- Dispositionale Eigenschaft
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Als dispositionelle Eigenschaft (Dispositionsbegriff) bezeichnet man in der Ontologie und Wissenschaftstheorie die Fähigkeit oder Neigung einer Person oder Sache, unter bestimmten Umständen ein bestimmtes Verhalten zu zeigen.
Beispiele:
- „hilfsbereit“ bezeichnet die Eigenschaft eines Menschen, zu helfen, wenn andere in Schwierigkeiten sind,
- „wasserlöslich“, bezeichnet die Eigenschaft eines Dinges, sich aufzulösen, wenn es in Wasser getaucht wird
- „zerbrechlich“ bezeichnet die Eigenschaft eines Dinges zu zerbrechen, wenn es relativ geringer Krafteinwirkung ausgesetzt ist.
Ob eine Person oder Sache eine dispositionelle Eigenschaft besitzt, zeigt sich erst, indem sie sich manifestiert.[1] Zu jedem Dispositionsbegriff (z. B. „zerbrechlich“) müssen also die definierenden Manifestationsgesetze (z. B. „wird durch geringe Krafteinwirkung zerstört“) angegeben werden.
Das Gegenteil von Dispositionseigenschaften sind manifeste Eigenschaften. Manifeste Eigenschaften zeigen sich nicht nur in bestimmten Situationen, sondern ständig. Beispiele sind „blau“ und „rund“. Der Unterschied ist aber insofern graduell, als auch manifeste Eigenschaften gewisse Standardsituationen voraussetzen, in denen sie in Erscheinung treten. So zeigt sich das Blaue eines Gegenstandes nur, wenn er von weißem Licht bestrahlt wird. Insofern kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass alle physikalischen Eigenschaften Dispositionen sind. Es bleibt aber der Unterschied, dass sich die Eigenschaft „blau“ direkt beobachten lässt, während man zum Feststellen der Wasserlöslichkeit gewisse zusätzliche Operationen ausführen muss. Hinzu kommt das Problem des Anthropozentrismus. Die Aussage „Wasser ist nass“ beschreibt nicht eine Eigenschaft des Wassers, sondern der menschlichen Haut. „‚Hart‘ ist, was der Haut Widerstand bietet, ihr weh tut. ‚Hart‘ gibt es nur, solange es Haut gibt.“[2]
Schwierigkeiten bei der Definition dispositionaler Eigenschaften
Insbesondere im logischen Empirismus wurde die Frage diskutiert, wie dispositionelle Eigenschaften anhand von manifesten (unmittelbar beobachtbaren) definiert werden können. Zunächst scheint eine Definition nach folgendem Schema naheliegend:
- x ist genau dann wasserlöslich wenn gilt: wenn x in Wasser getaucht wird, löst x sich auf.
Die Schwierigkeit hierbei ist, dass (nach der Bedeutungsfestlegung der „materialen Implikation“) eine Aussage „wenn A, dann B“ schon dann wahr ist, wenn A nicht gilt. Aus „x wird nicht in Wasser getaucht“ folgt also bereits „Wenn x in Wasser getaucht wird, löst x sich auf“. Daraus ergibt sich die unerwünschte Konsequenz, dass alles wasserlöslich ist, was bisher nicht in Wasser getaucht wurde.
Eine alternative Definition (in Form einer so genannten bedingten Definition) sieht folgendermaßen aus:
- Wenn x in Wasser getaucht wird, dann gilt: x ist genau dann wasserlöslich, wenn x sich auflöst.
Hier wird die Austauschbarkeit von Definiendum „x ist wasserlöslich“ und Definiens „x löst sich auf“ abhängig gemacht davon, dass x in Wasser getaucht wurde. Nach dieser Definition lässt sich jedoch über die Wasserlöslichkeit von x nichts sagen, solange x nicht in Wasser getaucht wurde, die Aussage „x ist wasserlöslich“ ist dann unentscheidbar. Auch dies hat jedoch unintuitive Konsequenzen: Hieraus folgt, dass wir von einem Stück Zucker, das nie in Wasser getaucht wurde, nicht sagen können, dass es wasserlöslich ist.
Der Intuition am nächsten kommt wahrscheinlich eine Definition mittels einer kontrafaktischen Implikation
- x ist genau dann wasserlöslich wenn gilt: wenn x in Wasser getaucht würde, würde x sich auflösen.
Eine kontrafaktische Implikation, also eine Aussage der Form „Wenn A der Fall wäre, wäre B der Fall“ hat jedoch für wissenschaftliche Zwecke den Nachteil der Vagheit, ihre Bedeutung ist (im Gegensatz zur materialen Implikation) nicht exakt festgelegt.
Literatur
- Gilbert Ryle: Der Begriff des Geistes. Stuttgart 1964
- Eike von Savigny: Analytische Philosophie. Freiburg/München 1970
Einzelnachweise
- ↑ N. Groeben, H. Westmeyer: Kriterien psychologischer Forschung. Juventa Verlag, München 1975.
- ↑ Ernst Alexander Rauter: Die neue Schule des Schreibens. Econ Verlag, Düsseldorf 1996.
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