Filmtheater Weltspiegel

Filmtheater Weltspiegel

Das Filmtheater Weltspiegel in Cottbus ist, nach dem Burg Theater[1] in Burg (bei Magdeburg), der zweitälteste noch betriebene Kinozweckbau Deutschlands.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der erste feste Kinoraum in Cottbus wurde 1907 im ehemaligen Mietshaus am Neumark 5 eingerichtet. Im Jahre 1908 plante der Besitzer des Hotels »Weißes Roß« am Berliner Platz, auf dem Nachbargrundstück einen eigenständigen Kinobau mit 268 Plätzen errichten zu lassen. Dieses Vorhaben kam aber nicht zur Ausführung. Im Oktober 1910 legte Carl Lindemann aus Tegel Pläne zum Umbau des hofseitigen Speichergebäudes an der Kaiserstraße 79 zu Kinozwecken vor. Sein Antrag wurde jedoch vom Magistrat der Stadt Cottbus abgelehnt.

Der Cottbuser Geschäftsmann Paul Schneider, der Eigentümer der Grundstücke Kaiserstraße 78/79, hatte 1907 die »PhotographischeGesellschaft Weltspiegel m.b.H.« gegründet, aus der Anfang 1911 die »Lichtspiel-Gesellschaft Weltspiegel m.b.H.« hervorging. Für diese Gesellschaft hatte schon Ende 1910 der Cottbuser Architekt Paul Thiel das Modell für ein Kinogebäude auf dem Grundstück Kaiserstraße 78 entworfen. Im Mai 1911 – Paul Thiel war bereits im April verstorben – konnten die Bauarbeiten unter der Leitung des Cottbuser Architekturbüros Schmidt & Arnold beginnen. Die Ausführungsarbeiten übernahm das Unternehmen des Cottbuser Maurermeisters Moritz Hausten. Erst am 25. September 1911, als der Kinoneubau an der Stelle der ehem. Vorgarteneinfriedung vor der Vollendung stand, wurde die offizielle Baugenehmigung vom Magistrat erteilt.

Die Eröffnungsvorstellung des Filmtheaters »Weltspiegel« mit 600 Plätzen im Parkett und 180 Plätzen im Rang sowie Rang- und Parkettlogen fand am Mittwoch, den 4. Oktober 1911 statt.

Im Laufe der Jahrzehnte fanden am und im Gebäude zahlreiche Veränderungen statt. Schon wenige Jahre nach der Eröffnung musste aufgrund neuer baupolizeilicher Vorschriften an der Westseite ein zweiter Treppenaufgang zum Rangbereich angebaut werden, was auch zur Verbreiterung der Fassade an der Südseite führte. In den zwanziger Jahren konnte sich der »Weltspiegel« erfolgreich gegen konkurrierende Cottbuser Kinobetreiber behaupten. Am 29. Mai 1929 fand im »U.T. Weltspiegel« die erste Tonfilmvorführung in Cottbus statt. In einer Anzeige vom 27. Dezember 1929 erklärte sich das Kino zum größten Lichtspielhaus in der Niederlausitz.

Im Jahre 1949 wurde die Fassade nach geringen Kriegseinwirkungen instandgesetzt und vereinfacht. Zwischen 1952 und 1956 erfolgten Renovierungs- und Umbauarbeiten im Inneren des Gebäudes. Der »Weltspiegel« zählt zu den ersten Kinobauten Deutschlands, deren Bühnen man 1956 auf anamorphotische Breitwandwiedergabe umstellte. Weitere Veränderungen und Instandsetzungsarbeiten sind 1977 und 1990 durchgeführt worden. Das Filmtheater »Weltspiegel« zählt zu den wenigen noch erhaltenen ersten Kinozweckbauten, die zwischen 1906 und 1911 auf dem Gebiet des Deutschen Reiches in Städten wie Hamburg, Stettin, Freiburg und Berlin entstanden. Es ist der zweitälteste reine Kinozweckbau Deutschlands.

Architektur

Die späthistoristische Putzfassade des Cottbuser Filmtheaters »Weltspiegel«, die in konvexem Bogen dem Verlauf der Grundstücksgrenze folgt, ist von architekturhistorischer Bedeutung. Wie ein Foto aus dem Jahre 1930 zeigt, war die Putzfläche des Erdgeschosses durch horizontale Nuten akzentuiert, einem Gestaltungsprinzip, das sich bis in die Renaissance zurückverfolgen lässt und das auch 1907/08 beim Bau des Cottbuser Stadttheaters seine Anwendung fand. Der zweiachsige, die Trauflinie überragende Mittelrisalit wird im Bereich der Eingangshalle von zwei hohen kassettierten Rundbögen geöffnet. Im Obergeschoss wird er von schmalen, hochrechteckigen, gesproßten Fensterfeldern untergliedert. Die vertikale Hervorhebung des Mittelrisalites geschieht durch drei Pilasterbahnen, deren Schäfte durch spätbarocke Kartuschenbänder, die von Wellenbändern begleitet werden, akzentuiert sind. In den Feldern des gestaffelten Traufgesimses sind Putti auf Widderkopfkonsolen stehend zwischen ornamental gerahmten Kartuschen angebracht. Gekrönt wird der obere Abschluss des Mittelrisalites durch eine Attika mit dem Relief: Weltspiegel

Die historische Bedeutung

Beim Bau des Cottbuser »Weltspiegel« setzte man neue Maßstäbe in der Grundrißgestaltung. In ihrer funktionalen Anordnung verbindet sie die räumliche Abfolge von Kassenhalle, Foyer und Zuschauerraum mit Rang. Als eine optische Attraktion der Innengestaltung erweist sich die Kassettendecke des Zuschauerraumes, die noch in ihrer ursprünglichen Gestalt erhalten ist und deren vertiefte Felder von Rauten und Glühlampen geziert sind. Ihre Farbgebung wurde allerdings im Laufe der Jahrzehnte mehrfach verändert. Ursprünglich zeigte sie sich in einem Umbraton, so dass sich die Zuschauer im geheimnisvollen dunklen Kinosaal zusammenfanden. Vermutlich um 1921 erhielt die Decke einen Goldbronze-Anstrich. Während der Renovierungsarbeiten des Jahres 1952 faßte man die Decke in einem grünen Pastellton, der farbig auf die damals angebrachte dunkelgrüne Stoffbespannung der Seitenwände abgestimmt war. Erst 1977 erhielt die Decke den weißen Anstrich.

Gegenwart und Zukunft

Nach mehreren Betreiberwechseln öffnete der Weltspiegel im November 2006 wieder Türen und Vorhang. Im Programm befanden sich vorwiegend Arthouse-Filme sowie Kabarett- und Musikveranstaltungen. Dadurch besetzt der Weltspiegel eine Nische zwischen den modernen Multiplex- und kommunalen Kinos der Region. Um den Weltspiegel als Einzeldenkmal und Kulturstätte zu erhalten ist eine zukunftsweisende Sanierung zwingend notwendig. Daraus resultierte der Entschluss, das Grundstück ab März 2010 komplett zu bebauen und den Altbau mit einem Neubau zu erweitern, der eine multifunktionale Nutzung ermöglicht. Die Erhaltung bzw. Restauration konzentrierte sich vorrangig auf die Fassade, den Eingangsbereich, das östliche Jugendstiltreppenhaus und den Saal mit dem Schwerpunkt, sich dem Originalzustand größtmöglich zu nähern. Zusätzlich wurden rückgebaute Elemente wie z. B. die Empore mit dem Weltspiegelschriftzug neu errichtet oder wieder in ihren Urzustand zurückversetzt. Handwerkliches Können und Traditionen vereinen sich hier nahtlos. Ausgestattet mit modernster 3D Digitalprojektion und Satellitentechnik können nach der Ausbauphase Kinofilme, nationale und internationale Konzerte oder Events in Echtzeit im Weltspiegel wiedergegeben werden. Die multifunktionale Gestaltung der Saalebene mit einfahrbarer Podestierung zu einer waagrechten Echtholzparkettfläche bietet universelle Raumnutzungsvarianten. Am 31. Mai 2011 wurde das historische Haus mit einer Festveranstaltung feierlich wiedereröffnet.Der international gefeierte Regisseur Wim Wenders war Gast des Abends, gleichzeitig erlebte sein Film "Pina" in 3D die Premiere im Cottbuser Weltspiegel. Der Kinobetrieb startete am 2. Juni 2011. Derzeit erfolgt der Innenausbau der zwei neuen Kinosäle mit je 80 Plätzen, die Fertigstellung der Dachterrasse und der Filmbar im Erdgeschoß. Pünktlich zum 100. Geburtstag am 4. Oktober 2011 wird mit der Eröffnung aller Neubauten gerechnet.

Technische Daten

Das Filmtheater bietet demnächst einen behindertengerecht zugänglichen Saal, welcher mit einem DTS-Mehrkanal-Tonsystem ausgestattet ist. Der Saal verfügt über Sitze für 500 Zuschauer.Der Digitalprojektor ist vom Typ NEC NC2000C DLP, und die Leinwand hat eine Fläche von 45m² und eine maximale Diagonale von 11m.

Weblink

Einzelnachweise

  1. Eröffnungsannonce im Burger Tageblatt vom 2. Juni 1911
51.75608314.332028

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