- Orthodoxie
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Orthodoxie (gr. ὀρθός orthós ‚richtig‘, ‚geradlinig‘ und δόξα dóxa ‚Meinung‘, ‚Glaube‘, also „Rechtgläubigkeit“) bezeichnet allgemein eine Interpretation einer Lehre, die sich stark an die ursprüngliche Interpretation hält. Anhänger einer Orthodoxie sehen darin eine notwendige Selbstbehauptung des Denkens gegen Beliebigkeit und Willkür; die jeweiligen Kritiker wenden ein, dass eine orthodoxe Interpretation sich flexiblen Weiterentwicklungen und Anpassungen an veränderte religiöse, politische und kulturelle Verhältnisse verweigert.
Inhaltsverzeichnis
Orthodoxie im Christentum
Im Christentum ist „Orthodoxie“ ursprünglich der Begriff für das Festhalten an der trinitätstheologischen Entscheidung des 1. Konzils von Nicaea (325) („homooúsios tô patrí“ „mit dem Vater wesenseins“) in Abgrenzung von den Arianern. Sodann wird damit das Bekenntnis zum christologischen Dogma des Konzils von Chalkedon (451) bezeichnet. Erst in nachreformatorischer Zeit ist damit das Beharren auf bestimmten traditionellen Lehrmeinungen, Ideologien oder Handlungsweisen gemeint, im Gegensatz zu Erneuerungsbewegungen (Heterodoxie):
- in der Evangelischen Theologie eine theologiegeschichtliche Epoche; siehe lutherische Orthodoxie,
- bei den niederländischen Calvinisten eine strenge Glaubensrichtung, siehe Gereformeerde Kerken in Nederland,
- die katholische Lehre in Glaubens- und Sittenfragen, insofern sie als Maßstab der Rechtgläubigkeit (Orthodoxie) verstanden wird; siehe Magisterium
Da im Prinzip alle christlichen Kirchen der Ansicht sind, die „rechte Lehre“ zu vertreten, ist es nicht leicht, eine bestimmte Kirche als im etymologischen Sinne „orthodox“ zu bezeichnen. Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man darunter zwei große Gruppen von Kirchen:
- Orthodoxe Kirchen - die Kirchen byzantinischer Tradition, deren Ehrenoberhaupt der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel ist;
- Altorientalische Kirchen, also die orientalisch-orthodoxen Kirchen, die von der (byzantinischen) Reichskirche seit 451 nicht mehr als „rechtgläubig“ angesehen werden.
Orthodoxie im Judentum
Im Judentum ist Orthodoxie eine Richtung, die den Talmud und die jüdische Tradition für maßgeblich und verbindlich auch in der heutigen Zeit ansieht; siehe Orthodoxes Judentum.
Orthodoxie im Islam
Die Bezeichnung wird mehrheitlich für Muslime sunnitischer Richtung verwendet, die mit den vier islamischen Rechtsschulen (Madhhab) der Hanafiten, Hanbaliten, Malikiten und Schafiiten de jure die große Mehrheit der Gläubigen stellen. Sie wird auch als Abgrenzung zu Minderheitsrichtungen im Islam verwendet, also beispielsweise gegen den Sufismus, die Aleviten, die Ahmadiyya; seltener gegen die Schiiten, da diese den Koran ebenfalls gemäß obiger allgemeiner Definition buchstabengetreu interpretieren.
Weitere Bedeutungen
Weitere Bedeutungen umfassen:
- Orthodoxie. Eine Handreichung für die Ungläubigen, die Apologie von Gilbert Keith Chesterton
- in der Volkswirtschaftslehre: Stabilisierungsmaßnahmen, die keine einkommenspolitischen Maßnahmen enthalten
Siehe auch
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