Europa-Union

Europa-Union


Die Europa-Union Deutschland e. V. ist die deutsche Sektion der Union Europäischer Föderalisten (UEF). Sie versteht sich als überparteiliche, überkonfessionelle und unabhängige politische Nichtregierungsorganisation mit dem Ziel eines europäischen Föderalismus. Die Jugendorganisation der Europa-Union heißt Junge Europäische Föderalisten.

Inhaltsverzeichnis

Selbstverständnis

Die Europa-Union Deutschland ist eine auf ehrenamtlichen Strukturen basierende Bürgerinitiative für Europa. Sie ist lokal, regional und national aktiv und vereint Vertreter aller gesellschaftlichen Gruppen. Die Europa-Union tritt für eine weitreichende europäische Integration ein. Als Mittlerin zwischen Bürgern und Institutionen der europäischen Politik engagiert sie sich für ein „Europa der Bürger“, das von einem gesellschaftlichen Konsens getragen werden soll.

Zur Gründungsidee gehört der Aufbau föderaler und demokratischer Strukturen, um die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zu ermöglichen. Die Einführung des Euro 2002 war ein Ziel der Europa-Union Deutschland. Weiter hält sie die Wiederherstellung des ökologischen Gleichgewichts, die Reglementierung der Gentechnologie, die Förderung regenerierbarer Energien, die Bekämpfung organisierter Kriminalität und die Ausarbeitung einer europäischen Verfassung mit Verweis auf die Globalisierung für unverzichtbar.

Zur Verbreitung von Informationen für die europäische Integration werden Vorträge, z. B. in Schulen und Vereinen, sowie Kolloquien, Wochenendseminare und Studienreisen zu Europäischen Institutionen veranstaltet.

Geschichte

Anfänge der Union Europäischer Föderalisten

Angeregt durch die konservative Paneuropa-Union des Grafen Coudenhove-Kalergi, die im Oktober 1923 in Wien gegründet wurde, bildeten sich in verschiedenen Schweizer Kantonen Gruppen, die sich für eine föderale Einheit Europas einsetzten. Am 24. Juni 1934 wurde die „Europa-Union“ gegründet.

Im August 1938 wurde in London die „Pax Union“ gegründet, die sich bald darauf „Federal Union“ nannte. 1940 hatte sie in Großbritannien mehr als 1000 Mitglieder, die sich für ein föderal strukturiertes Europa einsetzten.

1941 verfassten auf der italienischen Verbannungsinsel Ventotene die beiden Italiener Altiero Spinelli und Ernesto Rossi ihr sozialistisches Manifest von Ventotene, das vor allem in europäischen Widerstandskreisen Verbreitung fand. Spinelli legte 1984 als Abgeordneter des Europäischen Parlaments einen „Entwurf eines Vertrages zur Gründung der Europäischen Union“ vor.

In Frankreich gründete sich im Dezember 1941 eine Gruppe mit dem Namen „Combat“, die eine gleichnamige illegale Zeitung herausgab in der als Ziel die Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa gefordert wurde. Im Mai 1944 kam es in Genf zu einer Konferenz von Widerstandskämpfern. Auf ihr wurde eine Deklaration zugunsten einer europäischen Föderation verfasst, die gedanklich von den Ideen Altiero Spinellis und Ernesto Rossis beeinflusst war. Anlässlich des Zusammenschlusses französischer Widerstandsgruppen im Juni 1944 unter dem Namen „Comité Français pour la Fédération Européenne“ wurde eine Erklärung veröffentlicht, die auf die Notwendigkeit einer europäischen Föderation hinwies.

Im September 1946 lud die Schweizer „Europa-Union“ die europäischen Föderalisten zu einer Konferenz nach Hertenstein am Vierwaldstättersee ein. Es wurden zwölf Thesen verfasst, die als „Hertensteiner Programm"“ zur Grundlage der europäischen Arbeit der Nachkriegsjahre und zugleich zum politischen Gründungsdokument der späteren Europa-Union Deutschland wurden. Zur gleichen Zeit hielt Winston Churchill in Zürich ebenfalls ein Plädoyer für ein geeintes Europa. Der Hertensteiner Konferenz folgten noch zwei weitere in Luxemburg und Basel, bis im Dezember 1946 in Paris die „Union Europäischer Föderalisten“ (UEF) gegründet wurde, wobei Italiener, Franzosen und Niederländer besonders stark vertreten waren. Nach einer euroskeptischen britischen Quelle wurde die UEF bis in die 1960er Jahre zum Teil über das American Committee for a United Europe (ACUE) finanziert, welches vom US-Geheimdienst Office of Strategic Services (OSS) gelenkt worden war. [1]

Entstehung der Europa-Union in Deutschland

Einladungen zu den UEF-Veranstaltungen waren auch an Deutsche ergangen, diese konnten jedoch nicht teilnehmen, weil sie in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg von den Behörden der Besatzungszonen keine Reisegenehmigung bekamen. Einzige Ausnahme waren im Schweizer Exil lebende Deutsche, wie Heinrich Ritzel, ehemaliger SPD-Abgeordneter im Reichstag. Ritzel war seit 1939 Zentralsekretär der Schweizer „Europa-Union“. In mehreren Orten der westlichen Besatzungszonen - insbesondere der britischen - bildeten sich in dieser Zeit Gruppen, die sich die Einigung Europas zum Ziel gesetzt, jedoch zunächst wenig Kontakt untereinander hatten.

Heinrich Ritzel gelang es, über niederländische und englische Teilnehmer am Hertensteiner Treffen mit Wilhelm Heile, dem Landrat von Syke bei Bremen, Verbindung aufzunehmen. Heile hatte schon in der Weimarer Republik einen „Verband für europäische Cooperation“ gegründet. Zusammen mit dem Fabrikanten Wilhelm Hermes aus Mönchengladbach initiierte Heile am 9. Dezember 1946 einen Zusammenschluss der wichtigsten deutschen Europa-Gruppen. In Anlehnung an die schweizerische „Europa-Union“ hatte Ritzel auch für die deutschen „Europäer“ den Namen „Europa-Union“ vorgeschlagen. Heile wurde erster Vorsitzender und Hermes Geschäftsführer mit einem Sekretariat in Mönchengladbach.

Erste Kundgebungen gab es in Duisburg, Köln, Kiel und Lübeck. In der sowjetischen Besatzungszone wurden alle Aktivitäten der Europa-Union und anderer Europa-Verbände westlicher Prägung verboten. Der erste Kongress der Europa-Union fand im Juni 1947 in Eutin statt, an dem 200 Delegierte von 50 Bezirksgruppen teilnahmen. Im November 1947, nach dem Beitritt weiterer föderalistischer Gruppen in Deutschland, wurde die Europa-Union Mitglied der UEF und damit deren deutsche Sektion.

Unter dem Vorsitz von Winston Churchill wurde am 7. Mai 1948 in Den Haag ein Europa-Kongress einberufen, an dem mehr als 700 Politiker aus den Empfängerländern des Marshallplans teilnahmen. Er wurde von der UEF vorbereitet und vom ACUE finanziert. Wichtigstes Ergebnis war die Gründung des Europarats, und die Gründung der Europäischen Bewegung.

In Wiesbaden wurde 1949 der Deutsche Rat der Europäischen Bewegung, die heutige Europäische Bewegung Deutschland, gegründet, der auch die Europa-Union angehört.

Europa-Union 1949-1954

Nach dem Europa-Union Kongress von Eutin fand im Mai 1949 der 1. Kongress in Hamburg statt. Hier wurde der Publizist Eugen Kogon zum ersten Präsidenten gewählt. Unter Kogon vertrat die Europa-Union in den späten 1940er- und frühen 1950er Jahren die weltanschaulichen Interessen und Meinungen des deutschen Linkskatholizismus und des französischen integralen Föderalismus. Die Einigung Europas sollte an den Parlamenten vorbei geschehen. Im Laufe der Jahre nahm die Kritik an Kogons Führungsstil und der politischen Ausrichtung der Europa-Union zu. Hinzu kam seine finanzielle Misswirtschaft, mit der er den Verband Anfang der 1950er Jahre an den Rand des Ruins brachte, was den Anlass zu seiner Absetzung bot.

Am 2. Mai 1954 wurde der CDU-Bundestagsabgeordnete Paul Leverkuehn in einer Kampfabstimmung gegen Franz-Josef Strauß auf dem Kongress in Köln zum neuen Präsidenten gewählt. Nach einem schweren Autounfall und Anfeindungen wegen seiner nachrichtendienstlichen Tätigkeit im Zweiten Weltkrieg musste er aber bereits im September 1954 zurücktreten.

Europa-Union 1954-1978

Bei den Präsidentschaftswahlen auf dem Kongress in Hannover im Oktober 1954 ging Ernst Friedlaender als Sieger hervor, nachdem der Gegenkandidat Kurt-Georg Kiesinger seine Kandidatur zurückgezogen hatte. Nach dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft 1954 und dem massiven Rückgang der Mitgliederzahlen wurde das Ziel einer Massenorganisation zunächst nicht mehr angestrebt. Stattdessen konzentrierte sich der Verband auf die gezielte Beeinflussung der Regierungsbürokratie und der politischen Parteien. Die Westbindung der Bundesrepublik wurde befürwortet und unterstützt. Friedlaender zur Seite stand der Kölner Bankier Friedrich Carl von Oppenheim, der durch seine Kontakte in die Finanzwelt das wirtschaftliche Überleben der Europa-Union sicher stellen konnte.

Als Ernst Friedländer aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat, wurde von Oppenheim Mitte Januar 1958 in Bremen zum Präsidenten gewählt. In dieser Zeit zog das Generalsekretariat von Frankfurt nach Bonn, um engere Verbindungen zu bundespolitischen Akteuren aufzubauen und um die deutsche Außen- und Europapolitik stärker beeinflussen zu können. Gute Beziehungen bestanden zu Bundeskanzler Adenauer und insbesondere zum Auswärtigen Amt, welches die Europa-Union finanziell unterstützte. Die Standpunkte des Verbandes unter Friedlaender und von Oppenheim standen der Ansicht Kogons diametral entgegen. Erstens legte man sich eindeutig auf ein atlantisches und nach Westen orientiertes Europa fest, zweitens setze man einen Schwerpunkt auf wirtschaftliche Themen und bekannte sich drittens zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik.

Präsidenten seit 1949

Parlamentariergruppen

Seit etwa 2006 widmet sich die Europa-Union verstärkt der Parlamentarierarbeit. 70 Mitglieder des Europäischen Parlamentes und 125 des Deutschen Bundestages sind Mitglieder. Die Vorstände der einzelnen Gruppen sind überparteilich besetzt. Bundestag: Michael Link MdB FDP, Johannes Jung MdB SPD, Rainder Steenblock MdB Grüne, Günter Krings MdB CDU; Europaparlament: Alexander Alvaro FDP/ALDE, Michael Cramer Grüne/EFA, Norbert Glante SPD/SPE. Rainer Wieland CDU/EVP. Formen der Arbeit der Gruppen sind Veranstaltungen, wie z.B. das Parlamentarische Forum Europas Zukunft, und politische Initiativen, wie die Europabeflaggung des Reichstagsgebäudes.

Präsident der UEF ist der liberale britische Europaabgeordnete Andrew Duff.

Präsidium

Präsident

Vizepräsidenten

Schatzmeister

  • Franz Schoser

Präsidiumsmitglieder (durch den Kongress gewählt)

Präsidiumsmitglieder (durch den Bundesausschuss gewählt)

  • Ernst-Ludwig Göpfert
  • Michael-Georg Link MdB, Sprecher Europa-Union Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag
  • Jürgen Lippold
  • Elke Pütz
  • Otto Schmuck
  • Martin Seidel
  • Wolfgang Zapfe

Präsidiumsmitglieder (aufgrund einer Funktion)

  • Franz-Josef Klein, Vorsitzender des Bundesausschusses
  • Yvonne Nasshoven, Bundesvorsitzende der JEF
  • Bernd Hüttemann, Generalsekretär (mit beratender Stimme) Netzwerk Europäische Bewegung
  • Birgit Kößling, Bundesgeschäftsführerin (mit beratender Stimme)

In das Präsidium berufene Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens

Ehrenpräsidenten

Ehrenmitglieder des Präsidiums

Literatur

  • Wilfried Loth: Das Europa der Verbände: Die Europa-Union im europäischen Integrationsprozess (1949-1969). In: Jürgen Mittag/Wolfgang Wessels (Hg.): "Der Kölsche Europäer" - Friedrich Carl von Oppenheim und die Europäische Einigung. Aschendorff Verlag, Münster 2005.
  • Vanessa Conze: Für ein Europa im Westen: Friedrich Carl von Oppenheim und die Europa-Union Deutschland. In: Jürgen Mittag/Wolfgang Wessels (Hg.): "Der Kölsche Europäer" - Friedrich Carl von Oppenheim und die Europäische Einigung. Aschendorff Verlag, Münster 2005.
  • Aiga Seywald: 50 Jahre Einsatz für den Frieden, 50 Jahre Landesverband NRW der Europa Union Deutschland 1947-1997, Europa-Union Verlag, Bonn 1997; ISBN 3-7713-0547-0

Weblinks

Einzelnachweis

  1. Euro-federalists financed by US spy chiefs Daily Telegraph, 19. November 2000

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