Feuchttemperatur

Feuchttemperatur

Ein Psychrometer (von griechisch psychrós – frostig, kühl, kalt) ist ein meteorologisches Messgerät zur Bestimmung der Luftfeuchtigkeit, bzw. der Feuchtkugeltemperatur.

Inhaltsverzeichnis

Physikalische Grundlagen

An der Oberfläche eines Volumens flüssigen Wassers treten stets Wassermoleküle aus dem Flüssigkeitsverbund in die umgebende Luft über, sie verdunsten. Die dafür aufzuwendende Energie (Latentwärme, Verdampfungsenthalpie) wird dem thermischen Energieinhalt der Wasseroberfläche entnommen, welche deshalb abkühlt (Verdunstungskühlung). Andererseits treffen stets Wassermoleküle aus der Luft auf die Wasseroberfläche und kondensieren dort, wobei die früher zur Verdunstung jedes Moleküls aufgewendete Latentwärme wieder frei wird und die Wasseroberfläche erwärmt (Kondensationswärme). Es hängt von der Kondensationsrate und damit von der Dichte der Wassermoleküle in der Luft ab, in welchem Ausmaß die Verdunstungskälte durch Kondensationswärme kompensiert wird. Die Unterkühlung einer verdunstenden Wasseroberfläche unter die Lufttemperatur ist daher ein Maß für die Luftfeuchtigkeit.

Funktionsprinzip

Psychrometer mit Ablesetafel
Psychrometer-Kombination aus zwei Temperatursensoren

Das Psychrometer besteht aus zwei Thermometern, von denen eines, das Feuchtthermometer, in ein feuchtes Material gehüllt ist, zum Beispiel mit Wasser befeuchtetes Baumwollgewebe. Je trockener die Luft ist, desto schneller verdunstet die Flüssigkeit, desto mehr Verdunstungskälte wird hervorgerufen und desto größer ist die Temperaturdifferenz zwischen den beiden Thermometern. Aus der Temperaturdifferenz kann man mit Hilfe von Psychrometerformeln oder -tafeln die relative Luftfeuchtigkeit sowie weitere Parameter ermitteln. Das psychrometrische Messprinzip ist eines der genauesten und wird deshalb in Wetterstationen, wo es auf genaue Messungen ankommt, oder in Referenzgeräten verwendet. Voraussetzung für eine genaue Messung ist, dass das Feuchtthermometer ständig ausreichend von Luft umströmt wird, damit die Verdunstung nicht durch den bereits entstandenen Wasserdampf behindert wird.[1]

Aus der beobachteten Psychrometerdifferenz \vartheta_L - \vartheta_f lässt sich der Dampfdruck e der Luft in guter Näherung nach der folgenden Psychrometerformel berechnen:[2]

e = E_f - \gamma \cdot (\vartheta_L - \vartheta_f)
e \, : Wasserdampfpartialdruck der Umgebungsluft in hPa
E_f \, : Sättigungsdampfdruck bei der Temperatur der feuchten Oberfläche in hPa
\vartheta_L \, : Lufttemperatur in \,^{\circ}\mathrm{C}
\vartheta_f \, : Temperatur der feuchten Oberfläche (Feuchttemperatur) in \,^{\circ}\mathrm{C}
\gamma \, : Psychrometer-Konstante:  
    \gamma \, = \, 0{,}67 \, \mathrm{hPa/K}; in Höhen bis 500 m kann vereinfacht mit diesem Wert gerechnet werden
    \gamma_{\rm Wasser} \, = \, 0{,}653 \cdot 10^4 \cdot ( 1+0{,}000944 \, t)\, \mathrm{p K^{-1}} bei nassem feuchtem Thermometer
    \gamma_{\rm Eis} \, = \, 0{,}575 \cdot 10^4 \, \mathrm{p K^{-1}} bei vereistem feuchtem Thermometer

Für die Herleitung dieser Formel wird angenommen, im Gleichgewichtszustand stelle sich die Temperatur \vartheta_f so ein, dass der durch die Dampfdruckdifferenz e - E_f(\vartheta_f) verursachte Dampfdiffusionsstrom beim Verdunsten gerade die Latentwärme verbraucht, die der durch die Temperaturdifferenz  \vartheta_L - \vartheta_f verursachte Wärmestrom von der Luft an das feuchte Thermometer nachliefert.

Geringfügige Abhängigkeiten der Latentwärme und der spezifischen Wärmekapazität der Luft von Temperatur und Feuchte wurden dabei ignoriert. Der Wärmestrom durch den Thermometerhals und die langwellige Wärmeeinstrahlung wurden wegen ihrer Geringfügigkeit ebenfalls vernachlässigt. Bei Bedarf können sie über Korrekturfaktoren berücksichtigt werden.

Die Psychrometerformel (auch: Sprungsche Formel) wurde erstmals von A. Sprung aufgestellt (1888). In den daraus abgeleiteten Tabellen oder graphischen Psychrometertafeln kann die relative Luftfeuchtigkeit einfach abgelesen werden.

Ausführungstypen

Schleuderpsychrometer

Voraussetzung für eine korrekte Luftfeuchtemessung ist, dass die Verdunstung in die zu untersuchende Luft hinein erfolgt, nicht in die vom Psychrometer selbst durch Verdunstung befeuchtete Luft. Es ist daher sicherzustellen, dass stets in ausreichendem Maße frische Luft zugeführt wird. Dies ist der Fall, wenn die Ventilationsgeschwindigkeit mindestens 2 m/s, nach Möglichkeit mehr, beträgt.

Das Aspirationspsychrometer nach Richard Aßmann ist zu diesem Zweck mit einem eigenen Ventilator (Aspirator) ausgestattet. Es erreicht eine Messgenauigkeit von +/−0,5 %. Es kommt den für die Herleitung der Psychrometerformel angenommenen Idealisierungen besonders nahe, da wegen der schmalen Form die Wärmezuführung über den Thermometerhals besonders gering ist und langwellige Wärmestrahlung durch die verchromte Umhüllung gut abgehalten wird.

Für den Einsatz im Gelände gibt es Schleuderpsychrometer, bei denen man die notwendige Ventilation erreicht, indem die miteinander verbundenen Thermometer an einer Schnur oder einem Handgriff herumgeschleudert werden.

Siehe auch: Hygrometer

Literatur

  • Häckel, H.: Meteorologie, Ulmer, 1999
  • Sprung, A.: Über die Bestimmung der Luftfeuchtigkeit mit Hilfe des Assmannschen Aspirationspsychrometers, Z. Angew. Meteorol., Das Wetter, 5 (1888), S. 105–108

Weblinks

Beispiel für graphische Psychrometertafel

Einzelnachweise

  1. Vorlesungsskript zur Einführung in die Meteorologie der Ruhr-Universität Bochum
  2. H. Häckel: Meteorologie. Ulmer, Stuttgart 1999, 4. Aufl., ISBN 3-8252-1338-2, S. 369f.

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