Drosselbart

Drosselbart

König Drosselbart ist ein Märchen (Typ 900 nach Aarne und Thompson). Es ist in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm an Stelle 52 enthalten (KHM 52).

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Eine junge, schöne und stolze Königstochter soll auf Wunsch ihres Vaters heiraten, zu welchem Zweck er alle heiratsfähigen jungen Männer in einem Saal versammelt hat, wo sie ihrem Rang entsprechend - erst die Könige, dann die Herzöge, Grafen bis zu den Edelleuten hin - aufgestellt werden. Allerdings hat die widerspenstige Tochter keine Lust, einen der Anwesenden zum Mann zu nehmen, und so weist sie jeden Freier mit einem spöttischen Spruch ab. Am ärgsten trifft ihr Spott einen Königssohn, den sie auf Grund seines vorstehenden Kinns mit dem Spruch: "'Ei, der hat ein Kinn, wie die Drossel einen Schnabel" bedenkt, worauf dieser den Spottnamen "König Drosselbart" bekommt.

Der König ist ob des Verhaltens seiner Tochter erzürnt und verspricht, dass sie - da ihr keiner der Anwesenden gut genug war - nunmehr mit dem erstbesten Bettler, der vor sein Schloss kommt, verheiratet werden soll.

Wenige Tage später erscheint ein Spielmann vor dem König und bittet für sein Spiel um ein Almosen. Doch statt des Geldes lässt der König ihn mit der sich sträubenden Tochter verheiraten und weist danach seine Tochter - als Frau eines Bettelmannes - aus dem Schloss.

Der Spielmann und seine frisch angetraute Frau machen sich also auf den Heimweg. Unterwegs kommen sie durch einen großen Wald und die Königstochter erkundigt sich:

"Ach, wem gehört der schöne Wald?"

und erhält als Antwort:

"Der gehört dem König Drosselbart;
hättst du'n genommen, so wär er dein."

worauf sie entgegnet:

"Ich arme Jungfer zart, ach, hätt ich genommen den König Drosselbart!"

Dieser Spruch wiederholt sich bei einer grünen Wiese und einer großen Stadt.

Endlich erreichen sie die winzige Hütte des Spielmannes und die Königstochter erfährt auch, dass sie von nun an keine Diener mehr hat sondern die Haushaltsführung alleine übernehmen muss. Allerdings gelingt ihr weder das Feuermachen noch das Kochen, so dass der Spielmann sich selbst darum kümmern muss.

Als nun die wenigen Vorräte verbraucht sind, soll die Königstochter auch zum Lebensunterhalt beitragen. Zuerst soll sie Körbe flechten, aber die Weidenzweige verletzen ihre Hände. Als zweites soll sie Töpferwaren auf dem Markt verkaufen, auch wenn sie fürchtet, dass Leute aus dem Königreich ihres Vaters sie sehen und verspotten könnten. Anfänglich geht das Geschäft gut, weil viele Kunden ihr auf Grund ihrer Schönheit die Ware abnehmen und ihr manchmal auch nur das Geld geben, ohne die Ware zu wollen. Bei einem weiteren Marktaufenthalt jedoch, bei dem sie ihren Stand an der Ecke des Marktes aufgestellt hat, reitet ein betrunkener Husar durch ihren Stand und zerstört die Waren. Da ihr Mann befindet, dass sie zu keiner ordentlichen Arbeit zu gebrauchen sei, verdingt er sie als Küchenmagd im Schloss des Königs, wo sie auch freies Essen haben kann. So arbeitet sie denn als Küchenmagd und hat zwei Tontöpfe in ihre Schürze eingenäht, mit denen sie Essensreste nach Hause bringen kann, wovon die beiden sich mehr schlecht als recht ernähren.

Als eines Tages nun die Hochzeit des ältesten Königssohnes gefeiert werden soll, schleicht sie sich an den Eingang des Ballsaales, um zusehen zu können. Die Diener werfen ihr hin und wieder von den Essensresten etwas zu, was sie in ihren Tiegeln sammelt. Sie erkennt nun, dass ihr Stolz und ihr Hochmut ihr dieses Schicksal, unter dem sie leidet, bereitet haben, und bereut.

Als der Königssohn auf sie aufmerksam wird und mit ihr tanzen will, erkennt sie voller Schreck, dass es sich um den von ihr abgewiesenen und verspotteten König Drosselbart handelt. Sie will flüchten, aber der junge Mann zerrt sie in den Saal. Dabei reißt die Befestigung ihrer Tontiegel, der Inhalt ergießt sich über den Boden und die Leute lachen sie aus und verspotten sie. Sie will flüchten, doch wieder hält sie König Drosselbart zurück und sagt zu ihr:

"Fürchte dich nicht, ich und der Spielmann, der mit dir in dem elenden Häuschen gewohnt hat, sind eins: dir zuliebe habe ich mich so verstellt, und der Husar, der dir die Töpfe entzweigeritten hat, bin ich auch gewesen. Das alles ist geschehen, um deinen stolzen Sinn zu beugen und dich für deinen Hochmut zu strafen, womit du mich verspottet hast."

Sie entschuldigt sich, und die beiden heiraten dennoch.

Entstehungstheorie

Eines Abends soll Fürst Leopold I. (Anhalt-Dessau) die Dessauer Spittelstraße hinaufgeritten sein. Als er dabei an den Topfwarenhändlerinnen vorbeiritt, fragte er, wie denn das Geschäft gewesen sei. Die Topfhändlerinnen klagten und lamentierten. Daraufhin ritt der Fürst mitten in die Topfwaren hinein, so dass bald nur noch Scherben zu sehen waren. Die Marktfrauen schrien und heulten, doch je mehr sie das taten, umso ungestümer verhielt sich ihr Landesherr. Am Ende war kein einziges Stück mehr ganz. Als der Fürst alles zerritten hatte, forderte er die Marktweiber auf gleich mit aufs Schloss zu kommen und er bezahlte ihnen den angerichteten Schaden Heller bei Pfennig, so dass die Weiber doch noch einen guten Markt gemacht haben. Es ist überliefert, dass die Brüder Grimm von dieser Begebenheit gehört haben.[1]

Verfilmung

  • Nach den Motiven des Märchens entstand 1965 der gleichnamige DEFA-Märchenfilm. Regie führte Walter Beck, der auch zusammen mit Günter Kaltofen das Drehbuch schrieb.
  • Král Drozdia Brada (König Drosselbart), 1984, Deutschland/Tschechoslowakei, Regie: Miroslav Luther, mit Adriana Tarábková, Maria Schell u.a.
  • Gurimu Meisaku Gekijō, japanische Zeichentrickserie 1987, Folge 20: König Drosselbart
  • SimsalaGrimm, deutsche Zeichentrickserie 1999, Staffel 1, Folge 9: König Drosselbart
  • König Drosselbart – Der Schöne und das Biest, Komödie aus Die ProSieben Märchenstunde (Deutschland/Österreich, ab 2006)
  • König Drosselbart, Fernsehproduktion 2008, Regie: Sybille Tafel

Theaterbearbeitungen

Brüder-Grimm-Märchenfestspiele Hanau: König Drosselbart als Musical, Uraufführung 10. Mai 2008, Musik von Alexander S. Bermange, Buch und Liedtexte von Wolfgang Adenberg, Regie: Marc Urquhart.

Literatur

  • Wittmann, Ulla: Ich Narr vergaß die Zauberdinge. Märchen als Lebenshilfe für Erwachsene. Interlaken 1985. S. 153-157. (Ansata-Verlag; ISBN 3-7157-0075-0)

Quellen

  1. Dessau, Bauhausstadt im Gartenreich, Stadt Dessau - Amt für Kultur, Tourisumus und Sport, 2006, S. 14

Weblinks


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