Doppelschicht-Kondensator

Doppelschicht-Kondensator

Doppelschicht-Kondensatoren, auch elektrochemische Doppelschicht-Kondensatoren (engl. electrochemical double layer capacitor - EDLC) oder Superkondensatoren genannt, mit den Markennamen Goldcaps, Supercaps, BoostCaps oder Ultracaps, haben die größte Energiedichte aller Kondensatoren. Ihre hohe Kapazität basiert auf der Dissoziation von Ionen in einem flüssigen Elektrolyt, die ein Dielektrikum von wenigen Atomlagen bilden, und einer großen Elektrodenoberfläche. Es sind, wie Elektrolytkondensatoren, gepolte Bauelemente. Es handelt sich aber nicht um Elektrolytkondensatoren.

Doppelschicht-Kondensatoren aus der MC und BC Serie (bis 3000 Farad) von Maxwell Technologies

Inhaltsverzeichnis

Prinzip

EDLC bestehen aus zwei Elektroden, die mit einem Elektrolyten benetzt werden. Beim Anlegen einer Spannung, die kleiner ist als die Zersetzungsspannung des Elektrolyten (siehe Elektrolyse), sammeln sich an beiden Elektroden Ionen umgekehrter Polarität. Sie bilden eine Zone von unbeweglichen Ladungsträgern, deren Schichtdicke nur wenige Moleküllagen beträgt. Diesen Effekt hat Helmholtz bereits 1879 beschrieben.

Die Elektroden mit der Ladungsträgerschicht als Dielektrikum verhalten sich wie zwei Kondensatoren, die über den elektrisch leitenden Elektrolyten in Reihe geschaltet sind. Sie speichern die Energie im Gegensatz zu elektrochemischen Energiespeichern (Batterien und Akkus) elektrostatisch.

Die Kapazität eines Kondensators hängt nicht nur von der Schichtdicke der Isolationsschicht ab, sondern auch von der Größe der Oberfläche der Elektroden. Aktivkohle besitzt eine Oberfläche von bis zu 3000 m2/g, und Kohlenstoff-Aerogele (CRF) erreichen noch höhere Werte. Zusammen mit den nur wenige Nanometer dicken Grenzschichten erreichen EDLC Kapazitätsdichten von ca. 250 Farad pro Gramm und mehr.

Der Energieinhalt W des Kondensators mit der Kapazität C ergibt sich nach:

W=\frac{1}{2}C\cdot U_\text{Lade}^2

wobei ULade die Ladespannung ist. Dient der Doppelschicht-Kondensator als Energieversorgung, lässt sich bei konstanter Stromentnahme I die Versorgungszeit t durch folgende Gleichung berechnen:

t=\frac{C\cdot (U_\text{Lade}-U_\text{min}) }{I}

Umin ist die minimale Betriebsspannung. Wird ein Verbraucher mit konstanter Leistung P betrieben, berechnet sich die Betriebszeit nach:

t=\frac{1}{2 P} C\cdot(U_\text{Lade}^2-U_\text{min}^2).
RAGONE-Diagramm mit der Energiedichte über der Leistungsdichte für verschiedene Energiespeicher [1].

Entscheidendes Einsatzkriterium von Doppelschicht-Kondensatoren ist oft deren gegenüber Akkumulatoren sehr hohe spezifische Leistungsdichte (Watt/kg). Sie ist durch den Innenwiderstand bestimmt. Hohe Leistungsdichten ermöglichen Anwendungen zur Pufferung von Verbrauchern (Energiespeicher), die kurzzeitig einen hohen Strom benötigen oder abgeben (z. B.:Nutzbremsung).

(Aufladevorgang siehe auch Elektrische Kapazität#Zeitkonstante)

Aufbau

Als Elektrolyt dienen organische Lösungen aus speziellen Salzen (sog. quaternäre Salze) mit einer Dissoziationsspannung über 2,5 V oder wässerige Elektrolyte mit KOH oder Schwefelsäure (H2SO4) (Dissoziations-Spannung 1,2 V).

Ein ionendurchlässiger Separator verhindert, dass sich die Elektroden berühren, wenn EDLCs wie konventionelle Kondensatoren als Wickel hergestellt werden. Bei organischen Elektrolyten verwendet man Kunststoffe als Trenner, etwa Polypropylen (PP), bei den wässerigen Elektrolyten Glasfasern oder Keramik.

Die Kapazität handelsüblicher EDLCs liegt zur Zeit (2007) bei 1 bis 50 Farad bei einer Spannungsfestigkeit von 2,3…2,75 Volt. Kapazität und Betriebsspannung lassen sich durch Reihen- und Parallelschaltung mehrerer Zellen vergrößern; bei Reihenschaltung müssen Hilfsschaltungen dafür Sorge tragen, dass sich die Zellen gleichmäßig auf- und entladen.

Die Kondensatoren verschiedener Hersteller und Anwendungen unterscheiden sich insbesondere in Innenwiderstand, Kapazität und Maximalspannung. Exemplarisch sei hier die Spezifikation für die 5000-Farad-Zelle von Epcos genannt [2] (Nov.'07: Epcos hat inzwischen den Bereich „Doppelschicht-Kondensatoren“ eingestellt. Alternative Hersteller: Maxwell Technologies [3], NESSCAP/Korea und WIMA [4] als einzig verbliebender deutscher Hersteller.)

  • Energiedichte: 4,7 Wh/l bzw. 4,1 Wh/kg
  • max. Betriebsspannung 2,5 V
  • Innenwiderstand: (Equivalent Series Resistance (ESR)), der den Stromfluss begrenzt, 0,18…0,35 mΩ
  • Lebensdauer: 500.000 Ladezyklen oder 90.000 h
  • Abmessungen: Durchmesser: 90 mm, Länge mit Anschlüssen: 176 mm
  • Masse: 1,05 kg

Anwendung

Vergleich von Leistungs- und Energiedichte einiger Energiespeicher

Durch die Lebensdauer (in Ladezyklen) eignen sich Doppelschicht-Kondensatoren als Ersatz für Akkumulatoren, wenn eine hohe Zuverlässigkeit und ein häufiges Laden und Entladen gefordert wird. Das Einsatzgebiet reicht von der Bereitstellung kleinster Ströme für den Speicherinhalt von statischen Speichern (SRAM) in elektronischen Geräten bis zur Energiequelle für kleinere Elektrofahrzeuge wie Gabelstapler und ähnliche Transportmittel. Die Kondensatoren können im Vergleich zu Akkumulatoren deutlich schneller geladen werden und erhöhen somit die Verfügbarkeitszeit der Geräte. Ein weiterer Vorteil der Doppelschicht-Kondensatoren gegenüber vielen Akkumulatoren ist das sehr einfache Ladeverfahren, bei Anlegen einer konstanten Spannung ist kein Überladen und kaum Ladestromüberschreitung möglich.

Bei Anwendungen, in denen die hohe Energiedichte eines Akkumulators unverzichtbar ist, können die Doppelschichtkondensatoren zwar nicht als Ersatz verwendet werden, aber in Kombination mit Akkumulatoren lassen sich deutliche Gewichtseinsparungen und Verlängerung von Lebensdauern erreichen.

Hybridfahrzeuge sind aus diesem Grund bereits jetzt teilweise mit Doppelschichtkondensatoren ausgestattet, um die Akkus bzw. den Verbrennungsmotor zu puffern.

Bleiakkumulatoren als Starterbatterie zum Anlassen von Verbrennungsmotoren müssen eine sehr viel größere Energie enthalten, als zum mehrfachen Anlassen eines Motors eigentlich notwendig wäre. Grund dafür ist die Eigenschaft, dass der Innenwiderstand von Bleiakkumulatoren und somit der Strom, den sie maximal liefern können, stark von der Kapazität und dem Ladezustand abhängt. Es existiert daher immer eine bei der Entladung mit hohen Strömen nicht nutzbare Kapazität. Würden Doppelschicht-Kondensatoren zum Anlassen verwendet, könnten sie danach vom Akkumulator bzw. der Lichtmaschine mit einem niedrigeren Strom wieder geladen werden. Die Gesamtmasse würde sich reduzieren lassen, und dies würde daher bei flächendeckendem Einsatz zu einer deutlichen Energieersparnis führen.

In Stadtbahnnetzen werden teilweise Speicherstationen mit Doppelschicht-Kondensatoren eingesetzt, um eine Stromrückspeisung bei Nutzbremsung auch dann zu ermöglichen, wenn das Netz nicht aufnahmefähig ist.

Geschichte

Der erste Kondensator mit einer Doppelschicht an porösen Kohlenstoffelektroden wurde 1957 durch General Electric patentiert [5]. Während der genaue Mechanismus zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar war, wurde vermutet, dass die Energie in Poren der Kohlenstoffelektrode gespeichert wurde, welche eine „exceptionally high capacitance“ aufweisen. Wenig später, 1966, patentierte Standard Oil of Ohio, Cleveland (SOHIO), USA, ein Bauelement, welches Energie in einer Doppelschicht speicherte [6].

Aufgrund geringer Verkaufszahlen gab SOHIO 1971 das Produkt auf und lizenzierte die Technik an NEC, welche die Doppelschichtkondensatoren unter dem Namen „Supercapacitor“ erfolgreich vermarkteten. Panasonic brachte 1978 den „Gold capacitor“ („Gold Cap“), der nach dem gleichen Prinzip arbeitete, auf den Markt. Diesen Produkten gemeinsam war ein relativ hoher Innenwiderstand, der die Leistungsentnahme beschränkte, so dass sie nur als Pufferbatterie für SRAM zum Datenerhalt o. ä. eingesetzt wurden.

Der erste Doppelschicht-Kondensator mit niedrigem Innenwiderstand für Leistungsapplikationen wurde von PRI 1982 entwickelt und unter dem Namen „PRI Ultracapacitor“ am Markt etabliert. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Herstellern, von denen einige unten aufgeführt sind.

Neuere Entwicklungen

Forschungs- und Entwicklungsabteilungen arbeiten weiterhin intensiv an Verbesserungen. Das japanische Unternehmen Power Systems will angeblich bald einen Nanogate-Kondensator mit einer Energiedichte von 40 Wh/kg auf den Markt bringen. Die Energiedichte soll auf 60 Wh/kg steigerbar sein. Die hohen Energiedichten sollen durch noch größere Oberflächen eines neuen Materials erzielt werden. Der Schritt aus dem Laborstadium in die Massenproduktion scheint jedoch noch nicht gelungen.

Eine Arbeitsgruppe am Massachusetts Institute of Technology [7] möchte eine Energiedichte von über 60 Wh/kg mit vertikal angeordneten Kohlenstoff-Nanoröhrchen erreichen. Die Marktreife ist jedoch noch nicht erreicht.

Eine Energiedichte von 60 Wh/kg scheint jedoch realistisch. Wenn sie tatsächlich erreicht würde, hätte das große wirtschaftliche Potentiale.

Ein Mittelklasse-PKW benötigt ca. 10 bis 20 kWh elektrische Antriebsenergie pro 100 km Fahrt. Um 10 kWh in heute gängigen Doppelschicht-Kondensatoren (5 Wh/kg) zu speichern, bräuchte man noch eine Kondensatormasse von 2000 kg. Bei 60 Wh/kg spezifischem Speichervermögen wären dies für 10 kWh lediglich noch 166,6 kg. Die Energie des Autos könnte für 100 km Fahrt also vollständig aus dem Kondensator entnommen werden, und das Aufladen wäre im Vergleich zu einer Akkuladung in sehr kurzer Zeit möglich. Im Vergleich zu einer Tankfüllung würde das Laden jedoch noch immer recht lange dauern: selbst bei einem Ladedurchsatz von 10 kW würde das Aufladen 1-2 h an Zeit benötigen.

Das US-amerikanische Unternehmen EEStor Inc. (Austin/Texas) hält ein Patent für elektrische Energiespeicher-Einheiten mit 52 kWh Energieinhalt bei einer Masse von 152 kg, wollte noch 2007 die Produktion von 15-kWh-Einheiten mit einer Masse von weniger als 100 Pfund (45 kg) für den kanadischen Elektroautohersteller ZENN Motor Company aufnehmen, der Verkaufsstart wurde nun auf Mitte bis Ende 2008 verschoben. Bis Ende 2008 existierte jedoch noch kein funktionierendes Exemplar[8]. Da in unabhängigen Instituten (z. B. dem MIT) derzeit erst versucht wird, nur 60 Wh/kg zu erreichen, und da EEStor bisher noch keine funktionierenden Prototypen präsentieren konnte, werden die sensationellen Angaben EEStors derzeit stark angezweifelt.

Normung

Die Bedingungen für die Prüfungen und Messungen der elektrischen Parameter der Doppelschicht-Kondensatoren werden in der Fachgrundspezifikation DIN EN 62391-1 (Elektrische Doppelschichtkondensatoren zur Verwendung in Geräten der Elektronik) sowie in der Rahmenspezifikation DIN EN 62391-2 (Elektrische Doppelschichtkondensatoren für Leistungsanwendungen) festgelegt.

Fußnoten und Einzelhinweise

  1. http://www.maxwell.com
  2. 5000-Farad-Zelle von Epcos
  3. Ultra-Capsauf den Seiten von Maxwell Technologies
  4. SuperCaps technischer Artikel über WIMA SuperCaps
  5. H. I. Becker: Low voltage electrolytic capacitor, U.S.-Patent 2800616
  6. R.A. Rightmire, , “Electrical energy storage apparatus”, U.S. Patent 3288641
  7. Ultra-Caps auf den Seiten vom Massachusetts Institute of Technology
  8. [1]

Weblinks

  • Tyler Hamilton: Der Traum vom Akku-Dauerläufer. In: Technology Review. 2007 ([2] ; Stand: 2008-02-13).  (Deutsch)
  • Artikel über WIMA Supercaps (Deutsch)
  • Electrochemistry Encyclopedia: Electrochemical uses of carbon. ([3] ; Stand: 2008-02-13).  (Englisch)
  • Super Capacitors, Prof. J.G. Zhu (Englisch)
  • ECaSS Forum: What is an Electric Double Layer Capacitor?. ([4] ; Stand: 2008-02-13).  - sehr anschauliche Erklärung (Englisch)
  • Matthias Gräbner: In kleinere Löcher passt mehr hinein. In: Telepolis. 24. Juli 2006 ([5] ; Stand: 2008-02-13). 
  • Tyler Hamilton: EEStor: Der nächste Versuch. In: Technology Review. 6. Januar 2008 ([6] ; Stand: 2008-02-13). 

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