Das Monster von Florenz

Das Monster von Florenz

Das Monster von Florenz (Mostro di Firenze) ist der von den italienischen Medien geprägte Begriff für einen oder mehrere Täter, die für eine spektakuläre Serie von acht Doppelmorden in der Provinz Florenz zwischen 1968 und 1985 verantwortlich sind. Die Opfer wurden in ihren Fahrzeugen erschossen oder erstochen und die weiblichen Opfer grausam verstümmelt. Die Taten zählen zu den aufsehenerregendsten der italienischen Kriminalgeschichte.

Als Hauptverdächtiger der Serienmorde galt Pietro Pacciani (* 7. Januar 1925; † 22. Februar 1998). Er wurde für schuldig befunden, jedoch nach einem Berufungsverfahren freigesprochen. Der Oberste Gerichtshof annullierte den umstrittenen Freispruch umgehend und forderte ein erneutes Verfahren, zu dem es jedoch wegen des Todes von Pacciani nicht mehr kam. Ob er Komplizen oder sogar Auftraggeber hatte, konnte bis heute nicht geklärt werden.

Inhaltsverzeichnis

Mordserie

  • Am Abend des 21. August 1968 werden die 32-jährige Barbara Locci und ihr 29-jähriger Liebhaber Antonio Lo Bianco in der Nähe von Lastra a Signa in ihrem weißen Alfa Romeo Giulietta erschossen. Den kleinen Sohn von Locci bringt der Doppelmörder zu einem nahe gelegenen Bauernhof, dessen Besitzer den Jungen entdeckt und die Polizei verständigt.
  • Am 14. September 1974 findet ein Passant die Körper der 18-jährigen Stefania Pettini und des 19-jährigen Pasquale Gentilcore in einem Fiat 127 in der Nähe von Borgo San Lorenzo. Beide sind erschossen worden. Der Körper von Pettini wies außerdem 96 Stichwunden auf, fast ausschließlich um Scham und Brüste.
  • Am 6. Juni 1981 findet ein Polizist die Leichen der erschossenen 21-jährigen Carmela De Nuccio und des 30-jährigen Giovanni Foggi in einem roten Fiat in der Nähe von Scandicci. Der Mörder schnitt Carmelas Scham heraus, „mit einem sehr scharfen Gegenstand und nahezu perfekt“, wie es ein Pathologe beschreibt.
  • Am 23. Oktober 1981 tötet der Mörder die 24-jährige Susanna Cambi und ihren 26-jährigen Freund Stefano Baldi in ihrem Volkswagen bei Calenzano. Sie wurden durch die Frontscheibe durch mehrere Schüsse getroffen und waren noch am Leben als der Täter mehrmals auf sie einstach. Auch Susannas Schambereich wurde verstümmelt.
  • Am 19. Juni 1982 werden der 22-jährige Paolo Mainardi und seine 20-jährige Freundin Antonella Migliorini in ihrem Auto bei Montespertoli erschossen.
  • Am 9. September 1983 erschießt der Täter die beiden Deutschen Wilhelm Horst Meyer (24) und Jens Uwe Rusch (24) in ihrem Volkswagen Samba Bus in Galluzzo.
  • Am 29. Juli 1984 werden die erschossenen und mit Stichwunden versehenen Körper des 21-jährigen Claudio Stefanacci und seiner 18-jährigen Freundin Pia Rontini in einem Fiat Panda in der Nähe von Vicchio im Mugello gefunden. Pias Schambereich war verstümmelt und ihre linke Brust abgetrennt worden.
  • Am 8. September 1985 schlägt der Täter zum letzten Mal zu: Bei San Casciano wird das französische Liebespaar Jean Michel Kraveichvili (25) und Nadine Mauriot (36) erschossen. Nadines Körper war zudem mit einem Messer verstümmelt worden.

Bei den Verbrechen wurde stets dieselbe Tatwaffe verwendet, nämlich eine Beretta Kaliber 22.

Aufklärung

Innerhalb der nächsten acht Jahre befragten die Ermittler mehr als 100.000 Personen, um einen Anhaltspunkt oder eine Spur zu bekommen. 1985 schickt der Täter Beweisstücke an Staatsanwälte und verhöhnt sie wegen ihrer Unfähigkeit. Innenminister Oscar Luigi Scalfaro setzte eine Belohnung von 500 Mio. Lire aus.

Anfang der 90er Jahre geriet der 68jährige Bauer Pietro Pacciani ins Blickfeld der Ermittler. Er hatte bereits 1951 einen durchreisenden Geschäftsmann niedergestochen und zu Tode getreten, um ihn anschließend zu berauben. Nachdem er 13 Jahre im Gefängnis verbracht hatte, heiratete er und gründete eine Familie. Zwischen 1987 und 1991 wurde er erneut inhaftiert, nachdem er seine Frau geschlagen und seine beiden kleinen Töchter sexuell belästigt hatte. Auch sollte er zu einer geheimen Gruppe gehören, der auch die Männer Mario Vanni, Giovanni Faggi und Giancarlo Lotti angehörten, um schwarze Messen abzuhalten und weibliche Körperteile zu opfern. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung fand die Polizei neben pornografischen Zeichnungen auch Zeitungsartikel über die Pärchenmorde sowie satanistische Objekte und eine passende Patronenhülse. 1992 denunzierten ihn verschiedene anonyme Schreiber.

Pietro Pacciani wurde am 17. Januar 1993 verhaftet und am 1. November 1994 in Florenz zu 14-mal lebenslanger Haft verurteilt. Er ging in Berufung und wurde am 13. Februar 1996 überraschend freigesprochen. Der Oberste Gerichtshof annullierte den Freispruch am 12. Dezember und ordnete eine neue Verhandlung an, zu der es jedoch nicht mehr kam, da Pietro Pacciano am 22. Februar 1998 tot in seiner Wohnung aufgefunden wurde. Er hatte durch Einnahme einer Überdosis Drogen Selbstmord begangen. Michele Giuttari, der 1995 die Leitung der Mordkommission von Florenz übernahm, behauptet bis heute, dass mehrfach wichtige Daten unterschlagen wurden und der Täter die Morde auf Befehl von Auftraggebern ausführte, die bis heute auf freiem Fuß seien.

Literatur

Sachbücher
  • Giuseppe Alessandri: La leggenda del vampa. La storia del mostro di Firenze. La Loggia di Firenze, Florenz 1995, ISBN 88-8105-052-8.
  • Alessandro Cecione: Il mostro di Firenze. Nutrimenti, Rom 2002, ISBN 88-88389-02-4.
  • Giuttari Michele: Das Monster von Florenz. Anatomie einer Ermittlung („Il mostro“). Ehrenwirth, Bergisch Gladbach 2007, ISBN 978-3-431-03713-5.
  • Douglas Preston, Mario Spezi: The Monster of Florence. Grand Central Publishers, New York 2008, ISBN 978-044-658119-6.
Belletristik
  • Laura Grimaldi: Das Monster von Florenz. Roman („Il sospetto“). Hoffmann & Campe, Hamburg 1994, ISBN 3-455-02488-2.
  • Magdalen Nabb: Das Ungeheuer von Florenz. Roman („The monster of Florence“). Diogenes Verlag, Zürich 2001, ISBN 3-257-23097-4.


Quellen


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