Friedlosigkeit

Friedlosigkeit

Friedlosigkeit kennzeichnete im germanischen Stammesrecht den persönlichen Verlust des Rechtsschutzes infolge der Verurteilung wegen einer Straftat.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Rechtskategorie der Friedlosigkeit war zwar inhaltlich im Wesentlichen mit der Reichsacht identisch, jedoch wird das Wort Friedlosigkeit vorwiegend in norddeutschen und dänischen Quellen (altwestnordisch friðlauss, altenglisch friðleas, altschwedisch friþlös, altdänisch frithløs, friesisch fretholas, mittelniederdeutsch vredelos) genannt. In südlichen Quellen dagegen findet sich das gleiche Rechtsinstitut als Acht, und der Vorgang ist als Ächtung bezeichnet. Auch der Sachsenspiegel kennt das Wort Friedlosigkeit nicht. Die meisten Belege entstammen dem 13. bis 15. Jahrhundert, also der Zeit der Landfriedensbewegungen.[1]

Ein Urteil der Friedlosigkeit hatte zur Folge, dass die verurteilte Person seiner bürgerlichen und Vermögensrechte verlustig und „aus dem Frieden in den Unfrieden gesetzt“, mit anderen Worten, alles Rechtschutzes ledig war.[2] Beispielsweise benannte die nordfriesische Siebenhardenbeliebung vom 17. Juni 1426 im Art. 6 für die Delikte eines Bruches des Hausfriedens oder des Pflugfriedens die Strafe der Friedlosigkeit. Die Furchtbarkeit dieser Strafe bestand vor allem darin, dass der Geächtete keine Unterkunft und keinen Schutz finden konnte, weil die Begünstigung ebenfalls mit der Friedlosigkeit bedroht war.[3]

In der vorchristlich-germanischen Rechtstradition wurde ein Friedloser auch als Werwolf bezeichnet (althochdeutsch wer Mensch, Mann; germanisch: vagr Wolf, geächtet).

Siehe auch

Literatur

  • Eberhard von Künßberg: Acht. Eine Studie zur älteren deutschen Rechtssprache. Böhlau, Weimar 1909.
  • Michael Lundgreen: Lemma Friedlosigkeit. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Bd. 9. Berlin/New York (de Gruyter) 1995. S. 613–621.

Einzelnachweise

  1. Michael Lundgreen: Lemma Friedlosigkeit. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Bd. 9. Berlin/New York (de Gruyter) 1995, S. 614.
  2. Brockhaus´ Konversationslexikon: Lemma Friedlosigkeit. Band VII, Leipzig 1893.
  3. Max Pappenheim: Die Siebenhardenbeliebung vom 17. Juni 1426. Festschrift zur Fünfhundertjahrfeier. Verlag Kunstgewerbemuseum, Flensburg 1926, S. 23.

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