Eisenstoffwechsel

Eisenstoffwechsel

Der Eisenstoffwechsel ist die Aufnahme, Verteilung und Ausscheidung von Eisen im Organismus.

Inhaltsverzeichnis

Eisen

Das Element Eisen ist ein wichtiges Spurenelement im menschlichen Körper. Der Sauerstofftransport, die Sauerstoffaufnahme, Zellfunktionen wie der mitochondriale Elektronentransport und letztlich der gesamte Energiestoffwechsel sind von einem ausreichenden Eisenangebot abhängig.

Der Körper eines Menschen enthält durchschnittlich 4-5 g Eisen. Es kommt in Enzymen (Zytochromen, Peroxidasen, Katalase), in Hämoglobin und Myoglobin, sowie als Depot- oder Reserve-Eisen in Form von Ferritin und Hämosiderin vor.

Verteilung im Körper

Hämoglobin 67 % 2500 mg
Depot-Eisen (Ferritin, Hämosiderin) 27 % 1000 mg
Myoglobin 3,5 % 130 mg
Serum-Eisen 2,2 % 80 mg
eisenhaltige Enzyme 0,2 % 8 mg
Transferrin 0,1 % 4 mg

Täglicher Bedarf

Der tägliche Eisenbedarf beträgt zwischen 0,5-1,5 mg/Tag bei Kleinkindern bis hin zu 2-5 mg/Tag bei Frauen in der Schwangerschaft. Mit Ausnahme von Menstruationsblutungen sind die täglichen Eisenverluste, z. B. durch Abschilferung von Haut- und Epithelzellen, gering. Der tägliche Eisenverlust von ca. 1 mg bei einem gesunden erwachsenen Mann wird normalerweise über die Nahrung ersetzt.

Blutverluste können den Eisenhaushalt beträchtlich verringern: pro 2 ml Blut gehen 1 mg Eisen verloren. Der durchschnittliche Blutverlust bei der Menstruation beträgt 30-60 ml, bei Hypermenorrhoen bis zu 800 ml, beim Uterus myomatosus bis zu 1200 ml.

Im Unterschied zu Metallen wie Natrium und Calcium kann der Eisen-Haushalt nur über die Resorption reguliert werden. Die Resorptionsquote des in der Nahrung vorhandenen Eisens beträgt 6 % (Mann) bis 12 % (Frau), bei Eisenmangel bis zu 25 %.

Stoffwechsel

Resorption

Bei der in Europa üblichen Nahrung liegt das Eisen zu einem Drittel als Hämin vor, ein Abbauprodukt von Hämoglobin und Myoglobin, das in Fleisch vorkommt. Das restliche Nahrungs-Eisen liegt in Form von Eisen(III)-Salzen vor, z. B. als Hydroxid oder Phosphat gebunden. Obwohl Häm-Eisen nur ein Drittel des Nahrungseisens ausmacht, liefert es wegen seiner guten Resorbierbarkeit zwei Drittel des resorbierten Eisens. Wegen des hohen Hämingehalts kann Eisen aus tierischem Eiweiß im allgemeinen etwa 10- bis 20-mal besser aufgenommen werden, als aus pflanzlicher Nahrung.

Pflanzliche Nahrung enthält einerseits Liganden, welche die Eisenresorption erleichtern, andererseits auch Phosphate, Polyphenole und Phytate, die mit Eisen schwer lösliche Verbindungen eingehen. So ist z. B. die geringe Verfügbarkeit des Eisens im Spinat und ähnlichen Gewächsen auf den hohen Gehalt von Oxalsäure zurückzuführen, die mit Eisen schwer lösliche Komplexe bildet. Die Resorption kann bei phytathaltigen Lebensmitteln durch gleichzeitigen Fleischverzehr und Zusatz von Reduktionsmitteln wie Ascorbinsäure (Fruchtsäfte) verbessert werden. Sojabohnen sind wegen ihres hohen Proteingehalts Quellen gut resorbierbaren Eisens. Dies erklärt, warum Eisenmangel auch bei strengen Vegetariern nicht auftreten muss.

Die Resorptionsquote des Nahrungs-Eisens liegt normalerweise bei ca. 10 %. Sie ist bei Eisenmangel erhöht und kann bis zu 50 % betragen. Die Resorptionsquote wird vom Organismus in Abhängigkeit vom Eisenbedarf und der Eisen-Speichergröße reguliert, wobei die Regulationsmechanismen noch weitgehend unerforscht sind. Genetisch bedingte Fehlsteuerungen bei der Eisenresorption können über Jahre zu einer Eisenüberladung führen, die sich in lebensbedrohlichen Organschäden manifestiert.

Der menschliche Organismus resorbiert sowohl zweiwertige (Fe2+) als auch dreiwertige (Fe3+) Eisen-Ionen. Die meisten Eisen(III)-Verbindungen werden bei ausreichender HCl-Produktion im Magen gelöst und für die Resorption verfügbar. Liganden wie Citronensäure bzw. Reduktionsmittel wie Cystein und Ascorbinsäure bilden mit dreiwertigem Eisen Komplexe bzw. reduzieren es zum besser löslichen zweiwertigen Eisen. Das Hämin-Eisen ist dreiwertig (Fe3+) und wird im basischen Milieu (pH 5-8) des Duodenums löslich und resorbierbar. Die Resorption findet im oberen Dünndarm durch Mucosa-Zellen (Enterozyten) statt.

Dreiwertiges Nonhäm-Eisen muss für die Resorption zunächst zu Fe2+ reduziert werden. Dies geschieht entweder durch beigegebene Reduktionsmittel oder durch eine Ferrireduktase (membranständiges, duodenales Cytochrom b) in der Darmzellmembran. Die zweiwertigen Eisen-Ionen werden dann durch das Transportprotein DMT1 (divalent metal transporter 1) in die Darmzellen befördert.

Das Hämin passiert dagegen unverändert die Zellmembran des Enterozyten. In der Darmzelle folgt dann eine Häm-Oxygenase, die das im Hämin enthaltene Fe3+ freisetzt und in den labilen Eisen-Pool der Darmzelle überführt. Das Glykoprotein Gastroferrin, ein eisenbindendes Protein des Magensaftes, dürfte für die Steigerung der Eisen-Resorption von geringer Bedeutung sein.[1]

Im Enterozyten wird das Eisen entweder als Depot-Eisen in Ferritin gespeichert oder durch das Transportprotein Ferroportin an das Blut abgegeben. Dieser Vorgang wird durch Hepcidin gehemmt, wodurch im Wesentlichen die Eisenaufnahme reguliert wird. Das von Ferroportin abgegebene zweiwertige Eisen wird auf die kontraluminale Zelloberfläche transportiert und durch das Membranprotein Hephästin oxidiert. In dieser oxidierten dreiwertigen Form bindet es an Apotransferrin und wird darauf an Bedarfsstellen im Organismus transportiert.

Zuerst werden eisenhaltige Enzyme versorgt, danach das rote Knochenmark (Bildung von Hämoglobin) und die Muskulatur (Bildung von Myoglobin). Der tägliche Austausch von Eisen zwischen den Geweben beträgt durchschnittlich ca. 40 mg.

Im Verlauf der Häm-Synthese wird Fe(II) durch Ferrochelatase, ein Enzym der Mitochondrien-Innenmembran, eingelagert. Die für die Reduktion notwendigen Elektronen werden durch die Atmungskette bereitgestellt.

Regulation des Eisenspiegels im Blut

Der Eisenspiegel auf Ebene des Organismus wird wahrscheinlich vor allem durch das erst kürzlich entdeckte Peptid Hepcidin reguliert. Ist der Eisenspiegel zu niedrig, bremst die Leber ihre Hepcidinproduktion. Als Folge wird die enterale Eisenresorption gesteigert. Ist der Eisenspiegel zu hoch, dann steigert die Leber ihre Hepcidinproduktion und die enterale Eisenresorption sinkt. Man hat Hepcidin deswegen auch als Hormon des Eisenstoffwechsels bezeichnet. Auch die Freisetzung von Eisen aus den Zellen des Retikuloendothelialen Systems (RES) wird durch Hepcidin gesteuert.

Krankheiten

Eisenmangel

Unter den Anämien, die auf eine Störung der Hämoglobinbildung zurückzuführen sind, hat die Eisenmangelanämie die größte praktische Bedeutung. Sie ist weltweit die häufigste Mangelerkrankung. Bei Eisenmangel können Blutarmut, Abwehrschwäche, starke Müdigkeitserscheinungen, Konzentrationsschwäche sowie trophische Störungen (Ernährungsstörungen) auftreten, die unter dem Begriff Plummer-Vinson-Syndrom zusammengefasst werden. Bei kleinen Kindern können Gedeihstörungen auftreten.

Eisenmangelerscheinungen treten bei Frauen häufiger auf als bei Männern, weil Frauen durch die Menstruation regelmäßig Eisen aus dem Organismus verlieren. In unterentwickelten Gebieten gibt es einen ernährungsbedingten Eisenmangel, der auf einen geringen Proteingehalt der Nahrung, bei hohem Phosphatgehalt, zurückgeführt wird.

Eiseneinbaustörungen bei der Häm-Biosynthese können zu Anämien führen, obwohl die Gesamtkonzentration von Eisen in Körper nicht verringert ist, vgl. z. B. die erythropoetische Protoporphyrie.

Akute Vergiftungen

Akute Vergiftungen mit Eisen sind in Deutschland selten, sie betreffen meist Kinder, welche 2 bis 10 g Eisen oral aufgenommen haben. Die Symptome sind Kreislaufkollaps, Blutungen im Bereich des Gastrointestinaltrakts, eine verminderte Gerinnungsfähigkeit des Blutes sowie langfristig Leber- und Nierenversagen. Die Therapie besteht im Verhindern der Resorption des eingenommenen Eisens (Magenspülung) sowie im Ausschleusen des bereits resorbierten Eisens aus dem Organismus, z. B. durch intravenöse Gabe von Deferoxamin.

Chronische Vergiftungen

Bei einer Eisenüberladung kann es je nach betroffenem Organ zu einer Leberzirrhose, zu einer Pankreaszerstörung Bronzediabetes und anderen Organstörungen kommen. Beispiele für solche Krankheiten sind die Hämochromatose und die Hämosiderose. Hämochromatose ist die in Nordeuropa am weitesten verbreitete genetische Erkrankung, ca. einer von zweihundert Nordeuropäern ist diesbezüglich homozygot, in Irland sogar ca. 1 % der Bevölkerung. Heterozygote „Überträger“ der erblichen Hämochromatose, ca. 10-20 % in den genannten weißen Bevölkerungen, speichern geringfügig mehr Eisen als Nichtträger solcher Mutationen. Bereits geringe Eisenspeicherung oberhalb der niedrigen Werte gesunder Kinder führt u. a. zu Insulinresistenz bzw. zum Insulinresistenzsyndrom und seinen Folgen, insbesondere zu diversen gefährlichen Alterskrankheiten wie Typ2-Diabetes samt Komplikationen, Atherosklerose, Herzinfarkt, Schlaganfall. Dies bietet einen Hinweis darauf, warum Kinder sowie Frauen in jüngeren Jahren (relativ) geschützt sind.

Das Blutspenden bzw. die Aderlasstherapie können die Eisenmenge des Organismus reduzieren. Nach Untersuchungen aus Finnland haben männliche Blutspender (ca. 50 Jahre aufwärts) ein stark vermindertes Herzinfarktrisiko, rund 1/10 des Infarktrisikos der anderen Männer. Wichtige Forscher auf diesem Gebiet sind z.B. J.L. Sullivan (USA), J.T. Salonen (Finnland) und F.S. Facchini (USA).

Wie kann man den Eisenhaushalt des Menschen überprüfen?

Bei Verdacht auf Eisenmangel

  • Bestimmung des Hämoglobins [Hb] im Blut (ist bei chronischem Eisenmangel oft erniedrigt = Anämie)
  • Bestimmung des mittleren Erythrozytenvolumens [MCV] (ist bei Eisenmangel meist erniedrigt = mikrozytär)
  • Bestimmung des mittleren Hämoglobingehaltes im Erythrozyten [MCH] (ist bei Eisenmangel meist erniedrigt = hypochrom)
  • Bestimmung des Ferritins (ist bei Eisenmangel meist erniedrigt; ist aber bei Entzündungen trotz Eisenmangel erhöht)
  • Bestimmung des Löslichen Transferrin-Rezeptors; ist auch verwertbar, wenn eine Entzündungsreaktion vorliegt.

Bei Verdacht auf Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit)

  • Ferritinspiegel im Blut
  • Transferrin
  • Transferrinsättigung
  • Genanalyse
  • Eisengehalt der Leber

Einzelnachweise

  1. W. Forth, W. Rummel und H. Andres: Zur Frage der Regulation der Eisenresorption durch Gastroferrin, ein eisenbindendes Protein des Magensafts. Journal of Molecular Medicine 46(18):1003-1005, September 1968. [1]

Literatur

  • Aktories/Förstermann/Hofmann/Starke: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 9. Aufl., Urban & Fischer, München/Jena 2005. ISBN 3-437-44490-5.
  • S. Silbernagl/A. Despopoulos: Taschenatlas der Physiologie. 4. Aufl., Thieme, Stuttgart/New York 1991. ISBN 3-135-67704-4.

Weblinks

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