- Fondsbewertung
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Im englischen Sprachschatz nutzt man den Begriff Fundrating, um Schulnoten für Fonds zu vergeben. Ziel ist es durch diese Benotungen dem Investor eine Entscheidungshilfe im Auswahlverfahren anzubieten. Ein deutscher Begriff für diese Zensur ist Fondsnote. Der englische Begriff Fundrating bedeutet keine qualitative oder inhaltliche Verbesserung jenes Vorgangs. In der eingedeutschen Version verwendet man den Begriff Fondsrating bzw. Fondsbewertung.
Was die Benotung nicht kann
Es ist sehr wichtig zu wissen, dass die Benotung selber keine Aussage über die zukünftige Entwicklung des Fonds machen kann. Die Benotung hat definitiv keinerlei Prognosecharakter für die Zukunft, auch wenn dies die Werbung manchmal suggeriert. Die Benotung bietet auch keine Garantie gegen Kursverluste und gegen entgangene Gewinne, noch ist die Benotung eine Versicherung gegen einen Börsenkrach. Die entgegengesetzte garantierte Richtung ins Positive ist ebenso unmöglich, da es keine Zusage für Wertsteigerungen gibt. Je nach Zeithorizont, Depotverwaltungsform (aktiv/passiv) und Kenntnisstand des Anlageberaters ist es aber möglich, hochwertigere Anlageergebnisse zu erlangen, wenn man Fonds mit schlechteren Noten oder gar unbenotete Fonds einsetzt. Ein benoteter Fonds erzwingt ebenso wie ein unbenoteter Fonds die Suche nach dem geeigneten Einstiegszeitpunkt. Eine Benotung schützt auch nicht davor, dass eine KAG von der Mutterbank verkauft wird und mit einer anderen KAG fusioniert. In dieser Folge können Fonds zusammengelegt werden, und Benotungen werden hinfällig.
Fehlende Prognosekraft
Vorhersagen für die Zukunft sind in Zusammenhang für die Wertentwicklung von Fonds nicht möglich. Durch die Fondsbewertung wird lediglich eine Aussage über die historische Kursentwicklung getroffen. Daraus lässt sich keine zuverlässige Prognose für die Zukunft ableiten.
Was eine Benotung bietet
Die Benotung selektiert aus einer bestimmten Vergleichsgruppe mit der Menge X die Fonds, die ein Mindestalter erreicht haben, und rangiert die technischen Bewertungszahlen in eine gewichtete Reihenfolge. Daher entlastet eine Benotung den Benutzer eines Ratings von eigener, zusätzlicher, aufwendiger Analysearbeit. In der Summe erreicht die Benotung der Fonds eine verdichtete Aussage über die Stabilität und Qualität der Kursentwicklung in der Vergangenheit und teilt die Fonds in Klassen ein.
Inhalt der Benotungen
Die Benotung wird in Deutschland von Verlagen oder Vermögensverwaltern durchgeführt. Vorweg ist zu bemerken, dass verschiedene Benotungsergebnisse von verschiedenen Firmen publiziert werden, die größtenteils untereinander nicht vergleichbar sind. Der BVI beschreibt diese Methoden in seinen Publikationen vom 12. August 2005 unter dem Begriff RRTS. Weitere Informationen dazu sind auf der BVI-Internetseite unter dem Begriff Ranking und Rating-Transparenz-Standards abrufbar. Ein Maßstab für die Güte einer Benotung ist zum Einen die Menge der Einzelberechnungen die in die Benotungsformel mit einfließt. Zum Anderen kann sich die Benotung auch auf Teilthemen des Investmentfonds beschränken. Es werden z. B. die Kursentwicklung oder die Tätigkeit Fondsmanager benotet. So ist der Übergang von der einfachen Rangzuordnung (Ranking) zur komplizierten Benotung (Rating) zurzeit (bis 2007) noch fließend. Eine zu benotende Vergleichsgruppe muss immer eine bestimmte Anzahl von Fonds (z. B. 20 Stück) mit einem bestimmten Mindestalter (36 bis 50 Monate) enthalten. Da diese Zahlen von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich sind, ist die Vergleichbarkeit der Benotungen nicht gerade einfach. Umgekehrt ist bei den verschiedenen Benotungen aber die Begrenzung der zu bewertenden Fonds nach oben nicht gegeben. Es gibt Anbieter, bei denen die Vergleichsgruppe einige hundert Fonds umfassen. Eine gute Vergleichsgruppe sollte maximal das 3-5-fache der Mindestmenge an Fonds umfassen. Vergleichsgruppen mit mehr als 60–100 Fonds sind als unsauber bzw. als teilbar anzusehen. Leider werden die dafür notwendigen Zahlen selten publiziert. Der interessierte Kapitalanleger ist daher meistens auf das eigene Auszählen angewiesen und er muss wissen, wo er suchen muss.
Wie die Benotung herbeigeführt wird
Der Berechnungsvorgang bei den hochwertigen Benotungen beschränkt sich in der Datenquelle größtenteils auf die automatische Auswertung der Kurshistorien. Es können in die Benotung auch noch subjektive Eindrücke des Zensors über die Qualität des Fondsmanagements mit einfließen. Es fließen aber keine Prognosen oder Umfragen über die mögliche Entwicklung des Marktes mit ein, in dem sich der Fonds bewegt. Somit hat eine Benotung keine Prognosekraft. Historische Ereignisse aus dem Fondsleben heraus können nicht in die Zukunft übertragen werden.
Über die Bedeutung der Benotung hinaus
Die Benotung an sich hat zum Ziel, dem Kapitalanleger ein Werkzeug an die Hand zu geben, das einen Flaschenhals erzeugen soll. Darüber hinaus soll es dem Leser eine Zeitersparnis bringen. Kleininvestoren mit nur geringem finanztechnischem Wissen müssen darauf hingewiesen werden, dass die vorbehaltlose Nutzung der Benotung nicht sinnvoll ist. Es müssen zusätzliche Parameter beachtet werden. Zuallererst sind es die Wertentwicklung und die Höhe das Fondsvolumens (Fondsvermögen). Erst dann folgen die Vergleichskategorie, der Zeitpunkt, die Korrelation zum Depot, Klumpenrisiko, MACD, makroökonomische Faktoren und ähnliche Kriterien. Man kommt meistens um die Einholung der kritischen Meinung eines Anlageberaters nicht umhin.
Anbieter von Rankings und Ratings
Der BVI unterscheidet in seiner Publikation vom 12. August 2005 sehr detailliert über den Unterschied von Ranking und Rating. Das Ranking sortiert wenige Vergleichsparameter absteigend in einer Tabelle. Das Rating sortiert ebenfalls, allerdings werden hier aufwendige Rechenläufe zu weitaus mehr Parametern der Kurshistorien gefahren und anschließend gewichtet. Der BVI listet im August 2005 hier folgende Anbieter:
- RATING 36, 48 Monate Bezugszeitraum, Finanzen Verlag / Euro am Sonntag = Axel Springer Verlag zusammen mit FondsConsult
- RATING 12 Monate Bezugszeitraum, Fitch
- RATING k.A. Bezugszeitraum, Moody’s
- RATING 36 Monate Bezugszeitraum, Morningstar
- RATING zu Manager 48, 60 Monate Bezugszeitraum, RCP
- RATING zu Fondsmanager k.A. Bezugszeitraum, Sauren
- RATING Immobilienfonds36 Monate Bezugszeitraum, Scope
- RATING 60 Monate Bezugszeitraum, FERI
- RATING und RANKING 36 Monate Bezugszeitraum, S&P
- RANKING 12, 36, 60 Monate Bezugszeitraum, ARIVA
- RANKING 12, 36, 60 Monate Bezugszeitraum, Financial Webworks GmbH
- RANKING 36, 60, 120 Monate Bezugszeitraum, Lipper
Die mathematischen Standards für das Ranking und Rating sind gesetzlich nicht geregelt und glücklicherweise auch nicht geschützt. Die Standards sind auch nicht berufsständisch über Berufsverbände wie z. B. den BVI definiert. Gleichwohl versucht sich jede am Markt tätige Firma irgendwie von den Wettbewerbern abzugrenzen. Ähnlich der VHS/Betamax-Problematik entscheidet hier der Markt über das Überleben der einzelnen Anbieter. Die Fondsmanager und KAGs waren im Jahr 2005 nicht gerade glücklich über die Uneinheitlichkeit der Ranking- und Ratingergebnisse. Die Kapitalanlagebranche ist jedoch im Fondssektor nach wie vor am Wachsen. Wenn nicht Marktereignisse, dann zwingt der Wettbewerbsdruck auch die Muttergesellschaften der Analysten zu Optimierungen. Sofern diese nicht möglich sind, sind Fusionen der Ratinganbieter die Folge.
Ereignisse um die Anbieter herum
Der Markt der Anbieter ist ständig in Bewegung. Firmen entstehen und werden aufgekauft und aufgelöst wie z. B. Avalonia, Rosinenpicker, Bopp, Multichart, Market Maker Software und Micropal. Die Ereignisse um die Immobilienratings der Firma Scope in Bezug auf SEB Immoinvest bewirkten, dass Scope seine Ratingabteilung drastisch umorganisierte. Der Ansatz der Firma Scope beruhte darauf, dass Scope die Stammdaten und monatlichen Kursdaten von der Firma S&P erhielt. Scope hatte/hat also keine eigene Basisabteilung. Die Firma S&P hatte noch vor dem Jahr 2000 die Firma Micropal aufgekauft. Mittlerweile hat die Firma S&P mit der Firma Morningstar fusioniert. Die Ratingergebnisse von S&P werden seit Mitte 2007 durch die Ratings der Firma Morningstar ersetzt. Beide Firmen waren schon vor der Fusion als Marktführer anerkannt. Die Firmen Bopp und Fitzrovia wurde in der Vergangenheit von Lippers aufgekauft und Lippers selbst wurde dann von Reuters übernommen. Im Jahr 2007 vereinbarten FERI und Lippers eine Zusammenarbeit. Anfang 2008 ist es so dass Morningstar, der Axel Springer Verlag und Lippers die größte Bedeutung am deutschsprachigen Fondsrating-Markt besitzen.
Qualität der Benotungen und Rangfolgen
Die Qualität der Berechnungen steht und fällt mit der mathematischen Basis. Das sind in diesem Fall die Kursdaten zum Ultimo. Die Erfassung der Kursdaten fällt in den Basisbereich und ist entsprechend zeitaufwendig und teuer. Auf diese Erfassungsaufgabe haben sich spezielle Kursdatenlieferanten (Nachrichtenagenturen) spezialisiert. Früher wurden diese Kurse manuell per Hand erfasst und in eine Datenbank kopiert. Dabei konnten/können sich durchaus Tippfehler einschleichen. Pausibiltätsprüfungen sind daher zwingend, aber nicht jeder Kursdatenlieferant nimmt diese Prüfungen vor. Von vwd (Vereinigte Wirtschaftsdienste AG) ist aus der Vergangenheit von mehreren Seiten bekannt, dass die Kursdaten nachträglich nicht korrigiert wurden. Mittlerweile soll sich Erfassungsfehler drastisch reduziert haben. Die Fondsbranche hat sich auf XML-Datenaustauschstandards verständigt, so dass Kurse maschinell fehlerfrei aus Fondsbuchhaltung heraus kopiert und bei Kunden fehlerfrei eingelesen werden können. Der BVI vermeldete dazu am 21. November 2006: „BVI treibt europäische Standardisierung bei Datenaustausch voran!“ Dennoch ist es so, dass die kompletten, fehlerfreien Kurshistorien bei den Analysten (Ratingunternehmen) nur bedingt ausgetauscht werden, eben weil diese Maßnahmen zeit- und kostenintensiv sind. Daher wird wohl auch wieder die Marktführerschaft des jeweiligen Analysten über die Zuverlässigkeit der Daten entscheiden. Die Kursdatenlieferung wird mittlerweile von wenigen Nachrichtenagenturen beherrscht, die nur noch die B2B-Schiene bedienen. Dazu gehören z. B. Keppler, Lehmann GmbH & Co KG (mit der Tochter „Wertpapier Mitteilungen“ aus Frankfurt sowie Reuters mit seiner Tochter Lippers. Ferner ist noch vwd (Vereinigte Wirtschaftsdienste AG) aus Eschborn zu erwähnen. Aus der Erfahrung heraus sind die bereits vergebenen Bestbenotungen bei den Anbietern auch fehlerfrei, weil die betroffenen Fonds seit Jahren auf dem Radarschirm verfolgt werden. Fehler sind eher bei den Fonds zu finden, die unbenotet sind oder bei jenen Fonds, deren KAG eine sehr restriktive Öffentlichkeitsarbeit fahren.
Fehlersuche bei Rankings und Ratings
Die Fehlersuche bei den berechneten Werten erstreckt sich im Wesentlichen auf mathematische Plausiblitätsprüfungen, indem ab-/aufsteigende Sortierungen mit unterschiedlichem Zeithorizont erstellt werden. Ausreißer werden auf diese Weise am schnellsten sichtbar. In vielen Fällen erklären sich die Erfassungsfehler durch Kommafehler und Währungswechsel sowie Splits. Der Endanwender ist meistens kaum in der Lage, erkannte Fehler selbst zu beheben, weil ihm die nötigen Primärquellen fehlen, um den Fehler nachzuvollziehen. Trotzdem sollte jeder Endanwender die erkannten Ausreißer bei ab-/aufsteigenden Sortierungen an die KAG und den Ranking-/Ratinganbieter melden, auch wenn die KAGs dann antworten, sie könnten nichts gegen Fehler unternehmen. Im Kern sind die Benotungen selbst auch nicht fehlerhaft, es lassen sich aber im Umfeld der Benotungen Unzulänglichkeiten feststellen. Eine Unzulänglichkeit ist es, wenn die Vergleichskategorie mehr als 60 Fonds umfasst.
Inhalte der Benotung
Das, was berechnet wird, unterscheidet sich von Anbieter zu Anbieter. Die eingegebenen Formeln unterscheiden sind zum Teil erheblich und der Aufwand ist manchmal nur vor dem Hintergrund einer zu großen Vergleichskategorie verständlich. Die Ratinganbieter publizieren die Formeln und Beschreibungen nur sehr zurückhaltend.
Notwendigkeit von Alternativen zur Benotung
Benotungen sind dann notwendig, wenn die Vergleichskategorie zu groß wird. Dadurch wird das Rendite-Risiko-Diagramm (Rendite-Risiko-Matrix) zu unübersichtlich. Das Rendite-Risiko-Diagramm stellt die Wertentwicklung in Abhängigkeit zur Volatilität dar. Die sinnvollste Größe einer Vergleichskategorie liegt bei ungefähr 20 Fonds, es gibt aber auch Vergleichskategorien mit etwa 700 Fonds (Stand März 2007). Dadurch verliert das Rendite-Risiko-Diagramm an Aussagekraft. Ein Kleininvestor ist nicht in der Lage, die Zuordnungen in den Vergleichskategorien zu ändern oder neue anzulegen. Eine gewisse künstliche Unübersichtlichkeit ist sogar im Sinn des Benotungsunternehmens, da sich dadurch ein kompliziertes Ratingergebnis an die KAG verkaufen lässt.
Rendite-Risiko-Diagramm
Eine gute Vergleichskategorie mit 20 bis maximal 60 Fonds zeigt im Regelfall einen sehr dichten Haufen im Rendite-Risiko-Diagramm. Ein Diagramm mit 700 Fonds ist aber nicht auswertbar; es zeigt lediglich, dass die Arbeit des Analysten nicht zu Ende geführt wurde. Das Diagramm hat auch nur den Zweck, dem Investor grafisch nachzuweisen, ob die Vergleichskategorie sauber kategorisiert ist. Ein Haupterkennungsmerkmal einer guten Vergleichskategorie ist, dass die absteigende Sortierung sowohl der Wertentwicklungsprozentzahlen als auch die Volatilitätskennzahlen ohne große Sprünge von Anfang bis zum Ende durchführbar ist.
Alternativen
Es gibt nur wenige Möglichkeiten, wie sich ein Investor gegen überfrachte Vergleichskategorien wehren kann. Die eine Möglichkeit ist es, die Listen der Benotungsunternehmen zu vergleichen. Das ist aber sehr zeitaufwendig und ist auch mit anderen mathematischen Nachteilen behaftet. Man nutzt dann jeweils die Listen, die 20 bis maximal 60 Fonds umfassen. Hauptkriterium ist dabei nicht die Sortierung nach der Wertentwicklung (Performance), sondern nach der Volatilität. Eine weitere Möglichkeit ist, dass der Kleininvestor dem Analysten, der Redaktion sowie der KAG die Unzumutbarkeit von Vergleichskategorien mitteilt, die 700 Fonds umfassen.
„Investment Grade“ und „Speculative Grade“
Es gibt zwei große Ratingbereiche:
- Investment Grade (von AAA bis BBB- / Systematik von Standard & Poor's und Fitch bzw. Aaa bis Baa3 / Systematik von Moody's)
- Speculative Grade (von BB+ bis C / Systematik von Standard & Poor’s und Fitch bzw. Ba1 bis C / Systematik von Moody’s)
Unter Crossover versteht man bei Anleihen den Wechsel von einem dieser Ratingbereiche in den anderen, d. h. von „Investment Grade“ nach „Speculative Grade“ bzw. andersherum.
Siehe auch
Weblinks
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