Ehegesundheitsgesetz

Ehegesundheitsgesetz

Inhaltsverzeichnis

Deutsches Recht

Rechtsgeschichte

Das (deutsche) Ehegesetz ist seit dem 1. Juli 1998 aufgehoben. Seine politische Geschichte ist aber nach wie vor von Bedeutung.

Gegenstände des Ehegesetzes waren ausschließlich das Recht der Eheschließung und der Ehescheidung sowie der sonstigen Eheaufhebung. Diese waren wie auch die anderen Bestimmungen des Eherechts (z.B. das eheliche Güterrecht) Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches seit dessen Inkrafttreten am 1. Januar 1900 gewesen.

Die seit 1933 regierenden Nationalsozialisten sahen im Eherecht einen wichtigen Hebel, ihre Ideen von „Rassereinheit“ und der „Überlegenheit der arischen Rasse“ durchzusetzen.

Das erste, bereits kaum 10 Monate nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verabschiedete Gesetz über Missbräuche bei Eheschließung und Adoption vom 23. November 1933 (RGBl. I. S. 979), fügte einen § 1325a in das BGB ein. Dieser betraf die Ehenichtigkeit bei Verdacht einer sog. Scheinehe (Führung des Familiennamens des Mannes durch die Frau, ohne dass eine Lebensgemeinschaft besteht). Das obige Gesetz war in seiner Sprache noch eher zurückhaltend. Das gesamte Ausmaß der nationalsozialistischen Rassenideologie wurde mit dem „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ vom 15. September 1935 (sog. Nürnberger Rassegesetz) deutlich.

Mit den so genannten Nürnberger Gesetzen (genauer: durch das Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 15. September 1935) wurden Eheschließungen zwischen „Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes“ verboten, ebenso wie außereheliche geschlechtliche Beziehungen, deren Definition später von Globke immer weiter ausgeweitet wurde. Das sog. „Ehegesundheitsgesetz“, genauer Gesetz zum Schutze der Erbgesundheit des deutschen Volkes vom 18. Oktober 1935 verlangte Ehetauglichkeitszeugnisse für Brautleute und schloss Menschen mit bestimmten Krankheiten von der Ehe aus. Beide stammten aus der Feder von Hans Globke, Staatssekretär unter Adenauer, und Wilhelm Stuckart, zuletzt Ruhebeamter der Bundesrepublik nach der Einstufung B3 als Ministerialrat.

1938 wurden anlässlich des so genannten „Anschlusses“ Österreichs die Bestimmungen über die Eheschließung aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch herausgelöst und durch das Gesetz zur Vereinheitlichung des Rechts der Eheschließung und Ehescheidung im Lande Österreich und im übrigen Reichsgebiet (vom 6. Juli 1938, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807) ersetzt.

Das Ehegesetz regelte das Eherecht neu und strich die entsprechenden Abschnitte des BGB. Neben Änderungen, die z.B. das generelle Eheschließungsverbot ohne elterliche Einwilligung betrafen und dieses begrenzten, wurde eine kinderlose Ehe allein durch diesen Tatbestand zu einer Fehlehe und konnte sofort geschieden werden. Als Scheidungsgrund reichte die Behauptung aus, die Ehefrau sei zeugungsunwillig oder -fähig, selbst wenn aus der Ehe bereits Kinder hervorgegangen waren und die Unfruchtbarkeit erst nach den Schwangerschaften aufgetreten war. Tatsächlich erhöhte sich die Scheidungsquote daraufhin. Allerdings waren im Ehegesetz, welches auch einige Reformvorschläge aus der Zeit der Weimarer Republik aufnahm, auch einige positive Aspekte zu nennen; den bisherigen Scheidungsgründen wurde ein Zerrüttungstatbestand hinzugefügt, die sog. „Heimtrennungsklage“ (§ 55 EheG 1938, später § 48 EheG 1946), die allerdings den Vorrang des Verschuldensprinzips bei der Ehescheidung nicht aufhob.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Ferntrauung ermöglicht; bei „unwürdigem Verhalten“ einer Kriegerwitwe konnte eine Totenscheidung eingeleitet werden.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges stand der Alliierte Kontrollrat vor der Aufgabe, dieses Unrecht zu beseitigen. Dabei wählte er nicht den Weg, den alten Zustand des Bürgerlichen Gesetzbuches wiederherzustellen, sondern erließ am 20. Februar 1946 ein eigenständiges Ehegesetz (Amtsblatt des Kontrollrates 1946, S. 77, 294; BGBl. III 404-1), welches das Ehegesetz 1938 unter Streichung typisch nationalsozialistischen Gedankenguts ersetzte. Es wurde aber nicht der Rechtszustand des alten BGB wieder hergestellt, der u.a. keine Eheschließung ohne Zustimmung der Eltern erlaubte.

Das Ehegesetz des Kontrollrats (Ehegesetz 1946) galt in allen vier Besatzungszonen, also auch in der sowjetischen. Neben der Beseitigung nationalsozialistischen Unrechts regelte das Ehegesetz auch zahlreiche Fragen, die infolge der Kriegsereignisse entstanden waren.

Nach Gründung der DDR wurde für deren Gebiet das Ehegesetz durch die Verordnung über Eheschließung und Eheauflösung vom 24. November 1955 (GBl-DDR I S. 849 f.) abgelöst und diese 1965 in das neu geschaffene Familiengesetzbuch (FGB) integriert.

Nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde das Ehegesetz vom bundesdeutschen Gesetzgeber mehrfach verändert, z.B. durch das Gleichberechtigungsgesetz vom 18. Juni 1957 u.a. mit § 1629 BGB (Gesetzliche Vertretung) und § 1631 BGB (Erziehungsrecht). Erst mit dem Ersten Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts (1. EheRG) vom 14. Juni 1976 wurde ein Teil der eherechtlichen Bestimmungen (Scheidungsrecht, Versorgungsausgleich) in das BGB zurückgeführt. Hierzu zählte die Nichtigkeit des § 1629, die die Vertretung des Kindes dem Vater zustand und die Mutter das Kind vertrat, soweit sie die elterliche Gewalt allein ausübte. Abgeschafft wurde auch der § 1628 BGB über das Entscheidungsrecht des Vaters. Konnten sich die Eltern nicht einigen, so entschied der Vater und hatte auf die Auffassung der Mutter Rücksicht zu nehmen. Diese Regelungen in § 1628 und § 1629 aus dem Gleichberechtigungsgesetz von 1957 waren nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1959 bereits nichtig, wenn sie dem Gleichberechtigungsgebot offensichtlich widersprachen. (BVerfGE 10,59)

An seiner vollständigen Aufhebung und der Rückführung des Eheschließungsrechts in das Bürgerliche Gesetzbuch war die Bundesrepublik Deutschland wegen ihrer bis 1990 eingeschränkten Souveränität jedoch gehindert. Das geschah erst mit dem Gesetz zur Neuordnung des Eheschließungsrechts vom 4. Mai 1998 (Bundesgesetzblatt I 1998, S. 833). Artikel 14 Absatz 1 dieses Gesetzes hob das Ehegesetz mit Wirkung vom 1. Juli 1998 auf und beendete damit ein 52 Jahre währendes Provisorium.

Österreichisches Recht

Entwicklung (Rechtsgeschichte)

1938 wurden, wie im obigen Abschnitt zur Rechtsgeschichte ausgeführt, anlässlich des „Anschlusses“ Österreichs die Bestimmungen über die Eheschließung aus dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch herausgelöst und durch das „Gesetz zur Vereinheitlichung des Rechts der Eheschließung und Ehescheidung im Lande Österreich und im übrigen Reichsgebiet“ (vom 6. Juli 1938, Reichsgesetzblatt I 1938, S. 807) ersetzt. Von 1938 bis 1945 hatten also Österreich und Deutschland dasselbe Ehegesetz.

Mit der Wiedererlangung der Souveränität Österreichs wurde das Ehegesetz – freilich bereinigt von Bestimmungen mit nationalsozialistischem Gedankengut wie insbesondere den Eheverboten nach §§ 4 und 5 – zu österreichischem Bundesrecht. Die durch das Ehegesetz derogierten Bestimmungen des ABGB (§§ 101 bis 136) wurden – nicht zuletzt aufgrund ihrer Differenzierung nach Konfessionen – nicht wiedereingeführt.

Wesentliche Veränderungen erfuhr das Ehegesetz am Ende der 1970er Jahre im Zuge der Familienrechtsreform unter Justizminister Broda, sowie Mitte der 1980er. 1999 wurde das Scheidungsrecht im "Zweiten Abschnitt" des EheG reformiert.

Anders als im deutschen Recht ist in Österreich die Wiedereingliederung von Nebengesetzen wie dem Ehegesetz in das ABGB nicht üblich.

Anwendung des Ehegesetzes (EheG)

Das EheG ist also - im Gegensatz zur Bundesrepublik - in Österreich geltendes Recht.

Gliederung

Es gliedert sich folgendermaßen:

  • Erster Abschnitt: Recht der Eheschließung
    • Ehefähigkeit
    • Eheverbote
    • Eheschließung
    • Nichtigkeit der Ehe
    • Aufhebung der Ehe
    • Wiederverheiratung im Falle des Todeserklärung
  • Zweiter Abschnitt: Recht der Ehescheidung
    • Allgemeine Vorschriften
    • Ehescheidungsgründe
    • Ausschluss des Scheidungsrechts
    • Schuldausspruch
    • Folgen der Scheidung
      • Namensrecht
      • Unterhalt
      • Aufteilung von Gebrauchsvermöge und Ersparnissen
  • Dritter Abschnitt: Sondervorschriften für das Land Österreich

Von besonderer praktischer Relevanz sind die Folgen der Scheidung (insbes. Unterhalt, Vermögensaufteilung), wobei anzumerken ist, dass es bei der Unterhaltsbemessung z.T. auf Verschulden ankommt, jedoch die Vermögensaufteilung grundsätzlich verschuldensunabhängig ist.

Siehe auch

Weblinks

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