Einfalt

Einfalt
Patron der Einfältigen - Sel. Wilhelmus
Der Heiratsantrag des Einfältigen, Kupferstich von Daniel Chodowiecki

Einfalt (auch Einfältigkeit) bezeichnet Einfachheit des Denkens.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

Der Begriff geht auf einen germanischen Wortstamm zurück (gotisch ainfalth, daraus althochdeutsch einfalti) und meinte ursprünglich allgemein Einfachheit im Sinne von Eingestaltigkeit, Ungeteiltheit, dementsprechend diametral zu Begriffen wie denen der Vielfalt, Dreifaltigkeit etc. Erst im Laufe der Zeit schränkte sich die Bedeutung auf einfaches Denken ein.

Im Mittelalter wurde mit dem Ausruf Sancta Simplicitas! („Heilige Einfalt!“) die weltfremde Gerad­linigkeit sehr frommer Menschen bewundernd bemerkt.

Martin Luther verwendet es 1529 im Großen Katechismus wie folgt:

„Das sage ich so einfältig für die Jugend, dass es doch einmal eingehe; wer einfältig ist, der schlage die Frage von sich und weise sie zu den Gelehrten“

Im 18.Jhd. kennzeichnen nach Johann Joachim Winckelmann edle Einfalt und stille Größe die Meisterstücke der griechischen Kunst.

1907 schreibt Friedrich Kirchners Wörterbuch:

„Einfalt bezeichnet eine gewisse Begrenztheit des Verstandes und Geradheit des Urteils und, da diese den Kindern eigen ist, die echte Kindlichkeit. Sie kann auch als die Abwesenheit von Ziererei, falscher Rücksichtnahme, Verstellung und Unredlichkeit verstanden werden (...) Wer einfältigen Verstandes ist, kann nicht nach weitaussehenden und verwickelten Absichten handeln; wer einfältigen Herzens ist, will es nicht. Der Einfältige ist das Gegenteil vom Gewandten, Pfiffigen und Weltklugen. Sein Leben ist naturgemäß, ohne Luxus und Affektiertheit; seine Gesinnungen und Handlungen stehen, frei von allen Nebenabsichten, in Harmonie.“

Einfalt wird oft Frommen oder Kindern zugeschrieben (Kindermund tut Wahrheit kund). In Wiener Mundart bezeichnet man einen einfältigen Menschen als Christkindl.

In neuerer Zeit verschiebt sich der Wortgebrauch weiter in abfällig-spöttische Richtung zu Dümmlichkeit und Ungebildetheit oder bezeichnet eine naiv-unkritische, leicht zu manipulierende Urteilsbildung.

Ästhetische Einfalt

Die ästhetische Einfalt oder Einfachheit besteht im ungekünstelten Zusammenstimmen aller Teile eines Kunstwerkes. Sie gibt nie mehr, als der Zweck des Ganzen fordert; ihre Kunstmittel sind die einfachsten; ihre Anordnung und Verbindung ist natürlich; sie ist fern von aller Überladung und Verschnörkelung. Solche Einfalt adelt die Werke aller wahren Genies. Sie herrschte in der Kunstrichtung der Alten und fehlt in vielen Richtungen der modernen Kunst (vgl. Schillers Gedicht an Goethe: Des falschen Anstands prunkende Gebärden verschmäht der Sinn, der nur das Wahre preist, Kirchner 1907)

Siehe auch

Quellen

Weblinks

 Wikiquote: Einfalt – Zitate

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  • Einfalt — Einfalt, 1) die Beschaffenheit dessen, was wenig in die Sinne fallende Bestandtheile hat, od. dessen wahrnehmbare Äußerungen sich nur auf das Wesentliche u. Nothwendige beschränken u. daher z.B. den Schmuck ausschließen; 2) natürliche… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Einfalt — Einfalt, die Beschaffenheit dessen, was nur wenige Bestandteile hat, sich auf das Wesentliche beschränkt, schmucklos ist, oder was eine Zusammensetzung und Vermischung mit anderm nicht hat oder merken läßt; in diesem Sinne ist ursprünglich E. mit …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Einfalt — Einfalt, unverstellt, schmucklos, unumwunden: kindliche Offenheit des Charakters, scharf getrennt von Naivetät (s. d.). B–l …   Damen Conversations Lexikon

  • Einfalt — ↑Bonhomie, ↑Naivität, ↑Simplizität …   Das große Fremdwörterbuch

  • Einfalt — Einfalt: Aus dem gemeingerm. Adjektiv mhd., ahd. einvalt, got. ainfalÞs, aengl. ānfeald, aisl. einfaldr »einfach« (vgl. ...falt unter ↑ Falte) ist im Got. (ainfalÞei) und Ahd. (einfaltī, mhd. einvalte) ein Substantiv mit der Bed. »Einfachheit;… …   Das Herkunftswörterbuch

  • Einfalt — Ein|falt [ ai̮nfalt], die; : 1. naive Art, die auf einer gewissen Beschränktheit, auf mangelndem Urteilsvermögen beruht: in seiner Einfalt durchschaute er die Vorgänge nicht. Syn.: ↑ Naivität. 2. schlichte, lautere Gesinnung: kindliche Einfalt;… …   Universal-Lexikon

  • Einfalt — die Einfalt (Aufbaustufe) geh.: gewisse Begrenztheit des Verstandes, Naivität Synonyme: Einfältigkeit, Narrheit, Unbedarftheit Beispiel: Er war in seiner Einfalt unfähig, etwas anderes als die Wahrheit zu sagen …   Extremes Deutsch

  • Einfalt — 1. Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit, Einfachheit, Redlichkeit, Reinheit; (geh.): Biedersinn, Lauterkeit; (veraltend): Biederkeit, Rechtschaffenheit. 2. Arglosigkeit, Blauäugigkeit, Einfältigkeit, Gutgläubigkeit, Leichtgläubigkeit, Narrheit,… …   Das Wörterbuch der Synonyme

  • Einfalt — Nichts ist so vielfältig wie das Einfältige. «Werner Mitsch» * Und was kein Verstand der Verständigen sieht, das übet in Einfalt ein kindlich Gemüt. «Schiller, Worte des Glaubens» …   Zitate - Herkunft und Themen

  • Einfalt (die) — 1. Ein fromme einfalt, ein gut ding. – Henisch, 843. 2. Einfalt gibt ein Ross vmb ein Pfeiff. – Lehmann, 163, 14. 3. Einfalt gibt einen Ochsen vmb einen zinnen Löffel wie die Indianer. – Lehmann, 163, 14. 4. Einfalt hat kein Gelt. – Franck, I,… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

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