- Fredersdorf (Belzig)
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Das Straßenangerdorf Fredersdorf ist ein Ortsteil der Kreisstadt Belzig im Brandenburger Landkreis Potsdam-Mittelmark und liegt im Naturpark Hoher Fläming.
Der Ort mit 431 Einwohnern (April 2006) verfügt über ein mittelalterliches Herrenhaus, eine Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert und eine funktionsfähige historische Wassermühle. Interessant ist der Ort ferner durch seine vorgeschobene Lage im Baruther Urstromtal am Rand des Naturschutzgebietes Belziger Landschaftswiesen.
Inhaltsverzeichnis
Naturräumliche Lage und Wirtschaft
Belziger Landschaftswiesen
Fredersdorf nimmt hinsichtlich seiner naturräumlichen Lage eine Sonderstellung ein, da es als einziges der westlichen Randdörfer der ansonsten siedlungsfreien Landschaftswiesen ein Stück weit im Urstromtal liegt. Zwar macht die Entfernung zum Fläminghang und zum Nachbardorf Schwanebeck, mit dem allein Fredersdorf direkt verbunden ist, nur rund einen Kilometer aus, dennoch vermittelt das Dorf eine besonders gute Vorstellung von der biotopspezifischen Flora und Fauna des in Brandenburg seltenen Durchströmungsmoores mit seinem Netz naturnaher Bäche.
Hinter der Dorfkirche führt ein Weg in die Landschaftswiesen und zum schnellfließenden Belziger/Fredersdorfer Bach, der den Naturraum in seiner Vielfalt fast idealtypisch erschließt. Zum Betreten des bald folgenden Europäischen Vogelschutzgebietes, das sich dem besonderen Schutz der besonders gefährdeten Großtrappe (Otis Trada) verschrieben hat, ist eine Genehmigung erforderlich. Die Chance, den früher auch als Märkischen Strauß bezeichneten Vogel aus der Nähe zu Gesicht zu bekommen, ist allerdings nicht allzu groß, da der äußerst scheue Wiesenbrüter über eine große Fluchtdistanz verfügt, die ihn Menschen wahrnehmen lässt, lange bevor dieser ihn bemerkt. Im Jägerlatein haben die Trappen daher auf jeder Feder ein Auge.
Westlich des Dorfes gibt es einen stillgelegten Bahnhof der eingleisigen Brandenburgischen Städtebahn, die zwischen 1904 und 1962 Treuenbrietzen über Belzig und Rathenow mit Neustadt (Dosse) verband. Weitere 41 Jahre hielten in Fredersdorf Züge, die auf der Teilstrecke zwischen Belzig und Brandenburg an der Havel verkehrten. Dieser Streckenteil wurde im Dezember 2003 eingestellt.
Tourismus, Mühle und Bettenrennen
Im Ort bildet der Belziger/Fredersdorfer Bach einen typischen Mühlbach, der gelegentlich noch heute das innenliegende Wasserrad der Fredersdorfer Wassermühle zur Futterschroterei antreibt. Die gut und vollständig erhaltene Mühle verfügt über einen Turbinenantrieb für zwei Walzenstühle, Mahl- und Schrotgang, Plansichter, Quetsche [und eine] stehende Mischmaschine (vollständige MIAG-Anlage) . [1] Die Anlage ist stillgelegt und wird nur noch zu Vorführungen wie zum Beispiel am Deutschen Mühlentag teilweise in Betrieb genommen.
Wie viele Betriebe in den Dörfern an den Belziger Landschaftswiesen und im Naturpark Hoher Fläming nimmt auch die historische Mühle am touristischen Aufschwung teil, den der Naturraum und seine gezielte Vermarktung der Region zunehmend beschert. Die Müllerfamilie richtete auf dem Gelände eine Pension mit einer Gaststätte ein. Die Anlage und die Mühlentechnik führt sie nach Absprache und telefonischer Anmeldung vor.
Zu einer touristischen Attraktion des Dorfes hat sich das skurrile Bettenrennen entwickelt, das seit 1989 alljährlich am Pfingstsonntag stattfindet. Hier konkurrieren muskel- oder motorbetriebene Bettgestelle auf dem Fredersdorfer Sportplatz um die Gunst des Publikums. Je ausgefallener, bunter und kreativer die Konstruktion ausfällt, desto höher ist ihre Gewinnchance. Einige Bett-Wagen sind derart hergerichtet, dass sie an Motivwagen bei Karnevalsumzügen erinnern Beim Rennen 2006 erwies sich das Beelitzer Hexenbett mit rund 10-köpfiger Besatzung als siegreiche Schlafmütze. Eingeleitet wird das inzwischen traditionelle und bereits zum Kult ernannte Volksfest mit dem Bettenball am Pfingstsamstag, dessen Besuch nur in Schlafsachen und entsprechenden Kostümierungen erlaubt ist. [2]
Landwirtschaft im Vertragsnaturschutz
Die traditionelle Wirtschaftsform des kleinen Dorfes ist die Landwirtschaft, die auch heute das Wirtschaftsleben bestimmt. Die besondere naturräumliche Lage des Ortes führt dabei zu einer spezifischen Ausprägung der Landwirtschaft, die von ihrer Einbindung in die Naturschutzverordnung Belziger Landschaftswiesen unter dem Begriff des Vertragsnaturschutzes gekennzeichnet ist.
Von den 2.461 Hektar der Naturschutzfläche steht etwas mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzung für den Ackerbau, als Viehweide und für die Heugewinnung zur Verfügung. Dabei werden die wirtschaftlichen Interessen mit den Anforderungen des Naturschutzes in Einklang gebracht, indem beispielsweise diese Fläche nochmals in drei Zonen mit unterschiedlichen Nutzungsbeschränkungen unterteilt ist. Die Ackerflächen wiederum sind zum Teil im Rückgriff auf die mittelalterliche Mehrfelderwirtschaft mit wechselnden Streifen Getreide, Erbsen, Lupinen, Raps, Klee und Kartoffeln angelegt, weil das daraus entstehende Mosaik aus Rotations- und Dauerbrachen den Großtrappen die ökologisch erforderlichen Brut- und Nahrungsflächen bietet (vergleiche ausführlich Belziger Landschaftswiesen, Kapitel „Naturschutz als Interessenmanagement“ sowie „Wiesen- und Landschaftspflege“).
Geschichte
Vom slawischen Ringwall zu Vrederikestorp
Bei der Burg Eisenhardt in der Kernstadt Belzig lag mit einiger Sicherheit der Burgwall burgwardium belizi, der das Zentrum des slawischen Gaues Ploni aus dem 9. bis 11. Jahrhundert bildete und 997 erstmals urkundlich erwähnt ist. Auch Fredersdorf ist sehr wahrscheinlich slawisches Siedlungsgebiet gewesen, denn Reste eines Grabens und ovalen Ringwalls deuten auf den Standort einer ehemaligen slawischen Wallburg nordöstlich des Dorfes hin. [3] 1157 gelang es dem ersten Markgrafen Albrecht dem Bären nach mehreren gescheiterten deutschen Versuchen in den Jahrhunderten zuvor, die Slawen mit dem Fürsten Jaxa von Köpenick an der Spitze entscheidend zu schlagen und die Mark Brandenburg zu gründen. Teilnehmer an der Belagerung der alten Residenz der Hevellerfürsten 1157 war laut Lutz Partenheimer möglicherweise Baderich von Jabilinze, der inzwischen mit dem Aufbau einer eigenen Herrschaft um die Burg Belzig im Fläming begonnen hatte und damit in Konkurrenz zu den Askaniern stand, auch wenn er sie 1157 unterstützt hatte. Die Region war also von Anfang an für Brandenburg konkurrierendes Gebiet, deren Besitz zwischen der Markgrafschaft Meißen, der Markgrafschaft Brandenburg und dem Erzbistum Magdeburg wechselte. Erst mit dem Wiener Kongress 1815 fielen Belzig und Fredersdorf endgültig an Preußen. Bis zu diesem Zeitpunkt bildeten die Landschaftswiesen die Grenze zwischen dem Königreich Sachsen und der Mark Brandenburg, die somit nördlich vor Fredersdorf lag.
Fredersdorf gehörte zu den ersten Dörfern, die deutsche Siedler von den Slawen übernahmen oder neben alten slawischen Standorten neu gründeten, wie auch der frühe Bau der Dorfkirche zeigt. Für deren Bauzeit geben Historiker übereinstimmend eine Zeit zwischen 1260 und 1300 an. Im Jahr 1313 erfolgte die urkundliche Ersterwähnung des Dorfes als „ville Vrederikestorp“, die Fischer als „Dorf des Friedrich“ deutet. [4]
Frühe Landzunge
Vor rund 21.000 Jahren hatte die Abflussbahn der Weichseleiszeit-Schmelzwasser das Baruther Urstromtal, in dem das Inlandeis seine maximale Ausdehnung nach Süden erreichte, ausgewaschen. Das Tal bildete lange ein sumpfiges, unzugängliches Gebiet, in dem die Bauern erste umfangreichere Rodungen der dichten Sumpfwälder und die Anlage eines ersten kleinräumigen Kanalsystems zur Entwässerung erst im 19. Jahrhundert durchführten. Die umfassenden engmaschigen Meliorationsmaßnahmen mit der Herausbildung der Belziger Landschaftswiesen, wie sie sich heute als geschütztes Gebiet darstellen, erfolgten in den 1970er Jahren. Dass Fredersdorf bereits zur Slawenzeit und gleich anschließend im Zuge der deutschen Ostkolonisation besiedelt war, weist darauf hin, dass sich hier früh eine trockene „Landzunge“ in das sumpfige Urstromtal hineinschob.
Herrenhaus und Familie von Oppen
Gutshaus und Tagebuch
Das Herrenhaus von Oppen aus dem Jahr 1719 ist ein eingeschossiger breitgelagerter Putzbau. Unter einem Mansardwalmdach liegt ein siebenachsiger Kernbau, der in den Jahren 1748 und 1927 um Seitenflügel ergänzt wurde. [3] Der barocke Kern des ehemaligen Gutshauses blieb trotz der An- und Umbauten erhalten. Das Eingangsportal krönen zwei steinerne Vasen mit Gesichtern und Wappen. Ein weitläufiger Park am Rand zu den Belziger Landschaftswiesen umgibt das Haus. Beherbergte das Gemäuer noch im Jahr 2000 ein Schullandheim, ist es 2006 komplett geräumt und bekommt eine grundlegende Restaurierung.
Bauherr war im Jahr 1719 Ludwig von Oppen aus der alten märkischen Adelsfamilie von Oppen, die im Belziger Raum über Jahrhunderte ansässig war. Schon 1227 wurde auf der Burg Eisenhardt von sächsischer Seite ein Kastellan „von Oppen” eingesetzt, der Grundherr auch der Niemegker Ländereien [war]. Sein Grundbesitz lag sowohl in Brandenburg als auch in Sachsen. [5]
Bekanntes Mitglied der Familie ist vor allem der Kirchenpolitiker und wirtschaftliche Reformer Matthias von Oppen, der 1565 wenige Kilometer urstromtalaufwärts in Schlalach zur Welt kam, einem Dorf, das heute zur Gemeinde Mühlenfließ gehört. In der Mitte des 19. Jahrhunderts tauchte per Zufall das Tagebuch des späterern Halberstädter Domherrn und Dechanten auf, das seither zu einer der wichtigsten Quellen Mitteldeutschlands für die Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg zählt.
Kossenblatt
Auch außerhalb des Belziger Raums war die Familie aktiv. So berichtet beispielsweise Theodor Fontane im Band 2 „Oderland“ der Wanderungen durch die Mark Brandenburg, dass 1581 der brandenburgische Oberkammerherr Georg von Oppen in Besitz des Herrenhauses von Kossenblatt kam. Kossenblatt verblieb drei Generationen bei der Familie von Oppen. Bis 1699 bewohnte sie dort das „alte Herrenhaus“, bevor Hans Albrecht von Barfus das Haus kaufte und zum Schloss umbaute. Das Dorf Kossenblatt gehört heute zur Gemeinde Tauche bei der Stadt Beeskow. Auch dieser Landstrich wechselte mehrfach den Besitz zwischen Meißen, Brandenburg und Sachsen und gehörte im Mittelalter zur Niederlausitz.
Patronatsloge und der Bismarck von Adlershof
In der Fredersdorfer Dorfkirche ließen die von Oppens eine repräsentative, verglaste Patronatsloge anlegen, die ihre Herrschaft deutlich unterstrich. Die Loge ist noch heute vorhanden und nimmt die gesamte Breite des Schiffes ein. Das Patronat ging später an die Familie Oppen von Huldenberg, die es bis 1945 ausübte. [4] Dieser Familienzweig ist vor allem bekannt durch den Berliner Rittmeister und Kommunalpolitiker Hans Ludwig Waldemar Oppen von Huldenberg (1837-1901), der im Volksmund „Bismarck von Adlershof“ hieß. Denn der letzte Grundbesitzer Adlershofs (per Heirat) hatte in seiner Zeit als Amtsvorsteher auch die Polizeigewalt inne und machte aus seiner Gegnerschaft gegen die Sozialdemokratie keinen Hehl. Im Berlin-Treptower Ortstteil Adlershof gab es bis 1962 den nach ihm benannten „Oppenplatz“ und die „Oppenstraße“, die heutige Otto-Franke-Straße.
Feldsteinkirche
Der Feldsteinbau aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts weist im Verhältnis zur Breite eine ungewöhnliche Länge auf, die auf einen späteren östlichen Gruftanbau mit der darüberliegenden Herrschaftsloge zurückgeht. Der Ursprungsbau hatte laut Engeser/Stehr eine Länge von 20,50 Metern und eine Breite von 9,85 Metern. Heute stellt sich das nahezu exakt Ost-West ausgerichtete Gotteshaus als Rechteckkirche mit später angebautem, stark eingezogenem, quadratischem Westturm und einer Verlängerung in Schiffsbreite nach Osten dar. Während der ursprüngliche Bau aus Feldsteinen besteht, sind die Verlängerung und die höheren Turmteile aus Backstein gemauert. Der heutige Turm stammt aus dem Jahr 1859 und ist auf einem Feldsteinfundament errichtet, das vom Vorgängerturm stammt.
Ursprüngliche Öffnungen sind bis auf zwei zugesetzte Fenster nicht erhalten. Neben zwei Hochrechteckfenstern an der Ostseite bestimmen je vier große Rundbogenfenster die beiden Seiten des Schiffs auf der Süd- beziehungsweise Nordseite. Das Dach weist am Westgiebel nördlich und südlich des Turms zinnenartige Zierblenden aus Backstein auf, die an die Bauweise der Zisterzienser erinnern, die seit 1180 nur wenige Kilometer entfernt jenseits des Urstromtals im Kloster Lehnin in der Zauche saßen und die Siedlungspolitik der askanischen Landesherren missionierend, ackerbauend und lehrend flankierten. Das Dach des Schiffes decken Biberschwanzziegel.
Vom reich ausgestatteten Innenbereich heben Engeser/Stehr den Altaraufsatz aus der Spätrenaissance besonders hervor. Im Westen und Süden liegen zwei Emporen, dabei ist die Westempore zweigeschossig. Darüber hinaus prägt die verglaste herrschaftliche Patronatsloge das Bild, die über dem Gruftanbau untergebracht ist. Laut Dehio befindet sich an der Südwand ein hölzerner Totenschild für H.F. von Oppen († 1677). Die Gruft ist seit 1959/1960 geräumt und dient als Lagerraum für Geräte und Heizmaterial. Bei Reparaturarbeiten an der beschädigten Orgel in der Potsdamer Orgelwerkstatt Schuke stellte sich 1972 heraus, dass die Orgel von dem Wittenberger Universitätsorgelbauer Johann Ephraim Hübner und aus den Jahren 1770/1780 stammt. Es zeigte sich ferner, dass der Treuenbrietzener Orgelbauer F. Turley 1837/1838 ein Pedalregister anbaute. [4]
Quellen
Fußnoten
- ↑ Teilnehmer Deutscher Mühlentag 5. Juni 2006, siehe unter Potsdam-Mittelmark, Nr. 36
- ↑ Ergebnisse Bettenrennen 2006 mit Bildern Homepage der Sportgemeinschaft Fredersdorf e.V., Ausrichterin des Rennens.
- ↑ a b Burgen und Schlösser im Landkreis Potsdam-Mittelmark, Deitailseite
- ↑ a b c Theo Engeser und Konstanze Stehr, Dorfkirche Fredersdorf
- ↑ Burg Eisenhardt
Literatur
- Jan Feustel, Zwischen Wassermühlen und Sumpfwäldern, Ein Reise- und Erlebnisführer in das Baruther Urstromtal, Hendrik Bäßler Verlag, Berlin 1999 ISBN 3-930388-11-1, Seite 162
- Theodor Fontane, Wanderungen durch die Mark Brandenburg . Band 2, Oderland. Nach der Taschenbuchausgabe in 5 Bänden, Nymphenburger Verlagshandlung, München 1971, ISBN 3-485-00292-5 siehe Kapitel Schloss Kossenblatt, Seite 384
- Lutz Partenheimer, Albrecht der Bär. 2. Auflage. Böhlau Verlag, Köln 2003 ISBN 3-412-16302-3 Zitat Seite 141, siehe auch Seite 191
Weblinks
- Deutscher Mühlentag 5. Juni 2006 siehe unter Potsdam-Mittelmark, Nr. 36
- Theo Engeser und Konstanze Stehr, Dorfkirche Fredersdorf über die direkt angegebenen Fußnoten hinaus beruht der Abschnitt „Feldsteinkirche“ weitgehend auf den Darstellungen von Engeser/Stehr, auch die Information von Dehio stammt aus dieser Quelle
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52.18898055555612.637527777778Koordinaten: 52° 11′ N, 12° 38′ O
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