Die Freuden des jungen Werthers

Die Freuden des jungen Werthers

Freuden des jungen Werthers ist ein 1775 erschienenes Buch von Friedrich Nicolai.

Das Buch „Freuden des jungen Werthers“ ist – wie man vielleicht aus dem Titel annehmen könnte – keine Parodie und also auch kein Angriff auf „Die Leiden des jungen Werthers“ von Johann Wolfgang von Goethe. Es soll vielmehr ein Angriff auf die Art von Leser sein, die damit den Selbstmord gerechtfertigt sieht und damit schwärmt.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt und Handlung

Das Buch beginnt mit einem Gespräch zwischen Martin, einem Mann von zweiundvierzig Jahren, und Hanns, einem Jüngling von einundzwanzig Jahren. Hanns soll die Art von Leser darstellen, die in Werther den Selbstmord gerechtfertigt sieht, während Martin die Art sein soll, die das Geschehen richtig beurteilt und in diesem Buch den Selbstmord nicht gerechtfertigt sieht. Die beiden streiten lange über Werther, bis Martin endlich zu Hanns sagt: „Schau, Hanns, dazu hat, wenn ich's recht sehe, der Autor die ‹Leiden des jungen Werthers› nicht geschrieben, dir und deinesgleichen nicht.“, und damit noch einmal die Unsinnigkeit von Hanns' Gedanken betont. Hannes ist aber trotzdem der Meinung, Werther könne nicht anders handeln. Da beginnt Martin die Geschichte anders weiter zu erzählen – und das ist die Satire auf Leser, die „Die Leiden des jungen Werthers“ missverstehen.

Die Geschichte knüpft an dem Punkt an, als Werther Albert um die Pistolen bittet. Bevor er aber Werther die Pistolen gibt, redet er erst noch mal mit Lotte und sagt ihr, dass er der „wechselseitigen Liebe“ von ihr und Werther nicht entgegenstellen will, was Lotte zunächst jedoch nicht ernst nimmt. Anschließend gibt Albert Werther die Pistolen. Nachdem er die Nachricht von Werthers Selbstmord (bzw. den Versuch dazu) erhält, besucht Albert Werther auf dem „Sterbebett“ und sagt ihm, dass er Lotte abtreten wolle. Werther denkt, Albert wolle ihn nur kurz bevor er stirbt noch ärgern, aber Albert gesteht ihm, dass er, die Absicht hinter Werthers Bitte vorausahnend, die Pistole nur mit Hühnerblut geladen hatte; darauf steht Werther gleich voller Freude auf. Werther beginnt jetzt mit Lotte eine Beziehung und sie vermählen sich schließlich. Albert zieht sich erstmal von den Beiden zurück.

Hier beginnt dann ein neues Kapitel mit den Namen: „Leiden Werthers des Mannes“. Hier wird berichtet, dass Lotte ein Kind von Werther bekommt, dieses aber nicht selber säugen kann; deshalb stellen Werther und Lotte eine Amme an. Nach kurzer Zeit schon stirbt das Kind. Aber es kommt noch schlimmer: Werther muss arbeiten gehen und verbringt deshalb bald wenig Zeit mit Lotte. Weil Lotte in ihrer Einsamkeit die Gesellschaft von mehr romantisch veranlagten Männern (wie Werther es selbst mal war) gesucht hat, trennten sie sich. Albert kehrt von seiner Reise aus Wien zurück und versöhnt die Beiden wieder, indem er einzeln mit Lotte und Werther spricht und sie so ihre Gefühle zueinander wieder entdecken lässt.

Und damit beginnt das letzte Kapitel die „Freuden Werthers des Mannes“. Werther und Lotte führen für längere Zeit einen sehr sparsamen Haushalt, bis sie sich endlich ein Haus kaufen können. Doch dann zieht in die Nähe ein verrückter und reicher Nachbar, der im Bemühen, sich einen Lustgarten zu erbauen, das Landgut von Lotte und Werther überschwemmt. Ohne sich davon ärgern zu lassen, geht Werther zum Nachbarn und schlägt ihm vor, dass er ihm sein Haus verkaufen wolle. Der Nachbar nimmt dieses Angebot dankbar an, und Werther kann sich von dem Erlös sogar noch ein größeres Haus kaufen. Dort lebte er dann sehr glücklich mit Lotte.

Zuletzt erwähnt der Verfasser dieses Buches noch, was Werther gelernt hatte: „Erfahrung und kalte gelassne Überlegung, hat ihn gelehrt, ferner nicht das bisschen Übel, das das Schicksal ihm vorlegte, zu wiederkäuen, dagegen aber die Wonne, die Gott über ihn ausgoss, mit ganzem, innig dankbarem Herzen aufzunehmen.“ Und diese Worte sollte man auch bedenken, wenn man die Leiden des jungen Werthers liest.

Reaktionen

Die Reaktionen auf Nicolais Parodie waren zwiespältig. Viele, besonders aus den Reihen der Aufklärer, lobten diese Version, während aus den Reihen der Stürmer und Dränger viele die beißend satirische Darstellung der Protagonisten (die eine deutliche Anspielung auf dieses Genre sind) kritisierten.

Die wohl heftigste Reaktion kam aber vom Verfasser des Originals, Johann Wolfgang von Goethe, selbst. Aufs äußerste verärgert über diese Verunglimpfung seines Romans (obwohl er sich in späteren Jahren deutlich davon distanzierte), begann er einen aufs Heftigste geführten literarischen Feldzug gegen Nicolai, der zeit seines Lebens anhalten sollte. Neben einzelnen Streitgedichten verfasste Goethe weitere schriftliche Angriffe, die zum Teil sehr offensichtlich waren, in den Xenien und 'widmete' Nicolai sogar einen kleinen Auftritt in seinem Faust als „Proktophantasmist“ (als Anspielung darauf, daß Nicolai an Phantasmen litt).

Eines seiner beißensten Referenzen ist wohl das Gedicht Nicolai auf Werthers Grabe, erschienen etwa 1775:

Ein junger Mensch ich weiß nicht wie
Starb einst an der Hypochondrie
Und ward denn auch begraben.
Da kam ein schöner Geist herbei
Der hatte seinen Stuhlgang frei
Wie’s denn so manche Leute haben.
Der setzt notdürftig sich auf’s Grab,
Und legte da sein Häuflein ab.
Beschaute freundlich seinen Dreck,
Ging wohl eratme wieder weg,
Und sprach zu sich bedächtiglich:
„Der gute Mensch [er dauert mich]
Wie hat er sich verdorben!
Hätt er geschissen so wie ich,
Er wäre nicht gestorben!'' [1]

Literatur

  • Friedrich Nicolai: Freuden des jungen Werthers. Leiden und Freuden Werthers des Mannes. Voran und zuletzt ein Gespräch, Textausgabe mit Materialien, Klett, Stuttgart 1980, ISBN 3-12-353600-9

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