt.[31] Ab Anfang 2000 folgten Probefahrten erster Züge auf dem Netz der Deutschen Bahn.[32] Am 23. Mai 2000 wurde der erste ICE 3 im ICE-Werk Berlin-Rummelsburg der Fachpresse vorgestellt.[33] Vertreter der ICE-3-Arbeitsgemeinschaft übergaben symbolisch Bahnchef Hartmut Mehdorn einen großen Schlüssel für den ersten ICE 3 (Tz 303). Bei einer anschließenden Präsentationsfahrt für Journalisten nach Wolfsburg erreichte der Zug, mit Sondergenehmigung, eine Höchstgeschwindigkeit von 307 km/h.[13] Bei einer Testfahrt erreichte der Zug im Jahr 2000 eine Geschwindigkeit von 368 km/h und stellte damit einen neuen Weltrekord für in Serie gefertigte Schienenfahrzeuge auf. Der Rekord wurde im September 2006 durch den Velaro E mit 404 km/h überboten.[34] Im Rahmen einer Messfahrt erreichte ein ICE 3 am 3. September 2001 eine Höchstgeschwindigkeit von 363 km/h.[35]
Zum Fahrplanwechsel am 28. Mai 2000 standen rund ein Dutzend Triebzüge zur Verfügung[33]. Sie waren zunächst für 250 km/h auf Neubaustrecken, 200 km/h (auf LZB im Altnetz) bzw. 140 km/h (ohne LZB) zugelassen.[13] Ihren ersten Einsatz im Fahrgastbetrieb hatten die Triebzüge, zwischen dem 1. Juni und 31. Oktober 2000, als Expo-Express (EXE) zur Expo 2000[12]. Ein ICE 3M verkehrte von Amsterdam über Osnabrück nach Hannover.[36] Anfangs standen dabei acht ICE 3 und drei ICE 3M zur Verfügung[31]. Am 5. November 2000 startete der Betrieb auf der Linie München–Hamburg/Bremen (mit Flügelung in Hannover).[31] In den ersten Betriebsmonaten liefen die Züge ohne größere Störungen; aufgrund einer angenommenen Seitenwindempfindlichkeit war die Höchstgeschwindigkeit der Triebzüge auf vielen Strecken jedoch zunächst auf 200 km/h beschränkt[33].
Umbau der Inneneinrichtung (2002)
Ursprünglich bestanden die Züge aus vier Wagen der 2. und drei Wagen der 1. Klasse, die durch einen Speisewagen getrennt waren.[1] Anfang 2002 erfolgte in den Ausbesserungswerken Delitzsch und Hagen ein Umbau der Inneneinrichtung der Züge. Untersuchungen im Hinblick auf die bevorstehende Eröffnung der Schnellfahrstrecke Köln–Rhein/Main hätten ergeben, dass die Zahl der Sitzplätze in der 1. Klasse zu hoch, in der 2. Klasse dagegen zu niedrig bemessen gewesen sei.[1]
Dabei wurde der neben dem Speisewagen liegende Mittelwagen 26/36 der 1. Klasse zu einem Wagen der 2. Klasse umgebaut; die drei Abteile des Wagens blieben dabei erhalten – erstmals stehen damit in der 2. Klasse ebenfalls drei Abteile zur Verfügung. Im Rahmen der Umrüstung wurde der Sitzabstand (Großraum) dort von 971 auf 920 mm reduziert.[37] Darüber hinaus wurden in beiden Klassen ein Teil der Tische und Garderoben ausgebaut. Die Zahl der Sitzplätze konnte durch die Maßnahmen auf 441 (Baureihe 403) beziehungsweise 431 (Baureihe 406) gesteigert werden.[1] Dadurch wurde die Abstimmung der Sitzplätze auf die Fenster aufgegeben, wodurch manche Fensterplätze auf Höhe einer Außenwand liegen (so genannte Wandfensterplätze).
Im Kinderabteil entfielen Spielwand und Spielzeug-Motorrad; das Abteil wurde zum Multifunktionsabteil umdeklariert. Auf massive Kritik stieß die Entfernung des Restaurantbereiches, der durch Bistrotische und zwölf reguläre Fahrgastsitze der 2. Klasse ersetzt wurde. Im Rahmen eines neuen Gastronomiekonzeptes sollten dabei, ab Eröffnung der Schnellfahrstrecke Köln–Rhein/Main, statt des Restaurants ein verstärkter Am-Platz-Service angeboten werden.[1] Pläne, dieses Konzept nach Eröffnung der Strecke auf weitere ICE-Triebzüge auszuweiten, setzte die Deutsche Bahn nicht um.
Weiterer Betrieb
Ab Oktober 2001 erfolgte ein Testbetrieb (ohne Fahrgäste) auf der neuen Schnellfahrstrecke Köln–Rhein/Main, von Juli bis Dezember 2002 ein fahrplanmäßiger Pendelverkehr auf derselben Strecke. Zur Eröffnung der Schnellfahrstrecke befuhren zwei ICE-3-Vollzüge (jeweils in Doppeltraktion) die Strecke parallel (Triebzüge 328/331 und 307/302).[38] Auf der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke erreichten die Züge mit 300 km/h erstmals im Reisezugverkehr höhere Geschwindigkeiten als die, für bis zu 280 km/h zugelassenen, übrigen ICE-Triebzüge.
Mit Aufnahme des vollen Betriebsprogramms auf der Neubaustrecke wurden zum 15. Dezember 2002 die ICE-3-Züge von der Nord-Süd-Relation Hamburg/Bremen–München zurückgezogen.[31] Auf der neuen Strecke stellten sich zahlreiche technische Probleme ein, die zu Verspätungen und Zugausfällen führten. So mussten alle von Bombardier gelieferten Fahrmotoren überarbeitet werden (insgesamt jeder zweite), ebenso wie die Wirbelstrombremsen, die regelmäßig auf den Schienen aufschlugen – durch die somit abgelöste Isolierung konnte Wasser in die Spulen eindringen, das zu Kurzschlüssen führte. Nach Bahnangaben seien in den Diagnosesystemen der Züge täglich bis zu 700 Störungsmeldungen der beiden höchsten Kategorien aufgelaufen.[15] Im Sommer 2003 erwiesen sich die Klimaanlagen der Züge als zu schwach. Es kam zu zahlreichen Ausfällen überlasteter Klimaanlagen.[31] Durch Umbau an den Klimageräten wurden diese Probleme später beseitigt.
Am 21. Dezember 2004 fuhren der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder und Russlands Präsident Wladimir Putin in einem ICE 3 von Dortmund nach Düsseldorf. Anlass war die Bestellung von 60 Velaro RUS durch die Russische Staatsbahn.[39]
Ende 2005 wurden sieben ICE 3 als erste ICE-Züge für mobilen Internetzugang (so genanntes Mobility Net) ausgerüstet. Inzwischen (Stand: Juli 2008) verfügt die Mehrzahl der ICE 3 über diese Ausrüstung, über die auf einzelnen Strecken per WLAN auf das Internet zugegriffen werden kann.
Im Mai 2006 eröffnen zwei ICE-3-Züge in Doppeltraktion die Neubaustrecke Nürnberg–Ingolstadt mit einer Parallelfahrt.
Unfälle
- Am 1. April 2004 entgleiste Triebzug 321 (Krefeld) als ICE 600 bei Istein, die örtlich zulässige Höchstgeschwindigkeit betrug 80 km/h, nachdem er mit einem Traktor zusammengeprallt war, der zuvor auf die Gleise gestürzt war. Der Traktorfahrer, der sich noch aus dem herabstürzenden Traktor befreien konnte, wurde schwer verletzt. Im Zug wurden zwei Personen leicht verletzt.[40][41] Der Triebfahrzeugführer des ICE konnte noch kurz vor dem Zusammenprall eine Schnellbremsung einleiten, die den Zug nach rund 250 m zum Stehen brachte. Der entgegenkommende ICE 271 (ICE 1) streifte den verunglückten Zug und beschädigte eine Seitenscheibe des ICE 3, konnte die Fahrt jedoch fortsetzen.[42] Weitere Personen kamen nicht zu Schaden. Der Triebzug 321 wurde daraufhin aufgelöst und mehrere seiner Wagen auf andere Triebzüge verteilt. Später wurde er mit Wagen aus anderen Garnituren wieder zusammengesetzt.
- Am 16. Mai 2008 geriet ein Wagen eines ICE 3MF, der als ICE 9554 auf der LGV Est européenne fuhr, in der Nähe von Paris in Brand. Die rund 300 Fahrgäste mussten den Zug auf offener Strecke verlassen und erreichten Paris mit einer Verspätung von rund drei Stunden mit einem TGV-Ersatzzug. Die Strecke war in Folge des Brandes ab 16:40 Uhr für zwei Stunden gesperrt.[43][44] Als Ursache gilt ein Schaden an einem Fahrmotorlager[45]. Der betroffene Triebzug 4682 (Köln) ging erst Ende Dezember 2008 wieder in Betrieb.
- Am 8. Juli 2008, gegen 16 Uhr, prallte ICE 9555 auf der Fahrt von Paris nach Frankfurt, im Bereich des Haltepunktes Kennelgarten (bei Kaiserslautern) bei rund 100 km/h mit einem Baustellenfahrzeug zusammen, das sich im Schotter festgefahren hatte. Sechs Wagen des Triebzugs 4684 wurden beschädigt. Von den rund 400 Fahrgästen wurde niemand verletzt. Nach einer zweistündigen Streckensperrung konnte der beschädigte Zug aus eigener Kraft bis Kaiserslautern weiterfahren. Nach diesem Unfall wurde kurzzeitig überlegt, aus den Triebzügen 4682 und 4684 eine einsatzfähige Garnitur zusammenzusetzen.[45]
- Am 9.Juli 2008 entgleiste ein ICE 3 (Tz310 Wolfsburg), der als ICE 518 von München nach Dortmund unterwegs war, kurz nach 16 Uhr unmittelbar bei der Ausfahrt aus dem Kölner Hauptbahnhof vor der Hohenzollernbrücke. Als Ursache gilt eine gebrochene Radsatzwelle.[46] Der Zug wurde durch eine Notbremsung zum Stillstand gebracht nachdem der Radsatz über Schwellen rumpelte. Die Staatsanwaltschaft meldete, sie habe die Person gefunden, die die Notbremse betätigte. Sie ließ dabei offen, ob es sich um einen Bahnmitarbeiter oder einen Fahrgast handelt. Wichtig sei, was die Person zuvor beobachtet hätte.[47] Verletzt wurde bei dem Unfall niemand, die Fahrgäste konnten über Türen am Ende der beiden Zugteile auf den Bahnsteig zurückkehren.[48] Nach Angaben von Fahrgästen waren bereits vor Köln in einem Wagen Geräusche zu hören; nach Abfahrt in Köln sei einer der beiden Triebzüge zwischen zwei Wagen auseinander gerissen.[49]
Aufgrund von Gefahr im Verzug ordnete das Eisenbahn-Bundesamt am 10. Juli 2008 per Bescheid an, alle ICE-3-Züge nach Beendigung der Fahrt an diesem Tag außer Betrieb zu nehmen, bei denen die Ultraschall-Prüfung der Achsen mehr als 60.000 Kilometer zurücklag. Die regelmäßigen Intervalle für Ultraschalluntersuchungen der Radsatzwellen aus dem Werkstoff 34CrNiMo6 wurden ebenfalls durch EBA-Anordnung von 300.000 auf 60.000 km verkürzt.[50] Betroffen waren zunächst 61 von 67 Triebzügen. Dadurch fielen in den folgenden Tagen mehrere hundert Züge ganz oder in Teilabschnitten aus oder es wurden durch Ersatzzüge eingesetzt. Vatroslav Grubisic, ein Fachmann für die Bemessung von Fahrzeugteilen, hatte bereits vor dem Unfall unter Hinweis auf die Achsbrüche beim ICE TD vor der unzureichenden Auslegung der Radsatzwellen gewarnt.[51][52] Seine Betrachtungen zur Dimensionierung der Radsatzwellen sind jedoch in der Fachwelt umstritten.[53][54]
Die Bahn reduzierte die Achslast ab Anfang August 2008, indem sie die Wirbelstrombremse bei den ICE 3M im Mittelwagen 22/32 im deutschen Netz abschaltete. Im französischen Netz wurde wegen der Reservierungspflicht davon ausgegangen, dass nicht mehr Fahrgäste im Wagen sein würden, als Sitzplätze vorhanden sind. Seit Ende August sind die Wirbelstrombremsen in diesem Wagen (in allen Netzen) dauerhaft abgeschaltet. Anfang September wurden die Maßnahmen wieder aufgehoben.
Im Oktober 2008 setzte das Eisenbahn-Bundesamt die Prüfintervalle für die Achsen weiter herab, nachdem zuvor bei einer ähnlichen Achse eines ICE T ein 2-Millimeter-Riss entdeckt wurde.[55] In der Folge kam es bei den ICE 3 zu Umlaufeinschränkungen, die zum Ausfall von Zugteilen und ganzen Zügen führten.[56] Die nunmehr alle etwa 20 Tage notwendige Diagnose aller 32 Achsen eines ICE-3-Triebzuges nimmt mindestens 16 Stunden je Triebzug in Anspruch.[57] Nach Angaben von Siemens habe Alstom, wie für die Baureihen 411 und 415 des ICE T, alle Drehgestelle geliefert. Die Radsatzwellen seien von Lucchini (Brescia, Italien) produziert worden. Die Lieferung der Drehgestelle durch Alstom sei auf ausdrücklichen Wunsch der Deutschen Bahn erfolgt, da man auf deren langjährige und europaweite Erfahrung im Hochgeschwindigkeitsverkehr vertraut habe.[58]
Aufbau und Innenausstattung
Die 67 Triebzüge setzen sich einheitlich aus acht Wagen zusammen[1][59]:
- Angetriebener Endwagen der 1. Klasse mit Großraumbereich und Lounge (Wagen 28/38, Baureihe 403.0/406.0)
- Nicht angetriebener Mittelwagen der 1. Klasse mit Großraumbereich und drei Abteilen (Wagen 27/37, Baureihe 403.1/406.1)
- Angetriebener Mittelwagen der 2. Klasse mit Großraumbereich und drei Abteilen (Wagen 26/36, Baureihe 403.2/406.2) − bis 2002 Wagen der 1. Klasse. In den 13 Zügen, die 2005/2006 ausgeliefert wurden, ist der Wagen als durchgehender Großraumwagen ausgeführt.
- nicht angetriebener Speisewagen mit Sitzbereich, Galley, Bistro sowie Zugbegleiterabteil, Telefonzelle (später entfernt) und Personaltoilette (Wagen 25/35, Baureihe 403.3/406.3). Ehemals verfügten diese Züge über ein Restaurant mit 24 Sitzplätzen[2], das 2002 zum Bistro mit vier Stehtischen und 16 regulären Fahrgastsitzen umgebaut wurde.
- Nicht angetriebener Mittelwagen der 2. Klasse mit barrierefreiem WC (mit Wickeltisch), Kinderabteil und Großraumbereich (Wagen 24/34, Baureihe 403.8/406.8)
- Angetriebener Mittelwagen mit Großraumbereich der 2. Klasse (Wagen 23/33, Baureihe 403.7/406.7)
- Nicht angetriebener Mittelwagen mit Großraumbereich der 2. Klasse (Wagen 22/32, Baureihe 403.6/406.6)
- Angetriebener Endwagen mit Großraumbereich der 2. Klasse und Lounge (Wagen 21/31, Baureihe 403.5/406.5).
Verkehren die Züge mit einem Halbzug, tragen die Wagen die Nummern 21 bis 28. Verkehren zwei Halbzüge als Ganzzug gekuppelt, erhalten dessen Wagen die Nummern 31 bis 38.
Das Lichtraumprofil entspricht weitgehend dem Standard des Internationalen Eisenbahnverbandes UIC, die Fahrzeuge sind damit prinzipiell in Europa freizügig einsetzbar. Die Wagenlänge der Endwagen liegt bei 25.675 mm, die der Mittelwagen bei 24.775 mm.[2] Die Wagenkastenbreite liegt, mit maximal 2.950 mm, bis zu 23 mm über der Vorgabe des maßgebenden UIC-Merkblattes 505. Diese Maßüberschreitung wurde mit den benachbarten Bahnen vereinbart.[8] Die Großraumbereiche des Zuges sind bis zu 2,25 m hoch, die Vorräume 2,05 m[22].
Die ICE 3 der ersten Bauserie (auch: ICE 3M/MF) verfügten bei Auslieferung über einen Speisewagen (Ordnungsnummer 25/35) mit Bistro und Restaurant. Im Zuge der Einführung eines neuen Gastronomiekonzeptes, das eine verstärkte Bedienung am Platz vorsah, wurde der Restaurantbereich durch zwölf Sitzplätze sowie einen zusätzlichen Bistrobereich mit vier Stehtischen ersetzt. Die ICE-3-Züge der zweiten Bauserie wurden bereits mit dieser Ausstattung ausgeliefert.
Technik
Die ICE 3 stellt, neben dem parallel entwickelten ICE T, einen Technologiesprung im deutschen und europäischen Hochgeschwindigkeitsverkehr dar.
Verteilter Antrieb
Die wesentliche Neuerung der Züge, gegenüber den Vorgängerbaureihen ICE 1 (ab 1991) und ICE 2 (ab 1996), ist dabei der verteilte Antrieb. Fast die gesamte elektrische Ausrüstung (z. B. Fahrmotoren, Traktionsstromrichter und Transformatoren) ist unter dem Fahrgastraum angebracht und über die gesamte Länge des Zuges verteilt. Damit konnte auf Triebköpfe verzichtet werden. Jeweils vier der acht Wagen eines Halbzuges bilden dabei einen betrieblich nicht trennbaren Triebzug mit Fahrmotoren, Transformator und Stromrichtern.
Zwei mittig angeordneten, antriebslosen Mittelwagen folgt auf beiden Seiten des Triebzugs eine so genannte Traktionsgruppe aus drei Wagen. Diese drei Wagen bilden dabei elektrotechnisch eine Einheit. Jeweils in der Mitte der beiden Gruppen läuft ein nicht angetriebener Transformatorwagen (TR) mit Stromabnehmer und Transformator (5 MW Leistung je Wagen). Diesem folgen auf beiden Seiten Stromrichterwagen (SR) mit Stromrichtern und je zwei Triebdrehgestellen mit je vier zwei Fahrmotoren. Die beiden Endwagen des Zuges nehmen zusätzlich je einen Führerstand auf.[2][1] Die beiden Stromabnehmer des Einsystem-Zuges sind auf den beiden Transformatorwagen 2 und 7 angebracht. Im Mehrsystemzug sind die vier dazwischen gereihten Wagen ebenso mit jeweils einem Stromabnehmer ausgestattet.[59]
Die angetriebenen Wagen werden von jeweils vier 500 kW starken Motoren von 750 kg Masse angetrieben, welche bei rund 4.100 Umdrehungen pro Minute eine planmäßige Laufleistung von etwa 2,3 Millionen Kilometer (bis Austausch) erreichen.[60] Mit einer Antriebsleistung von 8 MW je Halbzug ergibt sich bei einem maximalen Dienstmasse von 420 Tonnen eine spezifische Leistung von 19 kW/t; diese liegt etwa doppelt so hoch wie die des ICE 1.[2] Der ICE 3 kann damit im Planbetrieb größere Steigungen bewältigen als seine Vorgängerbaureihen. Er ist gegenwärtig (Stand: Jahresfahrplan 2008) der einzige personenbefördernde Zug, der die mit bis zu 40 Promille trassierte Schnellfahrstrecke Köln–Rhein/Main planmäßig befahren darf und verkehrt daher fast ausschließlich auf Linien, die über diese Strecke geführt werden.
Durch die Aufteilung der Antriebsleistung auf viele Achsen reduziert sich die Haftwertbeanspruchung, durch die gleichmäßigere Verteilung des Gewichts sank die maximale Achslast auf 17 Tonnen. Beide Maßnahmen ermöglichen eine höhere Beschleunigung.[32] Durch die Vielzahl der angetriebenen Achsen sind die Fahrzeuge darüber hinaus weniger anfällig gegen das Durchrutschen einzelner Achsen. Durch das verringerte Gewicht sollte nicht zuletzt die Beanspruchung des Oberbaus minimiert werden. Der Vorteil der Unterflurtechnik ist in der besseren Lärmdämmung der unter dem Fahrgastraum liegenden Aggregate durch Lärmschutzwände zu sehen. Als Nachteil gilt hingegen die fehlende Möglichkeit, die Triebzüge zu trennen[1] sowie die höhere Seitenwindanfälligkeit[61]. Berechnungen in der Frühphase der Entwicklung hatten ergeben, dass bei einem Antrieb der Hälfte der Achsen ein Optimum aus Kraft auf der Schiene, Zahl der Motoren, Gewicht und zurückgewinnbarer Bremsenergie erreicht werden kann.[62] Dieses Konzept ermöglicht Fahrgästen an beiden Zugenden eine freie Sicht auf die Strecke. Von den Lounge-Plätzen kann man, nur durch eine Glasscheibe getrennt, dem Triebfahrzeugführer über die Schulter schauen. Gleichzeitig konnte die Sitzplatzzahl bei gleicher Zuglänge um etwa 15 Prozent erhöht werden.
Zur Erprobung des verteilten Antriebs wurde Ende der 1990er Jahre ein angetriebener Mittelwagen in einen als ICE D verkehrenden, regulären ICE eingereiht und der neue Versuchszug ICE S beschafft.[3]
Weitere Besonderheiten
Der ICE 3 ist der erste europäische Serienzug, der mit einer Wirbelstrombremse ausgerüstet ist. Als Betriebsbremse kommt das System auf den Neubaustrecken Köln–Rhein/Main und Nürnberg–Ingolstadt zum Einsatz, für den Einsatz bei Schnellbremsungen wurden darüber hinaus weitere Strecken ertüchtigt.[12] Die maximale Leistungsaufnahme der Wirbelstrombremsen je Halbzug liegt bei rund 800 kW. Je zwei Magnete von 1290 mm Länge an jedem Laufdrehgestell erzeugen je Halbzug eine Bremskraft von bis zu 200 kN.[2]
Der ICE 3 ist darüber hinaus der erste Hochgeschwindigkeitszug in Europa, der über integrierte „Knautschzonen“ verfügt. Im Fall einer Kollisionen nehmen die Kupplung und, in einer weiteren Stufe, gezielt verformbare Elemente am Wagenübergang die entstehende kinetische Energie auf.[32][1][2] Ein dreistufiges System von zylindrischen Energieabsorbern vor dem Führerraum leitet die Aufprallenergie durch kontrollierte Stauchungen ab.
Übrige Technik
Die Drehgestelle unter den Wagen (Typ SGP 500) sind eine Weiterentwicklung aus dem ICE 2. Angetriebene und nicht angetriebene Drehgestelle sind dabei gleich aufgebaut und unterscheiden sich nur durch die an ihnen angebrachten Fahrmotoren (an angetriebenen Achsen) beziehungsweise Wirbelstrombremsen (nicht angetriebene Achsen). Alle Radsätze tragen jeweils zwei (Baureihe 403) beziehungsweise drei (Baureihe 406) Bremsscheiben.[1]
Die selbsttätigen Scharfenbergkupplungen verbinden Hauptluftleitung und Hauptluftbehälterleitung sowie Steuerungs- und Informationsleitungen. Zwei ICE-3-Halbzüge können zu einem Vollzug gekuppelt werden. Die Kupplung eines ICE 3 mit ICE T und ICE TD ist ebenfalls möglich.[1][2] In Zukunft ist auch die Möglichkeit vorgesehen, einen gekuppelten Zugverband mit dem ab 2012 in Betrieb gehenden Velaro D zu bilden.
Die fremdbelüfteten Fahrmotoren und die Wirbelstrombremsen werden über einen gemeinsamen Gleichstrom-Zwischenkreis versorgt. Die Motoren übertragen ihr Drehmoment über eine Bogenzahnkupplung auf die Radsatzgetriebe; der Anbau von Koppeldämpfern ist vorbereitet. Die beiden Transformatorwagen sind über eine Hochspannungs-Dachleitung miteinander verbunden, sodass mit nur einem angehobenen Stromabnehmer gefahren werden kann.[2] Umrichter im Transformatorwagen von 2×250 kVA Leistung speisen die Zugsammelschiene mit einer Gleichspannung von 670 V. Fallen beide Umrichter in einer Hälfte des Zuges aus, werden die Sammelschienen zwischen benachbarten Traktionseinheiten durchgekuppelt. Wagenbeleuchtung, Tür- und Bremssteuerung, das Fahrgastinformationssystem sowie Antriebs- und Zugsteuergeräte werden aus einer 110-V-Batteriesammelschiene versorgt. Ein Batterieladegerät wandelt 670 Volt auf 110 Volt, versorgt die Sammelschiene und lädt gleichzeitig die Batterien.[2]
Die Bremssysteme des Zuges werden über einem Bremssteuerrechner gesteuert. Der Großteil der Betriebsbremsleistung wird dabei durch Motorbremsen erbracht, abschnittsweise unterstützt durch Wirbelstrombremsen; die maximale Bremsleistung der 16 Motoren liegt bei insgesamt 8,2 Megawatt.[12] Lediglich im niedrigen Geschwindigkeitsbereich oder bei starken Betriebs- beziehungsweise Schnellbremsungen kommen die Scheibenbremsen zum Einsatz. Triebfahrzeugführer können darüber hinaus die Scheibenbremsen bei Bedarf zuschalten. Der Bremsweg bei einer Schnellbremsung aus 300 km/h wird mit 2800, der aus 330 km/h mit 3300 Metern angegeben.[1]
Das Leitsystem der Züge baut auf dem Train Communication Network auf, das von der International Electronical Commission 1995 als Normentwurf vorgelegt wurde. Die Bussysteme sind redundant ausgeführt. Als übergeordnetes System übernehmen zwei Zentrale Steuergeräte (ZSGs) in den beiden Endwagen die Steuerung und Überwachung der beiden Traktionseinheiten. Diagnosemeldungen werden von diesen Geräten erfasst und dem Zugpersonal zugeleitet.[2] Dieses ZSG vereinigt die vormals getrennt voneinander realisierten Funktionen von AFB, Zentraler Weg- und Geschwindigkeitserfassung (ZWG), Sicherheitsfahrschaltung (Sifa), Diagnosesystem (DAVID) und der Zentraleinheit für Überwachung und Steuerung (ZEUS) in sich.[1]
Das Fahrgastinformationssystem wird aus einer Zentrale im Zugbegleiterabteil gesteuert. Zur Kommunikation wurde eine zugweite Lautsprecheranlage, schnurlose Telefone sowie Notsprechstellen (bei Ausfall der Zentrale) für das Zugbegleitpersonal eingerichtet. Zur optischen Kommunikationen stehen Anzeigen an allen Einstiegsbereichen (innen und außen) sowie LED-Anzeigen im Deckenbereich an beiden Enden der Großraumbereiche jedes Wagens zur Verfügung.[2] Während außen bei Halten der Zuglauf eingeblendet wird, wird innen zeitweilig die aktuelle Fahrgeschwindigkeit eingeblendet, an den Großanzeigen am Wagenende darüber hinaus zwei- bis dreizeilige Werbetexte. Ein elektronisches Reservierungssystem mit LED-Displays an jedem Platz informiert über Reservierungen. Zahlreiche weitere Ideen zum Fahrgastinformationssystem, beispielsweise Video-on-Demand, Fernsehempfang, die Anbindung eines Geldautomaten sowie der Verkauf von Fahrscheinen, Eintrittskarten und dergleichen, wurden nicht realisiert[8].
Die öffentliche Kommunikation, zu der ein Faxgerät im Zugbegleiterabteil gehörte, wurde anfangs über das C-Netz, später über GSM-Netze abgewickelt. In jedem Zug befinden sich Wagen mit Handyverstärkern (D- und E-Netze). Der Bereich der ersten Klasse ist mit Serviceruf-Tasten ausgestattet.[2] Die in der ersten Bauserie vorhandenen Terminals zur Fahrplaninformation wurden später wieder außer Betrieb genommen.
Eine Besonderheit der ICE-3-Klimaanlagen ist die Verwendung von Luft als Kältemittel. Die Anwendung des seit längerer Zeit in der Luftfahrt verwendeten Verfahrens wurde ab 1991 für Eisenbahn-Klimaanlagen untersucht. Nach der Entwicklung von Labormustern (ab 1992) wurden schließlich ICE 1-Wagen betriebserprobt. Im Januar 1996 fiel die Entscheidung, die ICE-3-Züge mit einer luftgestützten Klimaanlage auszustatten. Im Vergleich zur ICE 1-Klimaanlage mit Tetrafluorethan (R134a) als Kältemittel konnten rund 500 kg Gewicht pro Wagen eingespart werden.[2] Ebenfalls wird dadurch das Ozonabbaupotenzial (Ozonloch und das Treibhauspotenzial) des zur Familie der Fluorkohlenwasserstoffe zählenden R134a vermieden. Nach zahlreichen Ausfällen der Klimaanlagen im Sommer 2003 erwiesen sich die Wärmetauscher in Untersuchungen als zu klein, die Ansaug- und Ausblasöffnungen auf dem Dach als ungünstig angeordnet.[63] In der Folge wurden im Herbst 2003 stärkere Geräte eingebaut, die als markante eckige Kästen auf den Dächern an den Wagenenden erkennbar sind, während die ursprünglichen Klimaanlagen bündig mit dem Dach abschlossen. Bei der zweiten Bauserie wurden bereits ab Werk geänderte Klimaanlagen eingebaut, allerdings wurden deren Dachaufbauten aerodynamischer gestaltet.
Mit einem Wasserverbrauch pro Spülung von 0,4 Litern[64] (andere Quelle: 1,5 Liter[65]) gelten die Toiletten als umweltfreundlich. Spezielle Absorber reduzieren den Radschall um fünf bis acht Dezibel.[64] Der Zug besteht aus feuerhemmenden Materialien. Die Radsätze müssenen unter Vollbrand-Bedingungen wenigstens 15 Minuten lauffähig bleiben.[66]
Das Gewicht pro Sitzplatz (in der ursprünglichen Bestuhlung) wurde gegenüber dem ICE 2 um zehn Prozent vermindert.[32]
Die Trittstufen wurden für Bahnsteighöhen von 76 und 55 Zentimetern optimiert.[2]
Instandhaltung
Die Instandhaltung der Züge erfolgt in den Betriebswerken Frankfurt, München und Dortmund sowie in den kleineren Werken Köln und Basel; das Flottenmanagement der Züge ist in München beheimatet.[60] Die ICE 3M-Züge sind im Werk Frankfurt-Griesheim beheimatet. Nur dort können die Mehrsystemkomponenten des Zuges gewartet werden. Dazu können die vier Betriebsspannungen in die Oberleitung des Werkes einspeist werden.
Nach Angaben der Deutschen Bahn AG werden pro Jahr und Fahrzeug mehr als eine Million Euro für Instandhaltung aufgewendet.[67] Eine große Revision des Zuges, notwendig nach je 1,65 Millionen Kilometern (ursprünglich 1,4 Millionen) kostet rund 1,2 Millionen Euro.[68]
Varianten
ICE 3
Erste Bauserie
Die erste Serie von 50 Triebzügen für den Binnenverkehr ist seit dem Jahr 2000 als ICE 3 bei der Deutschen Bahn im planmäßigen Einsatz. Als Baureihe 403 tragen die Züge dieselbe Baureihen-Nummer wie die inzwischen außer Dienst gestellten Elektro-Triebwagen 403 der ehemaligen Deutschen Bundesbahn. Diese Triebzüge verkehren in Deutschland sowie bis zum Bahnhof Basel SBB in der Schweiz.
Die Züge verfügten bei Auslieferung über 141 Sitzplätze in drei Wagen der 1. Klasse sowie 250 Sitzplätze in vier Wagen der 2. Klasse.[2] Durch den 2002 erfolgten Umbau wurde die Zahl der Sitzplätze in der 2. Klasse gesteigert, die Zahl der Plätze in der 1. Klasse reduziert.
Zweite Bauserie
Im Jahr 2000 (andere Quelle: 2002[1]) bestellte die Bahn 13 Züge für den Binnenverkehr nach.[33]
Diese zweite Bauserie, heute als Triebzüge 351 bis 363 geführt[33], wurde zwischen November 2005 und Anfang 2006 ausgeliefert. Die Züge gleichen äußerlich den seit 2000 im Einsatz befindlichen Zügen. Im Detail wurden einige Änderungen vorgenommen, beispielsweise:
- Die dreieckigen Aufbauten der Klimaanlage an den Wagenenden wurden durch flachere und windschlüpfigere ersetzt.
- Der prägnanteste Unterschied im Inneren besteht im 2.-Klasse-Wagen zwischen dem 1.-Klasse-Bereich und dem BordBistro: Bei der ersten Bauserie handelt es sich hierbei um einen 1.-Klasse-Wagen mit Abteilen und Leselampen, der aber über Sitze der 2. Wagenklasse verfügt, während bei der zweiten Bauserie ein regulärer 2.-Klasse-Wagen ohne Abteile zum Einsatz kommt. Insgesamt führt das zu einer um sechs Plätze gesteigerten Sitzplatzkapazität in der 2. Klasse der zweiten Bauserie, während die Sitzplatzanzahl in der 1. Klasse unverändert ist.
- Die Sitzplatznummern an den Plätzen sind in der zweiten Bauserie in deutlich größeren Lettern geschrieben.
ICE 3M
Um die Netze ausländischer Bahnen befahren zu können, wurde der ICE 3M (Baureihe 406; „M“ für mehrsystemfähig) entwickelt. Mit vielfältigen Strom- und Zugbeeinflussungssystemen ausgestattet, kann der Zug in verschiedene europäische Länder verkehren. Unter Gleichstrom ist die zugelassene Höchstgeschwindigkeit auf 220 km/h herabgesetzt.[2] Die Triebzüge werden im Verkehr zwischen Deutschland, Belgien und den Niederlanden eingesetzt.
Die Deutsche Bahn verfügt über 13, die Niederländische Staatsbahn über vier Einheiten. Alle 17 Züge verkehren überwiegend im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen Deutschland, den Niederlanden (seit 23. Oktober 2000[31]) und Belgien (seit 15. Dezember 2002[69]). Nur selten kommt der ICE 3M im innerdeutschen Verkehr zum Einsatz. Ursprünglich waren von der DB zehn Viersystem- (Baureihe 406[8]) und drei Dreisystem-Züge (Baureihe 405[8]) bestellt worden. Diese Bestellung wurde später in 13 Viersystemzüge vereinheitlicht.[1]
Die Triebzüge 4651 bis 4654 gehören der Niederländischen Staatsbahn.[31] Ende 1995 erklärten die Niederländischen Staatsbahnen im Rahmen einer Absichtserklärung, sechs ICE-Züge zum Preis von insgesamt 210 Millionen D-Mark beschaffen zu wollen.[70] Es war der erste Auftrag für ein ICE-Fahrzeug aus dem Ausland.[71] Bestellt wurden letztlich vier Züge.
Die in Watergraafsmeer beheimateten Züge der Niederländischen Staatsbahn unterscheiden sich nur äußerlich von Mehrsystem-ICE 3 der Deutschen Bahn: Anstatt des DB-Logos tragen die Züge das Logo der NS an Bugklappe und entlang des Zierstreifens.[1] Der Speisewagen trägt statt der roten Aufschrift BordRestaurant beziehungsweise BordBistro den blauen Schriftzug Restaurant („Bord“ bedeutet auf Niederländisch „Teller“).[1] Die Triebzüge 4653 und 4654 sind für Belgien zugelassen, die Triebzüge 4651 und 4652 dürfen nur in Deutschland und den Niederlanden verkehren (Stand: Juli 2008).
Der Aufbau des ICE 3M gleicht äußerlich dem ICE 3. Den Wagen 28/38 und 27/27 (1. Klasse) folgt ein Wagen 26/36 (2. Klasse) und 25/35 (Bordrestaurant), dahinter die Wagen 24/34 bis 21/31 der 2. Klasse. Um die Mehrsystemkomponenten des ICE 3M im Fahrzeug unterzubringen, mussten einige Sitzplätze Schaltschränken im Passagierraum weichen. Daher verfügt der Zug über weniger Sitzplätze als die nationale Ausführung. Bei Auslieferung verfügten die Züge über 136 Sitzplätze in der 1. sowie 244 Sitzplätze in der 2. Klasse (fünf beziehungsweise sechs Plätze weniger als im ICE 3); das Restaurant umfasste 24 Sitzplätze.[2] Die Sitzplatzzahl wurde durch einen Umbau später verändert.
Das Fahrzeug ist mit sechs (2×3) Stromabnehmern ausgestattet und für folgende Netze geeignet:
- Wagen 2 und 7: Typ DSA380D (analog ICE 3) für DB/ÖBB (15 kV Wechselspannung) und NS (25 kV Wechselspannung)
- Wagen 3 und 6: Typ DSA350G für NS (1,5 kV Gleichspannung) und SNCB Bestandsnetz (3 kV Gleichspannung)
- Wagen 4 und 5: Typ DSA380F für SNCF (25 kV Wechselspannung), SBB (15 kV Wechselspannung), SNCB-Schnellfahrstrecken (25 kV Wechselspannung)
Die Mehrzahl der zusätzlichen Komponenten, beispielsweise Drosseln und Schaltelemente wurde in den Trafowagen eingebaut. Gleichstrom-Zwischenkreise und Pulswechselrichter werden wie unter Wechselstrom betrieben.[2]
In Belgien befahren die Züge seit Dezember 2004[72] die Neubaustrecke HSL 2. Aufgrund von Problemen mit Schotterflug und der Wirbelstrombremse liegt die zugelassene Höchstgeschwindigkeit der Züge mit 250 km/h jedoch unter der Streckenhöchstgeschwindigkeit von 300 km/h.
ICE 3MF
Als ICE 3MF (Baureihe 406; „MF“ für Mehrsystem Frankreich) verkehren seit 10. Juni 2007 sechs für den Frankreich-Verkehr umgebaute ICE 3M zwischen Frankfurt und Paris. Sie erreichen dabei auf der LGV Est eine Geschwindigkeit von 320 km/h, die höchste von einem ICE-Triebzug im planmäßigen Reisezugverkehr erreichte Geschwindigkeit.
Von 2001 bis 2007 wurde an der Zulassung des ICE 3M in Frankreich gearbeitet. Im Anschluss, ab Februar 2007, wurde der Triebzug 4605, der bereits für Test- und Zulassungsfahrten verwendet worden war, als erster Zug im Bahnbetriebswerk Krefeld-Oppum zum ICE 3MF umgebaut.[31] Aufgrund vieler Unterschiede in Technik und Philosophie zwischen dem deutschen und dem französischen Eisenbahnsystem gab es zahlreiche Probleme bei der Zulassung der Züge in Frankreich. Die Tests zogen sich über sechs Jahre beziehungsweise über 120.000 km Testfahrten hin.[73] Das 28 Millionen Euro teure[74] Zulassungsverfahren, davon über eine Million Euro Übersetzungskosten[73], wurde 2007 abgeschlossen, die letzte Testfahrt bei Hochgeschwindigkeit erfolgte am 8. März 2007.[75] Zwischen den ersten Studien und der Zulassung lagen damit 14 Jahre.[73] Am 31. Mai 2007 ist die Zulassung für den Verkehr des ICE3 MF auf ausgewählten 25-kV-Strecken in Frankreich von der französischen Zulassungsbehörde EPSF ausgesprochen worden.
Neues Nummernschema ICE 3MF
am Beispiel des Triebzugs 4680 (ehemals 4605)[76]Bezeichnung alt neu Endwagen 1 406 005 406 080 Trafowagen 2 406 105 406 180 Stromrichterwagen 3 406 205 406 280 Mittelwagen 4 406 305 406 380 Mittelwagen 5 406 805 406 880 Stromrichterwagen 6 406 705 406 780 Trafowagen 7 406 605 406 680 Endwagen 8 406 505 406 580 Der Umbau von sechs[74] bisher bei der Deutschen Bahn AG im Fahrgastbetrieb laufenden ICE 3M-Garnituren zum ICE 3MF wurde im Herbst 2007 abgeschlossen. Für den Einsatz auf dem Streckennetz in Frankreich wurden die Triebzüge 4605, 4606, 4608, 4609, 4612 und 4613 umgerüstet und anschließend in die Nummern 4680 bis 4685 umgezeichnet.[76]
Neben zahllosen Änderungen an der Fahrzeugtechnik wurden die Züge für den Frankreich-Verkehr unter anderem mit Knallkapseln, Warnleuchten, roten Flaggen und Fackeln zum Stoppen entgegenkommender Züge ausgerüstet, ein Abteil im Wagen 26 für das Anketten von Fahrgästen durch Polizisten.[77] Um die notwendige Technik unterzubringen, wurde die Sitzplatzzahl um sechs reduziert. Der erste umgebaute Zug wurde im Februar 2007 fertiggestellt.[74] Die Umrüstung erfolgte, zu Kosten von acht Millionen Euro pro Triebzug,[74] bei Bombardier in Hennigsdorf, die Inbetriebsetzung im Siemens-Prüfcenter Wegberg-Wildenrath. Mit der Umrüstung haben die Züge vorübergehend die Zulassung für das belgische Streckennetz verloren. Mit Ausnahme der Triebfahrzeuge 4684 und 4685 dürfen die ICE 3MF nicht mehr in die Niederlande verkehren (Stand: Juli 2008).
Zur Betriebsaufnahme am 10. Juni 2007 hatten sieben Triebfahrzeugführer der Deutschen Bahn die Fahrberechtigung für den Frankreich-Verkehr erworben.[78] In den ersten Betriebsmonaten überhitzten sich mitunter die Transformatoren der Züge, was zu einigen Zugausfällen führten, bis dieses Problem mit geänderte Isoliermaterialien gelöst wurde.[79]
Von den sechs ICE-3MF-Triebzügen werden vier für den regulären Betrieb benötigt. Nach dem Unfall bei Paris kam es dabei zu Engpässen. Ab Juni 2008 standen dabei an manchen Tagen nicht genügend ICE 3MF zur Verfügung, um alle fünf täglichen Zugpaare zwischen Frankfurt und Paris zu fahren. Deswegen übernahmen teilweise TGV-Züge den Verkehr zwischen Frankfurt und Paris, teilweise verkehrten zwischen Frankfurt und Saarbrücken, Homburg (Saar), St. Ingbert oder Forbach Ersatzzüge mit Anschluss an TGVs. Auch im Herbst und Winter 2008/2009 kam es zu zahlreichen Ausfällen; wieder fuhren TGV-Züge als Ersatz für nicht betriebsbereite ICE-Einheiten.
Im November 2006 schrieb die Deutsche Bahn die ETCS-Ausrüstung von zehn der 17 Einheiten im Amtsblatt der Europäischen Union aus. Im April 2008 wurde der Auftrag im Wert von 14 Millionen Euro vergeben. Eine Option zur Ausrüstung der restlichen Flotte ist vorgesehen. Ab Ende 2010 sollen die ICE 3MF ETCS-geführt die LGV Est befahren. Mit dem ETCS-System werden die Züge ebenso auf der belgischen HSL 3 Aachen–Lüttich verkehren können, wodurch sich die Fahrzeit zwischen Köln und Brüssel um etwa eine halbe Stunde reduzieren wird.[80][81]
Die Deutsche Bahn schrieb Anfang Oktober 2007 einen Rahmenvertrag über die Beschaffung von sieben bis 15 mehrsystemfähigen ICE-Zügen aus. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von wenigstens 320 km/h, einer Steigfähigkeit von mindestens 35 Promille und einer Zuglänge von 200 m je Halbzug entsprechen die Anforderungen der Ausschreibung weitgehend dem ICE 3 MF.[82] Diese Ausschreibung gewann Siemens im Dezember 2008 mit dem Velaro D, von dem 15 Exemplare ab 2011 zu liefern sind.[83]
Die Züge sind in Frankreich bislang nur für Einfachtraktion (Halbzug) zugelassen. Im Sommer 2009 soll das Zulassungsverfahren für den Verkehr in Doppeltraktion beginnen.[84]
Technische Umrüstung
In beiden Endwagen nehmen je zwei neue Geräteschränke die Ausrüstung für das Zugbeeinflussungssystem TVM und das Fahrtenregistriergerät ATESS auf. In der 1. Klasse wurden dazu zwei, in der 2. Klasse vier Sitzplätze entfernt. Die Ausrüstung für das im französischen Altnetz zum Einsatz kommende Zugbeeinflussungssystem KVB wurde in einem bestehenden Schrank (ATBL) eingebaut. Antennen und Balisen der französischen Zugbeeinflussung wurden unterflur angebracht. An den Trafowagen 2 und 7 wurden drei Mess-Radsätze für das ATESS eingerichtet. Ein neuer Elektronikschrank im Wagen 4 (Bistro) und ein neuer im Wagen 5 nehmen Sibas-Steuereinrichtungen für das Dachleitungs-Fehlererfassungsgerät (DFG) auf.[76] Dieses System dient der Erkennung von Fehlerströmen auf der Hochspannungsdachleitung im französischen Netz (bei gehobenem SNCF/SBB-Stromabnehmer). Überschreiten die Fehlerströme einen Grenzwert, wird die Dachleitung zwischen den beiden Zughälften (Trainsets) getrennt, der zugehörige Stromabnehmer gesenkt und gegen erneutes Anheben gesperrt. Für das System wurden zusätzliche Fehlerstrom- und Dachspannungs-Wandler nachgerüstet.[85] Im Zuge der Umrüstung mussten die Isolier- und Kühlmittel der Haupttransformatoren ausgetauscht werden[86].
Um Schäden durch Schotterflug bei hohen Geschwindigkeiten zu vermeiden, werden die Züge im Rahmen der Frankreich-Umrüstung aerodynamisch optimiert. An kritischen Stellen – im Bereich der Wagenübergänge, dem Übergang vom Drehgestell zur Wagenmitte sowie unterhalb der angetriebenen Drehgestelle – wurden dabei Luftleitbleche und Kunststoffabdeckungen nachgerüstet. Diese sollen kritische empfindliche Komponenten (Antrieb, Getriebe, Kabelpeitschen) schützen und tornado-ähnliche Luftdruck-Verwirbelungen Richtung Schotterbett vermeiden.[87]
Der Führerstand erfuhr im Zuge der Frankreich-Umrüstung ebenfalls zahlreiche Änderungen. Die Türen zu beiden Führerräumen wurden von innen mittels eines Knaufzylinders verriegelbar gemacht; im Notfall ist selbst bei verschlossener Tür ein Öffnen durch Betätigung der Türklinke möglich. Das Kofferzugfunkgerät für GSM-R wurde durch ein Gerät aus der Baureihe 403 (Typ MESA 23) ersetzt. Die neuen Systeme machten den Einbau von sieben neuen Störschaltern erforderlich.[87] Das Führerpult hat im Rahmen der Frankreich-Umrüstung ebenfalls zahlreiche Veränderungen erhalten. So leitet ein neuer, bei Betätigung einrastender Schlagschalter im linken Bereich des Pults bei Bedarf eine Schnellbremsung ein. Im linken oberen Bereich wurden Anzeige- und Bedieneinrichtungen für die Zugsicherungssysteme KVB und RSO eingerichtet. Anzeige- und Bedieneinrichtungen des französischen Zugbeeinflussungs-Systems TVM wurden mittig oberhalb des Führerpults installiert. Zwei CAB-Anzeigen zu je neun Leuchtfeldern geben die Informationen der beiden TVM-Rechnerkanäle wieder und sind in je drei dreiziffrige Blöcke unterteilt: Zulässige Höchstgeschwindigkeit (Vitesse limite), Ankündigungsgeschwindigkeit (Vitesse d’annonces) und Ausführungsgeschwindigkeit (Vitesse d’exécution). Im Regelbetrieb werden auf Kanal A, links der Mitte, die Führungsgrößen anzeigt, nur im Störungsfall der Leuchtelemente auf Kanal A erfolgt eine Anzeige auf dem mittig rechts dargestellten Kanal B. Weiter rechts werden weitere Informationen dargestellt, beispielsweise zu Phasentrennstellen. Unterhalb dieser Anzeigen finden zusätzliche Bedien- und Prüfelemente der Zugsicherungssysteme Platz. Am rechten Rand des Führerpults, oberhalb der bisherigen Bedienelemente und Anzeigen der ATBL, wurden Prüfschalter der TVM sowie ein Leuchtdruckschalter für das Warnsignal SAL angebracht.
Die Leittechnik des Zuges sowie die Überwachung des Lokführers auf Dienstfähigkeit wurden ebenfalls um weitere Funktionen ergänzt. So setzt im französischen Netz ein sogenannter Sifa-Funknotruf 30 Sekunden nach Ansprechen der Sicherheitsfahrschaltung (Sifa) automatisch einen Notruf ab. Zeitgleich wird, ebenfalls durch den Lokführer manuell auslösbar, das Warnsignal SAL (Signal Alerte Lumineux) aktiviert; dabei blinken die unteren beiden Lampen des Dreilicht-Spitzensignals zyklisch, die obere Lampe leuchtet mit Ruhelicht. Das Verfahren bei möglicher Dienstunfähigkeit des Lokführers entspricht dem französischen Sifa-Pendant VACMA.[85]
Über die TVM-Zugbeeinflussung werden darüber hinaus bei Phasentrennstellen automatisch die Traktion abgeschaltet, die Stromabnehmer gesenkt und die Hauptschalter ausgelegt. Nach Durchfahrung der Trennstelle erfolgt die Reaktivierung ebenfalls durch die Sicherungstechnik. Den Zugsicherungs-Systemen werden darüber hinaus relevante Daten über die Konfiguration des Zuges und den Status wesentlicher technischer Systeme übergeben; umgekehrt werden dem zentralen Zugsteuergerät (ZSG) Statusinformationen und besondere Anforderungen an die Zugsteuerung (z. B. Phasentrennstellen) übermittelt.[85] Im französischen Netz erfolgt die Umschaltung zwischen analogem Zugbahnfunk und dem GSM-R-Digitalfunk durch einen neu eingebauten Balisenkoordinator ebenfalls automatisch.[87]
Der Wechsel des Stromabnehmers erfolgt in Frankreich automatisch bei einem Führerraumwechsel, wenn der Zug sich nicht bewegt und keine Leistung aufgeschaltet ist. Nur wenn der in Fahrtrichtung nachlaufende Stromabnehmer gehoben ist, kann die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 320 km/h gefahren werden. Liegt der in Fahrtrichtung führende Stromabnehmer an der Oberleitung an, wird die Höchstgeschwindigkeit des Zuges automatisch auf 300 km/h begrenzt. Aufgrund des geringen Abstands der auf den Wagen vier und fünf angebrachten Stromabnehmer ist eine Fahrt mit beiden gehobenen Stromabnehmern nicht möglich und gesperrt.[88]
Im Netz der SNCF stehen drei Oberstromklassen zur Verfügung (1,5 kV, 25 kV Altnetz, 25 kV Schnellfahrstrecke). In Abhängigkeit von Zugkonfiguration, des gewählten Stromsystems und der befahrenen Streckenklasse (Alt-/Neubaustrecke) wird eine Oberstrombegrenzung festgelegt. Sie liegt, im 25-kV-Netz, zwischen 160 und 450 A bei Einfachtraktion.[88]
Die Wirbelstrombremse darf in Frankreich nur auf der LGV Est eingesetzt werden und wird nicht auf das Bremsgewicht angerechnet. Sie steht nur im 25-kV-Stromsystem nach entsprechender Freigabe durch das Zugbeeinflussungssystem TVM für Betriebs- beziehungsweise Schnellbremsungen zur Verfügung.[88]
Technische Anpassungen erfolgten auch an den Türen.[76]
Namensgebung
Seit Ende Oktober 2002 werden ICE-Züge mit Namen von Städten versehen. Bisher waren dies folgende ICE-3-Züge:
- Tz301 – Freiburg im Breisgau
- Tz302 – Hansestadt Lübeck
- Tz303 – Dortmund
- Tz304 – München
- Tz305 – Baden-Baden
- Tz307 – Oberhausen
- Tz309 – Aalen
- Tz310 – Wolfsburg
- Tz311 – Wiesbaden
- Tz312 – Montabaur
- Tz313 – Treuchtlingen
- Tz314 – Bergisch Gladbach
- Tz315 – Singen (Hohentwiel)
- Tz316 – Siegburg
- Tz317 – Recklinghausen
- Tz318 – Münster (Westf.)
- Tz319 – Duisburg
- Tz321 – Krefeld
- Tz322 – Solingen
- Tz323 – Schaffhausen
- Tz324 – Fürth
- Tz325 – Ravensburg
- Tz326 – Neunkirchen
- Tz328 – Aachen
- Tz330 – Göttingen
- Tz331 – Westerland/Sylt
- Tz332 – Augsburg
- Tz334 – Offenburg
- Tz335 – Konstanz
- Tz336 – Ingolstadt
- Tz337 – Stuttgart
- Tz351 – Herford
- Tz358 – St. Ingbert
- Tz361 – Celle
- Tz4603 – Mannheim
- Tz4607 – Hannover
- Tz4610 – Frankfurt am Main
- Tz4611 – Düsseldorf
- Tz4651 – Amsterdam
- Tz4652 – Arnhem
- Tz4680 – Würzburg
- Tz4682 – Köln
- Tz4683 – Limburg an der Lahn
- Tz4684 – Forbach-Lorraine
- Tz4685 – Schwäbisch Hall
(Tzxxx = interne Triebzugnummer; außen über den Drehgestellen angeschrieben)
Literatur
- Lukas Gagel: Flaggschiff ohne Makel? Ein Jahr im Einsatz: ICE 3. In: LOK MAGAZIN. Nr. 238/Jahrgang 40/2001. GeraNova Zeitschriftenverlag GmbH München, ISSN 0458-1822, S. 13–21.
- Thomas Feldmann: Flughöhe Null, die zweite.. Die Baureihen 403 und 406. In: LOK MAGAZIN. Nr. 256/Jahrgang 42/2003. GeraNova Zeitschriftenverlag GmbH München, ISSN 0458-1822, S. 36–51.
- Wolfgang Bauchhenss: Empfindlich getroffen. Pannen bei der Baureihe 403/406. In: LOK MAGAZIN. Nr. 259/Jahrgang 42/2003. GeraNova Zeitschriftenverlag GmbH München, ISSN 0458-1822, S. 14–15.
- Thomas Feldmann: Baureihe 403/406. Im Führerstand. In: LOK MAGAZIN. Nr. 264/Jahrgang 42/2003. GeraNova Zeitschriftenverlag GmbH München, ISSN 0458-1822, S. 46–49.
- Michael Krische: ICE – InterCityExpress – ICE 1 · ICE 2 · ICE 3 · ICE TD · ICE T · ICE S, GeraNova Verlag, ISBN 3-7654-7110-0
- Christoph Müller: ICE 3: Nun auch in Frankreich. In: Der Eisenbahningenieur. Nr. 11, 2005, S. 82–84, ISSN 0013-2810
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v Dieter Eikhoff: Alles über den ICE. transpress-Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-613-71277-5, S. 41–52.
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w Heinz Kurz: ICE 3 und ICE T – Neue Triebwagengeneration für die Deutsche Bahn. In: Eisenbahntechnische Rundschau. 48, Nr. 9, 1999, S. 549–559.
- ↑ a b Ansgar Brockmeyer, Thomas Gerhard, Edzard Lübben, Manfred Reisner, Monika Bayrhof: High-speed trains: from power car to distributed traction. In: European Railway Review. Vol. 13, Nr. 3, 2007, ISSN 1351-1599, S. 67–79
- ↑ Auf der Schnellfahrstrecke Köln–Rhein/Main sind im LZB-Betrieb kurzzeitige Geschwindigkeitsüberschreitungen bis etwa 305 km/h möglich.
- ↑ Meldung Baubeginn: NBS Köln–Rhein/Main. In: Eisenbahntechnische Rundschau. 45, Nr. 1, 1996, S. 88.
- ↑ Meldung DB-Pläne für Züge der Zukunft: Neue ICE-Generationen mit noch mehr Komfort und Tempo. In: Eisenbahntechnische Rundschau. 45, Nr. 4, 1996, S. 221.
- ↑ a b c d e Die neuen Renner. In: ZUG, Nr. 11, 1996, ohne ISSN, S. 20–24.
- ↑ a b c d e Peter Lankes: Die dritte Generation: Der ICE2.2. In: Eisenbahn-Kurier, Nr. 278, November 1998, ISSN 0170-5288, S. 36–41.
- ↑ Bahn bestellt für drei Milliarden DM neue Züge. In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 196, 1996, ISSN 0174-4917, S. 23.
- ↑ Die Bahn will bald auf Tempo 330 beschleunigen. In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 296, 1994, ISSN 0174-4917, S. 28.
- ↑ Deutsche Bahn ordert 40 Triebwagenzüge. In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 189, 1994, ISSN 0174-4917, S. 22.
- ↑ a b c d Expo-Premiere für den ICE 3 in Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30. Mai 2000
- ↑ a b c Konrad Koschinski: Der ICE 3 rollt zur EXPO. In: Eisenbahn-Journal. Bd. 26, Nr. 7, 2000, ISSN 0720-051X, S. 26 f.
- ↑ Holland bestellt bei Siemens sechs ICE-Züge. In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 219, 1995, ISSN 0174-4917, S. 213.
- ↑ a b Weißer Zug, grüne Banane und Schwarzer Peter in Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. März 2003
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