Elementarsymmetrische Funktion

Elementarsymmetrische Funktion

In der Mathematik heißt ein Polynom in mehreren Unbestimmten symmetrisch, wenn man die Unbestimmten untereinander vertauschen kann, ohne das Polynom zu verändern.

Betrachtet man beispielsweise die Polynome p = X + Y − 1 und q = X + Y2, so erhält man durch Vertauschen von X und Y die Polynome

\tilde p=Y+X-1 bzw. \tilde q=Y+X^2.

Da die Addition kommutativ ist, erhält man im Fall von p also dasselbe Polynom, d. h., p ist symmetrisch in X und Y, im Fall von q erhält man ein anderes Polynom, q ist nicht symmetrisch.


Handelt es sich bei dem Polynom um eine Funktion so spricht man auch von symmetrischen Funktionen beziehungsweise von elementarsymmetrischen Funktionen.

Inhaltsverzeichnis

Formale Definition

Es seien n > 1 eine natürliche Zahl, A ein Ring. Dann heißt ein Polynom p\in A[X_1,\ldots, X_n] symmetrisch in X_1,\ldots,X_n, wenn

p(X_{\sigma(1)},\ldots,X_{\sigma(n)})=p(X_1,\ldots,X_n) für alle Permutationen \sigma\in S_n

gilt.

Äquivalente Beschreibungen sind:

  • Für alle k\ne m ist
p(X_1,\ldots,X_{k-1},X_k,X_{k+1}\ldots,X_{m-1},X_m,X_{m+1},\ldots,X_n)=p(X_1,\ldots,X_{k-1},X_m,X_{k+1},\ldots,X_{m-1},X_k,X_{m+1},\ldots,X_n),
d. h., man kann zwei beliebige Unbestimmte gegeneinander austauschen.
  • Es sei
p=\sum_{e_1\geq0,\ldots,e_n\geq0} a_{e_1,\ldots,e_n}X_1^{e_1}\cdots X_n^{e_n}.
Dann ist p genau dann symmetrisch, wenn
a_{e_1,\ldots,e_n}=a_{e_{\sigma(1)},\ldots,e_{\sigma(n)}} für alle \sigma\in S_n
gilt. Anschaulich bedeutet das, dass der Koeffizient eines Monoms von p nur davon abhängt, welche Exponenten wie oft vorkommen, und nicht, bei welchen Unbestimmten.
(\sigma p)(X_1,\ldots,X_n)=p(X_{\sigma(1)},\ldots,X_{\sigma(n)})
auf dem Polynomring A[X_1,\ldots,X_n]. Ein Polynom ist genau dann symmetrisch, wenn es invariant unter dieser Operation ist, d. h., wenn
σp = p für alle \sigma\in S_n
gilt. Eine mögliche Schreibweise für den Ring der symmetrischen Polynome ist deshalb
A[X_1,\ldots,X_n]^{S_n}.

Beispiele

  • Das Polynom X + Y ist symmetrisch in X und Y, jedoch nicht symmetrisch in X,Y,Z.

Elementarsymmetrische Polynome

Es seien T,X_1,\ldots,X_n Unbestimmte. Die Koeffizienten von

(T+X_1)(T+X_2)\cdots(T+X_n)=T^n+\sigma_1 T^{n-1}+\sigma_2 T^{n-2}+\ldots+\sigma_n

als Polynom in T sind symmetrisch in X_1,\ldots,X_n; sie heißen elementarsymmetrische Polynome. Sie sind explizit angebbar als

\sigma_1=X_1+\ldots+X_n
\sigma_2=X_1X_2+\ldots+X_1X_n+X_2X_3+\ldots+X_2X_n+\ldots+X_{n-1}X_n
\ldots
\sigma_k=\sum_{1\leq i_1<i_2<\ldots<i_k\leq n}X_{i_1}\cdots X_{i_k}
\ldots
\sigma_n=X_1\cdots X_n

Dabei kann man σk auch schreiben als

\sigma_k = \sum_{ S \subseteq  \{ 1, \dots, n \}  \atop \# S=k} \ \prod_{i \in S} X_i \ .

Eigenschaften

  • Die zentrale Aussage über elementarsymmetrische Polynome ist: Jedes symmetrische Polynom lässt sich auf eindeutige Weise als Polynom in den elementarsymmetrischen Polynomen schreiben.
    In Formeln:
A[X_1,\ldots,X_n]^{S_n}=A[\sigma_1,\ldots,\sigma_n].
p(T)=T^n+a_1T^{n-1}+a_2T^{n-2}+\ldots+a_n
ein Polynom mit Koeffizienten in A und x_1,\ldots,x_n die (mit Vielfachheit gezählten) Nullstellen von p in einem algebraischen Abschluss des Quotientenkörpers von A. Dann gilt nach dem Wurzelsatz von Vieta:
a_1=-(x_1+\ldots+x_n)
a_2=x_1x_2+x_1x_3+\ldots+x_1x_n+x_2x_3+\ldots+x_{n-1}x_n
\ldots
a_k=(-1)^k\cdot\sigma_k(x_1,\ldots,x_n)
\ldots
a_n=(-1)^nx_1\cdots x_n.

Beispiele

  • X_1^2+\ldots+X_n^2=\sigma_1^2-2\sigma_2
  • X_1^3+\ldots+X_n^3=\sigma_1^3-3\sigma_1\sigma_2+3\sigma_3, allgemein sind die Potenzsummen mit den elementarsymmetrischen Polynomen durch die Newton-Identitäten verbunden.
  • Das Polynom
\Delta(X_1,\ldots,X_n)=\prod_{i<j}(X_i-X_j)^2=(-1)^{n(n-1)/2} \prod_{i\ne j}(X_i-X_j)
ist symmetrisch in X_1,\ldots,X_n, also kann man es als Polynom in den elementarsymmetrischen Polynomen schreiben. Ist nun
p(T)=T^n+a_1T^{n-1}+a_2T^{n-2}+\ldots+a_n
ein Polynom mit Nullstellen x_1,\ldots,x_n wie oben und setzt man diese in Δ ein, so entsprechen die elementarsymmetrischen Ausdrücke bis auf die Vorzeichen den Koeffizienten ai, d. h., \Delta(x_1,\ldots,x_n) ist ein nur von n abhängendes Polynom in den Koeffizienten a_1,\ldots,a_n. Bis auf Definitionsvarianten beim Vorzeichen ist dieses Polynom die Diskriminante von p.

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