- Eisenbeton
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Stahlbeton, ein künstlicher Baustoff im Stahlbetonbau, ist ein Verbundwerkstoff aus den beiden Komponenten Beton und Bewehrungsstahl. Ein Verbund beider Komponenten entsteht durch die Verklebung mit dem Bindemittel Zement und die Rippung des Bewehrungsstahls. Beton hat im Vergleich zur Druckfestigkeit nur eine Zugfestigkeit von etwa 10 %. Stahl besitzt dagegen eine hohe Zugfestigkeit. Das Tragprinzip beim Baustoff Stahlbeton ist es daher, auf Zug beanspruchte Stellen eines Bauteils mit Stahl zu verstärken, also zu bewehren, und in den übrigen Bereichen die Druckfestigkeit des Betons auszunutzen.
Inhaltsverzeichnis
Bedeutung, Anwendung und Bauteile
Stahlbeton ist mit über 100 Millionen Kubikmetern im Jahr der wichtigste Baustoff Deutschlands, während der Anteil des Betonstahls an der Stahlproduktion in Deutschland zirka 12 % beziehungsweise ungefähr 6 Millionen Tonnen beträgt. Der Einsatz von Stahlbeton statt des unbewehrten Betons ist immer dann notwendig, wenn in einem Bauteil Zugspannungen auftreten, die zu einem schlagartigen Versagen der Gesamttragfähigkeit führen könnten. Im Vergleich zu anderen Baustoffen, wie Stahl, Holz oder Kunststoff, ist seine Anwendung immer dann sinnvoll, wenn keine filigranen und leichten Tragstrukturen notwendig sind. Wie der Einsatz beim Bau von Bunkern zeigt, ist Stahlbeton bei ausreichenden Abmessungen auch für extreme Einwirkungen geeignet. Vorteilhaft sind insbesondere die Nichtbrennbarkeit und der hohe Feuerwiderstand. Grenzen bei der Benutzung des Baustoffes ergeben sich aus dem hohen Eigengewicht des Betons, was als tote Last die erforderliche Betonstahlmenge vergrößert und bei schlanken Konstruktionen infolge der Rissbildung zu großen Verformungen führt. In diesen Fällen ist der Einsatz einer Verbundkonstruktion oder von Spannbeton geeigneter. Der Spannbeton unterscheidet sich vom Stahlbeton durch eine planmäßige Vorspannung (=Vordehnung) der Stahleinlagen, der so genannten Spannglieder. Damit wird eine zusätzlichen äußere Drucklängskraft aufgebracht, wodurch die Zugspannungen überdrückt werden und eine Rissbildung, somit die Bauteilverformung, stark reduziert wird.
Typische Stahlbetonbauteile sind unter anderem biegebeanspruchte flächige Bauteile, wie Decken oder Bodenplatten. Aber auch massige Bauteile wie Pfeiler oder Stützwände werden im Regelfall mit diesem Material hergestellt.
Geschichte
Im 17. Jahrhundert entwickelte der Mathematiker Jakob I. Bernoulli das Prinzip der Balkentheorie. Er schuf damit die Voraussetzung für das Verständnis von Kraftverläufen in auf Biegung beanspruchten Bauteilen.
Grundlage der Entwicklung waren die Erfindung des Romanzement im Jahre 1798 durch den Engländer J. Parker und des Portlandzement durch den Engländer J. Aspdin im Jahre 1824.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden erstmals in Frankreich Betonbauteile durch Stahleinlagen verstärkt. 1855 baute Joseph-Louis Lambot ein Boot aus eisenverstärktem Zementmörtel, seit 1861 stellte der Gärtner Joseph Monier Pflanzkübel aus Zementmörtel her, die er mit einem Eisengeflecht verstärkte, damit sie nicht so leicht zerbrachen. 1867 erhielt er darauf ein Patent. Der Begriff Moniereisen wird auch heute noch verschiedentlich verwendet. Ältere Bezeichnungen für Stahlbeton sind Eisenbeton und Monierbeton. Bereits 1861 veröffentlichte F. Coignet Grundsätze für die Verwendung von bewehrtem Beton und stellte 1867 auf der Weltausstellung in Paris Träger und Röhren aus bewehrtem Beton aus. Der Gutspächter Joseph Louis Lambot meldete 1855 ein Patent für einen neuen "Holzbauwerkstoff" an, der er "Ferciment" nannte. Seiner Patentschrift kann folgendes entnommen werden: "Meine Erfindung hat ein neues Erzeugnis zum Gegenstand, das dazu dient, das Holz im Schiffbau und überall dort zu ersetzen, wo es feuchtigkeitsgefährdet ist, .. Ich gebe diesem Netz (aus Draht und Stäben) eine Form, die im bestmöglichen Maße dem Gegenstand angepasst ist, den ich herstellen will und bette es anschließend in hydraulischen Cement oder ähnliches wie Bitumen, Teer oder ihren Gemischen ..." Dieses Patent wurde dann von Coignet erweitert. Parallel zu den französischen Ingenieuren führte der amerikanische Rechtsanwalt Thadeus Hyatt seit 1855 Versuche über die Verwendung von Stahleinlagen in Beton durch. In seinem Grundpatent von 1878 schrieb er: " ... Hydraulic cements and concretes are combined with metal bars and rods, so as to form slabs, beams and arches. The tensible strength of the metal is only utilized by the position, in which it is placed in slabs, beams etc. ...". Hyatt hatte die Tragwirkung erkannt.
In Deutschland erwarben 1885 G. Wayss und A. Freytag die Monierpatente. Im gleichen Jahr traf Wayss den Regierungsbaumeister Matthias Koenen, dem die Leitung des damals im Bau befindlichen Reichstagsgebäudes unterlag. Nach dem Ausräumen von Bedenken wegen der Korrosionsgefahr, Haftfestigkeit und unterschiedlicher Temperaturdehnungen sowie aufgrund von Versuchen, entschloss sich Koenen das neue System anzuwenden. Seine Erkenntnisse veranlassten ihn eine Broschüre zu verfassen, die Wayss 1887 unter den Titel "Das System Monier in seiner Anwendung auf das gesamte Bauwesen" herausgab. Wenig später brachte Emil Mörsch eine erste wissenschaftlich begründete Darstellung der Wirkungsweise des Eisenbetons, wie der Stahlbeton bis 1920 genannt wurde. Diese wurde 1902 veröffentlicht. Dazu führte Emil Mörsch als einer der Ersten umfangreiche Versuchsreihen durch. Er war schließlich von 1916 bis 1948 Professor für Statik der massiven Tragwerke, gewölbten Brücken und Eisenbetonbau an der Technischen Hochschule Stuttgart und hat dort die Bemessungsverfahren für Stahlbeton entscheidend mitgeprägt.
Zu den ersten Stahlbetonhochbauten in Deutschland zählt das Gebäude der „Königlichen Anatomie“ in München, erbaut von 1905 bis 1907 nach Plänen des Architekten Max Littmann.
Komponenten
Beton
Siehe Hauptartikel Beton
Beton ist ein künstliches Gestein aus Zement, Betonzuschlag (Sand und Kies oder Splitt), gegebenenfalls Zusatzmitteln und Wasser. Dieser Baustoff ist preiswerter als metallische Baustoffe (beispielsweise Stahl) herzustellen, je nach Konsistenz relativ einfach formbar und besonders geeignet für massige Bauteile. Seine mechanischen Eigenschaften sind gekennzeichnet durch eine relativ hohe Druckfestigkeit sowie eine niedrige Zugfestigkeit (ungefähr 10% der Druckfestigkeit).
Betonstahl
Siehe Hauptartikel Bewehrungsstahl
Betonstahl, auch als Bewehrungsstahl bezeichnet, ist ein spezieller, heutzutage gerippter oder profilierter Rundstahl mit einer hohen Zugfestigkeit (fyk = 500 N/mm2). Dieser wird in die Schalung des Bauteils eingebaut und anschließend einbetoniert. Dabei wird der Betonstahl durch den Beton komplett eingehüllt, was den Verbund zwischen beiden Baustoffen bewirkt.
Tragverhalten
Der Verbund zwischen dem Beton und dem Betonstahl entsteht durch die Haftung des Bindemittels Zement (Haftverbund), durch die Reibung zwischen Stahl und Beton (Reibungsverbund) und durch den infolge der Rippung des Betonstahls erzeugten Formschluss (Scherverbund). In ungerissenem Stahlbeton sind die Dehnungen der beiden Baustoffe gleich groß. Dieser Zustand, ohne Relativverschiebungen zwischen Beton und Stahl, wird auch als vollkommener Verbund bezeichnet.
Unbewehrter Beton versagt bei Zugbeanspruchung (z. B. Biegezug) aufgrund seiner Sprödigkeit ohne ankündigende Rissbildung schlagartig. Dies geschieht im Vergleich zur Druckbeanspruchung schon bei geringer Belastung, weil die Zugfestigkeit klein ist. Aus diesem Grund werden die zugbeanspruchten Bereiche des Betons mit Bewehrungsstahl versehen, der einbetoniert ist. Da der Beton auf Zug den großen Dehnungen des Stahls nicht folgen kann, reißt er im Zugbereich. Im Bereich eines Risses ist dann nur noch der Bewehrungsstahl wirksam. Zug- bzw. biegezugbeanspruchte Bauteile können daher so bemessen und hergestellt werden, dass sich das Bauteilversagen durch eine intensive Rissbildung und signifikante Verformungen vorankündigt. Zur wirklichkeitsnahen Berechnung der Verformungen werden die Berechnungsverfahren der Baustatik erweitert, wie beispielsweise mit der nichtlinearen Stabstatik. Bei Bauteilen, die auf Druck beansprucht werden, können Stahleinlagen die Tragfähigkeit auf Druck erhöhen.
Stahl und Beton haben einen gleich großen Wärmeausdehnungskoeffizienten (10-5 nach den Stahlbetonnormen), was bei Temperaturänderungen in etwa gleich große Wärmedehnungen der beiden Materialien zur Folge hat und somit keine nennenswerten Eigenspannungen im Verbundwerkstoff Stahlbeton bewirkt.
Dauerhaftigkeit von Stahlbeton
Karbonatisierung
Eine Voraussetzung für die Dauerhaftigkeit des Verbundwerkstoffs ist das alkalische Milieu mit einem pH-Wert von 12-14. Dieses entsteht durch die Umwandlung von Kalkstein in Calciumhydroxid während der Hydratation des Betons und stellt bei ausreichender Betonüberdeckung einen langfristigen Schutz des Betonstahls vor Korrosion sicher (siehe auch Betonkorrosion). Mit einem pH-Wert von weniger als 10 ist dieser Schutz, die sogenannte Passivierung, nicht mehr vorhanden. Ausgehend von der Betonoberfläche wird durch Feuchtigkeit und Kohlensäure die Alkalität des Betons und somit die Dicke der Passivierungsschicht um den Betonstahl mit der Zeit reduziert, wobei die sogenannte Karbonatisierungsgeschwindigkeit abnimmt. Risse im Stahlbetonbauteil können diesen Prozess fördern. Sobald Bewehrungsstahl korrodiert, vergrößert sich sein Volumen und ein Druck wird auf den umgebenden Beton aufgebaut. Dies kann etwaige Risse verbreitern, was den Korrosionsprozeß wiederum beschleunigt und schließlich ein Abplatzen des Betons zur Folge hat.
Für einen verbesserten Korrosionsschutz kann Betonstahl feuerverzinkt oder mit Epoxid beschichtet werden, auch die Verwendung von Edelstahl ist möglich. Alle diese Methoden sind allerdings teurer und unterliegen in Deutschland der bauaufsichtlichen Zulassung. Edelstahl kostet beispielsweise etwa das 10-fache von normalem BSt 500 Bewehrungsstahl.
Der Nachweis der Dauerhaftigkeit von Stahlbetonbauteilen beruht auf einem Zeitraum von 50 Jahren[1].
Risse
Risse in Stahlbetonbauteilen sind Bestandteil des Tragverhaltens und daher meist kein Mangel, sofern die Rissbreiten die in den Normen als zulässig definierten Werte nicht überschreiten oder keine rissfreie Fläche vereinbart wurde. Risse können prinzipiell drei Ursachen haben:
- Direkte Einwirkungen, wie das Eigengewicht: Um den Bewehrungsstahl in den Zugzonen zu aktivieren, muss der Beton dort aufreißen, damit die notwendigen Verformungen eintreten.
- Indirekte Einwirkungen, wie das behinderte Kriechen und/oder Schwinden: Behinderte Verformungen führen zu Zwangschnittgrößen, die den Bewehrungsstahl in den Zugzonen aktivieren, wie die direkte Einwirkung.
- Eigenspannungen: Beim Schwinden des Betons ergibt sich aufgrund des Wärmeaustausches an der Betonoberfläche eine ungleichmäßige Temperaturverteilung über den Querschnitt, die zu Zugspannungen an der Oberfläche und bei Überschreiten der Zugfestigkeit des Betons zu Rissen führt.
Risse sind im Verbundwerkstoff Stahlbeton im Regelfall (zwangsläufig) zulässig, in Abhängigkeit von Umweltbedingungen und Nutzung des Bauteils sieht der Eurocode 2 beispielsweise eine Begrenzung der Breite auf 0,1 bis 0,4 mm vor. Die Schweizer Norm SIA 262 begrenzt die Spannungen im Bewehrungsstahl auf bis zu 50 % der Streckgrenze.
Eine konstruktive Maßnahme gegen zu große Rissbreiten ist das Einlegen einer ausreichenden Bewehrung, der sogenannten Mindestbewehrung, die die Risse zwar nicht verhindert, aber dafür sorgt, dass statt einiger weniger, breiter Risse entsprechend mehr aber schmale und somit ungefährliche Risse entstehen. Diese Maßnahme steigert die Dauerhaftigkeit des Bauteils und den optischen Zustand.
Bei Sonderbauteilen, wie Bodenplatten von Tankstellen, die rissfrei ausgeführt werden müssen, wird dies durch entsprechende Bauteilgeometrien und Dehnfugen oder durch Vorspannen sichergestellt. Der Einfluss der Bewehrung zur Sicherstellung einer Rissfreiheit ist von untergeordneter Bedeutung.
Von den unvermeidbaren konstruktiven Rissen sind Oberflächenrisse zu unterscheiden, die grundsätzlich unerwünscht sind und häufig betontechnologische Gründe haben, wie eine ungünstige Frischbetonzusammensetzung (mit z. B. zu hoher Hydrationsswärmeentwicklung), einen nicht ordnungsgemäßen Betoneinbau und eine ungenügende Nachbehandlung der Frischbetonoberfläche.
Einbauteile
Neben dem Betonstahl werden planmäßig auch andere Bauelemente einbetoniert. Diese werden als Einbauteile bezeichnet. Sie dienen meist der Befestigung von Bauelementen am Stahlbetonbauteil, wie zum Beispiel Stahlkonstruktionen. Dazu zählen unter anderem Ankerplatten und Ankerschienen. Weitere Einbauteile, wie Dübelleisten oder Seilschlaufen, ersetzen eine geometrisch schwierige und aufwändige Betonstahlbewehrung durch eine für die Beanspruchung des Betons spezielle entwickelte "Stahlkonstruktion" .
Einzelnachweise
- ↑ DIN EN 206-1:2000 Anhang F
Siehe auch
Literatur
- K. Bergmeister und J.-D. Wörner: Betonkalender 2005. Ernst & Sohn 2004, ISBN 3-433-01670-4
- F. Leonhardt und E. Mönnig: Vorlesungen über Massivbau. Dritter Teil: Grundlagen zum Bewehren im Stahlbetonbau. Springer-Verlag Berlin, ISBN 3-540-08121-6
Weblinks
- Literatur des Zementverbandes
- KI-SMILE - Stahlbetonversuche
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