Disseminierte intravasale Gerinnung

Disseminierte intravasale Gerinnung
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Klassifikation nach ICD-10
D65 Disseminierte intravasale Gerinnung [Defibrinationssyndrom]
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Eine disseminierte intravasale Koagulopathie (von lat.: disseminiert = "verstreut"; intravasal = "im Gefäß"; Koagulation = Gerinnung) oder DIC (als Abkürzung des englischen Begriffs Disseminated Intravascular Coagulation) ist ein erworbener lebensbedrohlicher Zustand, bei dem durch eine übermäßig stark ablaufende Blutgerinnung im Blutgefäßsystem Gerinnungsfaktoren verbraucht werden und dadurch schließlich eine Blutungsneigung resultiert.

Synonym verwendet werden die Begriffe Verbrauchskoagulopathie und Defibrinationssyndrom. Diese Begriffe beschreiben die Pathogenese des Krankheitsbilds nur unvollständig.[1]

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

Hauptartikel: Hämostase

Kommt es durch Verletzung von Blutgefäßen zu Blutungen, so wird, um den übermäßigen Austritt von Blut zu vermeiden, ein komplexes System, bestehend aus den Blutplättchen (Thrombozyten), der inneren Auskleidung des betroffenen Blutgefäßes (Gefäßendothel), dem Gewebe außerhalb des Gefäßes sowie im Blutplasma enthaltenen Gerinnungsfaktoren, aktiviert. Dieses bildet die Grundlage für die Wundheilung. Wichtig ist dass dieser Prozess auf den Ort der Verletzung beschränkt bleibt und nicht fälschlicherweise durch andere Ereignisse wie Entzündungen oder Infektionen ausgelöst wird.

Durch die Verletzung der Gefäßwand wird darunterliegendes Kollagen freigesetzt. An dieses lagern sich Thrombozyten an, die infolgedessen Stoffe freisetzen die einerseits weitere Thrombozyten anregen sich an die Verletzung anzulagern, und andererseits die so genannte Gerinnungskaskade auslösen. Infolgedessen entsteht ein fester Pfropfen aus Fibrin, der die Wunde verschließt.

Verläuft dieser Prozess unreguliert und im ganzen Körper, so kommt es zur Verbrauchskoagulopathie.

Ursachen und Auslöser

Die Verbrauchskoagulopathie ist keine eigenständige Erkrankung, sondern tritt als zusätzliche Komplikation bei einer Vielzahl unterschiedlicher Krankheitsbilder auf. Sie wird unterschieden in eine akute und eine chronische Form.

Ursachen der akuten Form sind Schock, ausgedehnte Verbrennungen und Polytraumatisierungen in Folge schwerer Unfälle. Weiterhin kann es als Komplikation bei der Geburt, ausgelöst durch septischen Abort, vorzeitige Plazentalösung, Fruchtwasserembolie, Präklampsie und Eklampsie auftreten. Weitere mögliche Ursachen sind Blutvergiftungen (durch gramnegative Keime, Rickettsiosen, Viruserkrankungen), hämolytische Syndrome, Organnekrosen (akute Pankreatitis, akute Lebernekrose) und Komplikationen chirurgischer Eingriffe, insbesondere an Lunge, Pankreas, Prostata, Leber und Herz.

Die chronische Form kann als Komplikation der Leberzirrhose, Herzvitien, metastasierende Karzinome, Hämoblastosen (insbesondere akute Leukämien) und angeborene Riesenhämatome (Kasabach-Merritt-Syndrom).

Pathophysiologie

Eingeleitet wird die Verbrauchskoagulopathie durch die gerinnungsfördernde Wirkung verschiedener Bestandteile der Gerinnungskaskade, welche durch einen abnormal hohen Spiegel körpereigener Botenstoffe wie Histamin, Serotonin und Adrenalin, durch die Freisetzung bakterieller Endotoxine oder direkt durch die Zerstörung von Blutplättchen in zu großer Menge vom Körper freigesetzt werden.

Im Bereich von Blutkapillaren, Venolen und Arteriolen kommt es in der Folge zur Ausbildung kleiner Blutgerinnsel (Mikrothromben), welche diese Blutgefäße verstopfen. Am stärksten gefährdet sind hiervon die stark durchbluteten Organe Lunge, Nieren und Herz, auch die Funktion von Leber und Nebennieren kann stark beeinträchtigt werden.

Die ungerichtete Gerinnung innerhalb der Gefäße führt zu einem Verbrauch von zur Blutgerinnung nötigen Blutbestandteilen (hier vor allem Mangel an Thrombozyten (Thrombozytopenie), Fibrinogen (Hypofibrinogenämie), Prothrombinkomplexen und den Gerinnungsfaktoren V, VIII und X). Als Konsequenz ist der Organismus nicht mehr in der Lage, beschädigte Blutgefäße eigenständig zu verschließen. Es kommt zu einer Blutungsneigung (hämorrhagische Diathese).

Frische Wunden verschließen sich nicht mehr. Es kommt zu verstärkten Nachblutungen nach operativen Eingriffen. Es treten spontan Blutungen auf, d.h. Blutungen ohne entsprechende Verletzung zum Beispiel in Haut und Schleimhäuten, Magen, Darm, Nieren und Gehirn.

Therapie und Prophylaxe

Um eine Verbrauchskoagulopathie zu verhindern ist es notwendig, bei entsprechend gefährdeten Patienten eine überschießende Gerinnung durch Heparin zu vermeiden. Ist der Kreislauf von

Blutung (oder sonstiger Auslöser) => Blutgerinnung => Verbrauch von Gerinnungsmaterial => Blutungsneigung => Blutung

erst einmal in Gang dann ist es schwer ihn zu unterbrechen. Der schnellstmögliche Ersatz von Thrombozyten und anderen Gerinnungsfaktoren (Frischplasma) kann evtl. noch den Prozess unterbrechen.

Einzelnachweise

  1. Dimitrios A. Tsakiris: Ursachen und Pathogenese der disseminierten intravasalen Gerinnung (DIC). Schweiz Med Forum 2004;4:1109–1112. Online-Version

Quellen

  1. Adam Brochert: Pathologie I von Fall zu Fall. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2005, S. 46ff
  2. Hans Peter Schuster: Diagnostik und Intensivtherapie bei Sepsis und Multiorganversagen. Springer Verlag 2006, S.70ff
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