Dreikapitelstreit

Dreikapitelstreit

Beim Dreikapitelstreit ging es im 6. und 7. Jahrhundert um eine innerkirchliche Auseinandersetzung das Verhältnis zwischen der göttlichen und menschlichen Natur Jesu Christi betreffend.

Kaiser Justinian I. (527–565) schlug aus politischer Notwendigkeit und unter dem Einfluss der Kaiserin Theodora neuerlich einen den Monophysiten freundlichen Kurs ein. Im Versuch, auch die antichalkedonensischen Kirchengemeinschaften im oströmischen Reich in die christliche „Orthodoxie“ einzubinden, bemühte sich der Kaiser ab 532 um die Verurteilung der „Hauptverursacher“ der „nestorianischen Häresie“ aus der Zeit vor dem Konzil von Chalkedon (451). Die drei Theologen aus dem nestorianischen Lager waren Ibas von Edessa († 457), Theodoret von Kyrrhos († 466) und Theodor von Mopsuestia († 428) mit den von ihnen verfassten Schriften, u.a. dem Brief des Ibas von Edessa an den Perser Mari. Werke und Person des Theodor von Mopsuestia wurden von Kaiser Justinian im Dreikapiteldekret verurteilt. Unter den „drei Kapiteln“ versteht man Person und Werk der drei Theologen.

Der das Dreikapiteldekret zunächst ablehnende Papst Vigilius wurde nach Konstantinopel zitiert, wo er dem Beschluss des Zweiten konstantinopolischen Konzils von 553 (5. ökumenisches Konzil) zustimmen musste. Im Zuge der Verhandlungen über die drei Kapitel wurde Vigilius, nach seiner Flucht in die Konzilskirche von Chalkedon, gewaltsam zur Rückkehr nach Konstantinopel gezwungen. Dort angekommen brach Justinian sein Versprechen, Vigilius nicht mit den „Drei Kapiteln“ zu belästigen. Daraufhin wurde das 5. Ökumenische Konzil einberufen, um die Drei Kapitel abzuhandeln. Vigilius weigerte sich strikt am Konzil teilzunehmen, wenn nicht mehr Bischöfe aus dem Westen anwesend seien. Die Bischöfe kamen nicht, und das Konzil schloss sich der Verurteilung durch Justinian an. Erst als Vigilius diesem Beschluss beigepflichtet hatte, durfte er sich auf die Rückreise nach Rom begeben, wobei er in Syrakus verstarb.

Dieser Sinneswandel wurde dem Papst im Westen sehr übel genommen, es folgte ein 150 Jahre währendes Schisma, das Schisma von Aquileia. Viele Bischöfe aus Nord- und Mittelitalien wandten sich von Rom ab und den ab 568 einwandernden Langobarden zu. Grund hierfür war der schon erwähnte Gegensatz in Glaubensfragen zwischen Konstantinopel, mit Justinian I., Rom und den norditalischen Bischöfen. Jene stellten sich nämlich gegen die Verurteilung der Drei Kapitel. Erst am Ende des 7. Jahrhunderts wurde in Pavia eine Versöhnungssynode abgehalten, die das Schisma innerhalb der langobardischen Kirche und mit Rom auflöste.

Literatur

  • Jakob Speigl: Dreikapitelstreit, in: Lexikon des Mittelalters, Band 3, München 1999, Sp. 1381f.
  • Wolfgang Wassilios Klein (Hg.): Syrische Kirchenväter. Kohlhammer, Stuttgart 2004, ISBN 3-17-014449-9, S. 116.
  • Richard Price (Übers. & Komm.): The Acts of the Council of Constantinople of 553. With Related Texts on the Three Chapters Controversy. 2 Bände. Liverpool University Press, Liverpool 2009, ISBN 978-1-8463-1178-9.

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