Elektrokohle

Elektrokohle

Der VEB Elektrokohle Lichtenberg (EKL) war ein Industriebetrieb der DDR. Der Hauptsitz war in der Herzbergstraße 128-139 in Berlin-Lichtenberg. Der Betrieb war der einzige Hersteller für Graphitprodukte in der DDR und beschäftigte zeitweise über 3000 Mitarbeiter.

Haupteinfahrt des früheren EKL

Auf dem Gelände wurden nach der Wende viele alte Produktionsgebäude und Schornsteine abgerissen und der belastete Boden saniert. Die Ansiedlung mittelständischer Unternehmen wurde angestrebt; inzwischen (Oktober 2007) wurde ein Teil der südlichen Betriebsfläche (ca. 88.000 m²) zu einem auch Sonntags geöffneten asiatischen Kultur- und Handelszentrum in drei Großmarkthallen mit dem Ehrennamen „Dong Xuan Center“ umgebaut, in welchem ca. 170 vietnamesische (oft ehemalige Vertragsarbeiter), chinesische und panjabisch-indische Händler preiswerte Waren (vor allem Textilwaren, Schuhe, Mode-Acessoires), asiatische Lebensmittel und Gewürze sowie Dienstleistungen wie Fahrschule, Übersetzer, Nagelstudios und Friseure angeboten werden. Auch vietnamesische Suppenküchen und Restaurants stehen für jedermann offen. Ebenso werden vietnamesische Zeitungen, Zeitschriften, CDs, DVDs und Videokassetten angeboten. In dem großen früheren Verwaltungsgebäude haben mittelständische Unternehmen wie ein Computer-Grafikdesigner, ein Friseur, Reisebüros und Ärzte ihre Unterkunft gefunden. Das Areal des Betriebes steht neben dem als separaten Baudenkmal geführten Verwaltungsgebäudes[1] als Gesamtensemble in der Berliner Landesdenkmalliste.[2]

Inhaltsverzeichnis

Chronik

Die Geschichte des Betriebes Elektrokohle Lichtenberg beginnt bereits im Jahr 1872, als auf dem Gelände in Berlin-Lichtenberg Siemens & Halske eine Teilproduktionsstätte zur Herstellung von Alkohol-Messapparaturen errichtete und unter dem Namen Gebr. Siemens&Co. führte. Nach 1880 wurden Beleuchtungskohle und Kohlebürstenerzeugnisse zum Produktionsschwerpunkt, 1904 kam die Herstellung von Siliziumkarbid-Heizstäben hinzu. Während des Ersten Weltkrieges wurde die Fabrik ein kriegswichtiger Rüstungsbetrieb und stellte sogenannte Großkohleerzeugnisse her, die für viele Industriezweige von Bedeutung war. Im Jahr 1928 wurde der Betrieb mit dem Rüttgers-Konzern verschmolzen und erhielt den Namen Siemens-Plania AG.

Auch im Zweiten Weltkrieg wurden kriegswichtige Kohleerzeugnisse hergestellt. In den letzten Jahren vor 1945 setzte die Konzernleitung im Produktionsbereich zusätzlich Zwangsarbeiter aus mehr als acht Nationen und Kinder zwischen 9 und 14 Jahren ein.

Nach dem Ende des Krieges wurde der Betrieb zunächst eine Sowjetische Aktiengesellschaft (SAG) und treuhänderisch verwaltet. Am 1. Januar 1954 erfolgte die Übergabe an die DDR, nun war „Siemens-Plania“ ein Volkseigener Betrieb mit dem neuen Namen VEB Elektrokohle Lichtenberg. Für das Jahr 1966 wird eine Verzwanzigfachung des Produktionsausstoßes gegenüber dem Jahr 1947 angegeben, der absolute Wert beziffert sich auf mehr als 100 Millionen Mark pro Jahr.[3]

Seit dem Jahr 1969 war der Betrieb Teil des VEB Chemiekombinat Bitterfeld. Am 23. Dezember 1996 übernahm der US-amerikanische Konzern UCAR International den Produktionsbereich Großkohle. Der Bereich Kleinkohle ging im Jahr 1997 an die SGL Carbon Gruppe.

Nach 1997 wurde dann die gesamte Produktion auf dem Lichtenberger Gelände eingestellt, die Gebäude beräumt, Schornsteine gesprengt. In den Jahren 1992 und 1997-1999 erfolgten im Auftrag der Lichtenberger Bezirksverwaltung genaue Untersuchungen über die Belastung der Flächen mit verschiedenen Schadstoffen, gefunden wurden zum Beispiel 15-55 mg PAK pro Kilogramm TS in der gesamten Auffüllschicht, auf Teilflächen auch Chrom (23 g/kg), Kupfer (3,6 g/kg) und Phenole (bis 7,3 g/kg). Eine Grundwassergefährdung konnte nicht festgestellt werden.

Seit dem Jahr 2006 gibt es hier das asiatische Zentrum, nachdem 2004 die teilweise Bodenabtragung und anschließende Versiegelung der belasteten Flächen durch den Bauherrn erfolgt ist.[4]

Produkte, die vom EKL hergestellt wurden

Zum Produktionsspektrum des VEB Elektrokohle Lichtenberg gehörten vielfältige Produkte aus Kohle und Graphit:

  • Kohlebürsten (groß) für Motoren und Generatoren und Kohlebürsten (klein) für Haushalts- und Heimwerkergeräte,
  • Kohlestifte,
  • Bogenlichtkohlen für Kinoprojektoren, Scheinwerfer, medizinische Geräte und sonstige Bogenlampen,
  • Formteile aus Kohlenstoff bzw. Naturgraphit (Rohre, Muffen, Platten, Stromabnehmer),
  • Kohlenstoffelektroden zur Erzeugung von Siliziumkarbid,
  • Silit-Produkte (elektrische Widerstände, Heizelemente auf Basis von Siliziumkarbid),
  • Kohleelektroden und Ofenauskleidungen aus Kohlenstoff, komplett bearbeitet für Hochöfen, Ferrosiliziumöfen, Phosphoröfen.
  • Grafitelektroden für Lichtbogen-Stahlöfen (größter Anteil der EKL-Produktion, Wert und Volumen)
  • Anodensteine für die Aluminiumherstellung

Zirka 30 % der Gesamtproduktion ging in den Export in mehr als 30 Länder der Welt. Größter Abnehmer war die sowjetische Industrie.

Für den Transport der Produkte auf dem ausgedehnten Werksgelände und die Auslieferung an auswärtige Kunden gab es eine eigene Gleisanlage für Kleinbahnen, die einen Anschluss zur sogenannten Industriebahn in Lichtenberg hatte.[5]

Sonstiges

Der volkseigene Betrieb verfügte über ein eigenes Kulturhaus, das in den 1950er Jahren errichtet worden war, außerdem über eine eigene Berufsschule. Bekannt ist auch die Arbeiterwohngenossenschaft, die das EKL für seine Betriebsangehörigen anbot. Im Kulturhaus erfolgte oft auch die langerwartete feierliche Übergabe der Wohnungsschlüssel an die neuen Mieter.

Einzelnachweise

  1. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste (Verwaltungsgebäude)
  2. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste (Gesamtensemble)
  3. Gerhard Flügge: Berliner ABC – Elektrokohle Lichtenberg in der Berliner Zeitung vom Mai 1967
  4. Anfrage an den Berliner Senat zur Einrichtung des Asia-Zentrums aus dem Jahre 2004, Online (PDF)
  5. Diskussion von Zeitzeugen über die Gleisführung auf dem EKL-Gelände [1]

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