Ethnische Entwicklung der Slowakei

Ethnische Entwicklung der Slowakei

Dieser Artikel beschreibt die ethnische Geschichte der Slowakei seit dem Mittelalter:

Inhaltsverzeichnis

Mittelalter

Die Hauptbevölkerung der Slowakei, und bis zum 10. Jahrhundert auch der nördlichen Hälfte des heutigen Ungarns, sind spätestens seit etwa 500 die Slawen (Slověne), die seit dem 10./11. Jahrhundert genauer als die Slowaken (Slovenin, Slovák) bezeichnet werden können. Ethnische Ungarn gab es, bis auf einige Adlige und einige Gebiete ganz im Süden, in der Slowakei im Mittelalter, genauer nach 925 und vor 1526, kaum.

Um 1150 kam es auf Einladung des ungarischen Königs hin zur ersten schütteren Besiedlung der Landschaft Zips und der Bergbaustadt Schemnitz (Banská Štiavnica) durch deutsche Siedler. Anfang des 13. Jahrhunderts erfolgte eine zweite Besiedlungswelle durch Deutsche in der Zips, und zwar durch Personen, die vor den Anhängern Philipp von Schwaben flüchteten. Die größte deutsche Besiedlungswelle in der Zips, den mittelslowakischen Bergbaugebieten und in Pressburg (Bratislava) kam jedoch nach dem Mongoleneinfall (1241-1242). Sie erfolgte wieder auf Einladung des Königs. Im 2. Viertel des 14. Jahrhunderts siedelten Deutsche am oberen Neutrafluss (die so genannte Deutschprobener Insel) und in der Kremnitzer Gegend. Seit dem 15. Jahrhundert kamen keine neuen deutschen Siedler mehr. Deutsches Recht wurde in den meisten slowakischen Städten bis zu der Zeit von Maria Theresia angewandt. Ab der Mitte des 14. Jahrhunderts setzte die Assimilierung der Deutschen durch die Slowaken ein. Im 15. Jahrhundert war die Anzahl der Deutschen bereits deutlich zurückgegangen, was unter anderem auf die vorübergehende Anwesenheit von tschechischen Hussiten in der Slowakei zurückzuführen war, vor denen viele Deutsche (nicht nur in der Slowakei) flüchteten. Siehe auch Karpatendeutsche, Hauerland.

Die ersten Zigeuner erreichten die Slowakei im 14. Jahrhundert, sie wurden erst seit dem 18. Jahrhundert zahlenmäßig bedeutsam.

Die ersten Juden kamen schon zur Zeit der römischen Legionen, sie wurden im Ungarischen Königreich, dessen Bestandteil die Slowakei war, stark diskriminiert, aber sie spielten erst ab dem 17. Jahrhundert eine größere Rolle (siehe weiter).

Ab der Mitte des 14. Jahrhunderts drangen auch die ersten so genannten Walachen in die Ostslowakei vor. Es handelte sich dabei vor allem um Ruthenen, aber auch Polen und Rumänen, die die Lebensweise der Walachen (Hirten, wallachisches Recht) übernommen haben. Anfangs war ihre Zahl sehr gering (ein paar Tausend). Erst ab 1450 erreichte die Besiedelung durch die Wallachen ein größeres Ausmaß, wobei damals bereits auch viele Slowaken aufgrund ihrer Lebensweise zu den so genannten Wallachen zählten. Ab dem 16. Jahrhundert waren bereits die meisten Walachen eigentlich Slowaken. Die Wallachen haben vor allem die Berge in der Nordslowakei besiedelt. Die ethnischen Polen unter ihnen schufen eine einzigartige Kultur und wurden als Goralen (slowakisch Horali) bezeichnet. Im 18. Jahrhundert wurden jedoch aus den Goralen in der Slowakei slowakisiert. Die Kolonisierung durch die Wallachen erreichte ihren Höhenpunkt in den 1540ern und 1550ern. Sie war vor allem für die Landschaft Orava wichtig, in der die Wallachen bis 1606 etwa 40 neue Siedlungen gegründet haben. Die letzten Siedlungen der Walachen entstanden im 17. Jahrhundert.

Um das Jahr 1400 war die ethnische Situation in der Slowakei wie folgt: Die Mehrheit der Bevölkerung machten die Slowaken aus (bis auf Gebiete im äußersten Süden, wo die Ungarn überwogen), die Deutschen erreichten 20 % und der Anteil der Ruthenen, Juden, Zigeuner und anderer Nationen war (noch) vernachlässigbar gering.

16. und 17. Jahrhundert

Nach der Besetzung des heutigen Ungarns durch die Türken (1541) bestand das Königreich Ungarn praktisch nur noch aus der Slowakei. Es traten daher einige Änderungen der ethnischen Zusammensetzung des Gebietes ein. Viele der ethnisch ungarischen Adligen flohen in die Slowakei (höhere Adlige in die Städte, restlicher Adel aufs Land). Der vorher vorwiegend slowakische niedrige Adel wurde dadurch weitgehend magyarisiert. Außerdem zogen auch viele ungarische Bürger in die Städte Bratislava (Pressburg), Trnava (Tyrnau), Košice (Kaschau) und Krupina (Karpfen). Die ethnische slowakisch-ungarische Grenze verschob sich deutlich nach Norden - ungefähr dort wo sie bis heute geblieben ist. Im 16. Jahrhundert wuchs die Anzahl der Slowaken, die Anzahl der Deutschen sank weiter. Die Städte der Slowakei, die bis ins 15. Jahrhundert ausschließlich von Deutschen regiert wurden, gingen im 16. Jahrhundert bereits vielerorts in slowakische Hände über. Im 16. Jahrhundert waren die folgenden Komitate ausschließlich oder überwiegend slowakisch: Arwa, Turz, Liptau, Sohl (Zvolen), Bars (Tekov), Neograd (Novohrad), Gemer, Zips und Abaujwar (Abov). Auf dem kleinen Gebiet unter türkischer Oberhoheit (die bis ins 17. Jahrhundert dauerte) in der südlichen Mittelslowakei gab es natürlich auch einige Türken. Zu den Walachen siehe oben.

Eine andere Folge der Besetzung Ungarns durch die Türken war es, dass im 16. Jahrhundert einige Tausend Kroaten, Slowenen und Serben in die Slowakei kamen. Die Kroaten siedelten sich in den Vororten Pressburgs an, wurden aber relativ schnell assimiliert. Die Serben kamen vor allem nach Komorn (Komárno). Nach der zweiten Besiedlungswelle durch Serben um 1690 in Pressburg und Komorn machten die Serben in Komorn eine bedeutende Gruppe aus, und die Stadt wurde vorübergehend zum Zentrum der Serben in Ungarn. Sie wurden aber danach von den dortigen Ungarn assimiliert. Auch die im 16. Jahrhundert in die Westslowakei geflüchteten deutschen Wiedertäufer (Hutterer) aus Mähren wurden im 17. Jahrhundert weitgehend assimiliert, soweit sie nicht nach Siebenbürgen weiterwanderten.

Im 17. Jahrhundert, jenem Jahrhundert, in dem die Gesamtbevölkerung der Slowakei zurückgegangen ist, waren viele Städte bereits überwiegend slowakisch. Die oben erwähnte Magyarisierung slowakischer Adliger hat zugenommen. Es entstanden oft ethnische Auseinandersetzung (Nationalitätenkonflikte) zwischen den Deutschen, Slowaken und Ungarn über die Führungspositionen in den Städten. Die Deutschen haben die Assimilierung durch die Slowaken befürchtet, die Deutschen und die Slowaken empfanden die neu angekommenen Ungarn, die zudem auch nicht die alten Vorschriften der Städte einhalten wollten, als Eindringlinge, und die Slowaken verbündeten sich mit den Ungarn gegen die Deutschen, um Führungspositionen in den Städten zu gewinnen.

Nach der Schlacht am Weißen Berg (1620) kamen einige Hundert tschechische protestantische Familien, die aus Tschechien geflüchtet sind, in die Westslowakei. Sie wurden dann langsam assimiliert. Außerdem sind weitere Anabaptisten (Habaner) aus Österreich gekommen.

Nach dem Sieg über die Türken von 1683, wurden die entvölkerten Gebiete der Südslowakei und anderer Gebiete des Ungarischen Königreichs durch Slowaken nachbesiedelt (auch noch im 18. Jahrhundert), so dass bis heute slowakische Inseln in Südosteuropa (Ungarn, Rumänien, Serbien usw.) existieren. Darüber hinaus sind am Ende des 17. Jahrhunderts relativ viele Juden in die Westslowakei (aus Mähren) und Ostslowakei (aus Galizien) gezogen.

18. Jahrhundert und 19. Jahrhundert

Die Volkszählung von Joseph II. von 1785 ergab das interessante Ergebnis, dass von den insgesamt 11.379 Gemeinden im ganzen Königreich Ungarn 3.668 Gemeinden ungarisch, 2.762 Gemeinden slowakisch, 1.849 kroatisch, 1.029 rumänisch, 890 deutsch, 702 ruthenisch usw. waren, d. h. nicht einmal ein Drittel der Gemeinden in Ungarn verfügten über eine ungarische Mehrheit. Auf dem Gebiet der Slowakei lebten damals zu 80% Slowaken. Die zweite Volksgruppe waren die Ungarn. In 16 Komitaten auf dem Gebiet der heutigen Slowakei bildeten die Slowaken die gesamte Bevölkerung oder die Bevölkerungsmehrheit, in 4 Komitaten waren sie eine Minderheit. Die vier Komitate waren alles Komitate, deren Großteil sich im heutigen Ungarn befand, nämlich Gran (Esztergom), Komorn (Komarno), Tornau (Turňa) und Abaujwar (Abov). Deutsche lebten in ihren traditionellen Sprachinseln bei Bratislava, im Hauerland und in der Zips. Ruthenen/Ukrainer lebten verstreut in der nordöstlichen Slowakei. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gab es auch Zuwanderer (religiöse und wirtschaftliche Flüchtlinge) aus Mähren in die Westslowakei. Vor allem nach dem Anschluss Galiziens an die Österreichische Monarchie (deren Bestandteil die Slowakei als Teil Ungarns war) von 1772 gab es vermehrt polnische Zuwanderer in die Arwa (Orava), jüdische Zuwanderer in die Nordslowakei und ruthenische Zuwanderer in die Nordostslowakei. Eine massenweise Zuwanderung von Juden aus Galizien gab es aber erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (33.000 bzw. 1.9% im Jahre 1787 gegen 103.000 bzw. 4.3% Juden im Jahre 1846). Im Laufe des ganzen 18. Jahrhunderts kamen jüdische Flüchtlinge aus Mähren in die Westslowakei. Bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hatten sich die 19.000 in der Slowakei lebenden Zigeuner zu einem sozialen Problem entwickelt. Die meisten von ihnen lebten damals in der Südslowakei. Von den Städten hatten am Ende des 18. Jahrhunderts nur drei eine andere als deutlich überwiegende slowakische Bevölkerung, und zwar Nové Zámky/Neuhäusel und Nitra/Neutra (ungarisch) und Nitrianske Pravno/Deutschproben (deutsch). Viele Deutsche und Ungarn gab es noch in Bratislava/Pressburg, der damals größten Stadt Ungarns. Im 18. Jahrhundert sind zudem aus den Goralen in der Slowakei ethnische Slowaken geworden.

Nach der Zählung von 1846 hat die Anzahl der Slowaken in der heutigen Slowakei relativ abgenommen, in den übrigen Teilen des Königreichs Ungarn relativ zugenommen, was beweist, dass die nach 1683 begonnene Auswanderung der Slowaken nach Süden auch in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts fortgesetzt wurde. 1846 lebten in den 10 Komitaten, die vollständig in der heutigen Slowakei liegen, 71 % Slowaken, 11,7 % Ungarn, 8,4 % Deutsche, 5,2 % Ruthenen und 3,7 % Juden. In den Komitaten, die zum Teil im heutigen Ungarn liegen, lebten 28 % Slowaken, 55 % Ungarn, 2,7 % Deutsche, 10 % Ruthenen und 3,4 % Juden.

Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, insbesondere die Zeit nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867, bedeutete eine starke, auch offiziell als Ziel erklärte Magyarisierung von Nicht-Ungarn, vor allem von Slowaken und Deutschen. In einem ersten Schritt wurden zum Beispiel sämtliche slowakischsprachigen Mittelschulen geschlossen, in einem zweiten Schritt wurde sogar 1907 die Verwendung der slowakischen und deutschen Sprache an den Volksschulen nur eine Stunde in der Woche als Fremdsprache (!) zugelassen. Folgende offizielle Zahlen belegen eindrucksvoll das Ausmaß der Magyarisierung der Völker der Slowakei. Zwischen 1869 und 1900 ist auf dem Gebiet der heutigen Slowakei (hier allerdings ohne das Komarom-Komitat und einschließlich des Ung-, Abaujwar- und Neograd-Komitats) die Gesamtbevölkerung um 13 % gestiegen. Die Anzahl der Slowaken ist dabei um 12 % und die der Ungarn um 31 % gestiegen. Die Anzahl der Deutschen ist hingegen um 5,8 % und die der Ukrainer/Ruthenen um 33 % gesunken. Es zu beachten, dass seit 1867 die Juden als Deutsche oder andere Nationalitäten ausgewiesen wurden, so dass der Rückgang der eigentlichen deutschen Bevölkerung in Wirklichkeit noch größer war. Zudem müssen die vier Komitate der Ostslowakei als eine besondere Region betrachtet werden, da es hier neben der Magyarisierung seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer durch Armut verursachten massenhaften Auswanderung vor allem von Slowaken in die USA gekommen ist. In diesen vier Komitaten ist dementsprechend zwischen 1869 und 1900 die Anzahl der Slowaken um 5 % und die der Deutschen um 17 % gesunken, während die Anzahl der Ungarn um 33 % und die der Ukrainer um 7 % zugenommen hat. Eine noch stärkere Magyrisierung ist in den 82 Städten und Kleinstädten der Slowakei eingetreten: Während die Gesamtbevölkerung der Städte zwischen 1880 und 1900 um 27 % zunahm, stieg die Anzahl der Ungarn um 90 % (!), die der Slowaken nur um 12.5 %, und die der Deutschen sank sogar um 5,6 %. In den zwei größten slowakischen Städten Bratislava/Pressburg und Košice/Kaschau ergab sich folgendes Bild:

Pressburg 1880 (vs. 1900): 16 % (31 %) Ungarn, 16 % (16 %) Slowaken und 68 % (51 %) Deutsche;
Kaschau 1880 (vs. 1900): 41 % (67 %) Ungarn, 42 % (23 %) Slowaken und 17 % (9 %) Deutsche.

Nach der Zählung von 1880 lebten auf dem Gebiet der heutigen Slowakei aufgrund der verwendeten Muttersprache 61 % Slowaken, 22.2 % Ungarn, 9,3 % Deutsche und 3,1 % Ruthenen. Die Deutschen hatten ihren größten Anteil mit 63,4 % im Bezirk Bratislava/Pressburg. Etwa die Hälfte der Bevölkerung erzielten sie nur noch in zwei Bezirken der Zips, und zwar unterhalb der Tatra und in der Südzips. Die Ungarn erreichten mehr als 80 % im gesamten heutigen Grenzgebiet zwischen Bratislava und dem Fluss Ipeľ/Eipel, dann im südlichen Gemer-Komitat und in der heutigen südöstlichsten Slowakei. Über 40 % erreichten sie in den angrenzenden Gebieten.

Erste Hälfte des 20. Jahrhunderts

Nach der letzten Zählung im Königreich Ungarn von 1910, die jedoch im Gegensatz zur der von 1880 in vielerlei Hinsicht absichtlich falsche Ergebnisse lieferte, gab es auf dem Gebiet der heutigen Slowakei aufgrund der verwendeten Muttersprache 57,8 % Slowaken, 30 % Ungarn, 6,8 % Deutsche und 3,3 % Ruthenen/Ukrainer. Die Deutschen und Ungarn lebten hauptsächlich weiterhin dort, wo sie auch schon 1880 ansässig waren.

Die ersten zwei Volkszählungen der Tschechoslowakei von 1921 (1930) ergaben folgendes Bild für die Slowakei: 64,7 % (66,8 %) Slowaken, 2,4 % (3,6 %) Tschechen, 21,2 % (17,2 %) Ungarn, 4,6 % (4,5 %) Deutsche, 2,85 % (2,7 %) Ruthenen/Ukrainer, 2,4 % (2,1 %) Juden und - % (0,8 %) Zigeuner. Es ist zu beachten, dass im Gegensatz zu den ungarischen Statistiken 1921 die Kategorie Jude und 1930 die Kategorie Roma wieder eingeführt wurde. Die Volkszählung von 1930 war die erste in jeder Hinsicht objektive Volkszählung in der Geschichte der Slowakei, bei der u. a. sowohl das subjektive Nationalitätsgefühl als auch die Nationalität nach der Muttersprache festgestellt wurde und auch die Möglichkeit bestand, sich als Jude oder Zigeuner zu deklarieren. Von den insgesamt 79 000 Juden in der Slowakei haben oben 9000 ihre Nationalität als Deutsch angegeben. Die jüdische Religion haben aber 135.951 Personen angeführt.

Zweiter Weltkrieg und die Nachkriegsjahre

Die Volkszählung von 1940 in der Ersten Slowakischen Republik (1939-1945), deren südliche überwiegend ungarische Gebiete von Ungarn annektiert worden waren, ergab für das damalige Staatsgebiet 86 % Slowaken, 1 % Tschechen, 2 % Ungarn, 3 % Ungarn, 3 % Juden und 5 % Deutsche. Die meisten Tschechen hatten schon am Anfang des Krieges die Slowakei verlassen müssen, vor allem weil sie im neuen Staat nicht mehr als Beamte und Lehrer gebraucht wurden. Im Zuge der Judenverfolgung nach 1941 und vor allem 1944 wanderten von den rund 90.000 Juden in der Slowakei mehr als 10.000 aus, etwa 70.000 kamen in deutschen Konzentrationslagern ums Leben. Gleich nach dem Kriegsende lebten in der Slowakei rund 10.000 Juden, die dann teils assimiliert wurden und teils ausgewandert sind. Ihre Anzahl ist heute vernachlässigbar gering.

Die Deutschen wurden am Kriegsende zum großen Teil evakuiert, zu einem kleineren Teil sind sie zusammen mit den Sudetendeutschen aufgrund des Potsdamer Abkommens vertrieben worden (siehe unter Karpatendeutsche).

Von den Ungarn verließen 31.780 die Slowakei im Zuge der Besetzung des Gebietes durch die Sowjetarmee, dabei handelt es sich um Personen, die nach der Besetzung der Südslowakei durch Ungarn im Jahre 1938 in den besetzten Gebieten als Besatzungskräfte neu angesiedelt worden waren. Doch auch die einheimische ungarischsprachige Bevölkerung wurde im Sinne einer Kollektivschuld als Verbündeter des Kriegsgegners Ungarn gesehen und sollte nach Ungarn ausgesiedelt werden (Beneš-Dekrete). Allerdings ließen die Alliierten eine totale Vertreibung der Ungarn in der Form wie die Vertreibung der Deutschen nicht zu. In der Folge passierte Folgendes:

  • 1946 erhielten viele Ungarn, die nachweisen konnten, dass sie auch slowakische Vorfahren hatten, die Möglichkeit, sich als Slowaken "umzumelden", was auch 326.000 Personen aus Angst vor Verfolgung getan haben. Nachdem allerdings den Ungarn im Oktober 1948 die ihnen 1945 entzogene tschechoslowakische Staatsbürgerschaft und andere Rechte wieder zuerkannt wurden, bekannten sich die meisten der obigen "reslowakisierten" Ungarn wieder zur ungarischen Nationalität.
  • Zudem wurden gleich nach dem Krieg rund 44.000 Ungarn in das nun entvölkerte Sudetenland im heutigen Tschechien zwangsweise (2.489 davon freiwillig) umgesiedelt. Davon kehrten allerdings gleich nach der Aufhebung der anti-ungarischen 1946er Gesetze 24.060 Ungarn 1949 in die Slowakei zurück. Der Rest blieb in Tschechien.
  • Die Alliierten stimmten einem Bevölkerungsaustausch zwischen der Tschechoslowakei und Ungarn zu. Ein entsprechender Vertrag zwischen der Tschechoslowakei und Ungarn wurde im Februar 1946 unterzeichnet. Es sollten nur so viele Ungarn aus der Slowakei nach Ungarn umgesiedelt werden, wie viele Slowaken aus Ungarn überredet werden können, in die Slowakei umzusiedeln. Obwohl eine zu diesem Zwecke nach Ungarn geschickte Umsiedlungskommission 473.552 Slowaken in Ungarn zählte und sich anfangs 98.805 Slowaken zur Umsiedlung gemeldet hatten, konnten nach systematischem Druck seitens ungarischer Behörden (Entlassungen der Angemeldeten, Wohnungsentzug etc.) nur 73.273 Slowaken umgesiedelt werden. Im Ergebnis wurden im Zuge des Bevölkerungsaustausches 68.407 Ungarn nach Ungarn umgesiedelt. Die Bewertung der Aussiedlungen und der damit verbundenen Enteignungen ist in der slowakischen Innenpolitik bis heute umstritten.
  • 6.000 Ungarn siedelten freiwillig nach Ungarn um.

Im Endeffekt war der Anteil der Ungarn in der Tschechoslowakei gegenüber dem Vorkriegsstand nur geringfügig gesunken.

Nicht zu vernachlässigen waren auch Umsiedlungen vor allem von Slowaken in das nun entvölkerte Sudetenland in Tschechien sowie die Auswanderung vieler mit der Ersten Slowakischen Republik von 1939-1945 und/oder mit antikommunistischen Standpunkten verbundenen Slowaken nach 1945.

Darüber hinaus kehrten 1945-1950 im Rahmen der sog. Reemigration etwa 130 000 - 140 000 Slowaken (und 60 000 Tschechen) vor allem aus Rumänien, Frankreich, Karpathenrussland, Jugoslawien und Bulgarien in die Tschechoslowakei zurück. Ein Großteil der reemigrierten Slowaken siedelte sich im Süden der Slowakei an.

Und schließlich verließen etwa 8.000 Ukrainer die Slowakei im Rahmen des zwischen der Tschechoslowakei und der Sowjetunion vereinbarten Bevölkerungsaustausches nach dem Anschluss der Karpatho-Ukraine an die Sowjetunion (25. Juni 1945).

Der letzte Eingriff in die ethnische Struktur der Slowakei erfolgte in 1952, als von der Kommunistischen Partei für die Ruthenen in den Schulen die ukrainische Sprache eingeführt wurde. Von da an bekannten sich viele Ruthenen (deren Sprache zwischen dem Ukrainischen und dem Slowakischen steht) zu den Slowaken und wurden mit der Zeit assimiliert. Dabei ist zu beachten, dass - entgegen den allgemeinen Ansichten - an den ruthenischen Schulen vor dem Krieg, während des Kriegs und dann bis 1952 nicht etwa auf Ruthenisch oder Ukrainisch unterrichtet wurde, sondern auf Russisch. Vor dem Zweiten Weltkrieg wurden sie sogar auch überall offiziell als Russen bezeichnet. Trotzdem empfanden sie den Übergang auf eine ihnen eindeutig nähere Sprache als einen Grund dafür, lieber Slowaken zu sein.

Zeitgeschichte

Ab den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts sind keine bedeutenderen Bevölkerungsverschiebungen in der Slowakei mehr eingetreten, außer dass der Anteil der Roma aufgrund ihrer höheren Geburtenrate zugenommen hat.

Die erste halbwegs objektive Volkszählung der Nachkriegszeit erfolgte erst 1961. Sie ergab folgendes Bild:

85,3% Slowaken, 12,4% Ungarn, 1,1% Tschechen, 0,8% Ruthenen und Ukrainer, 0,2% Deutsche, 0,2% andere

1991

Die erste Volkszählung nach dem Ende des kommunistischen Regimes gab es 1991:

85, 7% Slowaken, 10,8% Ungarn, 1,5% Roma, 1,1% Tschechen+Mährer+Schlesier, 0,3% Ruthenen, 0,2% Ukrainer, 0,1% Deutsche, 0,3% andere.

Obwohl es 1991 zum ersten Mal seit der Volkszählung von 1930 die Möglichkeit gab, als Nationalität Roma anzugeben, wurden vom Sozialministerium bei den Volkszählungen von 1970 und 1980 sowie im Jahre 1989 intern (daher auch glaubwürdig) auch schon separate Erhebungen diesbezüglich auf der Grundlage der Muttersprache gemacht. 1970 (1980, 1989) lebten danach in der Slowakei 159.275 (199.853, 253.943) Roma, d. h. 1980 4% der Bevölkerung. Obwohl sich bei der Volkszählung von 1991 nur 75.802 Personen zu den Roma bekannten, lebten nach den obigen Angaben des Arbeitsministeriums von 1989 253.943 Roma in der Slowakei. Da der Unterschiedsbetrag (etwa 170.000 Personen) bei der Volkszählung meistens die ungarische Nationalität angegeben hat, lebten 1991 in der Slowakei in Wirklichkeit wohl keine 10,8% sondern nur etwa 7,6% Ungarn, dafür aber natürlich entsprechend mehr Roma.

2001

Die letzte Volkszählung von 2001 ergab folgende Zahlen:

85,8 % Slowaken, 9,7 % Ungarn, 1,7 % Roma, 0,8 % Tschechen, 0,4 % Ruthenen, 0,2 % Ukrainer, 0,1 % Deutsche, 1,3 % andere.

2001 nahm also (wenn auch insgesamt betrachtet geringfügig) der Anteil und die Zahl der Slowaken (von 4.519.328 auf 4.614.854), Roma (von 75.802 auf 89.920) und Ruthenen (von 17.197 auf 24.201) zu, während der Anteil der Ungarn (von 567.296 auf 520.528), Tschechen (von 52.884 auf 44.620) und Ukrainer (von 13.281 auf 10.814) zurückging.

Bei den Ruthenen und Ukrainern gibt es viele Personen, die sich nicht für eine der beiden Nationalitäten (oder die slowakische Nationalität) entscheiden können, die Schwankungen ihrer Anzahl sind also vor allem auf diese Tatsache zurückzuführen. So war die Zahl der sich 2001 zur ruthenischen Muttersprache bekennenden Personen doppelt so hoch wie die Zahl der sich zur ruthenischen Nationalität bekennenden Personen. Bei den Ungarn ist der erste Rückgang ihrer Anzahl seit 1950 auf ihre (auch im Staat Ungarn) geringe Geburtenrate sowie vor allem auf die nach wie vor wachsende Zahl von Personen, die sich als Roma statt Ungarn bekennen, zurückzuführen. Obwohl die Zahl der Tschechen bereits 1991 gegenüber 1980 sank, ist der Rückgang in der letzten Volkszählung wohl zum Teil auch auf die Teilung der Tschechoslowakei von 1993 zurückzuführen. Die Zahl der Deutschen blieb gegenüber 1991 fast unverändert (5.405 Personen).

Obwohl die Anzahl der sich in der Volkszählung als Roma bekennenden Personen deutlich zunahm, ist ihre Anzahl wie bereits 1991 sämtlichen Quellen, Experten und einschlägigen Organisation zufolge in Wirklichkeit deutlich höher. 1999 ergab eine Untersuchung der Ansiedlungen der Roma 130.356 Roma, 2001 schätzte ein bekannter slowakischer Bevölkerungsexperte (B. Vaňo) die Zahl der Roma auf 365.000 und 2004 ergab eine soziologische Untersuchung von Ansiedlungen der Roma eine Schätzung von 320.000 Roma.

Ausgewählte Quellen

Tschechoslowakische und slowakische Volkszählungsergebnisse für die Slowakei:


Sonstiges:

  • BOBÁK, J.: Maďarská otázka v Česko-Slovensku (1944-1948), 1996
  • CAMBEL, S. (ed.): Dejiny Slovenska I - V, 1986 - 1992 (Standardwerk der Akademie der Wissenschaften)
  • ČAPLOVIČ, D.: Včasnostredoveké osídlenie Slovenska, 1998 (ausführlich über die Besiedlung der Slowakei im Frühmittelalter)
  • Encyklopédia Slovenska
  • HOCHBERGER, E.: Das große Buch der Slowakei, aktuelle Auflage (an einigen Stellen hinsichtlich der Zahlenangaben etwas veraltet)
  • HOCHBERGER, E.: Die Deutschen zwischen Karpaten und Krain, 1994
  • HORVÁTHOVÁ, E.:Cigáni na Slovensku. Historicko-etnografický náčrt, 1964
  • KOVÁČ, D. et al.: Kronika Slovenska I + II, 1998 + 1999
  • LISZKA, J.: Národopis Maďarov na Slovensku, 2003
  • MAREK, M.: Cudzie etniká na stredovekom Slovensku, 2007 (ausführlich über fremde Ethnien in der Slowakei im Mittelalter)
  • MLÁDEK, J.:Demografická analýza Slovenska, 2006
  • PAUKOVIČ, V.: Etnická štruktúra Slovenska, jej vývoj, demografické a sociálne charakteristiky in Sociológia, 26, 5; 1994
  • PODOLÁK, P.:Národnostné menšiny v Slovenskej republike z hľadiska demografického vývoja, 1998
  • STANĚK, T.:Německá národnostní skupina v Československu v letech 1947-1986 in:Slezský sborník, 88, 2; 1990
  • VADKERTY, K.: Maďarská otázka v Československu 1945-1948, 2002
  • VARSIK, B.:Národnostná hranica slovensko-maďarská v ostatných dvoch storočiach, 1940
  • VAŠEČKA, M. (ed.): Čačipen pal o Roma. Súhrnná správa o Rómoch na Slovensku, 2002


Speziell zu den Slowaken: siehe Quellen im Artikel Slowaken


Speziell zur Magyarisierung (hier mit Betonung auf Zahlen der Statistik):

  • RAPANT, D.: K počiatkom maďarizácie I. (Vývoj rečovej otázky v Uhorsku 1740-1790) + II (Prvé zákony maďarizačné), 1927 + 1933
  • RAPANT, D.: Ilegálna maďarizácia 1790-1840, 1947
  • VIATOR, S.: Racial Problems in Hungary, 1908 (http://uk.geocities.com/gogastransylvania/Seton-Watson/RacialProblems.htm)
  • Dejiny Slovenska II/III/IV (siehe oben)
  • MESÁROŠ, J.: Zložité hľadanie pravdy v slovenských dejinách, 2004
  • SVETOŇ, J.:
    • Materinská reč a znalosť reči v dátach maďarských štatistík, 1942
    • Slováci v Maďarsku. Príspevky k otázke štatistickej maďarizácie, 1942

Siehe auch


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