- Fasttag
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Dieser Artikel befasst sich mit dem deutschen Begriff Fasten für Beschränkung der Nahrungsaufnahme oder Verzicht auf Nahrung und Genussmittel. Zu dem eingedeutschten Begriff Fasten für lateinisch Fasti siehe dort. - der religiösen Praxis, u. a. in der christlichen Fastenzeit und im muslimischen Fastenmonat Ramadan
- in mehreren Religionen, der Vorbereitung auf religiöse Feste
- einem Gewinn an seelischer Harmonie und an Demut
- einer Förderung der Wahrnehmung und der eigenen Aufmerksamkeit
- einer Erhöhung der Willenskraft und Vorbereitung auf spezielle Herausforderungen
- der Trauer über einen Todesfall oder sonstigen Verlust
- dem Zuwachs an psychischer und sozialer Kontrolle bzw. Macht (siehe z. B. Mahatma Gandhi oder allgemein Hungerstreik),
- und (bei gezielter Methodik) auch dem Abnehmen, bzw. der Kontrolle des Körpergewichts.
- Fastenwandern, Fastenbrechen
- Hungerstreik, Hungerstoffwechsel
- Fastnacht, Karneval
- Satyagraha, Lichtfasten
- Wüstentage, Kasteiung
- Peter Gerlitz, Hugo Mantel, Stuart George Hall, Joseph H. Crehan: Fasten/Fasttage I. Religionsgeschichtlich II. Judentum III. Biblisch und kirchenhistorisch. In: Theologische Realenzyklopädie 11 (1983), S. 41–59 (histor. Überblick)
- Carolyn Walker Bynum: Holy Feast and Holy Fast. The Religious Significance of Food to Medieval Women. Berkeley 1987. (Zur mittelalterlichen Geschichte des Fastens)
- Abbildung Galerie: Fasten in Jainism
- Evangelische Fastenaktion
- Fasten im Kirchenjahr
- Kleines Begriffslexikon: Fasten
- Matthäus 6,16–18: Jesus über das Fasten
- Medizinische Tipps fürs Fasten
- Umstimmung durch Fasten
Fasten ist eine Form menschlicher Kultur entweder mit verminderter Nahrungsaufnahme und Elementen der Askese oder vollständigem Nahrungsverzicht, d. h. als Leben aus körpereigenen Reserven. Das Wort kommt vom gotischen fastan = (fest)halten, beobachten, bewachen; bzw. althochdt.: fasten = fest (an den Geboten der Enthaltsamkeit festhalten).
Im übertragenen Sinn steht Fasten seit längerem auch für die Elemente der säkularen bzw. laizistischen oder volkstümlichen Askese allein.
Wird nur eine bestimmte Art der Nahrung – beispielsweise Fleisch – oder ein Suchtmittel weggelassen oder eingeschränkt, spricht man von Enthaltung oder Abstinenz.
Inhaltsverzeichnis |
Allgemeines
Fasten als Gestaltungselement des Lebens ist historisch in allen Religionen belegt und kommt in vielfältigen Formen sowie in teilweise festgelegten Ritualen vor: Für bestimmte Jahreszeiten oder Zeitabschnitte, kollektiv oder individuell, als völliger oder teilweiser Verzicht auf Nahrungsmittel sowie auf Genussmittel, Fleisch, Alkohol, Sexualität u. a. Kulturhistorisch überwiegen Fastenzeiten im Frühling, wo sie neben religiösen Aspekten besonders auch der Darmreinigung nützlich sind. Dazu sagte Hippokrates von Kós: „Sei mäßig in allem, atme reine Luft, treibe täglich Hautpflege und Körperübung … und heile ein kleines Weh eher durch Fasten als durch Arznei.“
In der Neuzeit finden sich Formen des therapeutischen Fastens, etwa eine Diät begleitend oder in der Trauerarbeit, bis hin zu Formen des Protestes im Hungerstreik und des politischen Fastens, z. B. eines Mahatma Gandhi. Andererseits lässt sich der soziologische Trend erkennen, alte medizinische oder religiöse Traditionen neu zu entdecken.
Im religiösen Kontext schließlich dient das Fasten unter anderem der Reinigung der Seele, der Buße im Christentum, der Abwehr des Bösen, dem Streben nach Konzentration, Erleuchtung oder Erlösung.
Allgemein soll das Fasten mittels reduzierter Nahrungsaufnahme mehreren Zwecken dienen:
Religiös motiviertes Fasten
Viele Religionen kennen Tage oder Perioden des Fastens. Im alten Ägypten war das Fasten bekannt. Die Fastenkultur beinhaltete unter anderem den Verzicht auf Fischgerichte in der Laichzeit. Die 40-tägige Fastenzeit vor Ostern sollen die ägyptischen Kopten so von ihren Vorfahren übernommen haben.
Auch die Bahai-Religion kennt eine Fastenzeit im Monat Ala (2. bis 20. März). In der Askese-Kultur Ostasiens und im Hinduismus spielt die Enthaltsamkeit auch im Yoga eine Rolle.
Christentum
Das Christentum kennt vornehmlich die vierzig Tage der Fastenzeit im Frühjahr, die der Vorbereitung auf Ostern dienen und an die 40 Tage erinnern, die Jesus Christus fastend und betend in der Wüste verbrachte. Demgegenüber tritt der Aspekt des Nahrungsverzichts bei der Adventszeit, die ebenfalls eine Buß- und Fastenzeit darstellt, mehr in den Hintergrund. Mehrfach berichtet auch das Alte Testament vom Fasten als Zeichen der Trauer; so fastete König David nach dem Tod seines Sohnes Absalom. Es entwickelte sich eine Praxis, dass man zweimal pro Woche, Mittwoch und Freitag, (teil)fastete. Das Fasten der Katechumenen vor der Taufe gab es schon im Frühchristentum, die Fastenzeiten vor den höchsten Festen Ostern und Weihnachten kamen später hinzu.
Jesus Christus rief in der Bergpredigt (Mt 6,16-18 EU) zur Demut bei der Übung des Fastens auf:
„Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler. Sie geben sich ein trübseliges Aussehen, damit die Leute merken, dass sie fasten. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten. Du aber salbe dein Haar, wenn du fastest, und wasche dein Gesicht, damit die Leute nicht merken, dass Du fastest, sondern nur dein Vater, der auch das Verborgene sieht; und dein Vater, der das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.“
Fasten bei Katholiken und Orthodoxen
Hauptartikel Fastenzeit
Die katholische Kirche hat körperlichen Zeichen von jeher viel Beachtung geschenkt. Doch wurde seit etwa 1960 die entsprechende kirchliche Bußpraxis gelockert – als strenge Fast- und Abstinenztage gelten verpflichtend nur noch Aschermittwoch und Karfreitag (einmalige Sättigung und eine kleine Stärkung). Hingegen ist eine persönliche Form des Opfers bzw. der Abstinenz an jedem Freitag geboten, die viele Katholiken zusätzlich auch am Mittwoch pflegen.
In asketisch lebenden Ordensgemeinschaften verzichten die Mitglieder völlig oder zumindest wöchentlich an mehreren Tagen auf tierische Nahrung, teils auch auf Milchprodukte, Öl und Eier. In den Klöstern des Mittelalters wurde die Entwicklung medizinisch wertvoller Fastenbiere gefördert.
Die orthodoxen Kirchen kennen vier mehrwöchige Fastenperioden pro Jahr, teilweise mit völligem Verzicht auf tierische Nahrungsmittel, Alkohol sowie Fett und Öl; dazu kommt auch hier das Fasten am Mittwoch und Freitag. Allerdings hatte das Fasten in den orthodoxen Kirchen – mit Ausnahme Russlands – nie einen so stark verpflichtenden Charakter wie in der Westkirche. Aktuell finden sich die strengsten Fastenregeln in der russisch-, rumänisch- und griechisch-orthodoxen Kirche, wo während der Fastenzeiten auf Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte, Eier, Milchprodukte, Alkohol und Olivenöl verzichtet wird. Lediglich an Gedenktagen der Heiligen sind Wein, Olivenöl und Fisch erlaubt. In der syrisch-orthodoxen Kirche hingegen fasten die Gläubigen mittwochs und freitags, indem sie auf Fleisch-, Eier- und Milchprodukte verzichten. Fischprodukte, Meeresfrüchte und Honig bilden eine Ausnahme.
Zur Nüchternheit vor dem Empfang der Kommunion siehe Eucharistische Nüchternheit.
Einflüsse der Reformation
Die Reformatoren des 16. Jahrhunderts kritisierten die kirchlichen Fastengebote als reine Äußerlichkeiten, durch die das Wohlwollen Gottes nicht erlangt werden könne. Ulrich Zwinglis Reformation in der Schweiz begann mit einem demonstrativen Wurstessen während der Fastenzeit.
Martin Luther hat zwar auch gefastet, das Fasten aber zugleich als „Gutes Werk“ abgelehnt: Der Mensch werde nicht durch das Fasten angenehm bei Gott, sondern allein durch die Gnade, allein durch den Glauben.
In den vergangenen Jahren haben neben den großen christlichen Kirchen insbesondere evangelikale und charismatische Kreise das Fasten neu entdeckt und praktizieren oft auch bewussten Verzicht (auf Schlaf um mehr Zeit für das Gebet zu haben, auf einzelne Mahlzeiten zugunsten von Hungernden usw.), allerdings nicht als Kirchengebote, sondern als freiwillige spirituelle Erfahrung. Ähnlichen Zwecken dient die in vielen Pfarreien praktizierte Fastensuppe anstelle des üblichen Mittagessens. Die kanadischen Mennoniten riefen vor dem letzten Golfkrieg zu weltweiten Fastentagen und Friedensgebeten auf. Dieses Fasten wurde inhaltlich von Jesaja 58,3–8 hergeleitet. In biblischer Tradition wird das Fasten vom Anlass (Kriegsgefahr) her begründet, nicht kirchenjahreszeitlich verankert.
Ebenfalls hat sich in den vergangenen Jahren auch bei vielen evangelischen Christen die Aktion „Sieben Wochen ohne – Verzicht, ein Gewinn“ durchgesetzt. Christen verzichten in der Fastenzeit bewusst auf Alkohol, Süßigkeiten oder Fernsehen. In vielen Gemeinden wird diese Aktion durch regelmäßige Treffen begleitet.
Christliche Mystik
Es gab und gibt christliche Menschen, die in ihrem Leben Zeiten der Askese mit Zeiten der Lebensfreude und des Genusses verbinden konnten bzw. können. Von der Mystikerin und Kirchenlehrerin Teresa von Ávila (1515–1582) ist der Ausspruch überliefert: „Wenn Rebhuhn, dann Rebhuhn – wenn Fasten, dann Fasten“. Ebenfalls der heiligen Teresa wird auch der Ausspruch zugeschrieben: „Sei freundlich zu deinem Leib, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.“ Er dient dem traditionellen, teils wieder neu entdeckten religiösen Fasten, teils als Heilfasten in Gruppen im kirchlich-volksnahen Umfeld, als Richtschnur, z. B. durch geeignete Getränke den fastenden Körper zu unterstützen.
Islam
Hauptartikel Ramadan
Der Islam nennt das Fasten eine der „fünf Säulen“. Als Zeichen der Demutsbekundung vor Gott versteht er das Fasten. Er schreibt das Tagesfasten für den Monat Ramadan vor – , welcher wegen des Mondkalenders in den höheren Breitengraden allmählich durch die Jahreszeiten wandert.
Judentum
Das Judentum kennt mehrere Zeiten des Fastens – insgesamt gibt es dort, übers Jahr verteilt, sechs Fastentage, deren bekanntester wohl Jom Kippur ist, der Große Versöhnungstag. Hierbei wird für 25 Stunden auf jegliches Essen und Trinken verzichtet.
Heilfasten
Siehe Heilfasten
Als Heilfasten wird ein Fasten verstanden, das zu einem höheren Wohlbefinden oder verbesserter Gesundheit führen soll. Seine vermuteten positiven gesundheitlichen Eigenschaften sind wissenschaftlich überwiegend nicht belegt. Es zählt daher mehr der psychologische Aspekt der "Erfahrung Fasten".
Neben einigen älteren Kur- und Fastenformen (siehe Pfarrer Kneipp) haben sich im 20. Jahrhundert zahlreiche ärztlich begleitete Formen des Fastens mit erwünschter „Entschlackung“ oder „Regeneration“ von Körper und Seele etabliert. Gemeinsam ist diesen, dass sie einige Tage der Vorbereitung erfordern, eine gezielte Darmentleerung anstreben und täglich etwa drei Liter zu trinken sind. Vorherige oder begleitende ärztliche Untersuchungen minimieren mögliche Risiken, und das Ende des Heilfastens (früher Fastenbrechen genannt) wird behutsam gestaltet.
Während der Fastenzeit kommt es zu einer Anpassung an den Nährstoffmangel – der sogenannten Hungeradaptation. Der Hungerstoffwechsel stellt eher eine Belastung und Mangel-(Selbst-)ernährung dar. Man kann sich eine solche Umstellung als ein Schalten zwischen zwei Körperbetriebsarten vorstellen: zum einen die Versorgung durch regelmäßige abwechslungsreiche Nahrungsaufnahme und zum anderen das Fasten mit keiner Nährstoffaufnahme und Versorgung durch wenige monotone Körperreserven mit der Ansammlung von Stoffwechselschlacken.
Siehe auch
Literatur
Weblinks
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