EG-Richtlinie

EG-Richtlinie

Richtlinien, EG-Richtlinien, Direktiven (vom Engl. directive) oder (oft genutzt, aber rechtlich falsch) EU-Richtlinien werden die Rechtsetzungen der Europäischen Gemeinschaft genannt, die an die Mitgliedstaaten gerichtet sind und diese zur Verwirklichung bestimmter Ziele verpflichtet.

Die Wahl der Methode dafür bleibt dem einzelnen Mitgliedstaat überlassen, so dass er bei der Umsetzung der Richtlinie einen gewissen Spielraum hat. Wenn die Richtlinie allerdings die Einführung konkreter Berechtigungen oder Verpflichtungen verlangt, muss das nationalstaatliche Recht, das ihrer Umsetzung dient, entsprechend konkrete Berechtigungen oder Verpflichtungen begründen. Nach deutschem Recht ist deswegen zur Umsetzung in der Regel ein förmliches Gesetz oder eine Verordnung erforderlich. Im Gegensatz zu EG-Richtlinien sind EG-Verordnungen unmittelbar wirksam und verbindlich und müssen nicht durch nationale Rechtsakte umgesetzt werden.

Inhaltsverzeichnis

Rechtsgrundlage

Rechtsgrundlage für den Erlass von Richtlinien ist Artikel 249 des EG-Vertrages. Richtlinien sind daher nur im Bereich der Kompetenzen der Europäischen Gemeinschaft möglich (1. Säule der EU). Die Europäische Union (EU) als Gesamtgebilde erlässt keine Richtlinien, da sie nicht über die erforderlichen Kompetenzen in allen Bereichen verfügt. Die umgangssprachlich verwendete Bezeichnung „EU-Richtlinie“ ist deshalb falsch.

Die meisten Richtlinien müssen nach der aktuellen Fassung des EG-Vertrags zur Rechtsetzung das Mitentscheidungsverfahren durchlaufen.

Rechtswirkung

Umsetzung durch Mitgliedstaaten

Richtlinien setzen regelmäßig eine Frist, innerhalb deren sie in innerstaatliches Recht umgesetzt werden müssen. Mit der Umsetzung wird der Richtlinieninhalt Teil der nationalen Rechtsordnung und gilt somit für alle, die vom Umsetzungsakt (z. B. ein Gesetz) betroffen sind.

Unmittelbare Wirkung

Wird eine Richtlinie nicht fristgerecht oder nicht ordnungsgemäß umgesetzt, kann sie dennoch mitunter unmittelbar wirken und von Behörden angewendet werden. Dazu muss die Richtlinienbestimmung inhaltlich so genau und konkret gefasst sein, dass sie sich zu einer unmittelbaren Anwendung eignet und sie darf keine unmittelbare Verpflichtung für einen Einzelnen beinhalten. Daher ist eine unmittelbare Wirkung von Richtlinien unter Privaten (horizontale Direktwirkung) nicht möglich.

Erleidet ein Einzelner nach Ablauf der Umsetzungsfrist in Folge der fehlenden oder mangelhaften Umsetzung einen Nachteil, kann er unter Umständen den Mitgliedstaat im Wege der Staatshaftung wegen Schadensersatz in Anspruch nehmen. Aus der Nicht-Umsetzung der Richtlinie soll nach der Judikatur des EuGH − insbesondere nach den in der Francovich-Entscheidung vom 19. November 1991 (C-6/90 und C-9/90) formulierten Grundsätzen − dem Bürger kein Schaden erwachsen.

Vergleiche: Mangold-Entscheidung

Mittelbare Wirkung vor Umsetzung

Bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist haben aber Richtlinien insoweit Rechtswirkungen, als die nationalen Rechtsnormen im Wege einer "europarechtskonformen Auslegung" soweit möglich unter Beachtung der Vorgaben der Richtlinie zu interpretieren sind, um Kollisionen zwischen europarechtlichen Vorgaben und innerstaatlichem Recht zu vermeiden (vergleiche Kollisionsregeln).

Umsetzungen durch Verwaltungsvorschriften

Die Richtlinien müssen so in nationales Recht umgesetzt werden, dass etwaig hierdurch begründete Rechte für den Einzelnen erkennbar sind und er sie geltend machen kann. Der EuGH verneinte zu Recht, dass diese Anforderungen durch Umsetzung einer Richtlinie in der TA Luft erfüllt seien, obwohl diese eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift darstellt. Erforderlich seien vielmehr Rechtsnormen im materiellen Sinn.

Andererseits ist es zulässig, in deutschen Verordnungen auf eine EG-Richtlinie zu verweisen und deren Text in der Bundesrepublik für gültig zu erklären. Beispiel: Die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV), in der auf die RL 67/548/EWG verwiesen wird und bei der insbesondere die Stoffliste in Anhang I in der jeweils aktuellen Fassung für verbindlich erklärt wird, ohne dass es bei deren Änderung einer jeweiligen Anpassung der GefStoffV bedarf.

Beispiele erlassener Richtlinien

Hinweis: Den Volltext auf der offiziellen Website der EU erhält man, indem man auf dieser Seite die Richtliniennummer eingibt.

Rahmenrichtlinien

  • Haftung für fehlerhafte Produkte; 85/374/EWG anzuwenden seit 30. Juli 1988
  • Allgemeine Produktsicherheit, 2001/95/EG
  • Konformitätsbeurteilungsverfahren und CE-Kennzeichnung, 93/465/EWG
  • CE-Kennzeichnung - Novellierung, 93/68/EWG
  • Liste von Arbeitsplatz-Richtgrenzwerten; 2000/39/EG, anzuwenden seit 5. Juli 2000
  • Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG
  • Schutz geistigen Eigentums 2004/48/EG

Spezifische Richtlinien

Richtlinien nach dem Neuen Konzept

Das Neue Konzept sieht vor, dass die EG-Richtlinien für bestimmte Produkte grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen auf hohem Schutzniveau festlegen. Die technischen Details zur Konkretisierung dieser grundlegenden Anforderungen werden von den Europäischen Normungsorganisationen CEN, CENELEC bzw. ETSI in Form Europäischer Normen erarbeitet.

Ziel des Neuen Konzeptes ist und anderem:

  • Abbau technischer Handelshemmnisse durch die europaweite Harmonisierung technischer Normen
  • Entlastung des Staates (Nicht Beamte, sondern Fachexperten erarbeiten die Normen)
  • stets aktuelle Detailregelungen, da Normen turnusmäßig aktualisiert werden und dem Stand der Technik entsprechen sollen

Bisher sind 26 Europäische Richtlinien nach dem Neuen Konzept verabschiedet worden, die zu ihrer Ausfüllung Europäische Normen benötigen. 22 davon sehen die CE-Kennzeichnung vor, 4 davon sehen keine CE-Kennzeichnung vor.

Siehe auch

Weblinks

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